Kirsten Dzwiza
Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
anhand der griechischen, demotischen und koptischen
Praxisanleitungen des 1.-7. Jahrhunderts
Band I: Textteil
Erfurt ■ Heidelberg ■ 2013
Original source: University Library Erfurt (Germany) urn:nbn:de:gbv:547-201300443
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Kirsten Dzwiza
Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
anhand der griechischen, demotischen und koptischen
Praxisanleitungen des 1.-7. Jahrhunderts
Band I: Textteil
Erfurt 1 Heidelberg ■ 2013
*
Überarbeitete Fassung der Dissertation, eingereicht im Mai 2013 an der
Philosophischen Fakultät der Universität Erfurt. Der vollständige Titel lautete:
Schrifttragende Artefakte in den Praxisanleitungen zur Interaktion mit
höheren Mächten aus den griechischen, demotischen und kop¬
tischen Sammelschriften des 1.-7. Jahrhunderts
Untersuchung und Kontextualisierung von Materialität, Funk¬
tion, Handhabung und Beschriftungselementen
Betreut wurde die Arbeit von Prof. Dr. Kai Brodersen (Antike Kultur, Erfurt)
und Prof. Dr. Joachim F. Quack (Ägyptologie, Heidelberg).
Meinen beiden Doktorvätern
Kai Brodersen und Joachim Quack
mit Herz und Kopf gewidmet
*
To see a world in a grain of sand,
or heaven in a wild flower,
hold infinity in the palm of your hand,
and eternity in an hour.
William Blake, Auguries of Innocence
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Vorwort 7
Danksagung - eine Chronologie 9
1. Materialbasis und Gegenstand der Arbeit 13
1.1. Publikationslage 13
1.2. Sammelschriften und Einzelanleitungen 15
1.3. Anleitungen zur Herstellung und Handhabung schrifttragender Artefakte 16
1.4. Fragestellungen 17
2. Allgemeine Informationen 19
2.1. Verwendete Abkürzungen 19
2.2. Erläuterungen zu den Diagrammen 19
3. Definitionen 20
4. Von der Ausgangsbasis zur Grundlage: Sammelschriften 29
4.1. Übersicht 29
4.2. Datierung 29
4.3. Umfang der überlieferten Anleitungen 30
4.4. Materialität 31
4.5. Beschriftungsweise und Format 31
4.6. Sammelschriften und Einzelanleitungen mit schrifttragenden Artefakten aus Pra¬
xisanleitungen 32
4.7. Zusammenfassung und Interpretation 33
5. Von der Grundlage zum Gegenstand: Die Anleitungen 46
5.1. Übersicht 46
5.2. Die Anleitungen in den 37 Sammelschriften und Einzelanleitungen 46
5.3. Anleitungen mit SAPs 46
5.3.1. Schrifttragende Artefakte in Praxisanleitungen49
5.4. Zusammenfassung 50
6. Die Materialität der Schriftträger 53
6.1. Übersicht 53
6.2. Schriftträger 53
6.2.1. Papyrus 53
6.2.2. Zinn 55
6.2.3. Leinen (s. auch Stofflappen) 56
6.2.4. Stofflappen (s. auch Leinen) 57
6.2.5. Lorbeerblätter 57
6.2.6. Blei 57
6.2.7. Gold 59
6.2.8. Haut 59
6.2.9. Silber 59
6.2.10. Ei 60
1
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
6.2.11. Boden 60
6.2.12. Ostrakon 61
6.2.13. Eisen 61
6.2.14. Meermuschel 62
6.2.15. Lorbeerwurzel 62
6.2.16. Schilfblätter 62
6.2.17. Magnetstein 62
6.2.18. Finger 63
6.2.19. Flachsblatt 63
6.2.20. Fledermaus 63
6.2.21. Wachs 63
6.2.22. Natron 64
6.3. Alternative Angaben 64
6.4. Zusammenfassung 64
7. Die Beschreibstoffe 67
7.1. Übersicht 67
7.2. Beschreibstoffe
68
7.2.1. Myrrhe
68
7.2.2. Blut 69
7.2.3. Beifuß
71
7.2.4. Zinnober
71
7.2.5. Goldschmiederuß
7.2.6. Zwangkraut
71
7.2.7. Gummi
72
7.2.8. Honig
72
7.2.9. Dattelpalme
72
7.2. 10. Andere Beschreibstoffe 72
7.3. Rezepte für Beschreibstoffe 73
7.4. Zusammenfassung 75
8. Schreibwerkzeuge 78
9. Beschriftung der Artefakte 80
9.1. Übersicht 80
9.2. Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe S 83
9.2.1. Übersicht Gruppe S 83
9.2.1. Individuelles und vergesellschaftetes Vorkommen der Beschriftungselemente
der Gruppe S 83
9.2.2. Schriftträger der Gruppe S 89
9.2.3. Funktionen 93
9.2.4. Bezeichnung der einzelnen Beschriftungselemente innerhalb der Gruppe S
99
9.2.5. Autark zu verwendende Artefakte mit S-Gruppen-Beschriftung 106
9.2.6. Zusammenfassung der Gruppe S 107
9.3. Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe Z 115
9.3. i. Übersicht Gruppe Z 115
9.3. H. Typologie der Zauberzeichen 115
9.3.1. Individuelles und vergesellschaftetes Vorkommen der Beschriftungselemente
2
Inhaltsverzeichnis
der Gruppe Z 118
9.3.2. Schriftträger der Gruppe Z 120
9.3.3. Funktionen der Gruppe Z 121
9.3.4. Bezeichnung der einzelnen Beschriftungselemente innerhalb der Gruppe Z
122
9.3.5. Autark zu verwendende Artefakte mit Z-Gruppen-Beschriftung 124
9.3.6. Zusammenfassung der Gruppe Z 125
9.4. Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe SZ 128
9.4.1. Übersicht Gruppe SZ 128
9.4.1. Individuelles und vergesellschaftetes Vorkommen der Beschriftungselemente
der Gruppe SZ 128
9.4.2. Schriftträger der Gruppe SZ 133
9.4.3. Funktionen 134
9.4.4. Bezeichnung der einzelnen Beschriftungselemente innerhalb der Gruppe SZ
136
9.4.5. Autark zu verwendende Artefakte mit SZ-Gruppen-Beschriftung 139
9.4.6. Zusammenfassung der Gruppe SZ 140
9.5. Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe SB 146
9.5.1. Übersicht Gruppe SB 146
9.5.1. Individuelles und vergesellschaftetes Vorkommen der Beschriftungselemente
der Gruppe SB 146
9.5.2. Schriftträger der Gruppe SB 150
9.5.3. Funktionen 152
9.5.4. Bezeichnung der einzelnen Beschriftungselemente innerhalb der Gruppe SB
154
9.5.5. Autark zu verwendende Artefakte mit SB-Gruppen-Beschriftung 158
9.5.6. Zusammenfassung der Gruppe SB 158
9.6. Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe ZB 162
9.6.1. Gesamtdarstellung der Gruppe ZB 162
9.6.2. Zusammenfassung der Gruppe ZB 163
9.7. Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe SZB 164
9.7. i. Übersicht Gruppe SZB 164
9.7.1. Individuelles und vergesellschaftetes Vorkommen der Beschriftungselemente
der Gruppe SZB 164
9.7.2. Schriftträger der Gruppe SZB 167
9.7.3. Funktionen 169
9.7.4. Bezeichnung der einzelnen Beschriftungselemente innerhalb der Gruppe
SZB 171
9.7.5. Autark zu verwendende Artefakte mit SZB-Gruppen-Beschriftung 176
9.7.6. Zusammenfassung der Gruppe SZB 176
9.8. Nicht eindeutig zu rekonstruierende Beschriftungsangaben 180
9.8.1. YA-Katalogdatensätze 180
9.9. P-M-Z-N-Schema 185
9.9.1. Übersicht 185
9.9.1. Individuelle Verwendung eines Elements und Kombinationen 187
9.9.2. Zusammenfassung 189
9.10. Exkurs: Beschriftungselemente in umfangreichen Sammelschriften 191
9.10.1. PGM VII (3. Jh.) 191
9.10.2. PGM IV (4. Jh.) 193
9.10.3. P. Leiden 1384 = PGM XII, pdm xii (2.73. Jh. \ 4. Jh.) 196
3
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
9.10.4. P. BM 10070 und Leiden 1383 (pdm xiv) (2J3. Jh. | 3. Jh.) 197
9.10.5. PGM XXXVI (4. Jh.)199
9.10.6. Zusammenfassung 200
9.11. In den Anleitungen klassifizierte Kompositionsschemata 202
9.11.1. Kreisförmige Beschriftungen 202
9.11.2. Flügel und Klima 203
9.11.3. Herzförmige Beschriftungen 205
9.11.4. Einmalige Beschreibungen eines Kompositionsschematas 206
9.12. Zusammenfassung 208
9.12.1. Wie sieht das individuelle und vergesellschaftete Vorkommen der einzelnen
Beschriftungsgruppen aus? 208
9.12.1.1. Elementgruppen der S-Gruppe 208
9.12.1.2. Elemente der Z-Gruppe 215
9.12.1.3. Elemente der B-Gruppe 219
9.12.2. Welche Schriftträger wurden verwendet, und lassen sich Verbindungen zwi¬
schen Beschriftungselement/en und Schriftträger hersteilen? 222
9.12.3. Welche Funktionen werden genannt, und treten bestimmte Beschriftungsele¬
mente ausschließlich im Kontext bestimmter Funktionen auf? 231
9.12.4. Wie werden einzelne Beschriftungselemente bezeichnet, und wurden die
Bezeichnungen elementgruppenspezifisch oder elementgruppenübergrei-
fend verwendet? 240
9.12.5. Wie werden autark zu verwendende Artefakte beschriftet, und unterscheidet
sich ihre Beschriftung von der Beschriftung der übrigen Artefakte? 241
10. Handhabung der Artefakte 244
10.1. Übersicht 244
10.2. Artefakte, die während einer Praxis verwendet werden (G, D, K) 244
10.2.1. Artefakte, die während der Praxis am Körper getragen werden (G:22, K:1)
245
10.2.2. Artefakte, die während der Praxis zerstört werden (G:18, D:3) 247
10.2.3. Artefakte, die im Inneren einer Statuette deponiert werden (G) 248
10.2.4. Artefakte, die im Maul eines Tieres deponiert werden (D) 248
10.2.5. Bodenbeschriftungen (G:3, D:1) 248
10.2.6. Beschriftete Möbelstücke (G) 249
10.2.7. Artefakte, die auf einen Gegenstand gelegt werden (G:3, D:2) 249
10.2.8. Artefakte, die auf einen Menschen gelegt werden (G) 249
10.2.9. Artefakte, die unter einen Gegenstand gelegt werden (G) 249
10.2.10. Artefakte, die unter einen Menschen gelegt werden (G) 250
10.2.11. Artefakte, die zum Versiegeln verwendet werden (G) 250
10.2.12. Artefakte, deren Verödung einmalig überliefed ist 250
10.3. Artefakte, die nach einer Praxis verwendet werden (G, D, K) 251
10.3.1. Adefakte, die nach der Praxis am Körper getragen werden (G26, D:2, K:3)
251
10.3.2. Adefakte, die zerstöd werden (G:5, K:2) 254
10.3.3. Adefakte, die dauerhaft an einem Od deponied werden (G, D, K) 255
10.3.4. Bodenbeschriftung (G) 259
10.3.5. Andere Verödung (G) 259
10.4. Artefakte, die während und nach einer Praxis verwendet werden (G) 259
10.5. Artefakte, bei denen der Zeitpunkt der Verwendung nicht eindeutig rekonstruiert
werden kann (G, D, K) 260
10.5.1. Adefakte, die am Körper getragen werden 260
4
Inhaltsverzeichnis
10.5.2. Artefakte, die zerstört werden 261
10.5.3. Artefakte, die vergraben werden 261
10.5.4. Artefakte, die in den Mund eines Toten gelegt werden 262
10.5.5. Andere Handhabungen 262
10.6. Handhabung, Funktion und Material 262
10.6.1. Funktion, Material und Handhabung: am Körper zu tragen 262
10.6.2. Funktion, Material und Handhabung: zu Vergraben 266
10.6.3. Funktion, Material und Handhabung: zu Zerstören /zu Verbrennen 268
10.6.4. Funktion, Material und Handhabungen: zu Zerstören / zu Trinken, Abzu-Ie-
cken oder Abzuwaschen 269
10.6.5. Funktion, Material und Handhabung: in das Maul eines Tieres zu legen
270
10.6.6. Funktion, Material und Handhabung: in den Mund eines Toten zu legen
271
10.7. Zusammenfassung 271
11. Funktionsbezeichnete Artefakte 275
11.1. Übersicht 275
11.2. Funktion, Material und Handhabung 275
11.2.1. Schutz 275
11.2.2. Heilung 276
11.2.3. Offenbarung 277
11.2.4. Liebe/Herbeiführung 277
11.2.5. Gunst 278
11.2.6. Schlaflosigkeit 278
12. P-Artefakte285
12.1. Übersicht 285
12.2. Materialität der P-Artefakte286
12.2.1. Schriftträger, die eindeutig als P-Artefakt oder als H-Artefakt identifiziert wer¬
den können 287
12.3. Funktionen der P-Artefakte 288
12.3.1. Funktionen, die eindeutig einem P-Artefakt oder H-Artefakt zugewiesen wer¬
den können 288
12.4. P-Artefakte: Kontextualisierung Materialität und Funktion 290
12.5. Beschriftungselemente der P-Artefakte 290
12.5.1. Detailanalyse der Beschriftungselemente der P-Artefakte 291
12.5.2. Adressierung und Vermittlung der Forderung 295
12.6. Zusammenfassung 296
13. Vorkommen und Funktion von Beschriftung in den Praxisanleitungen der Sammelschriften 299
13.1. In welchem Umfang tritt Beschriftung als Element einer Praxis in den Sammel¬
schriften und Einzelanleitungen des 1.-7. Jh. auf? 299
13.2. Die Funktionen von Schrift, Zeichen und Bild in den Sammelschriften des 1.-7.
Jh. 300
13.2.1. Konkrete Funktionen einer Beschriftung: Teil 1 300
13.2.2. Konzeptuelle Funktionen einer Beschriftung 301
13.2.3. Konkrete Funktionen einer Beschriftung: Teil 2 308
13.3. Abschließende Gedanken 308
13.4. Ausblick: Zur These von Detlef B. Linke 309
5
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
14. Zusammenfassung der Ergebnisse 313
14.1. Ergebnisse:
14.2. Ergebnisse:
14.3. Ergebnisse:
14.4. Ergebnisse:
14.5. Ergebnisse:
14.6. Ergebnisse:
14.7. Ergebnisse:
Sammelschriften und Anleitungen 313
Materialität, Beschreibstoffund Schreibwerkzeug 314
Beschriftung 316
Handhabung 319
Funktionen 320
P-Artefakte 322
Vorkommen u. Funktion von Beschriftung in den Praxisanleitungen
323
15. Ausgewählte Schlussfolgerungen und weiterführende Fragestellungen 326
16. Literaturverzeichnis 331
6
Vorwort
Vorwort
Bei der vorliegenden Publikation handelt es sich um die leicht überarbeitete Fassung
meiner Dissertation, die ich im Mai 2013 an der Philosophischen Fakultät der Universität
Erfurt eingereicht habe. Der vollständige Titel lautete: Schrifttragende Artefakte in den
Praxisanleitungen zur Interaktion mit höheren Mächten aus den griechischen, demoti¬
schen und koptischen Sammelschriften des 1.-7. Jahrhunderts - Untersuchung und
Kontextualisierung von Materialität, Funktion, Handhabung und Beschriftungselemen¬
ten. Betreut wurde die Arbeit von Prof. Dr. Kai Brodersen und Prof. Dr. Joachim F. Quack.
Im Zentrum der Arbeit steht die Untersuchung des Vorkommens und der Verwendung
von Schrift in antiker Ritualpraxis, deren Verlauf in Praxisanleitungen überliefert ist.
Während für die materielle Überlieferung schrifttragender Artefakte aus rituellen Kon¬
texten, die für den Bearbeitungszeitraum zwischen dem 1. und 7. Jh. mehrere tausend
Objekte umfasst, eine große Anzahl an Publikationen vorliegt, wurde eine andere Quel¬
lengattung, die die gleichen Artefakte betrifft, bisher in nur sehr geringem Maße zu deren
Erforschung berücksichtigt: Es handelt sich hierbei um die Überlieferung der Herstel-
lungs- und Handhabungsanleitungen dieser Artefakte. Im Gegensatz zu der materiellen
Hinterlassenschaft beschrifteter Artefakte, deren Fundkontexte in der großen Mehrheit
der Fälle unbekannt sind und für die eine Rekonstruktion des Handlungsrahmens, in¬
nerhalb dessen sie entstanden sind und zum Einsatz kamen, nicht mehr möglich ist,
geben die Anleitungen einen umfassenden Einblick sowohl in eben jene schillernden
Handlungen, die die Herstellung und Handhabung der Artefakte betreffen, als auch in die
verloren gegangenen Fundkontexte.
Als Quelle für unser Verständnis schrifttragender Artefakte in rituellen Kontexten sind
diese Anleitungen, die überwiegend in antik kompilierten „Sammelschriften“ überliefert
sind, unentbehrlich. In Anbetracht des deutlich gestiegenen Interesses, das in den Alter¬
tumswissenschaften insbesondere den materialen Textkulturen einerseits und der spä¬
tantiken Ritualforschung andererseits in dem letzten Jahrzehnt entgegengebracht wur¬
de, ist es umso überraschender, dass bis heute weder ein Corpus zusammengestellt,
noch eine umfassende Untersuchung vorgenommen wurde. Diese Lücke soll mit der
vorliegenden Arbeit geschlossen werden.
Wie es bei jeder Grundlagenarbeit der Fall ist, zeigten sich auch hier in ihrem Verlauf
wesentlich mehr Fragen auf, als innerhalb eines Werkes bearbeitet werden können, und
bei denjenigen Fragen, die bearbeitet wurden, wurde wiederholt deutlich, dass weitere
sekundäre Quellen herangezogen werden müssen, um der Komplexität der enthaltenen
antiken Vorstellungen, der dargestellten Konzepte und der Zusammenhänge von Infor¬
mationen gerecht zu werden. Das ist das Schöne an einer solchen Arbeit: Sie macht
nicht nur einen zusammenhängenden Quellenbereich auf praktische Weise zugänglich,
sondern zeigt zugleich eine ganze Reihe an Möglichkeiten für weitere und vertiefende,
7
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
und sicherlich in dem ein oder anderen Fall auch revidierende Studien auf.
Es ist zwar bedauerlich, dass nicht alle Fragen sozusagen „am Stück“ behandelt werden
können, dafür bietet sich jedoch die Möglichkeit, Schwerpunkte frei zu wählen. Für die
vorliegende Arbeit wurden die folgenden ausgewählt:
• die Neulesung sämtlicher Praxisanleitungen, die die Verwendung eines schrifttra¬
genden Artefakts involvieren,
• die Vergesellschaftung der einzelnen Beschriftungselemente Schrift, Zeichen
und Bild untereinander,
• die Kontextualisierung der Beschriftungselemente mit der Materialität des Schrift¬
trägers,
• die Kontextualisierung der Beschriftungselemente mit der Funktion des Artefakts,
• die Kontexte der Handhabungen eines Artefakts,
• die möglichen Funktionen und zugrunde liegenden antiken Konzepte von Schrift.
Insbesondere die Funktionen von Schrift und die ihr in der Antike zugrunde gelegten Kon¬
zepte haben durch diese Arbeit mein Interesse geweckt. Aufgrund des bereits rund 1000
Seiten umfassenden Katalogs mit zahlreichen Neulesungen und Diskussionen zu aktu¬
ellen Interpretationen war es jedoch geboten, den Textteil kürzer zu fassen. So werden
hier die möglichen Funktionen von Schrift, die ihr zugrunde liegenden Konzepte sowie
weiterführende Denkansätze zur Erforschung antiker Schriftpraxis zusammengefasst
und diskutiert, jedoch in kürzerer Form. In der überarbeiteten Fassung der Dissertation
hätte die Möglichkeit bestanden, die entsprechenden Kapitel auszubauen, davon habe
ich aus einem einfachen Grund abgesehen: Forschung ist ein Prozess, und dieser Pro¬
zess sollte von möglichst vielen Köpfen betrieben werden. Da das Werk an sich rund ist,
hielt ich es für sinnvoller, es zeitnah zu veröffentlichen und die gewonnenen Erkenntnis¬
se einer größeren Diskussionsrunde zur Verfügung zu stellen, anstatt ein weiteres Jahr
mit Ergänzungen zu verbringen. Die betroffenen Gebiete der antiken Schriftforschung,
der kognitiven Archäologie und der Gehirnforschung, deren Zusammenführung in Bezug
auf eine theorie- und methodenübergreifende Bearbeitung gemeinsamer Fragestellun¬
gen noch ganz am Anfang steht, bedürfen in den Altertumswissenschaften - und dabei
insbesondere in Deutschland - ohnehin einer grundlegenden Erörterung und Diskussion,
da sie hier, im Gegensatz z.B. zu den USA und Großbritannien, noch keinen Einzug in
die breitere Forschungslandschaft gefunden haben.
Der Wunsch, die Ergebnisse zeitnah, einfach zugänglich und kostenlos zur Verfügung
zu stellen, liegt der Entscheidung zugrunde, die Arbeit digital zu veröffentlichen.
Kirsten Dzwiza, Heidelberg im Dezember 2013
8
Danksagung
Danksagung - eine Chronologie
Manche Ereignisse lassen sich über Jahre hinweg zurückverfolgen bis zu einer einzel¬
nen konkreten Entscheidung, obwohl in dem Moment der Entscheidung an das entspre¬
chende Ereignis gar nicht gedacht worden war. Ein solch seltener Fall der sozusagen
punktgenauen Rekonstruktion von Ursache und Wirkung liegt hier vor, und diesen be¬
merkenswerten Umstand möchte ich dazu nutzen, allen Beteiligten, die letztendlich dazu
beigetragen haben, dass ich aus der Wirtschaft zurück in die Forschung gegangen bin,
an dieser Stelle meinen herzlichsten Dank auszusprechen. Und da es sich so schön
anbietet, wird es eine chronologisch strukturierte Danksagung. Passt ja auch gut in die
Altertumswissenschaften.
Am Anfang der Ereignisse steht Hans Dieter Betz, den ich persönlich bisher nicht ken¬
nen gelernt habe, dem aber aus chronologischer Perspektive der erste Dank gebührt:
2008 entschied ich mich, die antiken Zauberzeichen zu erforschen und dazu zunächst
einmal ein Corpus der Quellen zusammenzutragen. Ich arbeitete damals in einem Ver¬
lag in ländlicher Gegend und forschte freiberuflich nach Feierabend, die nächste Fach¬
bibliothek war rund 50 km entfernt. Einen ersten Überblick wollte ich mir anhand von
Preisendanz' Publikationen der Papyri Graecae Magicae verschaffen, doch die beiden
gedruckten Bände PGM I und PGM II waren selbst in der überarbeiteten Version aus
den 70er Jahren vergriffen, eine digitale Version von der ersten Edition war zu diesem
Zeitpunkt nicht verfügbar, auch fand sich kein Antiquariat, dass die Werke anbot. Doch
das Internet offenbarte, dass es eine lieferbare englische Übersetzung der PGM gab,
sogar mit neuen Quellen ergänzt, zudem als Paperback und damit bezahlbar. Ein Pre¬
view zeigte, dass auch hier - wie bei Preisendanz - die Zauberzeichen mit umgezeichnet
worden waren. Dabei handelte es sich um das Buch The Greek Magical Papyri in Trans¬
lation - Including the Demotic Spells, herausgegeben von Hans Dieter Betz, und mit der
Bestellung des Buches am 11. August nahm alles seinen Anfang.
2009 war es soweit, dass ich mein Zauberzeichen-Projekt auf einer Konferenz vorstel¬
len und sehen wollte, ob ich auf dem richtigen Weg war. Am 6. November berichtete
ich in Rom im Rahmen der Konferenz Contesti magici - Contextos magicos über meine
Arbeit. Auf dieser Konferenz lernte ich Jaime Curbera kennen, der zurück in Deutsch¬
land Richard Gordon von meinem Projekt berichtete (dieser hatte seine Teilnahme an
der Konferenz absagen müssen) und den Kontakt zu ihm herstellte. Wir trafen uns und
verbrachten einen herrlichen Nachmittag in angeregtem Gespräch über Zauberzeichen.
Am 10. Dezember 2009 erhielt ich überraschend eine Email von Joachim Quack, ob ich
mir vorstellen könnte, das Zauberzeichenprojekt im Rahmen eines geplanten Sonderfor¬
schungsbereichs durchzuführen. Erfahren hatte er von mir durch Richard Gordon.
Der Sonderforschungsbereich wurde zum 1. Juli 2011 bewilligt. Bereits nach kurzer Zeit
stellte sich jedoch heraus, dass die Arbeit an den Zauberzeichen den Rahmen einer Dis-
9
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
sertation schnell sprengen würde. Joachim Quack riet mir zudem, mich in Anbetracht mei¬
ner Interessensschwerpunkte eher breiter aufzustellen und nicht im Fach Ägyptologie zu
promovieren. Die Gespräche mit Vertretern der Ur- und Frühgeschichte (mein Magister-
Flauptfach) und der Religionswissenschaft (ein Interessensschwerpunkt) in Fleidelberg
sollten keine Früchte tragen, da ich mich weder auf eine theorielastige Arbeit, noch auf
fachspezifische Fragestellungen einschränken lassen wollte. So kam es, dass ich wie¬
der einmal das Internet heranzog. Unter den ersten Suchergebnissen einer Kombination
aus „Antike“, „Kulturen“ und „interdisziplinär“ fand sich ein Name, den ich bereits kannte:
Kai Brodersen. Wir hatten uns einmal in Mannheim getroffen um über Fluchtafeln zu
sprechen. Ich schrieb eine Mail und war sehr aufgeregt.
Bereits am nächsten Tag hatte ich eine Antwort in meiner Mailbox. Wir trafen uns, ich
wurde mit einer Vielzahl nützlicher Informationen versorgt, fühlte mich sofort gut auf¬
gehoben und auf der Rückfahrt war ich von einem fantastischen Gefühl beseelt: Meine
Welt war plötzlich voller Fenster, und überall waren Türen mit spannenden Wegen da¬
hinter. Gehbare Wege.
Und so kam es, dass Kai Brodersen mein Doktorvater wurde und Joachim Quack mein
Zweitgutachter. Ein echtes Dream-Team, wie sich heraussteilen sollte. Beide gaben mir
die Möglichkeit genau das zu tun, was meinen Kopf - und damit mich - glücklich macht:
Die Welt nach seinen eigenen Regeln entdecken zu können. Ich bekam von Anfang an
die Möglichkeit, so interdisziplinär zu arbeiten, wie es mir sinnvoll erschien, und jeden
nur erdenklichen Freiraum, den ich mir wünschen konnte. Obendrauf wurde mir das
Gefühl gegeben, dass ich auf etwas Spannendes gestoßen war und meine Arbeit schon
gut machen werde. Und keiner hielt mich davon ab, als ich zum Schluß Theorien und
Methoden der kognitiven Archäologie erst in Betracht zog und dann gegen eine bis dato
gänzlich unbeachtete Theorie aus der Gehirnforschung eintauschte. Kurz gesagt: Ich
konnte mich vollkommen auf die eigentliche Arbeit konzentrieren, ungestört den Gedan¬
ken in meinem Kopf lauschen und den Weg gehen, der sich vor mit auftat. Währenddes¬
sen stellte sich auch heraus, womit ich mich in den nächsten Jahren beschäftigen werde:
mit der Suche nach Verknüpfungsmöglichkeiten der Erkenntnisse aus den Geschichts¬
wissenschaften einerseits und theoretischen und methodischen Ansätzen der kognitiven
Archäologie und aktuellen Fragestellungen der Gehirnforschung sowie der künstlichen
Intelligenz andererseits. Ist das überhaupt möglich? Ich denke: ja. Und ich denke, dass
es eine gute Sache ist, die Ergebnisse unserer Forschung in deutlich höherem Maße
mit aktuellen Fragestellungen und Problemen zu verbinden und in neue Forschungsbe¬
reiche einzubringen.
Jetzt bin ich also Althistorikerin geworden, fasziniert von Schriftverwendung und mit
einem Hang zu Brain-Computer-Interfaces. Dies alles wäre ohne die Offenheit, das Ver¬
trauen, die Hilfsbereitschaft und jederzeitige Ansprechbarkeit meiner beiden Doktorväter
nicht möglich gewesen, und dafür möchte ich ihnen ganz besonders danken.
10
Danksagung
Manche Ereignisse lassen sich also über Jahre hinweg zurückverfolgen zu einer einzel¬
nen konkreten Entscheidung. Von dieser Entscheidung ausgehend reihen sich weitere
Entscheidungen und Ereignisse wie die leuchtenden Perlen einer Kette aneinander. Und
jetzt, in diesem Augenblick, ist die letzte Perle aufgefädelt und das Schmuckstück sozu¬
sagen fertig. Das erste einer Kollektion, hoffe ich.
Herzlichen Dank an alle, die zu diesem spannenden Weg beigetragen haben!
Kirsten Dzwiza, Heidelberg im Dezember 2013
11
1 - Gegenstand der Arbeit
1. Materialbasis und Gegenstand der Arbeit
Die Materialbasis dieser Arbeit besteht aus den griechischen, demotischen und kop¬
tischen Sammelschriften sowie Einzelanleitungen aus Ägypten, die zwischen das 1. Jh.
v. Chr. und 7. Jh. n. Chr. datiert werden und deren Inhalte Handlungsanweisungen zur
Interaktion mit höheren Mächten umfassen. Die Grundlage der Arbeit bilden jene Hand¬
lungsanweisungen, die schrifttragende Artefakte involvieren. Den Gegenstand der Ar¬
beit bilden die schrifttragenden Artefakte, deren Herstellung und Handhabung in diesen
Sammelschriften und Einzelanleitungen beschrieben wird. Besonderes Augenmerk wird
dabei auf die Beschriftung gelegt.
Der Bearbeitungszeitraum beginnt in etwa mit der Eingliederung Ägyptens in das Rö¬
mische Reich im 1. Jh. v. Chr. und endet mit der Eroberung Ägyptens durch die Araber
im 7. Jh. n. Chr. Dieser Rahmen umfasst sämtliche überlieferten griechischen Sammel¬
schriften und Einzelanleitungen. Demotische Schriften dieser Art sind bereits vor dem
Bearbeitungszeitraum belegt, koptische bis in das 11./12. Jh. 1
1.1. Publikationslage
Die Sammelschriften und Einzelanleitungen wurden zunächst anhand der bekannten
Corpora für die Untersuchungen zusammengestellt. Für die griechischen Texte sind das:
Karl Preisendanz' Papyri Graecae Magicae I und II in der durch Albert Henrichs überar¬
beiteten Auflage aus den Jahren 1973 und 1974 2 , des Weiteren Hans Dieter Betz' 1986
herausgegebene Greek Magical Papyri in Translation, including the Demotic Spelts 3 ,
hier sind zusätzlich zu den 103 von Preisendanz bearbeiteten 4 und unter der Abkürzung
PGM bekannten Papyri und Pergamente 50 weitere publizierte Schriften in die englische
Sprache übersetzt worden, darunter auch die demotischen Texte. Die jüngste Zusam¬
menstellung griechischer Sammelschriften findet sich in dem von Robert Daniel und
Franco Maltomini 1992 publizierten Supplementum Magicum II 5 . Abgeglichen wurde die
so zusammengestellte Liste mit der umfassenden Darstellung William Brashears The
Greek Magical Papyri: an Introduction and Survey 6 .
Für die vier bekannteren demotischen Sammelschriften, die allesamt griechische Teile
beinhalten 7 , gibt es bisher keine Corpus-Publikation, ihre Bearbeitung liegt in Einzelab-
1 Die späteste mir derzeit bekannte Sammelschrift ist K 8303, Wien, Österreichische Nationalbibliothek; s. Stegemann
(1934), 28, 79-82, Nr. LI.
2 S. Preisendanz (1973) 2 und (1974) 2 .
3 S. Betz (1986), die hier verwendete Publikation ist die Paperbackedition aus dem Jahr 1996.
4 Die Nummerierung läuft von I bis LXXXI, einzelne Besprechungen enthalten mehrere Objekte, so dass insgesamt 103
Schriftträger besprochen wurden. S. auch Brashear (1995), 3495.
5 Daniel, Maltomini (1991) und (1992).
6 Brashear (1995), 3494.
7 Auch P Louvre E 3229 (PDM Suppl.) enthält mindestens neun Zeilen griechischen Text, zu denen Johnson (1977),
57, schreibt: „A Greek text which was written in the bottom third of the right hand section of the column on the verso,
running over into the blank space in front of the Demotic column, has been erased and no attempt is made here to
read it.“ Brashear untersuchte die Passage am Original und publizierte sie 1991. Dazu schrieb er: „This text was writ¬
ten by the same person responsible for penning in the Greek glosses in the Demoic texts on the recto and verso. (...)
Apparently the central section is a charitesion (...).“ (Brashear (1991), 72).
13
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
handlungen vor 8 . The Demotic Magical Papyrus of London and Leiden ist die früheste
davon und erfolgte 1904 durch Francis LL. Griffith und Herbert Thompson, 1932 gefolgt
von Harold I. Bells, Arthur D. Nocks und Herbert Thompsons Werk Magical Texts from
a Bilingual Papyrus in the British Museum, und bisher abgeschlossen mit den beiden
Publikationen von Janet Johnson 1975 The Demotic Magical Spells of Leiden 1384 und
Louvre E 3229: A Demotic Magical Text im Jahr 1977. 1986 wurden die gesamten bis
dato publizierten Texte von Johnson in Betz (s.o.) erstmalig in Zusammenhang mit den
enthaltenen griechischen Texten in englischer Übersetzung vorgestellt. Jacco Dieleman
widmete seine Dissertation 2005 der Untersuchung zweier dieser Schriften, allerdings
konzentrierte er sich auf eine inhaltliche, und nicht auf eine philologische Bearbeitung 9 .
Joachim F. Quack publizierte 2008 und 2011 verschiedene überarbeitete Übersetzungen
ausgewählter Anleitungen 10 . Eine Neuedierung der vier demotischen Sammelschriften
wäre überaus wünschenswert, wie sich bei der Bearbeitung der für die vorliegende Ar¬
beit relevanten Passagen gezeigt hat. Eine bislang weitgehend unbekannte spätägyp¬
tische Sammelschrift ist P. BM 10808. Dabei handelt es sich um einen mittelägyptischen,
„(...) mit griechischen Buchstaben und zusätzlich demotischen Zeichen und Zeichen¬
gruppen geschriebenen Text (...)“, der zuletzt von Jürgen Osing 1976 * 11 und von Val H.
Sederholm 2006 12 umfangreicher bearbeitet wurde und zu dem Dieleman 13 und Quack 14
jüngere Kommentare verfasst haben.
Bei den koptischen Sammelschriften ist die Publikationslage wesentlich schlechter. Die
umfangreichste philologische Bearbeitung im Rahmen einer Corpus-Publikation wurde
von Angelicus Kropp 1930 und 1931 in seinen Ausgewählte Koptische Zaubertexte I-
III publiziert. Die Bände enthalten 66 Texte, die in 76 Einzelbesprechungen diskutiert
werden, sie basieren auf zahlreichen Einzelpublikationen insbesondere durch Walter
E. Crum und William H. Worrell. Unmittelbar darauf folgend veröffentlichten Friedrich
Bilabel und Adolf Grohmann 1934 in Griechische, koptische und arabische Texte zur
Religion und religiösen Literatur in Ägyptens Spätzeit die Heidelberger Sammlung, und
Viktor Stegemann machte im gleichen Jahr Die koptischen Zaubertexte der Sammlung
8 Im Rahmen eines Leibniz-Projektes von J. F. Quack an der Universität Heidelberg ist die vollständige Neuedierung
der publizierten wie auch der unpublizierten demotischen Sammelschriften bis 2018 geplant. Die Autorin arbeitet
innerhalb dieses Projektes an der Neuedierung des großen London-Leidener demotischen Papyrus (P. BM 10070 +
P. Leiden I 383).
9 Priests, Tongues, and Rites. The London-Leiden Magical Manuscripts and Translation in Egyptian Ritual (100-300
CE). Religions in the Graeco-Roman World, 153, Leiden 2005.
10 Demotische magische und divinatorische Texte, in: B. Janowski, G. Wilhelm (Hrsg.), Texte aus der Umwelt des Alten
Testaments, Neue Folge Band 4. Omina, Orakel, Rituale und Beschwörungen, Gütersloh 2008, 331-385; Remarks on
Egyptian Rituals of Dream-Sending, in: P. Kousoulis (Hrsg.), Ancient Egyptian Demonology. Studies on the Bounda-
ries between the Divine and the Demonic in Egyptian Magic, OLA 175, Leuven, Paris, Dudley 2011, 129-150.
11 Jürgen Osing, Der spätägyptische Papyrus BM 10808, Ägyptologische Abhandlungen 33 (1976). In einem Gespräch
teilte mir J. F. Quack mit, dass er den Text teilweise erheblich abweichend von Osing lesen und interpretieren würde.
Eine Publikation wäre überaus wünschenswert, insbesondere, da die Sammelschrift nicht in Betz (1996) mit aufge¬
nommen wurde. Erstpublikation durch Walter E. Crum, An Egyptian Text in Greek Characters, in: Journal of Egyptian
Archaeology 28 (1942), 20-31, Tafeln ll-lll.
12 Val Hinckley Sederholm, Papyrus British Museum 10808 and Its Cultural and Religious Setting, Leiden, Boston 2006.
13 Jacco Dieleman, Ein spätägyptisches magisches Handbuch. Eine neue PDM oder PGM? in: F. Hoffmann, F. J. This-
sen (Hrsg.), Res severa verum gaudium, Festschrift für Karl-Theodor Zauzich zum 65. Geburtstag am 8. Juni 2004,
2005.
14 J. F. Quack, Inhomogenität von ägyptischer Sprache und Schrift in Texten aus dem späten Ägypten, in: Katja Lembke,
Martina Minas-Nerpel, Stefan Pfeiffer (Hrsg.), Tradition and Transformation: Egypt under Roman Rule. Proceedings
of the International Conference, Hildesheim, Roemer- and Pelizaeus-Museum, 3-6 July 2008, 2010, 313-341. Siehe
insbes. S. 336, Anm. 7. Siehe auch V. H. Sederholm, Angabe oben in Anm. 12.
14
1 - Gegenstand der Arbeit
Papyrus Erzherzog Rainer in Wien zugänglich.
William Worell erschloss 1942 die Coptic texts in the University of Michigan Collection,
Walter Till 1960 Die koptischen Ostraka der Papyrussammlung der Österreichischen
Nationalbibliothek. Die jüngste umfangreiche Edierung geht auf Walter Beltz zurück,
der 1983 Die koptischen Zauberpapyri der Papyrus-Sammlung der Staatlichen Museen
zu Berlin, 1984 Die koptischen Zauberpergamente der Papyrus-Sammlung der Staat¬
lichen Museen zu Berlin und 1985 Die koptischen Zauberpapiere und Zauberostraka
der Papyrus-Sammlung der Staatlichen Museen zu Berlin veröffentlichte. Die jüngste
umfangreiche Sammelschrift steht kurz vor der Veröffentlichung 15 .
Wie schon Betz die Publikationen der griechischen Texte in englischer Sprache heraus¬
gab, so haben Marvin Meyer und Richard Smith 1994 in Ancient Christian Magic - Coptic
Texts of Ritual Power eine Auswahl der bis dato publizierten koptischen Texte in eng¬
lischer Übersetzung zusammengestellt, ergänzt durch einige unpublizierte Papyri in der
Yale Sammlung durch Stephen Emmel. Das Werk enthält 131 koptische und 34 grie¬
chische Texte.
Im Anschluss an die Zusammenstellung der Quellen anhand der aufgeführten Publikati¬
onen wurden aktuelle Einzelpublikationen ergänzend hinzugezogen. Den griechischen
Zeugnissen konnte P. Duke 729 hinzugefügt werden 16 , den koptischen P. Mil. Vogl. Copt.
16 17 und P. Mich. 593 a 18 . Neue demotische Sammelschriften wurden nicht veröffentlicht.
1.2. Sammelschriften und Einzelanleitungen
Insgesamt konnten 109 publizierte griechische, demotische und koptische Sammel¬
schriften und Einzelanleitungen zusammengetragen werden. Fünf davon wurden nicht
aufgenommen, da sie keine Handlungsanweisungen zur Interaktion mit höheren Mäch¬
ten enthielten, sondern ausschließlich Anweisungen, die die Verwendungen verschie¬
dener Zutaten beschreiben 19 , oder Homerorakel 20 . 13 potentiell relevante Schriften wur¬
den ebenfalls nicht aufgenommen, da sie nur stark fragmentarisch und schwer lesbar
überliefert sind. Eine Identifizierung als Teil einer Sammelschrift oder Einzelanleitung
mit den o.g. Inhalten ist nicht sicher möglich 21 . Ein koptischer Papyruscodex, der als
15 Malcolm Choat, lain Gardner, P. Macquarie 1. A Coptic Handbook of Ritual Power. Angegebenes Publikationsjahr war
2011, bisher ist das Buch jedoch nicht erschienen.
16 David Jordan, P.Duk.inv. 729, Magical Formulae, in: Greek, Roman, and Byzantine Studies 46 (2006), 159-173.
17 Pernigotti (1979), 19-53 und Pernigotti (1993), 93-125. Der Text wurde nicht in Meyer, Smith (1994) aufgenommen.
18 Worrell (1935), 192-194, no. 7.
19 P. Wash. Univ. II, 74 (PGM CXI, SM 70), 2.-1. Jh. v. Chr., FO: Oxyrhynchos. Thissen schreibt dazu in seinem Aufsatz
KMHO - Ein verkannter Gott, in: Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik 112 (1996) 159: „Es mag sein, daß es sich
um einen Zaubertext handelt, dann jedoch um einen sehr ungewöhnlichen: ich habe den Eindruck, daß hier die Über¬
setzung eines ägyptischen kosmogonischen Textes vorliegt, ohne dies im Einzelnen beweisen zu können.“ P. Yale II,
134 (PGM CXXVII, SM 76), 2./3. Jh, FO: Tebtunis; P. Köln inv. 1886 (PGM XCVII, SM 78), 2./3. Jh., FO: Oxyrhynchos;
P. Lit. Lond. 171 (SM 83), 3. Jh., FO: unbekannt.
20 P. Bon. 3 (SM 77), 2.-3. Jh., FO: unbekannt.
21 Griechisch : P Mil. Vogl. inv. 1254-1261 (SM 98), 5./6. Jh., FO: unbekannt; P. Yale II, 130 (SM 84), 3.-4. Jh., FO:
Aboutig?; P. Heid. G. 1101 (SM 32), 5./6. Jh., FO: unbekannt; P. Wien 8033 (PGM L), Wien, Österreichische National¬
bibliothek, 6. Jh., FO: unbekannt; O. Cairo inv. CP 25/8/37(1-2 (9883) (SM 68), 3. Jh., FO: Karanis; P. Yale inv. 989
(PGM CXIV), Yale, University Library, 3./4. Jh., FO: unbekannt; P. Oxy. 1566 (PGM LXXXI), London, Egypt Explorati¬
on Society, 4. Jh., FO: Oxyrhynchus; P. Coli. Youti II, 91,5./6. Jh., FO: unbekannt; P. Carlsberg 52, 7. Jh., FO: unbe¬
kannt; P. gr. 29273 (PGM LXIV), Wien, Österreichische Nationalbibliothek, 4. Jh., FO: unbekannt; Koptisch : P. Berlin
15
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Schriftensammlung bezeichnet werden kann, enthält jedoch keinerlei Handlungsan¬
weisungen, dafür allerdings die Information, dass ein bestimmtes Gebet denjenigen als
Amulett dienen soll, die es lesen 22 . Zwei Sammelschriften im Koptischen Museum Kairo,
Nr. 4959 und 4960, werden von Meyer, Smith in Ausschnitten in englischer Sprache
publiziert 23 , jedoch nicht philologisch ediert, zudem ist ihre Datierung in das 6.-8. Jh.
unklar 24 . Eine umfangreiche koptische Sammelschrift steht kurz vor der Publikation, war
jedoch für die Bearbeitung noch nicht verfügbar 25 .
So bilden 87 griechische, demotische und koptische Sammelschriften sowie Einzelanlei¬
tungen die Materialbasis für die im Folgenden vorgestellten Untersuchungen.
1.3. Anleitungen zur Herstellung und Handhabung schrifttragender Artefakte
268 Beschreibungen zur Herstellung und Handhabung schrifttragender Artefakte sind in
einem Zustand überliefert, der eine Bearbeitung zulässt. 40 weitere, nur sehr fragmenta¬
risch erhaltene Anleitungen, die möglicherweise ein schrifttragendes Artefakt enthalten,
wurden in eine Liste aufgenommen 26 . Artefakte, deren Beschriftung ausschließlich figu-
rativ sein sollte und keine zusätzlichen Schrift- oder Zeichenelemente enthält, wurden
nicht untersucht, jedoch in einer weiteren Liste gesondert aufgeführt 27 .
Bisher wurden das Vorkommen und die Verwendung schrifttragender Artefakte, die in
den Sammelschriften und Einzelanleitungen beschrieben werden, nicht näher unter¬
sucht. Daher wurde zunächst ein Corpus der Quellen zusammengetragen. In einem
zweiten Schritt wurde ein Katalog der schrifttragenden Artefakte erstellt, der in drei Teile
gegliedert ist:
• Teil 1 beinhaltet sämtliche Artefakte, deren Beschriftung eindeutig identifizier¬
bar und mit den dazugehörenden Anweisungen vollständig oder fast vollständig
überliefert ist.
8109 (Berlin, Ägyptisches Museum), 7. Jh., FO unbekannt. Auf dem Verso liest Beltz in Z. 15 „Abraxax“ (Beltz (1984),
88-91). Dazu Beltz, 81: „Das Pergamentblatt [...] gehört zu einem Codex, der vermutlich ein Arznei- und Rezeptbuch
enthalten hat.“ [...] Die von Kropp erwogenen Bedenken, diesen Text der magischen Literatur zuzuweisen, zeigen, wie
fließend die Grenze zwischen medizinischer und magischer Praxis verläuft und daß eine klare Trennung zwischen
beiden eigentlich im 7. Jahrh., dem ich diesen Text zuweisen möchte, nicht möglich ist. Formal entspricht das Blatt
eigentlich dem medizinischen Londoner Papyrus (W. Wreszinski, Die Medizin der Alten Ägypter, Bd. II, Leipzig 1912),
der aus dem Ende der 18. Dynastie stammen soll, also um 1350 v. u. Z., aber durchaus keine Einzelerscheinung ge¬
wesen ist (H. Grapow, HdO 1/2, Leiden 1952, 181-187.“ Beltz versteht Kropp falsch, der ausdrücklich schreibt (Kropp
III, 175): „Es finden sich in ihnen wohl auch sogenannte Volksmittel, diese sind aber nicht eigentlich als magische zu
betrachten, weil Bauernglaube mit nach unserer Erfahrung gänzlich ungeeigneten Ingredienzien allerlei Heilwirkun¬
gen natürlichweise verknüpft glaubte. Hiervon heben sich die Schriften ab, die ex professo die Volksmittel überliefern.
Diese zeigen starken magischen Einschlag, wie die von Erman veröffentlichten Stücke. Da folgt Pap. 8109 auf Mittel
gegen Schlaflosigkeit [...]. Aus der Zauberpraxis stammen hierbei Verordnungen über die spezielle Bereitung des
Mittels ...“ Kropp unterscheidet hier explizit zwischen solchen medizinischen Schriften, die der Überlieferung eines
magischen Apparates entbehren, und jenen, die ex professo die Volksmittel nebst deren magischen Einschlag be¬
schreiben. Kropp nennt dezidiert P. 8109 als zu letzterer Gruppe gehörig. Siehe auch Leitz (1999). Demotisch : O.
Strassburg D 1338, Datierung: ?, FO: unbekannt; „Fayum Tempel Archiv“, unterschiedlich datiert: ptolemäisch oder
römisch (s. Ritner (1995), 3343). Nach Quack nicht magisch, siehe Quack (1998), 77, Anm. 2.
22 P. Anastasi 9, Leiden, National Museum of Antiquities, ohne Datierung. Ein interessanter Hinweis darauf, dass unter
cpuÄaKTTipiov nicht grundsätzlich ein Gegenstand materieller Natur verstanden worden sein muss.
23 Meyer, Smith (1994), 239-244.
24 Bisher einzige Erwähnung - abgesehen von der Teilübersetzung bei Meyer, Smith - durch Aziz S. Atiya (Hrsg.), The
Coptic Encyclopedia, 1991,5.1501.
25 s.o.Anm. 10.
26 Siehe Katalog, Anhang 1: Listen.
27 Ebenfalls im Katalog, Anhang 1: Listen.
16
1 - Gegenstand der Arbeit
• Teil 2 enthält jene Artefakte, deren potentielle Beschriftung vollständig oder fast
vollständig überliefert wurde, wobei der Inhalt der einzelnen Beschriftungsele¬
mente jedoch ganz oder teilweise unklar ist (z.B. durch individuelle Angaben
oder weil die Bezeichnung der Beschriftungselemente mehrdeutig ist).
• Teil 3 umfasst jene Artefakte, deren Beschriftung weniger als „fast vollständig“
überliefert ist.
Zusätzlich wurde eine Datenbank mit 268 Datensätzen entsprechend der überlieferten
Anzahl schrifttragender Artefakte erstellt.
Diese drei Instrumente - das Corpus der Sammelschriften, der Katalog der Artefakte
sowie die Datenbank - bilden die Grundlage für die folgenden Untersuchungen und Aus¬
wertungen.
1.4. Fragestellungen
Der Fokus der Untersuchungen liegt auf der Beschriftung der Artefakte. Dazu werden in
einem ersten Schritt die technischen Mittel untersucht:
1) . Aus welchen Materialien bestehen die Schriftträger?
2) . Welche Beschreibstoffe wurden verwendet?
3) . Mit welchen Schreibwerkzeugen wurde geschrieben?
In einem zweiten Schritt stehen die Beschriftungselemente im Zentrum:
1) . Aus welchen Beschriftungselementen bestehen Beschriftungen?
2) . Wie sieht das individuelle und vergesellschaftete Vorkommen der einzelnen
Beschriftungselemente aus?
3) . Welche Schriftträger wurden verwendet, und lassen sich Verbindungen zwi¬
schen Beschriftungselement/en und Schriftträger hersteilen?
4) . Welche Funktionen werden genannt, und treten ausgewählte Beschriftungsele¬
mente ausschließlich im Kontext ausgewählter Funktionen auf?
5) . Wie werden einzelne Beschriftungselemente bezeichnet, und werden die Be¬
zeichnungen elementgruppenspezifisch oder elementgruppenübergreifend
verwendet?
6) . Wie werden autark zu verwendende Artefakte beschriftet, und unterscheidet
sich ihre Beschriftung von der Beschriftung der übrigen Artefakte?
Der dritte Teil der Arbeit baut auf den Ergebnissen der ersten beiden Teile auf und er-
17
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
schließt die unterschiedlichen Funktionen von Beschriftung im Rahmen der untersuchten
Praxen zur Interaktion mit höheren Mächten:
1) . Welche praktischen Funktionen übernimmt Beschriftung in den griechischen,
demotischen und koptischen Praxisanleitungen des 1.-7. Jh.?
2) . Welche konzeptuellen Funktionen können für die Beschriftungsgruppen Schrift,
Zeichen und Bild in Betracht gezogen werden?
3) . Welche Konzepte in Bezug auf die Interaktionsmöglichkeiten mit höheren
Mächten können anhand der Verwendung schrifttragender Artefakte rekonstru¬
iert werden?
Ziel der Arbeit ist es, die antike Verschriftlichungspraxis in Handlungsräumen zu unter¬
suchen, die durch die individuelle Interaktion zwischen Mensch und höherer Macht kon¬
stituiert werden, und die Kontextualisierung der einzelnen Parameter dieser Verschriftli¬
chungspraxis zu analysieren, auszuwerten und zu interpretieren.
18
2 - Allgemeine Informationen
2. Allgemeine Informationen
2.1. Verwendete Abkürzungen
Die folgenden Abkürzungen werden regelmäßig verwendet 1 :
PGM: Papyri Graecae Magicae 23 3
pdm: Papyri Demoticae Magicae
SM: Supplementum Magicum 4
SAP: Schrifttragendes Artefakt in einer Praxisanleitung
SAPs: Schrifttragende Artefakte in Praxisanleitungen
ÜP: übergeordnete Praxis
G: Griechisch, D: Demotisch, K: Koptisch
GK: Griechisch-Koptisch, GD: Griechisch-Demotisch
P-Artefakt: Artefakt, das autark zu verwenden und in keine übergeordnete Praxis
eingebunden ist. Herstellung und Handhabung des Artefakts konstituieren die ge¬
samte Praxis.
2.2. Erläuterungen zu den Diagrammen
Sämtliche Diagramme, Tabellen und Grafiken werden, sobald sie eine Breite von 15 cm
überschreiten, an das Ende des jeweiligen Kapitels angefügt.
In einigen Diagrammen sind die individuellen Bezeichnungen der Sammelschriften (PGM
IV, Ms. Copt. 136 etc.) mit zusätzlichen Zeichen versehen. Diese nehmen Bezug auf das
Klassifizierungssystem der untersuchten schrifttragenden Artefakte (zur Erläuterung des
Systems s. Katalog Teil 1 „Erläuterungen zum Katalogaufbau“): Mit einem „#“ verse¬
hene Sammelschriften enthalten fragmentarisch überlieferte Anleitungen, die im
3. Teil des Katalogs besprochen sind. Mit einem „*“ versehene Sammelschriften
enthalten vollständig oder fast vollständig überlieferte Anleitungen, die im 1. und
2. Teil des Katalogs besprochen sind. Schriften, die mit keinem Zeichen markiert
sind, enthalten keine schrifttragenden Artefakte und werden ausschließlich im
ersten Teil dieses Kapitels für vergleichende Untersuchungen berücksichtigt.
Die verwendeten Zeichen geben keine Auskunft über den Gesamtzustand einer Sam¬
melschrift.
1 Siehe auch Kapitel 3. Definitionen, Seite 18.
2 Die Bezeichnung ist praktisch aber ungenau, da neben den Papyri auch Pergamente, Ostraka und Tablai enthalten
sind.
3 s. Preisendanz (1973) 2 und (1974) 2 .
4 s. Daniel, Maltomini (1991 u. 1992).
19
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
3. Definitionen
Die im Folgenden zusammengestellten Definitionen bilden die terminologische Grundlage für
die vorliegende Untersuchung. Der Apparat soll zudem die Auseinandersetzung mit dem Thema
zukünftig vereinfachen und präzise Beschreibungen ermöglichen.
Grundsätzliches
Es ist zu unterscheiden zwischen einer => Praxis und der sie abbildenden => Anlei¬
tung.
Eine Praxis besteht aus mindestens einer => Handlung und mindestens einem =>
Element.
Handlungen und Elemente werden durch => Handlungsanweisungen geordnet und
zueinander in Bezug gesetzt.
Sämtliche Elemente und Handlungen einer Praxis werden in der vorliegenden Un¬
tersuchung in Bezug auf ihre Relevanz für die erfolgreiche Durchführung dieser Pra¬
xis als gleichwertig betrachtet. Dem Schwenken eines Lorbeerzweigs gen Osten
wird entsprechend der gleiche Stellenwert beigemessen wie einem Sprechakt oder
der Herstellung eines schrifttragenden Artefakts. Unabhängig davon ist es plausibel,
eine inhaltliche Gewichtung der einzelnen Elemente anzunehmen, die jedoch an
dieser Stelle nicht näher untersucht werden soll.
Anleitungen
In einer Anleitung wird die Gesamtheit der Handlungsanweisungen und Handlungs¬
gruppenanweisungen der eine Praxis konstituierenden Handlungen und Hand¬
lungsgruppen mit den dazugehörigen Elementen zusammengefasst, zueinander in
Bezug gesetzt und ggf. näher beschrieben. Die dadurch entstehende Reihenfolge
der Handlungsanweisungen entspricht nicht notwendigerweise der chronologischen
Reihenfolge des praktischen Handlungsverlaufs.
Eine Anleitung besteht aus mindestens einer Handlungsanweisung.
In einer Anleitung kann die Funktion einer Praxis bezeichnet werden. Fehlt eine
solche Angabe, lässt sie sich häufig, jedoch nicht immer, durch den Inhalt erschlie¬
ßen. Das Fehlen einer Funktions- oder Zielbezeichnung ist nicht gleichbedeutend
mit dem Fehlen einer Funktion oder eines Ziels der abgebildeten Praxis. Eine solche
Angabe kann auch bewusst oder versehentlich ausgelassen worden sein. Sie zu
rekonstruieren ist in einigen Fällen durch den Inhalt oder durch einen Vergleich mit
Parallelen möglich.
Idealerweise ist in einer Anleitung der Verlauf einer Praxis auf eine Art und Weise an¬
gebildet, die den Besitzer der Schrift in die Lage versetzte, die entsprechende Praxis
20
3 - Definitionen
erfolgreich durchzuführen. In den untersuchten Fällen wird jedoch deutlich, dass
häufig Fragen bzgl. einer präzisen Handlungsausführung und des genauen Hand¬
lungsverlaufs offen bleiben. Dies liegt teilweise an einer möglicherweise beabsich¬
tigten oder unbeabsichtigten, unvollständigen oder unverständlichen Beschreibung
einzelner Handlungsanweisungen und Elemente, teilweise aber sicherlich auch an
fehlenden heutigen Kenntnissen. Hinzukommt der heute bisweilen schlechte Erhal¬
tungszustand einiger Anleitungen.
Grundtypen und Typen
Anleitungen können, abhängig von den in ihnen enthaltenen Handlungsanwei¬
sungen, drei unterschiedlichen Grundtypen zugeordnet werden. Jeder dieser drei
Grundtypen kann in zwei Ausprägungen Vorkommen: „funktionsbezeichnet“ und
„funktionsunbezeichnet“, so dass letztendlich sechs Anleitungstypen bestimmt wer¬
den können. Zusätzlich kann ein relevanter Subtypus bestimmt werden:
1. AI-Anleitung
Eine Anleitung, die genau eine Handlungsanweisung enthält, wird als AI-Anlei¬
tung (AI) bezeichnet. Eine AI-Anleitung stellt die kleinstmögliche Abbildung einer
Praxis dar (s. auch unter => Praxis => PI-Praxis). Ist der beschriebenen Hand¬
lung eine Funktion zugewiesen, so wird sie als AIF-Anleitung (A1F) bezeichnet.
Erfolgt keine Zuweisung einer Funktion, wird die Anleitung als A10-Anleitung
(A10) bezeichnet.
Bei einer AI 0-Anleitung ist es aufgrund der fehlenden Funktionsangaben in nur
wenigen Fällen, und dann auch nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit, mög¬
lich, die Handlung einem klaren Kontext zuzuordnen.
2. AG1-Anleitung
Eine Anleitung, die aus => Handlungsanweisungen besteht, die eine einzige =>
Handlungsgruppe beschreiben, wird als AG1-Anleitung (AG1) bezeichnet. Eine
AG1-Anleitung kann eine vollständige Praxis abbilden (s. auch unter => Praxis =>
PG1-Praxis). Ist der beschriebenen Handlung eine Funktion zugewiesen, so wird
sie als AGIF-Anleitung (AG1F) bezeichnet. Erfolgt keine Zuweisung einer Funkti¬
on, wird die Anleitung als AG10-Anleitung (AG10) bezeichnet.
Bei einer AG10-Anleitung ist es aufgrund der fehlenden Funktionsangabe nur
selten möglich, eine Funktion oder ein Ziel zu rekonstruieren.
AGEM-Anleitung
Eine Anleitung, die aus mehreren Handlungsanweisungen zusammengesetzt ist,
die mehrere Handlungsgruppen beschreiben, wird als gemischte Anleitung oder
„Agem“ bezeichnet. Ist in ihr eine Funktion einer Praxis bezeichnet, wird sie als
21
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
ÄGEMF-Anleitung (AgemF) bezeichnet. Ist keine Funktion bezeichnet, wird sie als
AGEMF0-Anleitung (AgemF 0) bezeichnet.
Beschriftung
Unter „Beschriftung“ werden sämtliche Elemente zusammengefasst, die nach den
Anleitungen auf einem Materialträger aufgebracht werden sollen. Dazu gehören:
1. Schriftelemente
2. Zeichenelemente
3. Bildelemente
Element (E)
Ein Element bildet die Voraussetzung für die Durchführung einer Handlung und da¬
mit die Grundlage einer Praxis. Es kann gegenständlicher oder ungegenständlicher
Natur sein (z. B. ein Lorbeerzweig, ein Wort, eine Geste). Ebenso kann ein Mensch,
ein höheres Wesen, ein Tier oder ein Ort die Rolle eines Elements übernehmen.
Potentiell ist jedes Element gleichzeitig auch ein => Empfänger.
Elementspezifisch
Der Terminus ist auf die individuellen Elemente innerhalb der untersuchten Beschrif¬
tungsgruppen S, Z und B bezogen. Zu den Elementen der Gruppe S (Schrift) ge¬
hören z.B. voces magicae, Namen, Forderungen, zu den Elementen der Gruppe Z
(Zeichen) z.B. Zeichen der Gruppe Gl, G2 oder G3.
Eine Beschriftung, die ausschließlich aus einem einzigen Element, ggf. in unter¬
schiedlichen Ausprägungen, besteht, wird als elementspezifisch bezeichnet.
Elementübergreifend
Der Terminus ist auf die individuellen Elemente innerhalb der untersuchten Beschrif¬
tungsgruppen S, Z und B bezogen. Zu den Elementen der Gruppe S (Schrift) ge¬
hören z.B. voces magicae, Namen, Forderungen, zu den Elementen der Gruppe Z
(Zeichen) z.B. Zeichen der Gruppe Gl, G2 oder G3.
Eine Beschriftung, die aus unterschiedlichen Beschriftungs-Elementen besteht, wird
als elementübergreifend bezeichnet.
Empfänger
Ein Empfänger ist potentiell jedes Element, das Ziel einer Handlung wird. In der vor¬
liegenden Arbeit werden gesondert betrachtet:
22
3 - Definitionen
1. der Praktizierende,
2. das/die höhere/n Wesen,
3. die Zielperson/en oder das Zielobjekt,
4. der Nutznießer.
Funktion
Eine Funktion ist häufig, aber nicht notwendigerweise identisch mit dem Ziel einer
Handlung oder einer Praxis. Der Terminus Funktion wird hier grundsätzlich auf die
Wirkungsweise bezogen, die auf die Zielperson oder das Zielobjekt ausgerichtet ist,
der Terminus => „Ziel“ hingegen auf die Auswirkung, die sich der Nutznießer durch
die Praxis erhofft. Der Unterschied wird besonders deutlich z. B. bei einem Schwei¬
gezauber im Rahmen eines Prozesses. Die Funktion wäre dabei so definiert, dass
Person X nicht aussagen können soll. Das Ziel der Praxis ist in einem solchen Fall
nicht ausdrücklich angegeben, es wird aber aufgrund des Kontextes deutlich, dass
der Nutznießer sich einen Vorteil durch das Schweigen des Gegners erhofft. Funkti¬
on und Ziel wären in diesem Fall nicht identisch.
Gebundene Elementgruppe
Von einer gebundenen Elementgruppe wird gesprochen, wenn eine singuläre Hand¬
lung auf mehrere Elemente bezogen ist, die durch die Handlung zu einer untrenn¬
baren Einheit verbunden werden. Dies ist zum Beispiel immer dann der Fall, wenn
ein Text X auf einen Schriftträger Y aufgebracht werden soll. Die Handlung des
Schreibens involviert dabei die Elemente „Schriftträger“ und „Text“. Wird zudem das
Schreibwerkzeug und/oder der Beschreibstoff angegeben, vergrößert sich die Elem¬
entgruppe entsprechend.
Gesamtprozess
Der Gesamtprozess bildet sämtliche Elemente und Handlungen ab, die zum Errei¬
chen des Ziels einer Praxis, das sich der Nutznießer erhofft, notwendig sind. Dazu
gehören:
1. die erforderlichen Handlungen im Vorfeld der Durchführung einer Praxis (Be¬
schaffung und Präparation der einzelnen Elemente),
2. die Praxis,
3. der Vorgang des Einwirkens eines höheren Wesens oder einer Macht auf die
Zielperson oder das Zielobjekt,
4. die Handlung der Zielperson.
Ein Gesamtprozess kann also aus bis zu vier separaten Handlungsblöcken beste¬
hen, die notwendig sind, damit das Anliegen des Nutznießers einer Praxis letztend¬
lich erfüllt wird.
23
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Nur Teil 2 wird in den hier diskutierten Anleitungen ausführlich beschrieben. In eini¬
gen wenigen Fällen werden Handlungsweisen aus Teil 1 beschrieben oder lassen
sich rekonstruieren (z.B. die Angabe, eine bestimmte Pflanze, die benötigt wird, zu
einer bestimmten Zeit oder auf eine bestimmte Weise zu pflücken). Über Teil 3, auf
welche Weise ein höheres Wesen oder eine Macht auf eine Zielperson oder ein
Zielobjekt einwirkt, erfahren wir nichts. Über Teil 4 erhalten wir in den Anleitungen
in manchen Fällen indirekt Auskunft, wenn z. B. ein Vermerk in der Art „Wirkt gut“
hinzugefügt wird.
Gruppenspezifisch
Der Terminus bezieht sich auf die untersuchten Beschriftungsgruppen S, Z und B.
Eine Beschriftung, die ausschließlich aus Elementen aus einer dieser Gruppen zu¬
sammengesetzt ist, wird als gruppenspezifisch bezeichnet.
Gruppenübergreifend
Der Terminus bezieht sich auf die untersuchten Beschriftungsgruppen S, Z und B.
Eine Beschriftung, die aus Elementen mehrerer Gruppen zusammengesetzt ist, wird
als gruppenübergreifend bezeichnet.
Handlung
Als Handlung wird der Umgang an oder mit mindestens einem Element bezeichnet.
Eine singuläre Handlung kann auf mehrere Elemente bezogen werden, die dann als
=> gebundene Elementgruppe bezeichnet werden. Eine wiederholte Handlung kann
ebenso wie mehrere unterschiedliche Handlungen auf ein einzelnes Element oder
auf mehrere Elemente bezogen werden.
Handlungen und Elemente werden durch => Handlungsanweisungen zueinander in
Bezug gesetzt, untereinander geordnet und können mit ihnen näher qualifiziert wer¬
den. In einer Handlungsanweisung kann einer Handlung eine Funktion zugewiesen
und diese explizit bezeichnet werden.
Einer Handlung kann eine Funktion zugewiesen werden, entsprechend kann eine
Handlung funktionsbezeichnet (H1F) oder funktionsunbezeichnet (H10) auftreten.
Handlungsanweisung
In einer Handlungsanweisung werden entweder eine Handlung und ein Element,
oder eine Handlung und eine Elementgruppe zueinander in Bezug gesetzt. Ein Ele¬
ment kann in einer Handlungsanweisung näher qualifiziert, eine Handlung durch
24
3 - Definitionen
Zeit- und Ortsangaben ergänzt werden. In einer Handlungsanweisung kann einer
Handlung eine Funktion zugewiesen und diese explizit bezeichnet werden.
So, wie eine Handlungsanweisung eine Handlung und ein Element zueinander in
Bezug setzt und näher beschreibt, werden in einer => Anleitung mehrere Hand¬
lungsanweisungen zueinander in Bezug gesetzt, strukturiert und näher beschrieben.
Handlungsgruppe
Mehrere Handlungen an einem Element bilden eine Handlungsgruppe, bei der das
Element automatisch im Zentrum der Handlungen steht. Mehrere Handlungen an
mehreren Elementen können dann zu einer Handlungsgruppe zusammengefasst
werden, wenn sämtliche Elemente unmittelbar auf ein zentrales Element bezogen
werden.
Handlungsgruppen werden in => Handlungsgruppenanweisungen zusammenge¬
fasst und untereinander in Bezug gesetzt. In einer Handlungsgruppenanweisung
kann einer Handlungsgruppe eine spezifische Funktion zugewiesen und diese expli¬
zit bezeichnet werden.
Höhere Macht
Jede Macht, die der Praktizierende in der Funktion des => Senders als => Emp¬
fänger anspricht, wird als höhere Macht bezeichnet. Die zentrale Eigenschaft einer
höheren Macht ist deren in den bearbeiteten Quellen als existent vorausgesetzte
Kompetenz, die Forderungen des Praktizierenden erfolgreich auszuführen.
Nutznießer
Als Nutznießer wird derjenige bezeichnet, der von einer Praxis im positiven Sinne
unmittelbar profitiert. Der Nutznießer kann in bestimmten Fällen identisch mit der
Zielperson sein. Bei der Mehrheit der untersuchten ist dies jedoch nicht der Fall, dort
profitiert er von dem Wirken eines höheren Wesens auf eine dritte Person.
P-Artefakt oder autarkes Artefakt
Unter P-Artefakten werden Artefakte verstanden, die autark zu verwenden und in
keine übergeordnete Praxis eingebunden sind. Ihre Herstellung und Handhabung
konstituieren die gesamte Praxis.
P-M-Z-N-Schema
Das P-M-Z-N-Schema bildet in gekürzter Form ausgewählte, an einem Gesamt¬
prozess beteiligte Sender und Empfänger ab. Die gekürzte Form beschränkt sich
25
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
dabei einerseits auf die Informationen, die aus den Inhalten der vorzunehmenden
Beschriftung gewonnen werden können, andererseits auf die einmalige und nicht
wiederholte Abbildung eines Empfängers, der im nächsten Schritt zum Sender wer¬
den würde (Beispiel folgt unten). Das Schema wurde entwickelt, um das Auftreten
und die Interaktionen der insgesamt vier möglichen aktiven Sender und Empfänger
untereinander analysieren zu können (s. Kapitel 9.9. P-M-Z-N-Schema).
Die folgenden Abkürzungen werden verwendet:
• P = Praktizierender
• M = Macht oder höheres Wesen
• Z = Zielperson
• Z 0 = Zielobjekt
• N = Nutznießer
• w = weiblich
• m = männlich
• f = formularisch
• A = Anrufung; steht für jegliche Form der direkten Ansprache des Praktizieren¬
den einer höheren Macht.
• 1 = Verwendung der 1. Pers. Sing.; tritt auf bei P, Z und N
• vm, vm+ = vox magica, voces magicae; tritt auf bei M
• Vo = Vokale; tritt auf bei M
• Z = Zauberzeichen; tritt auf bei M
• N, N+ = Name, Namen; tritt auf bei M
Beispiel 1: Die vorzunehmende Beschriftung eines Artefakts lautet: „(voces magi¬
cae) Mache, dass die NN den NN liebt.“
„P“ wird hier nur insofern greifbar, als dass er einen Befehl an ein durch voces magi¬
cae bezeichnetes höheres Wesen „M“ richtet. Dieses wiederum wirkt auf eine weib¬
liche Zielperson „Z“, die formularisch bezeichnet wird. Der Nutznießer ist männlich
und wird ebenfalls formularisch bezeichnet. Die kurze Formel sieht dann wie folgt
aus: (P.->) M -> Z . -> N ,
Die vollständige Formel würde so aussehen, wobei hier zusätzlich „S“ für „Sender“
und „E“ für „Empfänger“ verwendet wird: (SP A ->) EM vm /SM vm -> EZ w /SZ wf -> EN mf .
Beispiel 2: Die vorzunehmende Beschriftung eines Artefakts lautet: „Ich rufe dich an
(voces magicae) die NN soll mich, den NN lieben.“
„P“ wird hier nicht nur durch einen Befehl an eine höhere Macht greifbar, sondern
zusätzlich durch die Verwendung der 1. Pers. Sing. Die Verwendung des Personal¬
pronomens der 1. Pers. Sing, bei dem Nutznießer macht deutlich, dass es sich bei
„P“ und „N“ um dieselbe Person handelt. Die Formel sieht dann so aus: P A1 - M vm+
’ ^wf " ^mfl
26
3 - Definitionen
Praktizierender
Als Praktizierender wird derjenige bezeichnet, an den sich die Handlungsanweisung/
en einer Anleitung richten und der diese ausführt. Er kann, muss aber nicht identisch
mit der => Zielperson oder dem => Nutznießer sein. Es ist ebenso möglich, dass er
im Auftrag eines Kunden handelt, in dem Fall wäre der Kunde der Nutznießer.
Praxis
Eine Praxis besteht aus mindestens einem => Element und der an oder mit diesem
durchzuführenden Handlung. Sie ist grundsätzlich funktionsgebunden und verfolgt
ein direkt oder indirekt angegebenes => Ziel. => Funktion und Ziel können, müssen
aber nicht identisch sein. Die Bezeichnung einer Funktion und/oder eines Ziels er¬
folgt in der die Praxis abbildenden Anleitung. Ist eine Praxis funktions- und zielunbe-
zeichnet, kann anhand des Inhalts oder des Kontextes häufig, jedoch nicht in allen
Fällen, auf die Funktion oder das Ziel geschlossen werden.
Das Fehlen einer Funktions- oder Zielbezeichnung ist nicht gleichbedeutend mit
dem Fehlen einer Funktion oder eines Ziels.
Als Praxis wird im Folgenden die Gesamtheit der vorzunehmenden Handlungen
zum Erreichen eines (explizit definierten oder nicht definierten) Ziels bezeichnet.
Zur korrekten Wiedergabe einer Praxis ist es notwendig, die Gesamtheit der Hand¬
lungsanweisungen der eine Praxis konstituierenden Handlungen zusammenzufas¬
sen, sie zueinander in Bezug zu setzen und mit einer Funktionsangabe zu Verse¬
hen. Dies geschieht in einer Anleitung.
Typen
Eine Praxis ist per Definition funktionsgebunden. Sie kann, abhängig von ihren
Handlungen und Elementen und deren Beziehungen zueinander, in drei Typen un¬
terteilt werden: PI, PG1 und Pgem. Jeder Typus kann jeweils in den Ausprägungen
„funktionsbezeichnet“ und „funktionsunbezeichnet“ auftreten.
PI-Praxis
Eine Praxis, die aus einer einzigen und genau einmal durchgeführten Handlung
besteht, stellt die kleinstmögliche Form einer Praxis dar. Ist ihr eine Funktion zu¬
gewiesen, wird sie als PIF-Praxis (PI F) bezeichnet. Erfolgt keine Zuweisung ei¬
ner Funktion, wird sie als P10-Praxis (P10) bezeichnet.
PG1 -Praxis
Eine Praxis, die aus einer einzigen => Handlungsgruppe besteht, wird als PG1-
Praxis bezeichnet. Eine Handlungsgruppe ist dadurch definiert, dass mehrere
27
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Handlungen mit ggf. unterschiedlichen Elementen auf ein zentrales Element be¬
zogen sind. Ist einer PGI-Praxis eine Funktion zugewiesen, wird sie als PG1F-
Praxis (PG1F) bezeichnet. Erfolgt keine Zuweisung einer Funktion, wird sie als
P1G0-Praxis (PG10) bezeichnet.
PGEM-Praxis
Eine Praxis, die aus mehreren Handlungen und mehreren Elementen zusammen¬
gesetzt ist, und bei der nicht sämtliche Handlungen und Elemente auf ein zent¬
rales Element bezogen sind, wird als gemischte Praxis oder „Pgem“ bezeichnet.
Ist ihr eine Funktion zugewiesen, wird sie als PGEMF-Praxis (PgemF) bezeichnet.
Erfolgt keine Zuweisung einer Funktion, wird sie als PGEMF0-Praxis (PgemF0)
bezeichnet.
Sender
Als Sender wird derjenige bezeichnet, der im Rahmen eines zieldefinierten => Ge¬
samtprozesses direkt oder indirekt auf ein => Element handelnd einwirkt.
In den besprochenen Quellen treten potentiell drei verschiedene Sender auf:
1. der Praktizierende, der sich an mindestens ein höheres Wesen wendet,
2. mindestens ein höheres Wesen, das sich im Auftrag des Praktizierenden an
die Zielperson oder das Zielobjekt einer Praxis wendet,
3. die Zielperson einer Praxis, die durch mindestens ein höheres Wesen dazu
veranlasst wird, sich an den Praktizierenden oder eine von ihm bestimmte
Person zu wenden.
Ziel
Der Terminus bezeichnet die Auswirkung, die sich der Nutznießer durch die Praxis
erhofft (s. auch unter => Funktion).
Zielperson, Zielobjekt
Die Zielperson wird definiert als diejenige Person oder dasjenige höhere Wesen,
auf die/das die Wirkungsweise der Funktion einer Praxis ausgerichtet ist. Ist die
Wirkungsweise auf einen Gegenstand oder Ort ausgerichtet, wird der Begriff „Ziel¬
objekt“ verwendet.
28
4 - Sammelschriften
4. Von der Ausgangsbasis zur Grundlage: Sammelschriften
4.1. Übersicht
Die Ausgangsbasis für die vorliegende Arbeit bilden 87 griechische, demotische und
koptische Sammelschriften sowie Einzelanleitungen, deren Inhalte Handlungsanwei¬
sungen für eine individuelle, häufig personalisierbare Interaktion mit höheren Mächten
umfassen. Die früheste untersuchte Sammelschrift wird in das 1. Jh. v. Chr. datiert, die
beiden spätesten in das 7. Jh. n. Chr. Von den 87 Schriften wurden 66 in Griechisch
verfasst, 13 in Koptisch, vier bilingue in Demotisch und Griechisch und drei bilingue in
Griechisch und Koptisch. Hinzu kommt der spätägyptische Papyrus P. BM 10808, der
mit einem mittelägyptischen Text mit griechischen Buchstaben und demotischen Zei¬
chen und Zeichengruppen beschrieben ist.
Das Fundland sämtlicher Schriften ist Ägypten. In wenigen Fällen ist der Fundort durch
Ausgrabungen bekannt, in einigen weiteren wird er mit dem Erwerbsort identifiziert. In
Tabelle 4.1. am Ende des Kapitels sind die bekannten Kontexte aufgeführt 1 . Umfangrei¬
che Diagramme werden im Folgenden ebenfalls am Ende des Kapitels abgebildet.
4.2. Datierung
Die 87 Sammelschriften werden zwischen das 1. Jh. v. Chr. und das 7. Jh. n. Chr. da¬
tiert, dabei ist die Zuordnung häufig unsicher und umfasst mehrere Jahrhunderte. Bei
den griechischen Schriften basiert die Datierung in der Regel auf paläographischen
Kriterien, bei den demotischen hat zuletzt Dieleman aufgrund verwendeter Flickpapyri
und inhaltlicher Argumente eine frühere Datierung vorgeschlagen 2 . Die Datierung der
überwiegenden Mehrheit der koptischen Sammelschriften ist unsicher 3 , hier besteht der
1 Die Angaben sind den jeweiligen Publikationen und ergänzend der Liste in Brashear (1995), 3485 entnommen.
2 Dieleman (2005), 41-45, 293-294.
3 Dies ist in der Regel in den Erstpublikationen vermerkt. Vorsicht ist bei der Arbeit mit der Datenbank Trismegistos
Magic geboten, hier finden sich zahlreiche, von den publizierten Datierungen abweichende Angaben, ohne dass dies
erläutert wird. Auf Nachfrage erhielt ich am 14. März 2012 von F. Naether, einer der Veranwortlichen für das Projekt,
die folgende Antwort: „Die Datierung koptischer Texte, vor allem, wenn der Herausgeber Crum heißt, ist in der Tat
schwierig. Oft schrieb er zu den Texten nur „late“ oder „early“ und das kann fast alles heißen. In der Regel stammen
die Datierungen, wenn sie konkreter sind, von neueren Publikationen oder von Alain Delattre, aus dessen Datenbank
viele Datensätze übernommen worden sind. Der ist Spezialist und dem kann man darin vertrauen. Anderes haben
wir im Team besprochen. Keine Datierung ist zu gewagt oder progressiv, sondern eher vorsichtig. Natürlich können
sich Fehler einschleichen.“ In Delattres Datenbank sind allerdings nur wenige koptische magische Texte enthalten,
er selbst hat an den Neudatierungen nicht mitgewirkt. Die „vorsichtigen“ Datierungen in TM Magic weichen teilweise
mehrere Jahrhunderte von den publizierten Vorschlägen ab, als Beispiele seien genannt: P Ryl. Copt. 104, Man¬
chester, John Rylands Library, Rylands Pap. Online: 11.-12. CE., TM: AD 300-699; Or4714, London, British Library,
Crum: „It may safely be assigned to a date not before the eleventh Century.“ (Crum (1897), 210), TM: AD 500 - 799;
EA5899 (1), London, British Museum, TM: AD 641 - 999; keine publizierte Datierung, allerdings beschreibt Crum Fol
а. als „covered with Arabic, so that the magical text is often illegible.“ (Crum (1905), 417-418, no. 1007). Der magi¬
sche Text muss entsprechend älter sein als der arabische, was ein spätes Datum nicht zwangsläufig ausschließt, ein
früheres allerdings einschließt; Fragment 10, Freer collection, Washington, Smithsonian, Freer Gallery of Art, Worrell:
„There is no way of dating the fragment beyond recording the opinion that no manuscript in the Fayümic dialect is
probably older than the ninth Century.“ (Worrell (1923), 127.), TM: AD 800 - 899; Inv. Nr. 4959, Cairo, Coptic Museum,
б. -8. CE. (Coptic Encyclopedia (1991), 5.1501), TM: AD 800 - 1099. Für die Menge der seitens der in TM Magic un-
kommentiert vorgenommenen Datierungen seien beispielhaft die Pergamente aufgeführt: von 77 mag. Pergamenten
werden 23 in Publikationen datiert, 18 weitere werden in Publikationen sehr unterschiedlich, sehr grob (z.B. „nach
641 C.E.“) oder explizit nicht datiert, 36 werden in keiner Publikation datiert, dennoch finden sich in TM Magic zu allen
29
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
größte Forschungsbedarf. Für die folgenden Untersuchungen wurden die publizierten
Datierungen übernommen.
Die früheste Sammelschrift des hier zugrunde gelegten Corpus ist PGM XX mit einer
Datierung in das 1. Jh. v. Chr. Damit gehört sie zu den frühesten heute bekannten grie¬
chischen Zauberpapyri überhaupt. Die Mehrheit der Sammelschriften wird zwischen das
3. und 5. Jahrhundert datiert, wobei die demotischen Schriften in die frühe Phase dieser
Entwicklung eingereiht werden und die koptischen Texte den chronologischen Abschluss
des Untersuchungszeitraums bilden. Die späteste bekannte griechische Sammelschrift,
PGM LXV, wird in das 6./7. Jh. datiert, die früheste bekannte koptische, P. Michigan
4932f, mit einem Fragezeichen in das 4.-5. Jh. Die beiden spätesten bearbeiteten Quel¬
len bilden die koptischen Texte Or 6796 (1-3) und OM Copt. 6794. Der einzige Text, zu
dem es keine Datierungsvorschläge gibt, ist PGM Va.
4.3. Umfang der überlieferten Anleitungen
In Bezug auf die Anzahl der Praxisanleitungen und anderer, thematisch abgrenzbarer
Inhalte, wie z.B. Flymnen, stellt die bilingue demotisch-griechische Schriftrolle PGM XIV/
pdm xiv aus dem 2./3. Jh. | 3. Jh. mit 98 individuellen Inhalten verteilt über 1254 Zeilen
die umfangreichste Sammelschrift dar * * 4 . Lediglich 27 Zeilen sind davon in Griechisch
verfasst. Es folgen PGM VII, ebenfalls eine Rolle, mit 79 Anleitungen in griechischer
Sprache und PGM IV, ein Kodex mit 53 Anleitungen, die überwiegend in Griechisch ge¬
schrieben wurden. Bei PGM VII werden die Kolumnen I-XXVIII in das 3. Jh. datiert, die
letzten Kolumnen XXIX-XXX in das 4. Jh. PGM IV wird gänzlich dem 4. Jh. zugeordnet 5
und enthält die größte Anzahl überlieferter Zeilen, 3247, wobei sich die Zeilenbreite al¬
lerdings auf 9,5-13 cm beschränkt, im Gegensatz zu einer großzügigeren Breite in PGM
XlV/pdm xiv 6 .
Die größte Anzahl an koptischen Anleitungen ist in P. Michigan 593, besser bekannt als
Hauptschrift des „Coptic Wizard's Hoard“, überliefert. 37 unterschiedliche Handlungsan¬
weisungen werden in dem quadratischen Kodex beschrieben. Mit 338 Zeilen, darunter
die längste erhaltene Auflistung an voces magicae über 95 Zeilen, ist es zugleich auch
die umfangreichste derzeit publizierte koptische Sammelschrift. Sie scheint zudem voll¬
ständig erhalten zu sein.
Insgesamt können in den 87 Sammel- und Einzelschritten 674 Anleitungen und abgrenz-
bare Inhalte identifiziert werden.
In Diagramm 4.1. sind die 87 Sammelschriften und Einzelanleitungen mit der jeweiligen
Pergamenten Datierungen. Das heißt konkret, dass fast die Hälfte der Angaben zu den Pergamenten einer wissen¬
schaftlichen Grundlage entbehrt, der Eindruck jedoch vermittelt wird, dass diese Grundlage existieren würde.
4 Betz zählt 98 (Betz (1996), xv-xviii), Ritner 93 (Ritner (1995), 3339-3342. Vgl. John Gee, The Structure of Lamp Divi-
nation, in: Kim Ryholt (Hrsg.), Acts of the seventh International Conference of Demotic Studies, Copenhagen, 23 - 27
August 1999, 2002, 208.
5 Siehe Eugene N. Lane, On the date of PGM IV, in: The Second Century 4:1 (1984), 25-27.
6 Die Verteilung der Beschriftung von PGM XlV/pdm xiv ist sehr schön anschaulich im Anhang zu Dieleman (2005),
ohne Seitennummerierung, dargestellt.
30
4 - Sammelschriften
Anzahl der Praxisanleitungen und abgrenzbarer Inhalte in chronologischer Reihenfolge
wiedergegeben. Die jeweilige Sprache/Schrift ist dabei farblich markiert wiedergegeben.
In Tabelle 4.2. ist zur Übersicht der (ungefähre) Zeilenumfang der einzelnen Quellen im
Detail aufgeführt.
4.4. Materialität
Die untersuchten Sammelschriften und Einzelanleitungen sind auf vier verschiedenen
Schriftträgern überliefert, die Hauptgruppe wird dabei von den Papyri gebildet (78), mit
großem Abstand gefolgt von Leder (5) und Pergament (3). Ein einzelnes Ostrakon mit
Anweisungen ist aus dem bearbeiteten Zeitraum dokumentiert. Während die Papyri über
den gesamten Zeitraum als Schriftträger für Sammelschriften und Einzelanleitungen ver¬
wendet wurden - auch die beiden jüngsten Quellen aus dem 7. Jh. wurden auf Papyrus
geschrieben - datieren die drei Pergamente zwischen das 4. und 6. Jh. und die Leder¬
rollen in das 6.-7. Jh. Das Ostrakon wird dem 4. Jh. zugewiesen. Die Verteilung ist in
Diagramm 4.2. dargestellt.
4.5. Beschriftungsweise und Format
50 der 87 Schriften wurden einseitig beschriftet, 37 beidseitig. Bei der chronologischen
Gegenüberstellung zeigt sich, dass die ganz frühen überlieferten Belege einseitig be¬
schriftet wurden. Die früheste beidseitige Schrift ist P. Duke 729 aus dem 2./3. Jh., die
gleichzeitig auch den frühesten Codex darstellen könnte 7 . Die späten Quellen aus dem
6./7. Jh. sind dagegen mehrheitlich beidseitig beschriftet.
Die umfangreichen Sammelschriften mit mehr als zehn Anleitungen sind bis auf eine
Ausnahme beidseitig beschriftet worden, lediglich die koptische Schrift JdE 45060, eine
Rolle, ist mit einseitiger Beschriftung überliefert. Siehe dazu die Diagramme 4.3. und
4.4.
Die Zuordnung einer Schrift zu einem Kodex oder einer Rolle ist in 36 Fällen in Publikati¬
onen angegeben, die übrigen Schriften sind zu fragmentarisch erhalten für eine eindeu¬
tige Bestimmung. 26 Rollen sind überliefert und 10 Kodices. Mit Ausnahme des bereits
erwähnten potentiellen Kodex P. Duke 729 sind bis zum 4. Jh. keine weiteren Schriften in
dieser Form überliefert. Die beiden spätesten identifizierbaren Kodices sind PGM XCIV
und Ms. Copt. 136 aus dem 5./6. Jh. Die Form der Rolle ist hingegen mit Or 6796 und
OM Copt. 6794 bis in das 7. Jh. hinein sicher belegt.
Rollen sind einseitig (12) und beidseitig (13) beschriftet überliefert. Die 10 Codices hin¬
gegen wurden grundsätzlich beidseitig beschrieben - abgesehen von einigen leer be¬
lassenen Seiten, die evtl, für eine spätere Beschriftung, oder - im Fall von P. Mich. 593
- wohl zum Schutz der übrigen Blätter gedacht waren. Die sprachliche Verteilung ist für
7 So Jordan (2006), 159.
31
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
das Griechische und Koptische ähnlich, sie treten in sämtlichen Formen in Erscheinung.
Die demotischen Texte hingegen kommen ausschließlich in beidseitig beschrifteten Rol¬
len vor. Keine bilingue Schrift ist auf einem einseitig beschriebenen Schriftträger nach¬
weisbar. Diagramm 4.5. zeigt eine Übersicht über die 35 zuweisbaren Schriften.
Diagramm 4.5. Sprache, Format des Schriftträgers und Beschriftungsweise
(36 Angaben zu Rolle und Kodex erhalten)
9
7
5
4
4
3
2
1
1
1-seifig 2-seitig
Rolle
1-seifig 2-seitig
Kodex
El Griechisch □ Demotisch □ Koptisch 0 Griechisch-Demotisch □ Griechisch-Koptisch
4.6. Sammelschriften und Einzelanleitungen mit schrifttragenden Artefak¬
ten aus Praxisanleitungen
Von den 87 zugrunde gelegten Sammelschriften und Einzelanleitungen enthalten 37 An¬
leitungen, die SAPs involvieren, bei 13 weiteren ist das Vorkommen eines oder mehrerer
SAPs möglich, der fragmentarische Zustand lässt allerdings keine eindeutige Lesung
des jeweiligen Textes zu. Diese potentiell relevanten Anleitungen werden in zwei Listen
in Anhang 1 am Ende des dritten Katalogteils aufgeführt und im weiteren Verlauf der Dia¬
gramme farblich gesondert markiert. 37 Schriften enthalten - im Rahmen ihrer Überliefe¬
rung, die, das sollte stets im Hinterkopf gehalten werden, überwiegend fragmentarischer
Natur ist - keine SAPs. In Diagramm 4.6. werden diese grau markiert zusammen mit den
50 übrigen Schriften wiedergegeben.
Der Überblick über die chronologische Verteilung der beiden Gruppen macht deutlich,
dass die Schriften ohne SAPs homogen über den gesamten Bearbeitungszeitraum ver¬
teilt sind. Sie stellen auch die frühesten drei Quellen dar. Die früheste Sammelschrift, in
der ein SAP auftritt, ist der in Michigan und Leiden aufbewahrte kryptographische Papy¬
rus PGM LVII und PGM LXXII. Er wird aufgrund von Flickpapyri in das 1./2. Jh. datiert 8 .
Die beiden spätesten Schriften, in denen ein SAP nachweisbar ist, sind Or 6796 (1-3)
und OM Copt. 6794 aus dem 7. Jh.
8 Die Datierung der beiden zusammengehörenden Papyri P. Mich. 534 und P. Oslo III, 75 basiert auf einem kleinen
Dokumentstreifen, der auf die Rückseite geklebt ist und in die handrianische Zeit datiert wird. Hierbei wird außer
Acht gelassen, dass die Umlaufzeit des ursprüngliches Dokument einerseits, und der zeitliche Abstand zwischen
Entsorgung und Verwendung als Flickstück andererseits, unbekannt und kaum zu rekonstruieren sind. Als Beispiel
seien die Müllhalden in Oxyrhynchus genannt, in denen Papyrifragmente aus mehreren Jahrhunderten über mehrere
Jahrhunderte lagerten. Bereits in der Antike befand sich hier ausreichend Material zu Flickzwecken.
32
4 - Sammelschriften
23 der 37 Schriften sind in Griechisch geschrieben, sieben in Koptisch, und sieben wur¬
den in zwei Sprachen verfasst: Vier in Griechisch und Demotisch, wobei im Fall von P.
Louvre E 3229 lediglich 10 der 218 Zeilen Griechisch sind; drei in Koptisch und Grie¬
chisch.
Für 35 der 37 Schriften wurde Papyrus als Schriftträger verwendet, einmal Pergament
und einmal Leder. Eine einseitige Beschriftung erfolgte bei den Papyri 16x, eine beidsei¬
tige Beschriftung 19x. Pergament und Leder wurden jeweils beidseitig beschriftet. Die
früheste Sammelschrift ist einseitig beschriftet, bei den beiden o.g. spätesten Schriften
handelt es sich um Papyri, von denen der eine einseitig, der andere beidseitig beschriftet
wurde. In Diagramm 4.7. werden die 37 für die folgenden Untersuchungen relevanten
Sammelschriften und Einzelanleitungen separat in chronologischer Reihenfolge und mit
Farbmarkierung für die einzelnen Sprachen/Schriften wiedergegeben. In Diagramm 4.8.
werden ihre Materialität und Beschriftungsweise veranschaulicht.
4.7. Zusammenfassung und Interpretation
87 Sammelschriften und Einzelanleitungen, deren Inhalte Anweisungen zur Interaktion
mit höheren Mächten enthalten, die sich jeweils an eine einzelne Person richten, sind
in Griechisch, Demotisch und Koptisch aus dem Zeitraum des 1. Jh. v. Chr. bis zum 7.
Jh. n. Chr. aus Ägypten überliefert. 37 davon enthalten Anweisungen zur Herstellung
und Handhabung schrifttragender Artefakte, bei weiteren 13 sind solche Anweisungen
eventuell vorhanden gewesen, der unvollständige Erhaltungszustand ermöglicht keine
eindeutige Interpretation zu einer potentiellen Beschriftung.
Diese 50 Sammelschriften und Einzelanleitungen bilden die Grundlage für die weiteren
Untersuchungen.
Die große Mehrheit beider Gruppen an Schriften - mit SAPs und ohne - wurde auf Pa¬
pyrus verfasst, wobei etwas mehr Papyri mit SAPs als ohne überliefert sind (35:30).
Pergament, Leder und Ostraka spielen eine untergeordnete Rolle.
Von den 36 Schriften, die der Form einer Rolle oder eines Kodex eindeutig zugeordnet
werden können, enthalten 26 SAPs: 18 Rollen und acht Kodices. Bei einer Rolle und
einem Kodex kann nicht eindeutig bestimmt, ob SAPs enthalten sind.
Selbst dann, wenn man die Sammelschriften mit den nur potentiellen SAPs weglässt
und von acht Rollen und zwei Kodices ohne SAPs ausgeht, enthalten 69% der Rollen
und 80% der Kodices SAPs. Dieser Umstand wäre sehr interessant, nur zeigt sich hier
deutlich, dass der große Teil an Texten, der weder der Form der Rolle, noch der des
Kodex zugewiesen werden kann, nur unter einer Voraussetzung das hier gegebene Bild
der 34 Schriften reflektieren kann - unabhängig davon, ob der Ausschnitt, den wir durch
die erhaltenen Sammelschriften und Einzelanleitungen vorliegen haben, als repräsenta¬
tiv für die Antike betrachtet werden kann oder nicht, was sich nicht bestimmen lässt. Da
33
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
von den insgesamt 87 Schriften 37, und damit 43%, SAPs enthalten, wäre die einzige
Möglichkeit, die beiden Verhältnisse von 69% und 80% in etwa zu halten, dass die Mehr¬
heit der 52 nicht zuzuordnenden Schriften, von denen zudem lediglich 12 noch SAPs
enthalten, weder dem einen, noch dem anderen Format zugehört, sondern eine dritte
Form reflektiert: die der Niederschrift auf einem einzelnen Blatt 9 . Ob es sich bei einem
fragmentarisch erhaltenen Blatt um ein originär einzelnes gehandelt haben könnte, lässt
sich jedoch kaum rekonstruieren, ebenso erschweren mögliche Sekundärverwendun¬
gen ehemaliger Anleitungen als Amulette eine klare Zuordnung 10 .
Alles hoffnungslos? Gewiss nicht. Immerhin können rund 2/3 der Schriften, die ein oder
mehrere SAPs enthalten, dem Format der Rolle oder des Kodex zugewiesen werden.
Lediglich in 11 von 37 Fällen ist eine Zuordnung (bisher?) nicht möglich. Genaue Unter¬
suchungen der Originale könnten hier sicherlich in dem einen oder anderen Fall weiter¬
helfen. Allerdings bleibt das Problem der Sekundärverwendung von Anleitungen, bzw.
der formularhaften Teilbereiche, die die eigentliche Forderung und ggf. auch eine Anru¬
fung enthalten, bestehen.
Fraglich ist, wie realistisch die Theorie ist, dass Sammelschriften auseinandergerissen
oder -geschnitten wurden, und wie sich eine solche methodisch nachweisen ließe. Mir
scheint dies anhand der bestehenden Überlieferung kaum möglich. Dass potentiell als
Amulett zu bezeichnende Texte erhalten sind, die formularisch die Zielperson einer Pra¬
xis angeben, bedeutet nicht unweigerlich, dass es sich dabei um einen Ausschnitt aus
einer Sammelschrift handeln muss. Auch Knick- und Schnittspuren an den Rändern ei¬
nes Papyrus sind keine Garanten dafür. Es könnte sich z.B. ebenso um eine Abschrift
handeln - auch diese kann auf einem Teilstück eines größeren Papyrusblattes verfasst
worden sein, auf dem zudem weitere Texte verfasst worden sein könnten - oder um die
Abschrift eines Amuletts, die per Brief übermittelt wurde, eine Praxis, die anhand antiker
Quellen mehrfach belegt ist * 11 . P. Oxy. XLII 3068 ist hier besonders interessant, da es
belegt, dass die Beschriftung eines Amuletts in Form einer Goldlamella auf ein Stück
Papyrus kopiert werden sollte. Es ist denkbar, dass auf dem Papyrus dabei keine Per-
sonalisierung stattfand, sondern der formularische Text übertragen wurde. In dem Fall,
dass genau ein solcher Text zur Weitergabe überliefert wäre, hätten wir das vorliegen,
was wir tatsächlich in mehreren Belegen vorliegen haben: ein einzelnes Blatt - oder
manchmal auch ein Ostrakon - mit einem formularisch niedergeschriebenen Amuletttext.
9 Siehe dazu Maltomini (1981), 110-112.
10 S. dazu z.B. R Med. I 20 (SM 92) und die Diskussion dazu im Katalogteil 3 unter SAP-G-XY-G-006, S. 761-763; R
Lond. 123, London (PGM IX), ebenfalls im dritten Teil es Katalogs unter SAP-G-XY-G-001, 755-759. Zur Wiederver¬
wendung jüdischer Anleitungen als Amulette s. Ortal Paz-Saar (2009).
11 Siehe z.B. P.Oxy. XLII 3068 = SM 5 (3. Jh.), FO: Oxyrhynchos, 3. Jh., in Daniel, Maltomini (1990), 16:„The amulet
against tonsillitis for the gold plate, send it to Sarmates, having copied it on a slip of papyrus word for word.“ Ein um¬
fangreicher persönlicher Brief in Griechisch und Koptisch mit der Übermittlung eines Schadenzaubers ist mit P. Keil.
Copt. 35 (4. Jh. FO: Kellis, Ägypten) erhalten, dazu Mirecki, Gardner, Alcock (1997), 10: „The manuscript itself does
not belong to the „amulet“ genre, since the ritual text is incorporated into a personal letter. It is instead a hybrid, a
letter which performs the extra function of a magical source-book. The ritual text was copied by Vales from an amulet
or a source-book, was sent to Pshai via the letter, and would then be copied from the letter onto a separate piece of
papyrus to be folded as an amulet and placed in the opponent's house (with the sympathetic elements.“ Dies., 3: „The
sheet was first folded in half, closing the side with vertical fibres onto itself, and then folded (or rolled or flattened) three
times, resulting in a folded letter roll measuring approximately 12.0 by 3.0 cm.“
34
4 - Sammelschriften
ln Diagramm 4.9. werden die Ergebnisse zu den beiden Gruppen „Sammelschriften mit
SAPs“ und „Sammelschriften ohne SAPs“ einander gegenübergestellt. Bei den Spra¬
chen nicht aufgeführt ist der ungewöhnliche spätägyptische Papyrus P. BM 10808,
der mit griechischen Buchstaben und demotischen Zeichen sowie Zeichengruppen be¬
schrieben ist, die einen mittelägyptischen Text wiedergeben. In den übrigen Kategorien
wurde der Papyrus mit berücksichtigt.
Diagramm 4.9. Verteilung von Sprache/Schrift, Materialität, Beschriftungsweise und Format des Schriftträgers
innerhalb der Sammelschriften u. Einzelanleitungen mit und ohne SAPs
40
35
30
25
20
15
10
5
0
37
n
37
n
35
i
r
31
27
r
216
2
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16
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12
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7
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4
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A
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1
■ n
2 3
1 1 111 1
1 ^ J ■■ II 1_ r
1
fefc
total
Griechisch
Demotisch
Koptisch
Griech.- Griech.-
Dem. Kopt.
Papyrus
Pergament Leder Ostrakon
einseitig
beidseitig
Rolle Kodex
□ ohne SAPs ■ mit SAPs □ in Liste (ohne sichere SAPs)
Festgehalten werden kann, dass mindestens 37 der 87 Sammelschriften und Einzelan¬
leitungen SAPs enthalten (43%), hinzukommen die 13 Schriften mit unklarer Überliefe¬
rung. Von einer untergeordneten Rolle scheint zunächst entsprechend nicht die Rede
sein zu können, im Gegenteil, die Häufigkeit von Sammelschriften und Einzelanleitun¬
gen, die trotz des überwiegend unvollständigen Überlieferungszustands SAPs enthalten,
könnte belegen, dass Beschriftung im Rahmen von Praxen zur Interaktion mit höheren
Mächten nicht als ungewöhnlich betrachtet wurde.
Eine tiefergehende Überprüfung dieser Hypothese wird im nächsten Kapitel vorgenom¬
men.
35
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Tabelle 4.1. Bekannte Fundkontexte der untersuchten Sammelschriften
Fundort
Sammelschrift
Kontext
Abusir el Melek
PGM CXXII (SM 72), P. Berol. inv. 21243 (1. vC/
Aus der Kartonage eines
nC)
Mumiensargs, „die mehre¬
re Dutzend Urkunden aus
dem Archiv eines gewissen
Athenodoros, Dioiketes und
Epistates im herakleopo-
litischen Gau zur Zeit des
Augustus“ enthielt (Brashear
(1979), 261).
Antinoopolis
PGM XCIII, P. Ant. 11,65 (5. Jh.);
PGM XCV, P. Ant. III, 140 (576. Jh.); PGM
XCIV, P. Ant. 11,66 (5. | 6. Jh.)
Fayum
PGM XXXVI, P. Oslo 1, 1 (4. Jh.)
Fayum?
PGM CXXIX (SM 81), P. Berol. 21260 (3. Jh.)
Gegend um Me-
Ms. Copt. 136 (576. Jh.)
gekauft von Dr. David As-
dinet al-Fayoum?
kren in Medinet al-Fayoum
Hermupolis, el-
PGM LXI 11, P. gr. Vindob. 323 (2.-3. Jh.);
Ashmunein
PGM XXIIa., P. Berol. inv. 9873 (BGU IV, 1026)
(475. Jh.)
Memnoneia -
JdE 45060
In situ gefunden in einem
Djeme (Theben
677. Jh.?
roten Tongefäß, das im
West), Dra‘ Abu
Boden einer Mönchszelle
el-Naga
vergraben war.
Memphis
PGM VI, P. Lond.47 (2. | 3. Jh.)
Oxyrhynchos
PGM XCVII, P. Köln inv. 1886 (273. | 374. Jh.);
PGM XXIVa., P. Oxy. 886 (3. Jh.);
PGM XXIVb., P. Oxy. 887 (3. Jh.);
SM 79, P. Oxy. LVI, 3834 (3. Jh.);
SM 85, P. Oxy. XLVI 3298 verso, 41-44 (3. Jh.);
P. Oxy. LVIII, 3931 (374. Jh.);
SM 86, P.Oxy. LVI 3835 (374. Jh);
PGM Cll, P. Oxy. 2753 (4. Jh.);
SM 88, P. Oxy. inv. 72/65 (a) („Philinna Papy¬
rus“) (4. Jh.);
SM 90, P. Oxy. XXXVI, 2753 (4. Jh.)
P. BM 10808 (2. Jh.)
Fund-Nr. 3B, 29F.
Theben
PGM Va, Loses Blatt in P. Holmiensis, p. 421
(o. Dat.)
„Thebanische
PDM xiv, PGM XIV, P. Leiden 1 383 und P. BM
Bibliothek“
10070 (2.-3. | 3. Jh.);
PDM xii, PGM XII, P. Leiden 1 384 (273. Jh. | 4.
Jh.);
PGM IV, P. Bibi. nat. suppl. gr. no. 574 (4. Jh.);
PGM XIII, P. Leiden 1395 (4. Jh.);
PGM V, P. London 46 (4. Jh. | 4. Jh.?)
evtl. „Thebani¬
PGM LXI, pdm Ixi, P. BM 10588 (3. Jh.) (s.u.);
sche Bibliothek“
PDM Suppl., P. Louvre E 3229 (3. Jh.);
PGM VII, P. Lond. 121 (3+4. Jh.);
PGM II, P. Berol. inv. 5026 (4. Jh.);
PGM III, P. Mimaut 1-4, Inv. nr. 2396 (4. Jh.);
PGM 1, P. Berol. inv. 5025 (475. Jh.)
PGM LXI, pdm Ixi, P. BM 10588 nach Quack (2008), 356 wohl nicht Teil der „Thebanischen Biblio¬
thek“.
36
4 - Sammelschriften
Tabelle 4.2. Zeilenumfang (ca.) der untersuchten Sammelschriften (86) (#, *: s. S. 12)
Sammelschrift
Zeilenan¬
zahl total
Maße in cm (HxB)
Griechisch
Demotisch
Koptisch
PGM XX
19
10x4
19
PGM CXVII (SM 71)
ca. 72
23 Fragmente
ca. 72
PGM CXXII (SM 72)
57
33,9x29,7
57
#PGM LXXXV
6
6
PGM #LVII + #LXXII
73
LVII: 32x22; LXXII: 13,5x9
73
PGM CIN (SM 73)
24
12x7
24
P. BM 10808
53 (+8)
15,3x16,8 und 14,0x11,1
Mittelägyptisch mitgriech. Buch¬
staben: 53; plus 8 erhaltene Zeilen
voces magicae und Demotisch
#SM 74
21
12,8x8
21
#SM 75
22
11,7x5,8
22
PGM LXIX
3
3,5x16,5
3
PGM LXXVII
24
7,5 x 20
24
#PGM LXIII
28
18x 10
28
#P. Duke 729
54
14,8x10,4
54
PGM LXXI
8
7x20,7
8
#PGM Xlc.
19
22 x 12,5
19
PGM VI
47
34x22
47
#*PDM xiv , PGM XIV
1254
24 x 500
27
1227
#*PDMxii, PGM XII
659
22 x 360
495
164
*#PGM LXI, pdm Ixi
287
k.A.
71
216
#/*PDM Suppl.
218
27,5 xk.A.
10
208
SM 79
34
21 x 21
34
P. Berol. 11734
140
29x27
140
*#PGM LXII
106
30,6 x 18,9
106
#PGM CXIXa. (SM 82)
11
8,5 c 8
11
PGM Xlb.
5
14,5 x 12,5
5
PGM LII
26
18x 12
26
SM 91
8
7x5,9
8
#PGM CXIXb. (SM 82)
5
3x9
5
*PGM XXIVa.
25
21,3 x 12,5
25
#PGM XXIVb.
15
10,6x5,8
15
PGM CXXIX (SM 81)
7
8,2x5
7
#PGM LXXVIII
14
23,5x9
14
#SM 85
44
7x 19
44
*PGM LXX
51
14,2 x 15,2
51
PGM CV (SM 87)
15
17 x 13,5
15
PGM LXXIX
7
9x14,4
7
PGM LXXX
5
8,5x20
5
P. Oxy. LVIII, 3931
13
9,5x20
13
PGM LXVII
24
5 Fragmente
24
#SM 86
34
A: 14,8 x 17,2; B: 1,3 x 1,3
34
#PGM LXXXVI (SM 80)
7
10x4,5
7
#*PGM VII
1026
33x200
1026
*#PGM IV
3247
27-30,5x9,5-13
3161
86
*PGM XIII
1077
26,5 x 15-15,5
1077
*PGM XXXVI
371
24,3 x 244
371
#PGM III
731
27 x 103; 27x34,5; 27 x 19
642
89
PGM XXI1 b.
35
38x27
35
#*PGM II
183
33x94
183
#PGM XIXb.
18
13x 12
18
#PGM LVIII
39
24 x 10
39
SM 88
19
15x5,5
19
37
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
SM 89
10
9x 10
10
SM 90
21
4 Frgm, das größte 15,5 x 15
21
#PGM XXXVIII
26
11 x 6,5
26
PGM Cll
17
17
*#PGM V
489
wie PGM IV, ca. 28x12
489
*PGM XXIIa.
27
32 x 13
27
*PGM 1
347
33,5x80,2
347
*PGM X
50
25x30
50
#PGM XC (SM 92)
18
12x9,5
18
*PGM VIII
110
28x49
110
#PGM IX
14
10x28
14
SM 93
7
4,2 x 8,2
7
Michigan 4932f
30
14 x 13,3
30
*PGM Xla.
40
Preisendanz: 28 x 38,5 (Pro¬
portionen?)
40
*P. Michigan 593
338
15,3-16 x 15,3-17,3
338
PGM XLVI
8
12x7,6
4
PGM XCIII
21
4,6 x 6,6
21
PGM CXXVI a-b (SM
95)
38
24,3x21,3
38
*PGM CXXIIIa (SM 96)
72
div. Frgm.; das größte 86 x 14
72
#PGM CXXIV (SM 97)
44
24 x 14,7
44
#PGM XCIV (SM 94)
60
11,8 x 13,3
60
*#Ms. Copt. 136
240
10,5 x 12,4
48
192
P. Mil. Vogl. Copt. 16
64
ca. 9,5 x 9
64
PGM XCV
18
5,5 x 12
18
#P. Michigan 593 a
18
18,4x22,9
18
*#Hay 10391
118
19 x 5,1 (unten: 3,8)
118
PGM LXV
7
13,5 x 10
7
#Yale P.CtYBR inv.
1791
84
37,3 x 25,4
84
*JdE 45060
83
32,5 x 113
83
Hay10434
37
C: 15,2x6 D: 13,3x8,3
37
Hay 10414
50
28,3 x 12,1
50
#Hay 10122
56
35,6x8,3
56
Hay 10376
28
40,6x24,1
28
#Or 6796 (1-3)
165
1) 9 Fragmente, B total: 44
cm; (2): 18x71,5; (3) 18 x
44,5
165
#OM Copt. 6794
61 plus
vorherige
voces
magicae
59 x 16,5 (H?, W?)
61 plus
vorherige
voces
magicae
PGM Va
3
k.A.
3
total
13117
9742
1815
1499
plus P.BM 10808
38
4 - Sammelschriften
P. BM 10808 wird hier aufgrund seiner sprachlichen und schriftlichen Besonderheiten dun¬
kelgrau markiert.
39
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
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4 - Sammelschriften
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41
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
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42
4 - Sammelschriften
43
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
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p= ^ *PGM LXX [
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44
4 - Sammelschriften
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45
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
5. Von der Grundlage zum Gegenstand: Die Anleitungen
5.1. Übersicht
Die Grundlage der Untersuchungen wird von den 37 Sammelschriften und Einzelan¬
leitungen gebildet, die Anleitungen zur Herstellung und Handhabung schrifttragender
Artefakte beinhalten. Deren chronologischer Rahmen umfasst das 1 . 12 . - 7. Jahrhundert.
Von diesen 37 sicher einzuordnenden Quellen bestehen fünf aus einer einzelnen Anlei¬
tung, darunter zwei 1 , die vollständig überliefert sind und grundsätzlich als Einzelschritt
verwendet worden sein könnten. Daher wird im weiteren Verlauf des Kapitels von „Sam¬
melschriften und Einzelanleitungen“ gesprochen, die alleinige Verwendung des Termi¬
nus Sammelschrift wäre irreführend.
Eine exakte Abgrenzung der individuellen Inhalte ist nicht in jedem Fall möglich. Hinzu
kommen Anleitungen, deren Anfang oder Ende zerstört ist und deren exakte Zeilenzahl
nicht mehr rekonstruiert werden kann.
Dennoch ist es sinnvoll, die Verteilung der Anleitungen und Inhalte so genau wie möglich
abzugrenzen, um so ein klares Bild von der Überlieferungssituation einerseits, und dem
Anteil SAP-enthaltener Praxisanleitungen andererseits gewinnen zu können.
5.2. Die Anleitungen in den 37 Sammelschriften und Einzelanleitungen
In den 37 Sammelschriften und Einzelanleitungen sind 567 Praxisanleitungen und ab-
grenzbare Inhalte, wie z.B. Hymnen, überliefert. Davon sind 312 in Griechisch (55%),
128 in Demotisch (23%), 111 in Koptisch (20%) verfasst. Hinzukommen 16 bilingue Tex¬
te, jeweils acht in Demotisch und Griechisch (1%) sowie in Koptisch und Griechisch
(1%). Die große Mehrheit der Anleitungen wurde einsprachig verfasst, auch innerhalb
der bilinguen Sammelschriften.
5.3. Anleitungen mit SAPs
Von den 567 überlieferten Texten enthalten 188 Praxisanleitungen zur Herstellung und
Handhabung schrifttragender Artefakte. 130 Anleitungen wurden in Griechisch verfasst
(69%), 24 in Koptisch (13%), 12 in Demotisch (6%), neun in Demotisch mit griechischen
Schrift-, nicht jedoch Sprachelementen (5%), sechs in Demotisch-Griechisch / Grie¬
chisch-Demotisch (3%) und sieben in Griechisch-Koptisch / Koptisch-Griechisch (4%).
Bei den neun Demotischen Texten mit griechischen Schriftelementen sind die griechi¬
schen Buchstaben in der Regel oberhalb des demotischen Textes als Glossen wieder¬
gegeben (s. die Katalogdatensätze mit einem „S“ in der Kennzeichnung“).
i PGM XXIVa und PGM Xla.
46
5 - Anleitungen
Diagramm 5.1. gibt die sprachliche Verteilung der 188 Anleitungen zur Herstellung und
Handhabung schrifttragender Artefakte wieder.
Diagramm 5.1. Sprachverteilung der 188 untersuchten Anleitungen
130
24
6 9
l_l_1_1
7
1 1
Griechisch Demotisch Demotisch-Griechisch Demotisch-griechische Koptisch Griechisch-Koptisch
Schrift
Die chronologische Verteilung der Anleitungen mit SAPs kann in vier Phasen gegliedert
werden: Eine frühe, die das 1./2. bis frühe 3. Jh. umfasst, eine mittlere, zu der das 3.
und 4. Jh. gezählt werden, eine späte, die den Zeitraum des 5. bis 6. Jh. einschließt und
eine ausklingende Phase, die vom späten 6. Jh. bis zur arabischen Eroberung Ägyptens
andauert.
Aus dem Beginn der frühen Phase sind nur wenige Zeugnisse überliefert, an das Ende
der Phase können die beiden bilinguen Sammelschriften PGM XlV/pdm xiv und PGM
Xll/pdm xii eingeordnet werden. In PGM XlV/pdm xiv sind noch deutlich mehr Anleitun¬
gen ohne SAPs als mit SAPs enthalten, in PGM Xll/pdm xii zeigt sich ein entgegen¬
gesetztes Verhältnis, hier überwiegen die Anleitungen, die SAPs involvieren. Dennoch
ist die Anzahl überlieferter Anleitungen mit schrifttragenden Artefakten aus der frühen
Phase gering.
In der mittleren Phase steigt nicht nur das Vorkommen schrifttragender Artefakte in Pra¬
xisanleitungen, auch das Verhältnis der Anleitungen ohne SAPs gegenüber Anleitungen
mit SAPs verschiebt sich zugunsten der letzteren. Die größte Anzahl überlieferter SAP-
Anleitungen ist der mittleren Phase zuzuordnen.
Die späte Phase ist dadurch gekennzeichnet, dass sowohl die Anzahl der SAP-Anlei-
tungen stark zurück, als auch ihr Verhältnis gegenüber Anleitungen, die keine SAPs
beinhalten, deutlich sinkt. Es sind zahlreiche Praxisanleitungen aus dem Zeitraum über¬
liefert, schrifttragende Artefakte werden jedoch nur selten verwendet.
In der ausklingenden Phase ändert sich das Bild noch einmal. Die Anzahl überlieferter
schrifttragender Artefakte in Praxisanleitungen nimmt wieder etwas zu, vor allem aber
47
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
verlagert sich das Verhältnis gegenüber Anleitungen ohne Artefakte wieder deutlich zu¬
gunsten der Anleitungen mit Artefakten.
Die vier Phasen zeigen - soweit es die Überlieferung zulässt - eine periodische Entwick¬
lung bei der Verwendung schrifttragender Artefakte in Praxisanleitungen, die im 3. und
4. Jh. ihren Höhepunkt erreicht, dann abklingt, und im 6./7. Jh. einen zweiten, wesentlich
geringeren, aber deutlich erkennbaren Höhepunkt durchläuft. Möglicherweise reflektiert
der zweite Peak die Auswirkungen der Bedrohung durch die Araber und der Eroberung
Ägyptens auf das tägliche Leben der Einheimischen, wodurch ein gesteigertes Interesse
an Praxen zur Interaktion mit höheren Mächten erklärt werden könnte, die als Produkt
ein Artefakt mit der eigenen Schrift und der eigenen Sprache hervorbringen. Dafür sprä¬
che, dass die Mehrheit der späten Artefakte autark verwendet werden soll, dagegen,
dass diese Artefakte überwiegend zerstört oder vergraben werden. Auch die Inhalte re¬
flektieren keine vermehrte Furcht. Schutz, Heilung, Herbeiführung und weitere, teilwei¬
se bekannte, teilweise neue Funktionen sind mit den Anleitungen überliefert. Vielleicht
wird hier ein Bedürfnis nach einer vergangenen Zeit und älteren Traditionen greifbar.
Vielleicht ist der Peak aber auch einfach nur Zeugnis einer zufälligen Überlieferung. Zur
Überprüfung der möglichen Erklärungen müssten weitere Quellen herangezogen wer¬
den. In Diagramm 5.2. wird die chronologische Verteilung der Anleitungen mit und ohne
schrifttragende Artefakte dargestellt.
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
Diagramm 5.2. Chronologische Verteilung der Anleitungen mit und ohne Angaben SAP
88
1 1
1 2 2
62
69
20
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49
34
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24
13
11
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1 . 12 . 2. Jh. 2./3. 273. | 273. | 3. Jh. 3./4. 4.Jh. 4. Jh. 4./5. 475. | 4.-6. 5. | 5.16 . 576 . 576 . 6./7 . 6./7 . 7.Jh.
Jh. Jh. 3. Jh. 4. Jh. Jh. 14. Jh. 5.Jh. Jh. 5./6. Jh. Jh. Jh.? Jh. Jh.?
Jh.? Jh.
□ ohne SAP D mit SAP □ Liste
Die Häufigkeit und die Verteilung der Anleitungen, die schrifttragende Artefakte enthal¬
ten, ist innerhalb der einzelnen Sammelschriften sehr unterschiedlich. Während in PGM
XlV/pdm xiv aus dem 273 | 3. Jh. lediglich in zehn von 98 Anleitungen SAPs auftreten,
sind sie in PGM VII aus dem 3. Jh. 2 in 38 von 79 Anleitungen belegt. Die koptische
Sammelschrift P. Michigan 593 aus dem 4.-6. Jh. enthält hingegen nur in drei von 37 An¬
leitungen ein SAP. Die Verteilung der Anleitungen mit SAPs ist sehr inhomogen, sowohl
innerhalb einer Sammelschrift, als auch bei einem Vergleich der Sammelschriften unter¬
einander. In keiner Sammelschrift wurden sie in einem einzigen zusammenhängenden
2 Auf dem in das 4. Jh. datierten Teil des Papyrus sind keine Anleitungen mit SAPs überliefert.
48
5 - Anleitungen
Block aufgeschrieben, was belegt, dass die Involvierung von Schrift in einer Praxis kein
Sortierungskriterium bei der Kompilierung einer Praxissammlung darstellte. In PGM XII/
pdm xii und PGM XXXVI sind deutlich mehrere Blöcke aufeinander folgender Anleitun¬
gen mit SAP erkennbar, allerdings immer wieder unterbrochen von Anleitungen ohne
SAPs. Eine systematische Verwaltung derjenigen Anleitungen mit SAPs ist in keiner
Sammelschrift erkennbar. Siehe Abb. 5.1. am Ende des Kapitels, in der die Verteilung
der Anleitungen mit SAPs innerhalb der einzelnen Sammelschriften farblich markiert ist.
5.3.1. Schrifttragende Artefakte in Praxisanleitungen
In den 188 überlieferten Anleitungen wird die Herstellung und Handhabung von 268
Artefakten beschrieben, d.h., dass in verschiedenen Praxen mehrere SAPs verwendet
werden. 202 Artefakte werden in griechischen Anleitungen beschrieben (75%), 24 in
koptischen (9%), 13 in demotischen (5%), elf in griechisch-koptischen (4%), neun in de-
motisch-griechischen (3%), und neun in demotischen Anleitungen (3%), die griechische
Schriftelemente enthalten. Siehe Diagramm 5.3. für eine Übersicht über die Sprachver-
teilung der Artefaktbeschreibungen.
Diagramm 5.3. Sprachverteilung der Artefaktbeschreibungen
202
24
13 11 g g
, ,i i,i i,i i,i i,
Griechisch Koptisch Demotisch Griechisch-Koptisch Demotisch-Griechisch Demotisch-griechische
Schrift
Schrifttragende Artefakte können im Mittelpunkt einer Praxis stehen und das zentrale
Element darstellen, in diesem Fall kann von einer autarken Verwendung gesprochen
werden, oder sie sind in eine übergeordnete Praxis eingebunden und nehmen keine
zentrale Rolle ein. In verschiedenen Fällen ist die Zuordnung aufgrund der Überliefe¬
rungssituation oder des Verständnisses der Inhalte nicht eindeutig möglich, die entspre¬
chenden Anleitungen werden der Gruppe „U“ (unklar) zugeordnet.
171 der Artefakte sind in übergeordnete Praxen eingebunden, 60 werden autark ver¬
wendet. Ein Artefakt kann sowohl autark, als auch eingebunden verwendet werden. 36
Artefakte können nicht eindeutig einer autarken oder übergeordneten Praxis zugewie¬
sen werden.
Drei der autarken Artefakte werden in demotischen Anleitungen beschrieben, 15 in kopti-
49
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
sehen, 41 in griechischen und eines in einer bilinguen demotisch-griechischen Anleitung.
Hinzu kommt das eine Artefakt, dass in beiden Verwendungen auftritt und das in einer
griechischen Anleitung beschrieben wird. Während bei den griechischen, demotischen
und bilinguen Anleitungen die Einbindung eines SAPs in eine übergeordnete Praxis
überwiegt, treten in den koptischen Anleitungen häufiger autarke Artefakte auf. Im Fall
der koptischen Artefakte handelt es sich jedoch möglicherweise um eine Fehlinterpreta¬
tion, zu deren Klärung Detailstudien notwendig wären (s.o.).
Anleitungen, die die Herstellung und Handhabung eines autarken Artefakts beschreiben,
weisen einen wesentlich geringeren Umfang auf als Anleitungen, in denen SAPs eine
untergeordnete Rolle spielen.
Ein einziges autark zu verwendendes Artefakt könnte bilingue in Griechisch und Demo¬
tisch zu beschriften gewesen sein. Bei dem demotischen Teil ist allerdings unklar, ob er
zu sprechen oder zu schreiben war. Bei dem griechischen Teil handelt es sich um voces
magicae, die mit griechischen Buchstaben geschrieben wurden und bei denen es sich
nicht um Glossen handelt.
5.4. Zusammenfassung
Aus 37 griechischen, demotischen, koptischen und bilinguen Sammelschriften und Ein¬
zelanleitungen des 1.-7. Jh. sind 188 Praxisanleitungen überliefert, in denen die Her¬
stellung und Handhabung von insgesamt 268 schrifttragenden Artefakten beschrieben
wird. Dreiviertel der Artefakte wird in griechischen Anleitungen beschrieben, rund 10%
in koptischen und 5% in demotischen Anleitungen. 10% der Artefakte treten in bilinguen
Anleitungen auf, wobei seltener die Anweisungen, sondern häufiger die Beschriftungen
zweisprachig sind.
Es können vier chronologische Phasen unterschieden werden: eine frühe, eine mittlere,
eine späte sowie eine ausklingende. Die meisten Anleitungen und Artefakte datieren in
die mittlere Phase, ein zweiter kleinerer Peak ist in der ausklingenden Phase erkennbar.
In griechischen Anleitungen ist es nicht ungewöhnlich, dass mehrere SAPs innerhalb
einer Praxis verwendet werden. Die größte Anzahl beschrifteter Artefakte - insgesamt
17 Papyri - tritt in der Anleitung PGM IV, 2373-2440 auf. In den koptischen Anleitungen
zeigt sich ein anderes Bild, dort tritt überwiegend ein schrifttragendes Artefakt in einer
Anleitung auf. Auch in den demotischen und den bilinguen Anleitungen werden nur sel¬
ten mehrere SAPs innerhalb einer Praxis verwendet.
Anleitungen, die SAPs enthalten, wurden in den Sammelschriften nicht von den übrigen
Anleitungen getrennt aufgeschrieben, sondern finden sich überden gesamten Schriftträ¬
gerverteilt. In wenigen Fällen wurden mehrere Anleitungen mit SAP in kleineren Blöcken
zusammengefasst, jedoch nicht so, dass eine klare Kompilierungsstruktur erkennbar
wäre.
50
5 - Anleitungen
61 schrifttragende Artefakte stehen im Zentrum ihrer Anleitungen und werden autark
verwendet. Ein autarkes Artefakt ist das zentrale Element einer Praxis, sämtliche Hand¬
lungen beziehen sich darauf. Es ist damit das einzige Objekt, von dem mit Sicherheit
davon ausgegangen werden kann, dass es sowohl die vermittelnde, als auch die bin¬
dende Funktion einer Praxis übernehmen soll. Diese besondere Gruppe schrifttragender
Artefakte wird innerhalb der folgenden Kapitel separat besprochen. Sie die Grundlage
für die abschließende Diskussion.
Damit ist der Weg von der Ausgangsbasis über die Grundlage zum Gegenstand der
Arbeit abgeschlossen, und die Untersuchung der schrifttragenden Artefakte in Praxisan¬
leitungen kann beginnen.
51
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Abbildung 5.1. Verteilung der SAPs innerhalb der Sammelschriften
Hier sind die Häufigkeit und die Verteilung der Anleitungen, die ein oder mehrere SAPs enthalten,
im Verhältnis zu den Anleitungen ohne SAPs visualisiert. Grün: Anleitung mit einem oder mehre¬
ren SAPs, Orange: Anleitung ohne SAP, Rosa: potentielles SAP in Liste. Jede Zeile ist identisch
mit einer Anleitung, unabhängig von deren Umfang. Einzelanleitungen sind nicht abgebildet.
52
6 - Materialität der Schriftträger
6. Die Materialität der Schriftträger
6.1. Übersicht
ln den Praxisanleitungen sind weit mehr Materialien für Schriftträger überliefert, als ar¬
chäologisch bisher nachgewiesen werden konnten. Dies liegt vor allem an ihrer organi¬
schen Beschaffenheit, ihrer geringen Größe und den Deponierungsorten. Einige Artefak¬
te werden auch zerstört. Während Metalltäfelchen, Gemmen, Papyri und Pergamente
leicht erkennbar sind und häufig mit anderen Funden vergesellschaftet auftreten, z.B.
in Grabkontexten, sind beschriftete Blätter und Wurzeln allein aufgrund ihrer geringen
Größe weniger auffällig und als Artefakte bis dato ungewöhnlich.
56 unterschiedliche Materialien für einen Schriftträger sind für insgesamt 220 Artefakte
überliefert, davon 185 aus griechischen, 25 aus demotischen und zehn aus koptischen
Anleitungen. Bei 31 Artefakten wird keine Angabe dazu gemacht, bei weiteren 17 sind
die Angaben unklar. In einigen Fällen werden bis zu drei Alternativen für einen Schrift¬
träger angegeben.
Bei dem frühesten eindeutig überlieferten Schriftträger handelt es sich um ein Lorbeer¬
blatt aus einer griechische Anleitung des 2. Jh. 1 Eine Alabastertafel aus einer koptischen
Anleitung des 7. Jh. stellt den spätesten Beleg eines Schriftträgers aus dem Bearbei¬
tungszeitraum dar 2 .
Im Folgenden werden die Materialien der Schriftträger, ihre Bezeichnungen und ihr chro¬
nologischer Rahmen der Reihe nach dargelegt. Dies erfolgt für sämtliche Materialien,
die mindestens zweimal in unterschiedlichen Anleitungen genannt werden. Einmalig
überlieferte Materialien werden am Ende des Kapitels in Tabelle 6.1. aufgeführt.
6.2. Schriftträger
6.2.1. Papyrus
Papyrus ist das mit großem Abstand am häufigsten genannte Material für einen Schrift¬
träger. Er tritt in sämtlichen Sprachen auf und wird in 64 Anleitungen aus 18 Sammel¬
schriften angegeben (Griechisch: 50, Demotisch: 11, Koptisch: 3). Die Anleitungen wer¬
den zwischen das 2./3. Jh. und 5. Jh. | 5./6. Jh. datiert. Es ist zu beachten, dass in einem
Fall in einer einzelnen Anleitung 17 Papyrusartefakte hergestellt werden sollen.
Papyrus wird auf unterschiedliche Weise bezeichnet und häufig zusätzlich qualifiziert.
Als Bezeichnung in griechischen und koptischen Anleitungen wurde vor allem x«P T hs
verwendet (42). ßeißAiov, xapTäpiov und t6uio$ treten jeweils einmal und ausschließlich
1 SAP-G-X0-OO2, P. Genav. inv. 186 (SM 74).
2 SAP-K-XY-001, OM Copt. 6794.
53
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
in griechischen Kontexten auf. In den demotischen Anleitungen ist die einzige überlie¬
ferte Bezeichnung für Papyrus dm c (11). In einer koptischen Anleitung wird der Begriff
xcücüMe verwendet, in einer weiteren die Termini npoTcoKoxM^, köxxhh^ und npcin öKOAxou.
Näher qualifiziert wird Papyrus in den griechischen Anleitungen in 33 Fällen mit dem
Adjektiv iepa-riKoj. In einem Fall soll wahrscheinlich ein „königlicher“ Papyrus beschriftet
werden - die Stelle ist allerdings größtenteils rekonstruiert in einem weiteren ein neuer
Papyrus (kcüvos). Letztere Bezeichnung (nicht der Terminus) ist typisch für die demoti¬
schen Texte. Wenn dort Papyrus als Schriftträger näher qualifiziert wird, dann mit dem
Terminus mfy. Die griechische Anleitung, die neuen Papyrus vorgibt, ist aus keiner bi-
linguen Sammelschrift, sondern findet sich in PGM V. 3 Die zweithäufigste Qualifizierung
von Papyrus als Schriftträger ist Ka0ap6s (rein, lOx). Dieses Adjektiv wird nicht nur in
griechischen, sondern auch in zwei koptischen Anleitungen verwendet.
In einigen Fällen wird zusätzlich im Verlauf der Anleitung auf den Papyrus als Schrift¬
stück Rückbezug genommen. In diesen Fällen können drei verschiedene Termini nach¬
gewiesen werden: ttittcckiov (20x) und KÖAArma (3x) in griechischen Anleitungen, mdLt
(Schriftstück, Buchrolle) einmal in einer demotischen Anleitung.
In den 50 griechischen Anleitungen ist in 17 Fällen eine Funktion für das beschriftete
Artefakt angegeben, so dass potentielle Zusammenhänge zwischen Funktion und Mate¬
rialität eines Artefakts untersucht werden können - zu welchen Ergebnissen dies führen
kann, wird sich im Laufe der Arbeit zeigen. Überliefert sind Papyrusartefakte zur Heilung
(5x), zum Schutz (3x), zur Herbeiführung einer Person (3x), zum Empfang eines Trau¬
mes (Ix), zur Trennung zweier Personen voneinander (Ix), zur Beseelung einer Statue
(Ix), zur Erfüllung einer Angelegenheit (Ix) und als Gedächtnismittel (Ix). In einem Fall
lässt sich nicht eindeutig bestimmen, ob das Artefakt autark zu verwenden oder als Teil
einer übergeordneten Praxis zu verstehen ist.
In einer demotischen Anleitung ist einem Papyrusartefakt die eindeutige Funktion der
Trennung zweier Personen zugewiesen, in einem zweiten Fall - einer Herbeiführungs¬
praxis - ist unklar, ob das Artefakt als autark zu betrachten ist.
Für zwei Artefakte aus koptischen Anleitungen ist eine Schutzfunktion überliefert.
Es zeigt sich, dass Papyrusartefakte für sehr unterschiedliche Zwecke verwendet wer¬
den konnten. Entsprechend scheint die Wahl des Materials im Falle von Papyrus keine
wesentliche Rolle in Bezug auf das Ziel einer Praxis gespielt zu haben. Sympathiethe¬
oretische Ansätze, die sich auf die Funktion einer Praxis beziehen, können hier aus¬
geschlossen werden. Die Verwendung von Papyrus und dessen Bedeutung innerhalb
einer Praxis, die der Interaktion mit höheren Mächten dient, ist entsprechend nicht als
inhaltlich-zielorientiert, sondern als handlungstechnisch-zielorientiert zu verstehen. Im
Mittelpunkt steht die Frage, welches Mittel adäquat für die Kommunikation mit einer
höheren Macht ist, und nicht, welches Mittel für das Erreichen eines bestimmten Ziels
3 PGM V, 159-172 => SAP-G-XY-G-002.
54
6 - Materialität der Schriftträger
geeignet ist. Hochwertiger Papyrus war die Antwort. Die Frage nach der Materialität des
Schriftträgers konzentrierte sich damit auf den frühen Teilausschnitt des => Gesamtpro¬
zesses (s. Definitionen), der den Informationsaustausch betrifft, nicht auf den späteren
Schritt, der die Erfüllung der Forderung umfasst.
In der archäologischen Überlieferung des Bearbeitungszeitraums überwiegen deutlich
Papyrusartefakte mit einer Schutz- und/oder Heilfunktion. 4 Seltener, aber nicht unge¬
wöhnlich, sind Liebes- und Herbeiführungszauber. 5 Schadenzauber auf Papyri hinge¬
gen sind archäologisch nur in geringer Zahl überliefert. 6 Eine systematische thematische
Übersicht fehlt.
6.2.2. Zinn
Zinn ist der mit großem Abstand zu Papyrus am zweithäufigsten genannte Schriftträger
(16x in sieben Sammelschriften). Der chronologische Rahmen der Anleitungen umfasst
dabei das 2. Jh. - 6./7. Jh. und ist damit der Weitreichendste innerhalb der Materialanga¬
ben. 14x wird das Metall in griechischen Anleitungen vorgegeben, einmal in einer kopti¬
schen, in allen 15 Fällen wird der Begriff kccggitepivov verwendet. In einer demotischen
Anleitung wird Zinn (tm) als alternativer Schriftträger für Silber genannt. Bei Rückbezü¬
gen innerhalb der Anleitung auf den Schriftträger sind vier Termini nachweisbar: -rreTaAov
(5x), Accuva (3x), AemSa und -ttAcckcxv (je Ix). Bis auf ein Vorkommen von -nexaAov in
einem koptischen Text wurden sämtliche anderen Begriffe in griechischen Anleitungen
verwendet.
Zu neun griechischen und einem koptischen Zinnartefakt sind konkrete Funktionen über¬
liefert. Sie umfassen Schutz (3x), Heilung (2x), Liebe/Herbeiführung (3x, davon Ix kop¬
tisch und Ix unsicher), eine nicht näher spezifizierte Bindung und einmal ein Funktions¬
paket, das Gewinn von Liebe, Gunst, Erfolg und von Freunden umfasst.
Zinn als Schriftträger wurde sowohl für mehrere positive Zwecke, als auch zur eigennüt¬
zigen Manipulation Dritter und des Laufs der Dinge verwendet. Damit lässt sich auch für
dieses Material keine klare Verbindung zwischen Material und Funktion belegen.
Mir ist kein archäologisch dokumentierter Fall eines als Zinn identifizierten Schriftträgers
innerhalb der hier behandelten Kontexte bekannt. Das Täfelchen aus Amorgos (Grie-
4 s. z.B. de Bruyn, Dijkstra (2011). Die Mehrheit der 186 aufgeführten Amulette, überwiegend aus dem 4.-6. Jh., wurde
auf Papyrus verfasst.
5 Liebeszauber mit Haareinlage (1. Jh. Chr., Paris, Louvre P. 3378 = PGM XVI), Herbeiführung mit Haareinlage (3. Jh.,
Princeton University Library, P.Princ. II 76 = SM 40), Herbeiführungszauber (4. Jh., Oslo, Universitätsbibliothek, P. 4,
4), Herbeiführung (4. Jh. Köln, Institut für Altertumskunde der Universität Köln, P. Köln inv. 5514 = PGM CVIII, SM 43),
Liebesbindezauber, in den zwei zusammengeschmolzene Wachsfiguren gewickelt waren; in einem Tontopf deponiert
gefunden (5. Jh., FO: nördlich von Assiut, Köln, Institut für Altertumskunde der Universität Köln, P. Köln inv. 3323).
6 Einer der frühesten griechischen Papyri aus Ägypten ist die „Verwünschung der Artemisia“ aus dem 4. Jh. v. Chr.
(G. 1 Pap., Wien, Österreichische Nationalbibliothek = PGM XL), die insbesondere im Zusammenhang mit den de¬
motischen Briefen an Götter zu diskutieren wäre; s. dazu Björn Paarmann, Joachim F. Quack, Die Gründung des
Sarapiskults in Ägypten, in: Nicolas Zenzen, Tonio Hölscher, Kai Trampedach (Hrsg.), Aneignung und Abgrenzung.
Wechselnde Perspektiven auf die Antithese von ‘Ost’ und ‘West’ in der griechischen Antike (erscheint voraussichtlich
2014). Spätere Beispiele: Fluch des Neilammon (3. Jh., P. 9,418, UB Leipzig = PGM LI), Herbeiführung eines Streits
(3./4. Jh., Kairo, Museum, JdE 60139 = PGM LXVI), Bitte um göttliche Bestrafung eines Gegners (6. Jh., P. 19929,
Wien, Österreichische Nationalbibliothek).
55
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
chenland), das bisweilen als „fer blanc“ zitiert wird, wird in der Originalpublikation als
Bleitafel beschrieben. 7
6.2.3. Leinen (s. auch Stofflappen)
Leinen wird 13x als Schriftträger in griechischen (9x) und demotischen (4x) Anleitungen in
sechs Sammelschriften aus dem 2.13. Jh. | 3. Jh. - 4./5. Jh. genannt. In den demotischen
Schriften ist der verwendete Terminus ss-nsw (Königsleinen), in zwei Fällen zusätzlich
qualifiziert mit dem Adjektiv w c b (rein). In den neun griechischen Anleitungen wurden
vier Substantive verwendet: ßuaaos (4x), 60oviov (2x), aiv5cbv/aiv56va (2x) sowie Aivov
(Ix). In vier Fällen wurde das Leinen auch hier zusätzlich als Ka0apo$ (rein) qualifiziert.
Bei Rückbezügen auf den Schriftträger innerhalb der griechischen Anleitungen wird der
Terminus päKos verwendet. In den demotischen Anleitungen handelt es sich in allen vier
überlieferten Fällen um einen Docht.
In fünf Fällen ist ein konkreter Kontext angegeben, die Artefakte werden zur Heilung,
Offenbarung, Weihe und als Schutzmittel verwendet. Die beiden Weiheverwendungen
entstammen derselben Sammelschrift, es handelt sich grundsätzlich um die gleiche Pra¬
xis, die in zwei Versionen überliefert wird. In einem weiteren Fall kann die Funktion der
Herbeiführung aus dem Inhalt erschlossen werden.
Hier scheint es, dass Leinen ausschließlich in Kontexten belegt ist, die nicht die mittelba¬
re Manipulation einer dritten Person involvieren. Dies ist jedoch nur bedingt haltbar, da
vier weitere Artefakte aus Stoff belegt sind, die im Rahmen manipulativer Zwecke ver¬
wendet werden. Ihre exakte Materialität lässt sich nicht eindeutig feststellen, es könnte
sich jedoch um Leinen handeln, so dass zu den hier erschlossenen Kontexten, in denen
Leinen in den Anleitungen verwendet wird, weitere Kontexte hinzuzufügen wären.
Das einzige aus dem Bearbeitungszeitraum archäologisch überlieferte schrifttragende
Artefakt aus Leinen stammt aus Ägypten mit unbekanntem Fundort und wird in das 3./4.
Jh. datiert, aufbewahrt wird es in Köln. 8 Es handelt sich um einen Herbeiführungszauber,
wobei der Schriftträger an den Rändern stark ausgefranst ist und in der Mitte einige Lö¬
cher aufweist. Eine rot-bräunliche Substanz am oberen Rand wurde bisher nicht näher
untersucht. In PGM II, 145-150, 167-175 wird als Beschreibstoff ein nicht näher qualifi¬
zierter Stofffetzen vom Gewand eines gewaltsam gestorbenen Menschen angegeben,
das Ziel der Praxis ist dort der Erhalt einer Offenbarung. Möglicherweise liegt hier ein
Beleg für die Verwendung eines ebensolchen Schriftträgers vor.
7 Siehe Th. Homolle, Inscriptions cTAmorgos, in: Bulletin de correspondance hellenique 25 (1901), 430-456. Siehe
Kotansky (1994) für eine ausführliche Diskussion der Lamellae mit bekanntem Fundkontext. Eine aktuelle Checkliste
mit 165 griechischen, lateinischen, hebräischen und aramäischen Lamellae ist durch die Autorin in Bearbeitung.
8 Köln, Institut für Altertumswissenschaften, Universität Köln, Inv. nr. 5512 = PGM CVII. 1-19 = SM 44 (3./4. Jh.). Inter¬
essant ist in diesem Zusammenhang das sog. „Liber Linteus“ in Zagreb, eine etruskisch beschriftete Mumienbinde
einer namentlich überlieferten Ägypterin wohl aus dem 3. Jh. v. Chr. Siehe für die Erstedition Jakob Krall, Die etrus¬
kischen Mumienbinden des Agramer National-Museums, Wien 1892. Für jüngere Bearbeitungen siehe z.B. L. B. van
der Meer, Liber linteus zagrabiensis. The Linen Book of Zagreb. A Comment on the Longest Etruscan Text, Louvain/
Dudley, 2007.
56
6 - Materialität der Schriftträger
6.2.4. Stoff lappen (s. auch Leinen)
Vier Stofflappen, bei denen nicht eindeutig zu bestimmen ist, ob es sich um Leinen
oder ein anderes Material handelt, werden in zwei griechischen und zwei demotischen
Anleitungen aus vier unterschiedlichen Sammelschriften des 2./3. Jh. | 3. Jh. - 4. Jh. als
Schriftträger genannt. In den beiden griechischen Fällen wird das Material als Lappen
(pötKos) bezeichnet, in den demotischen als tys. In einem Fall soll der Lappen rein sein
(Kaöapos), in dem anderen muss das Material von einem gewaltsam Gestorbenen ge¬
nommen werden 9 . Einer der demotischen Lappen wird zum Einbalsamieren verwendet.
In einer der beiden demotischen Anleitung wird das Artefakt als Trennungsmittel ver¬
wendet, wobei unklar ist, ob es sich dabei um ein autark zu verwendendes oder ein
eingebundenes Artefakt handelt. In der zweiten demotischen Anleitung ist das Ziel der
ÜP die Herbeiführung einer begehrten Person. Die beiden griechischen ÜPs dienen der
Offenbarung. Siehe für weitere potentielle Kontexte, in denen Stofflappen verwendet
werden konnten, unter => 6.2.3. Leinen.
Für ein archäologisches Zeugnis s. ebenfalls unter 6.2.3. Leinen.
6.2.5. Lorbeerblätter
Lorbeerblätter sind 12x als Schriftträger überliefert, 11x davon in griechischen Schrif¬
ten, einmal in einer demotischen. In der demotischen Anleitung wird der griechische
Begriff übernommen. Der chronologische Rahmen der Anleitungen aus insgesamt zwölf
Sammelschriften umfasst das 2. Jh. - 5. Jh. | 5./6. Jh. In einem einzigen Fall wird der
Schriftträger näher qualifiziert und als königlich bezeichnet. 10
Zweimal ist das Lorbeerblattartefakt mit der Funktion eines Schutzmittels überliefert,
einmal als Schlafmittel. Ein archäologisches Zeugnis eines beschrifteten Lorbeerblattes
ist mir nicht bekannt.
6.2.6. Blei
Blei ist 11x als Schriftträger in sechs Sammelschriften nachgewiesen, sämtliche Anlei¬
tungen wurden in Griechisch verfasst. Der chronologische Rahmen der Überlieferung ist
sehr eng und umfasst lediglich den Zeitraum des 3. Jh. - 4./5. Jh. Vier der Nennungen
entstammen der Sammelschrift PGM VII, hier wird in jedem einzelnen Fall die Herkunft
des zu verwendenden Bleis näher beschrieben, in drei Fällen soll es von einer Kaltwas¬
serleitung genommen werden, in einem weiteren von dem Joch eines Maultiergespanns.
Die Herkunft von dem Joch eines Maultiergespanns findet sich auch in der über 100
Jahre später datierten Sammelschrift PGM X.11 In PGM XXXVI findet sich die Angabe,
9 Siehe dazu das beschriftete und am oberen Rand mit einer bräunlich-rötlichen Substanz versehene Leinenstück in
Köln, P. Köln inv. 5514. Robert Daniel, Two Love-Charms, in: Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik, Bd. 19 (1975),
249-264, Taf. Vlb (SM 44, PGM CVII).
10 PGM VII, 822-825, 844-845 => SAP-G-V-G-011.
11 PGM X, 36-40; 41-50 => SAP-G-VUYA-G-008.
57
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
dass das Blei kalt ausgehämmert sein muss 12 . Bei Rückbezügen wird der Schriftträger
als Aäuva (4x), ttAcc^ (2x), und je einmal als AettiSoc, -rrETaAov und TrAccxuiaua bezeichnet.
In drei Fällen sind konkrete Funktionen für die Bleiartefakte überliefert. Ein Täfelchen
dient der Zerstörung von Zaubermitteln, ein weiteres als Mittel zum Fesseln, Unterwer¬
fen und als Bindezwang, das dritte soll Zorn und Feindseligkeit bannen und Gegner zum
Verstummen bringen.
Die archäologische Überlieferung beschrifteter Bleiartefakte umfasst die zweitgrößte
Gruppe überlieferter Zeugnisse angewandter Magie, unmittelbar nach den magischen
Gemmen, deren Anzahl zwischen 3000 und 5000 geschätzt wird, wobei keine klaren
Kriterien für die Zuordnung einer Gemme als magisch definiert sind 13 . Mehr als 1000
griechische Tafeln sind seit dem 5. Jh. v. Chr. dokumentiert. Die Anzahl lateinischer Blei¬
tafeln beträgt etwas über 500, die frühesten Belege werden in das 2. Jh. v. Chr. datiert,
zu den spätesten Belegen dürfte eine Bleitafel aus Tragurium (Trau, Dalmatien) zu zäh¬
len sein, die in das 6. Jh. datiert wird 14 . Hinzukommen vereinzelte Belege in oskischer,
iberischer und gallischer Sprache. Ab dem 4. Jh. verringert sich die Anzahl der Belege
deutlich. Die Mehrzahl der archäologischen Zeugnisse dokumentiert Schadenspraktiken
und Gebete um Gerechtigkeit - sofern letztere nicht zu den Schadenspraktiken gezählt
werden 15 .
Die Kontexte, in denen Blei in den Anleitungen auftritt, beinhalten in fast allen überliefer¬
ten Fällen die mittelbare Manipulation einer Person oder eines Ereignisses - mit Ausnah¬
me der Verwendung zur Zerstörung eines Zaubermittels. Die gleichen Kontexte werden
von der Mehrheit der archäologisch überlieferten Zeugnisse reflektiert. So kann Blei als
Schriftträger in den Anleitungen zwar nicht mit einem spezifischen Ziel in Verbindung
gebracht werden, es scheint jedoch nahe liegend, speziell dieses Material mit manipu¬
lativen Handlungen, die eine negative Einflussnahme auf Dritte beinhalten, zu verbin¬
den. Vor allem die archäologische Überlieferung dürfte diese Interpretation in früheren
Publikationen unterstützt haben. Was dabei nicht berücksichtig wurde, ist, dass für die
gleichen Handlungen in den Anleitungen auch gänzlich andere Materialen angegeben
werden: zur Zornbannung Gold, Silber und Papyrus, zum Binden Zinn, zur Unterwer¬
fung Papyrus. Kein einziges mal ist in den Anleitungen z.B. für die Herbeiführung einer
begehrten Person unter den sieben genannten Materialien Blei als Schriftträger belegt
- aus der Praxis sind dazu jedoch zahlreiche Belege überliefert.
12 PGM XXXVI, 1-34 => SAP-G-VUYA-GB.a-001.
13 Die tatsächliche Anzahl „magischer“ Gemmen könnte weitaus geringer ausfallen, wenn z.B. rein figürliche Darstellun¬
gen wie solche der Nike-Victoria (z.B. Berlin, Inv. nr. 4933 (Philipp (1986), Nr. 17), eines Putto (Berlin, o. Inv. nr. (Phi¬
lipp (1986), Nr. 21), des Sarapis und der Isis (Berlin, Inv. nr. 9778 (Philipp (1986), Nr. 75), des Horusfalken (London,
British Museum Inv. G 302, EA56302 (Michel (2001), Nr. 19), odereines Falken (London, British Museum Inv. G 195,
EA 56195 (Michel (2001), Nr. 20), oder Darstellungen wie die der Artemis und Aphrodite mit der wenig magischen
Beischrift „dem Ehegatten die ewige Liebe“ (London, British Museum Inv. G 240, EA 56240 (Michel (2001), Nr. 50),
nicht der Gruppe magischer Gemmen zugeordnet würden. Anm. J. F. Quack: „Und weit ausgeprägter, wenn man alles
aufnimmt, was in den ÄiOiKa behandelt wird.“ Siehe dazu Robert Halleux, Jacques Schamp, Les lapidaires grecs,
1985.
14 Siehe Wünsch (1922), Nr. 7; J. Mallon, Paläographie romaine (1952), Taf. XXIV, 3.
15 Siehe grundlegend z.B. Audollent (1904), Wünsch (1897, 1898, 1900, 1910), Solin (1968). Siehe auch z.B. Kropp
(2008) (mit ausführlichem Literaturverzeichnis) und Versnel.(2010).
58
6 - Materialität der Schriftträger
6.2.7. Gold
Gold als Schriftträger tritt neunmal in griechischen Anleitungen aus sechs Sammelschrif¬
ten auf, darunter einmal als Alternative zu einem luftblauen Jaspis. Die Anleitungen um¬
fassen das 3. Jh. - 4./5. Jh. und damit den gleichen engen Zeitraum wie Blei. Bei einem
Rückbezug auf das Schriftstück treten die Termini tctoAov (5x), Adpva (2x) und Ae-nr5a
(Ix) auf.
In drei Fällen wird einem autark zu verwendenden Artefakt eine konkrete Funktion zuge¬
wiesen: Schutz, Zornbannung und Lösung einer zuvor herbeigerufenen höheren Macht.
65 publizierte Goldlamellae konnte ich bisher Zusammentragen. Das früheste Täfelchen
ist in Griechisch beschriftet und wird in das 6. Jh. v. Chr. datiert, wobei es sich zugleich
um den frühesten Beleg einer „gedruckten“, nicht geritzten Beschriftung handelt 16 . Die
beiden spätesten Belege sind in Griechisch 17 und in Aramäisch 18 verfasst, sie fungierten
als Amulette und werden in das 5./6. Jh. datiert.
6.2.8. Haut
Haut wird achtmal in griechischen Anleitungen aus drei Sammelschriften als Schriftträ¬
ger genannt, darunter fünfmal als 5eppa und dreimal alsüpeva bezeichnet. Dreimal ist
die Haut einer Hyäne (Seppa) zu verwenden, zweimal die eines Esels (Seppa, upeva), je
einmal die eines schwarzen und eines weißen Schafes (ebenfalls Opeva). In einem Fall
wird das Tier nicht genannt, dafür wird das Adjektiv „scharlachfarben“ verwendet. Der
Zeitrahmen umfasst das 3. und 4. Jh.
In sieben der acht Anleitungen wird das Hautartefakt autark verwendet und dient der
Erfüllung einer angegeben Funktion: 4x wird Heilung genannt, 2x Schutz und Ix Liebe.
Pergamentartefakte sind mehrfach überliefert, jedoch nicht so zahlreich wie Papyrus¬
artefakte, wobei die Herkunft der Haut nur in seltenen Fällen untersucht wurde. Bei¬
spielhaft seien hier aufgeführt ein koptisches Amulett aus dem 6.17. Jh. mit der Bitte um
Hilfe 19 , ein griechisches Amulett, das zwischen das 4. und 8. Jh. datiert wird und über¬
wiegend mit Zauberzeichen beschriftet ist 20 , sowie eine unpublizierte Anrufung an Engel
und Erzengel in Zauberzeichen, die in das 7. Jh. datiert wird 21 .
6.2.9. Silber
Silber als Schriftträger wird siebenmal in griechischen Anleitungen und einmal in einer
16 FO: Euboia (Greichenland) oder Knidos (Türkei), Schoyen Collection, Inv. nr. MS 5236, http://www.schoyencollection.
com/prel 450.html. H. E. Brekle, Analyse der Herstellungstechnik der Inschrift auf einem Goldamulett in der Schoyen-
Collection (Oslo/London), 2010: epub.uni-regensburg.de/16319 (Stand: März 2013).
17 FO: Laodicea ad mare (Latakia) (Syrien), Privatsammlung in Jerusalem, o. Inv. nr. Siehe GMA45.
18 FO: Mtskheta, Nähe Svetitskhoveli (Georgien). Siehe K. Tsereteli, An Aramaic Amulet from Mtskheta, in: Ancient
Civilizations from Scythia to Siberia (1996), Vol. 3, no. I, 218-240. Vakhtang Nikolaishvili, The Archaeological Context
of the Hebrew Inscriptions Discovered in Eastern Georgia, in: Iberia-Colchis. Researches on the Archaeology and
History of Georgia in the Classical and Early Medieval Period #5, 153-158, Tbilisi 2009.
19 Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Inv. nr. 8031 = PGM XLVIII.
20 Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Inv. nr. 8035 = PGM XLIX.
21 Leipzig, Papyrussammlung, Inv. nr. P. Lips. Inv. 169R.
59
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
demotischen Anleitung genannt, hinzukommen vier Nennungen als Alternative für Gold
(allesamt griechisch). In der demotischen Anleitung wird für das Silber Zinn als alter¬
nativer Schriftträger angegeben. Die Anleitungen aus insgesamt acht Sammelschriften
datieren zwischen das 2.12. Jh. | 3. Jh. und „6. Jh. oder früher“. Bei Rückbezügen werden
die Begriffe XettiSo (3x), -nn-aAov (Ix) und Aäuva (Ix) verwendet.
Viermal wird ein autarkes Silberartefakt als Schutzmittel verwendet, einmal für den Ge¬
winn von Gunst, einmal als Zornbannungsmittel und einmal zur Lösung einer zuvor her¬
beigerufenen Macht.
58 Silberlamellae konnte ich bisher aus unterschiedlichen Publikationen Zusammentra¬
gen 22 . Das früheste als magisch kategorisierte Beispiel wurde in Beroea (Veria), Make¬
donien, gefunden und von Kotansky in das 1. Jh. v. Chr. datiert 23 . Bei zwei wesentlich
früheren hebräischen Beispielen aus Ketef Hinnom (Jerusalem), die in das 7./6. Jh. v.
Chr. datiert werden, ist die Verwendung als Schutzamulett eindeutig 24 . Zu den spätesten
Silberlamellae gehören ein griechisch-aramäisches Täfelchen vom Esquilin 25 und zwei
aramäische Amulette gegen böse Geister aus Agabeyli (Türkei), deren heutiger Aufbe¬
wahrungsort unbekannt ist 26 .
6.2.10. Ei
Eier werden als Schriftträger für fünf Artefakte in griechischen Anleitungen aus drei Sam¬
melschriften genannt, wobei in zwei Fällen jeweils zwei Eier innerhalb einer Praxis zu¬
sammen verwendet werden. In drei der fünf Anleitungen werden ausdrücklich „männli¬
che“ Eier verlangt (arrenika), einmal wird explizit ein Vogelei angegeben.
In einem Fall dient das beschriftete Ei dazu, Gunst, Erfolg und tägliche Wohlfahrt für den
Praktizierenden und einen Ort zu gewinnen. In einem anderen Fall werden zwei Eier
zur Reinigung des Praktizierenden verwendet. Archäologische Belege beschrifteter Eier
sind mir nicht bekannt.
6.2.11. Boden
Der Boden wird in vier griechischen und einer demotischen Anleitung aus vier Sammel-
22 Dzwiza, Checkliste der Gold-, Silber-, Kupfer- und Bronzelamellae (in Publikationsvorbereitung).
23 s. Kotansky (1994), GMA 39, 211-215.
24 AO: Israel-Museum, Inv. nr. IAA 1980-1495 und IAA 1980-1496. “Priestly Benediction”. Gabriel Barkay, Andrew G.
Vaughn, Marilyn J. Lundberg, Bruce Zuckerman, The Amulets from Ketef Hinnom: A New Edition and Evaluation, in:
Bulletin ofthe American Schools of Oriental Research 334 (2004), 68: „We can thus reassert the conclusion reached
by most scholars that the inscriptions found on these plaques preserve the earliest known citations of biblical texts.
The new readings outlined in this article show that these plaques not only contain biblical quotations, but they also
provide us with the earliest examples of confessional Statements concerning Yahweh. (...) Hence, while neither in-
scription makes specific reference to Satan, demons, or other agents of wickedness, they do offer God’s protection
from Evil through the invocation of his holy name and the text of his most solemn of protective blessings. Given that
context, it is safe to conclude that these artifacts both served as amulets and that their function falls in line with similar
amulets whose inscriptions invoke divine protection for the wearer through the use of one of the tradition’s most fa-
mous prayers.“ Siehe auch A. von Lieven, Ägyptische Einflüsse auf die funeräre Kultur Palästinas, in: Zeitschrift des
Deutschen Palästina-Vereins, 122, 2006, S. 101-110.
25 AO: Medagliere Capitolino, Antiquarium Comunale di Roma, Inv. nr. 17137 (5. Jh.). Vergesellschaftet mit einem etwas
früher datierten griechischen Silbertäfelchen, SEG 49 1387, Inv. nr. 17135. Ed. pr. M.G. Amadasi - G. Bevilacqua,
Filatterio greco-aramaico da Roma, in: Mediterraneo antico 7, 2 (2004), 711-725.
26 AMB 7a und AMB 7b.
60
6 - Materialität der Schriftträger
schritten als Schriftträger genannt. Hierbei handelt es sich um kein bewegliches Artefakt,
sondern um die Beschriftung eines zuvor präparierten Erdabschnitts. Die Anleitungen
werden in das 2.12. Jh. | 3. Jh. - 4. Jh. datiert.
Keine Bodenbeschriftung tritt im Rahmen einer autarken Praxis auf, sämtliche Bodenbe¬
schriftungen sind in eine übergeordnete Praxis eingebunden. Archäologische Überliefe¬
rungen von Bodenbeschriftungen sind bisher nicht dokumentiert.
6.2.12. Ostrakon
Ostraka werden in vier griechischen und einer demotischen Anleitung aus drei Sammel¬
schriften aus dem 2.12. Jh. | 4. Jh. - 5. Jh. | 5./6. Jh. als Schriftträger genannt. In den vier
griechischen Angaben wird der Schriftträger dabei näher qualifiziert. In zwei Fällen muss
der Scherben dreieckig sein, in einem Fall ungebrannt und einmal wird ausdrücklich an¬
gegeben, dass es sich um ein „Ostrakon für Fisch“ handeln muss.
In zwei Fällen ist die Verwendung als autarkes Artefakt sicher belegt, dabei handelt es
sich einmal um ein Artefakt zur Zerstörung von Zaubermitteln, ein anderes Mal soll die
Trennung zweier Personen voneinander bewirkt werden.
Magischen Kontexten zugeordnete Ostraka innerhalb des Bearbeitungszeitraums sind
selten belegt, ein Beispiel aus dem 7./8. Jh. befindet sich in Wien und ist mit einem Text
in Geheimschrift, einem Psalm in Koptisch und Zauberzeichen beschriftet 27 . Ein weiteres
koptisches Beispiel, ebenfalls in Wien aufbewahrt, allerdings undatiert, beinhaltet eine
Anrufung 28 . Eine Reihe späterer koptischer Ostraka, denen ein magischer Kontext zuge¬
wiesen wird, befinden sich in der Berliner Sammlung 29 .
6.2.13. Eisen
Eisen ist viermal als Schriftträger in griechischen Anleitungen aus zwei Sammelschrif¬
ten überliefert, die in das 3. Jh. - 4. Jh. datiert werden. Dabei wird es einmal als „kalt¬
geschmiedet“ näher beschrieben. Der Schriftträger wird in zwei Fällen als SäicruAos, in
einem weiteren als Aänva bezeichnet.
Einmal wird ein beschrifteter Eisenring zum Siegeln von Räucherpillen verwendet, die
innerhalb der Praxis verwendet werden sollen. Die umfangreichste Anleitung zur Hand¬
habung eines mit einem Homervers beschrifteten Eisentäfelchens tritt in PGM IV, 2145-
2240 auf 30 . Dem Eisentäfelchen werden je nach Handhabung unterschiedliche autarke
Funktionen zugeschrieben, dazu gehören: Offenbarung (2x), Sieg (2x), Beliebtheit (Ix),
27 Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Inv. nr. K. O. 645 Pap.
28 Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Inv. nr. K. O. 617 Pap = P.CrumST 398
29 Siehe W. Beltz, Die koptischen Zauberpapiere und Zauberostraka der Papyrus-Sammlung der Staatlichen Museen zu
Berlin, in: APF 31 (1985), 31-42. Siehe auch W. F. Crum, Short Texts from Coptic Ostraka and Papyri, Oxford 1921.
L. S-P. Girard, Un fragment de liturgie magique en copte sur ostrakon, ASAE 27 (1927), 62-68. (Alle Belege datieren
später als der Bearbeitungszeitraum der vorliegenden Arbeit).
30 Siehe für Details SAP-G-V-G-065.
61
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
eine erfolgreiche Flucht (Ix), ein vorzeitig Verstorbener bleibt noch eine Zeit lang am Le¬
ben (Ix). Beschriftete Eisentäfelchen aus magischen Kontexten sind mir nicht bekannt.
6.2.14. Meermuschel
Meermuscheln sind ebenfalls in vier griechischen Anleitungen aus zwei Sammelschriften
des 3. Jh. - 4. Jh. als Schriftträger dokumentiert. In keinem Fall wird die Muschel näher
qualifiziert.
In einem Fall wird das Muschelartefakt autark verwendet und soll Schlaflosigkeit bewir¬
ken. Ein archäologischer Beleg einer beschrifteten Muschel ist mir nicht bekannt.
6.2.15. Lorbeerwurzel
Lorbeerholz tritt dreimal als Schriftträger in griechischen Anleitungen aus zwei Sam¬
melschriften in Erscheinung. Einmal wird Olivenholz als Alternative angegeben, bei den
beiden übrigen Fällen handelt es sich um zwei nahezu identische Anleitungen aus PGM
XIII 31 .
Die einzige überlieferte Funktion ist die des Beistandes durch eine höhere Macht wäh¬
rend der Durchführung einer Praxis. Archäologische Nachweise beschrifteter Lorbeer¬
wurzeln oder von beschriftetem Lorbeerholz im Rahmen von Praktiken zur Interaktion
mit höheren Mächten sind mir nicht bekannt.
6. 2.16. Schilfblä tter
Zwei der drei zu beschriftenden Schilfblätter aus zwei Sammelschriften werden inner¬
halb derselben Anleitung verwendet, das dritte separat. Sämtliche Anleitungen sind in
Demotisch geschrieben und werden in das 2.13. Jh. | 3. Jh. - 3. Jh. datiert.
In einer Anleitung werden dem autark zu verwendenden Schilfblattartefakt verschiedene
Funktionen zugewiesen: Träume zu erhalten, Träume zu senden und die Herbeiführung
einer Frau zu bewirken. Archäologisch sind beschriftete Schilfblätter nicht nachgewiesen.
6.2.17. Magnetstein
Magnetstein wird dreimal als Schriftträger in griechischen Anleitungen aus zwei Sammel¬
schriften aus dem 3. und 4. Jh. genannt. In den beiden Nennungen in PGM IV wird der
Stein zusätzlich als atmend bezeichnet.
Einmal wird der Stein als Schutzmittel verwendet, ein anderes Mal erfüllt er mehrere
Funktionen: Die Herbeizwingung und das Gefügigmachen einer Seele, die Herbeifüh¬
rung eines begehrten Menschen sowie eine Traumsendung.
31 PGM XIII, 102-113 => SAP-G-V-G-015. PGM XIII, 658-670 => SAP-G-V-G-016.
62
6 - Materialität der Schriftträger
Gravierte Magnetsteine sind mehrfach archäologisch überliefert, wobei eine Differenzie¬
rung zwischen Hämatit und Magnetit möglicherweise nicht in jedem Fall vorgenommen
wurde, was jedoch nur individuell vor Ort überprüft werden kann. Von 1075 statistisch
untersuchten magischen Gemmen waren 13 Steine als aus Magnetit und 172 als aus
Hämatit bestehend publiziert 32 .
6.2.18. Finger
Die beiden Erwähnungen eines Fingers als Schriftträger entstammen zwei koptischen
Anleitungen aus unterschiedlichen Sammelschriften, von denen die eine in das 6./7. Jh.
datiert wird. Für die zweite liegt keine publizierte Datierung vor, in TM Magic wird sie
parallel zu der erstgenannten datiert. In dem einen Fall handelt es sich eindeutig um den
Finger eines lebenden Menschen, in dem zweiten könnte es sich auch um den einer
Leiche handeln.
In einem der beiden Fälle ist eine autarke Funktion des beschrifteten Fingers angege¬
ben, es dient dem Gewinn von Gunst.
6.2.19. Flachsblatt
Ein Flachsblatt wird zweimal in griechischen Anleitungen innerhalb derselben Sammel¬
schrift aus dem 4. Jh. als Schriftträger angegeben. Eine nähere Qualifizierung findet
nicht statt.
Beide Artefakte werden autark verwendet und dienen einmal den Vorbereitungen zur
Vereinbarung eines Dienstes, das andere mal der Befragung eines Leichnams. Archäo¬
logische Nachweise beschrifteter Schilfblätter innerhalb der hier besprochenen Kontexte
sind mir nicht bekannt.
6.2.20. Fledermaus
Fledermäuse werden in zwei unterschiedlichen griechischen Anleitungen aus unter¬
schiedlichen Sammelschriften aus dem 2.13. Jh. | 4. Jh. und 3. Jh. als Schriftträger ge¬
nannt. In einem Fall sollen ausdrücklich die Flügel beschriftet werden.
In einem Fall ist eine autarke Verwendung des Artefakts sicher, es dient dem Verursa¬
chen von Schlaflosigkeit. Archäologisch sind keine beschrifteten Fledermausflügel oder
andere Teile des Tieres nachgewiesen.
6.2.21. Wachs
Wachs wird in zwei griechischen Anleitungen aus zwei Sammelschriften des 4. Jh.
32 Dzwiza (in Druck), Magical signs: An extraordinary phenomenon or just business as usual? Analysing decoration
patterns of magical gems - a preliminary report (Publikation im Rahmen der Budapester Konferenz „Magical gems in
their contexts“, Februar 2012).
63
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
und des 5. Jh. | 576. Jh. als Schriftträger in Form einer Figur angegeben, in einer wei¬
teren dient das Material als Zutat eines Gemischs, aus dem ebenfalls eine Figur ge¬
formt und beschriftet werden soll. In der späten Anleitung soll das Wachs ungeräuchert
(äKaTivucTov) sein.
In einem Fall stellt die beschriftete Wachsfigur das zentrale Element der Praxis dar, eine
Funktion ist nicht angegeben, lässt sich aber anhand des Inhalts als Schadenspraxis
erschließen 33 . Wachsfiguren aus magischen Kontexten sind mehrfach überliefert 34 .
6.2.22. Natron
Natron als Schriftträger wird in denselben beiden übergeordneten Praxen aus einer
Sammelschrift verwendet wie das Lorbeerholz (s. Anm. 7). In der zweiten Anleitung wird
der Materialangabe „hellenisch“ hinzugefügt.
In einem der beiden Fälle wird als Funktion die Empfehlung an eine höhere Macht an¬
gegeben, in dem zweiten Fall ist keine Funktion explizit überliefert. Beide Anleitungen
sind jedoch grundsätzlich identisch und in zwei Versionen überliefert. Archäologische
Zeugnisse beschrifteter Natrontafeln sind bisher nicht nachgewiesen.
6.3. Alternative Angaben
In acht griechischen und einer demotischen Anleitung aus sieben unterschiedlichen
Sammelschriften des 273. Jh. | 3. Jh. bis 475. Jh. werden zu dem ursprünglichen Schrift¬
trägermaterial Alternativen angegeben. 35 Am häufigsten ist dabei die Nennung von Sil¬
ber als Alternative zu Gold, in zwei Fällen ergänzt durch Zinn als weitere Alternative. In
einem Fall werden zusätzlich zu Gold Silber, Zinn und Papyrus als Schriftträger ange¬
geben. In der demotischen Anleitung wird Zinn alternativ für Silber angegeben. Zu den
eher ungewöhnlichen Schriftträgern werden nicht weniger ungewöhnliche Alternativen
angegeben: Ein Beifußartefakt kann durch eine Pasitheawurzel ersetzt werden, Lorbeer¬
holz durch Olivenholz, ein luftblauer Jaspis durch Gold. Besonders ungewöhnlich ist die
Beschriftung der Luftröhre einer Gans als Alternative zu Papyrus.
6.4. Zusammenfassung
Papyrus ist das Material, das in den Praxisanleitungen am häufigsten als Schriftträger
genannt wird. Zusammen mit Zinn stellt es die beiden einzigen Materialien dar, die in al-
33 Siehe SAP-G-V-G-057.
34 Siehe z. B. die beiden 7 cm hohen Wachsfigurinen, die - in enger Umarmung zusammengeschmolzen - in einen
beschrifteten Papyrus eingewickelt waren und zusammen mit einem weiteren (heute?) unbeschrifteten Papyrus in
einem Tongefäß gefunden wurden (FO: nördlich von Assiut, 5. Jh.). Literatur: Daniel, Maltomini (1990), 162-173, Nr.
45; Eine Tonfigurine, die zusammen mit einer beschrifteten Bleitafel in einem Tongefäß gefunden wurde. Die Figur
weist 13 Nadeldurchbohrungen auf (FO: Mittelägypten?, 2.-3. od. 3.-4. Jh.). Literatur: Daniel, Maltomini (1990), 179-
183, Nr. 47.
35 SAP-D-VUYA-Gs-001 M1-2/2, SAP-G-VUI-GZB.t-001 M1-4/4, SAP-G-X-Z-001 M1-3/3, SAP-G-V-GZB.g-002 M1-2/2,
SAP-G-V-GZ-001 Ml-2/2, SAP-G-V-Z-001 M1-2/2, SAP-G-X-Z-002 M1-2/2, SAP-G-V-G-004, SAP-G-V-GB.at-002
Ml-2/2.
64
6 - Materialität der Schriftträger
len drei Sprachen überliefert sind. Leinen, Silber, Lorbeerblätter, Ostraka, der Boden und
nicht näher einzuordnende Stofflappen werden in griechischen und demotischen Anlei¬
tungen genannt. Schilfblätter und eine Tonlampe treten ausschließlich in demotischen
Anleitungen auf. Aus koptischen Anleitungen bekannt sind eine Alabastertafel, Finger,
und zwei nicht näher qualifizierte Gefäße.
Den weitesten Zeitrahmen umfassen Lorbeerblätter und Zinn. Lorbeerblätter werden als
Schriftträger zum ersten Mal im 2. Jh. vorgegeben, ihre letzte Erwähnung datiert in das
5./6. Jh. Zinn soll erstmals in einer Anleitung aus dem 2./3. | 3. Jh. beschriftet werden,
die späteste erhaltene Überlieferung datiert in das 6./7. Jh. Silber und Papyrus weisen
ein ähnliches zeitliches Auftreten in Anleitungen vor, die zwischen das 2./3. Jh. | 3. Jh. -
5./6. Jh. datieren.
Unter den übrigen genannten Materialien fallen Eisen, Haut, Muscheln und Magnetstein
auf, die nur in dem engen Rahmen des 3. und 4. Jh. in Anleitungen auftreten.
Überraschend ist, dass die beiden archäologisch am häufigsten nachgewiesenen Schrift¬
träger, Gemmen und Bleitafeln, in den Praxisanleitungen keine zahlenmäßige Entspre¬
chung finden. Lediglich elfmal wird Blei als Schriftträger genannt, achtmal ein Stein.
Ein eindeutiger Zusammenhang zwischen dem Material eines Schriftträgers und einer
konkreten Funktion des Artefakts ist in den Anleitungen der Sammelschriften nicht zu
belegen.
In Tabelle 6.1. sind sämtliche vorkommenden Materialien aufgeführt. Die dazugehörigen
Katalognummern können über den Materialindex am Ende des dritten Katalogbandes
nachgesehen werden.
Tabelle 6.1. Materialität der Schriftträger (G=Griechisch, D=Demotisch, K=Koptisch)
Material
Vorkommen
Datierungszeitraum der Anleitungen
Papyrus
64 (G, D, K)
273. Jh. -5. Jh. | 576. Jh.
Zinn
16 (G, D, K)
273. Jh. | 3. Jh. - 677. Jh.
Leinen
13 (G, D)
273. Jh. |4. Jh. -475. Jh.
Silber
12 (G, D)
273. Jh. | 3. Jh. - 6. Jh. oder früher
Lorbeerblatt/-blätter
12 (G, D)
2. Jh. -5. Jh. | 576. Jh.
Blei
11 (G)
3. Jh. -475. Jh.
Gold
9 (G)
3. Jh. -475. Jh.
Haut
8 (G)
3. Jh. -4. Jh.
Seil
7 (G)
3. Jh. (alle sieben Artefakte aus derselben Anleitung)
Boden
5 (G, D)
273. Jh. | 3. Jh. -4. Jh.
Ostrakon
5 (G, D)
273. Jh. | 4. Jh. - 5. Jh. | 576. Jh.
Ei
5 (G)
273. Jh. | 4. Jh. - 5. Jh. | 576. Jh.
Eisen
4 (G)
3. Jh. -4. Jh.
Muschel
4 (G)
3. Jh. -4. Jh.
Stofflappen
4 (G, D)
273. Jh. | 3. Jh. -4. Jh.
Lorbeerholz
3 (G)
4. Jh.
65
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Schilfblatt
3 (D)
2./3. Jh. | 3. Jh. -3. Jh.
Schilfrohr
3 (G)
4. Jh. (alle drei Artefakte aus derselben Anleitung)
Magnetstein
3 (G)
3. Jh. -4. Jh.
Finger
2 (K)
6.-7. Jh.
Flachs
2 (G)
4. Jh.
Fledermaus
2 (G)
2./3. Jh. | 4. Jh. - 3. Jh.
Natron
2 (G)
4. Jh.
Wachs
2 (G)
4. Jh. -5. Jh. | 5./6. Jh.
Alabastertafel
1 (K)
7. Jh.
Beifuß
1 (G)
2 . 12 . Jh. | 4. Jh.
Bronze
1 (G)
4. Jh.
Brust
1 (G)
3. Jh.
Efeu
1 (G)
4. Jh.
Fünffingerkraut
1 (G)
4. Jh.
Gefäß
1 (K)
6./7. Jh.
Gemisch: Erde-Tinte-
Myrrhe
1 (G)
4. Jh.
Gemisch: Kleie-San-
delholz-Essig
1 (G)
374. Jh.
Gemisch: Pech, Bie¬
nenwachs, Keusch¬
baum, Manna
1 (G)
4. Jh.
Hand (linke)
1 (G)
3. Jh.
Lehmgefäß
1 (K)
6.-7. Jh. (TM)
Lindenbast
1 (G)
4. Jh.
Myrrhe
1 (G)
4. Jh.
Oliven-/Ölblatt
1 (G)
3. Jh.
Palme
1 (G)
3./4. Jh.
Persea
1 (G)
4. Jh.
Räuchergefäß
1 (G)
4. Jh.
Schädel (Esel)
1 (G)
4./5. Jh. | 5. Jh.
Schädel (Mensch)
1 (G)
4. Jh.
Heliotrop
1 (G)
2 . 12 . Jh. | 4. Jh.
laspachat
1 (G)
4. Jh. | 4. Jh.?
Uterusstein
1 (G)
2 . 12 . Jh. | 4. Jh.
Stein (lang)
1 (G)
4./5. Jh.
Tonlampe
1 (D)
273. Jh. | 3. Jh.
Weinblatt
1 (G)
273. Jh.
Ziegel
1 (G)
4. Jh.
Jaspis (luftblau)
1 (G)
273. Jh. | 4. Jh.
Pasitheawurzel
1 (G)
273. Jh. | 4. Jh.
Olivenholz
1 (G)
4. Jh.
Luftröhre einer Gans
1 (G)
4. Jh. | 4. Jh.?
66
7- Beschreibstoffe
7. Die Beschreibstoffe
7.1. Übersicht
Angaben zum Beschreibstoff sind für 118 Artefakte in 71 Anleitungen überliefert 1 . Sie
können in zwei Gruppen unterteilt werden: Entweder wird eine einzelne Angabe ge¬
macht, wie z.B. „Tinte“, „Myrrhentinte“, „Blut“ oder „Zinnober“ (für 73 Artefakte), oder es
werden mehrere Zutaten angegeben, die zusammengemischt werden müssen (für 45
Artefakte). Häufiger sind die Einzelangaben der ersten Gruppe. In der zweiten Grup¬
pe kann weiter unterschieden werden zwischen Zutaten, die unkommentiert aufgeführt
werden, und solchen, die explizit als Rezept bezeichnet werden. In einigen Fällen wird
zusätzlich zu den Zutaten auch deren Zubereitung beschrieben.
Insgesamt sind in 53 griechischen, zwölf demotischen und sechs koptischen Anleitun¬
gen Angaben zum Beschreibstoff überliefert. Die größte chronologische Gruppe bilden
22 Anleitungen aus Sammelschriften, die in das 3. Jh. datiert werden, gefolgt von Anlei¬
tungen des 4. Jh. Eine dritte Gruppe bilden die chronologisch wahrscheinlich unmittelbar
vor der ersten Gruppe anzuschließenden Sammelschriften des 2.12. Jh. | 4. Jh., bzw.
273. Jh. | 3. Jh.
Dies spiegelt in etwa die chronologische Häufigkeitsverteilung der 268 hier untersuchten
Anleitungen insgesamt wieder. Anders sieht dies bei den griechischen Anleitungen des
475. oder 5. Jh. | 576. Jh. aus. Angaben zum Beschreibstoff sind hier lediglich in sechs
von 28 Anleitungen dokumentiert, was nicht an einer fragmentarischen Überlieferung
liegt, die Mehrheit der Anleitungen aus diesem Zeitraum ist vollständig oder fast vollstän¬
dig - wenn auch nicht immer verständlich - überliefert. Dies könnte die Tendenz reflektie¬
ren, dass in den griechischen Anleitungen Angaben zum Beschreibstoff an Bedeutung
verlieren und in den koptischen nicht relevant sind. Allerdings ist die überlieferte Anzahl
später Sammelschriften generell geringer.
Zum jetzigen Zeitpunkt lässt sich festhalten, dass Angaben zum Beschreibstoff in grie¬
chischen Sammelschriften ihren Höhepunkt im 3. Jh. haben, im 4. Jh. an Bedeutung
verlieren und dann rasch an Zahl abnehmen. In den späten koptischen Sammelschriften
des 6. und 7. Jh. sind wieder Angaben zum Beschreibstoff überliefert, allerdings in ge¬
ringer Zahl.
Siehe Diagramm 7.1. für eine Übersicht über die chronologische Entwicklung der Anlei¬
tungen mit und ohne Angaben zum Beschreibstoff.
1 Fünf weitere Erwähnungen finden sich in der Liste potentieller schrifttragender Artefakte im Anhang am Ende des
dritten Katalogteils.
67
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Diagramm 7.1. Übersicht über die chronologische Entwicklung der Anleitungen mit und
ohne Angaben zum Beschreibstoff
Diagramm 7.1. Chronologische Entwicklung der Anleitungen mit und ohne Angaben zum Beschreibstoff
und der Artefakte mit Angaben zum Beschreibstoff
1./2. Jh. 2. Jh. 2 . 13 . Jh. 2 . 13 . Jh. | 2 . 13 . Jh. | 3. Jh. 3./4. Jh 4. Jh. 4. Jh. | 4. 475. Jh. 475. Jh. | 4.-6. Jh. 5. Jh. | 576. Jh. 6. Jh. o. 677. Jh. 6.-7. Jh. 7. Jh.
3. Jh. 4. Jh. Jh.? 5. Jh. 576. Jh. ? früher
□ Anleitungen ohne Angaben zum Beschreibstoff ■ Anleitungen mit Angaben zum Beschreibstoff II Anzahl Artefakte mit Angaben zum Beschreibstoff
7.2. Beschreibstoffe
Als Beschreibstoff oder als Zutat eines Beschreibstoffes sind 82 unterschiedliche Sub¬
stanzen überliefert. Diese lassen sich unterteilen in feste und flüssige Stoffe. Im Fol¬
genden werden zunächst diejenigen Beschreibstoffe detailliert erläutert, die mehrfach
überliefert sind. Die Rezepte werden im Anschluss daran gesondert besprochen 2 . Zu¬
letzt werden einige besonders interessante Tintenmischungen vorgestellt. Am Ende des
Kapitels werden in Tabelle 7.1. sämtliche Beschreibstoffe aufgeführt.
7.2.1. Myrrhe
Myrrhe wird am häufigsten als Beschreibstoff genannt 3 , sowohl einzeln (für 41 Artefakte)
als auch in Verbindung mit weiteren Zutaten (für 32 Artefakte). Zu der ersten Gruppe
gehören sieben Seilstücke, die innerhalb derselben Praxis als Dochte verwendet werden
sollen. 4 Die letztere Gruppe enthält 17 individuell zu beschriftende Papyri, die ebenfalls
Teil einer einzigen Praxis darstellen 5 .
66mal erscheint Myrrhe in griechischen Anleitungen, siebenmal in demotischen. In kop¬
tischen Anleitungen ist sie als Beschreibstoff nicht nachweisbar. Dabei ist zu berück¬
sichtigen, dass aus den koptischen Anleitungen ohnehin lediglich in sechs Fällen ein
Beschreibstoff überliefert ist.
2 Siehe auch Hermann Harrauer, Schreibgeräte und Tinte in der Magie, in: Christian Gastgeber, Hermann Harrauer
(Hrsg.), Vom Griffel zum Kultobjekt - 3000 Jahre Geschichte des Schreibgeräts, Wien 2001,20-30. Er schreibt auf S.
21: „Bei der Sichtung des gewonnenen Materials fiel auf, daß keine Tinte so oft vorgeschrieben wird wie Myrrhentinte.
Die Realien lehren aber, daß sie in der Praxis des Schreiballtags nie verwendet wurde. Es fehlen bisher alle Hinwei¬
se.“ Er übersieht bei dieser Aussage allerdings, dass das „gewonnene Material“, das gesichtet und zitiert wurde, aus¬
schließlich aus den griechischen magischen Papyri stammt, Tintenuntersuchungen jedoch bisher an keinem einzigen
magischen Artefakt vorgenommen wurden - unabhängig von seiner Materialität. Über die „Praxis des Schreiballtags“
können die Tintenrezepte aus den magischen Papyri nur insofern Aufschluss geben, wie es die darin beschriebenen
Handlungen betrifft. Das Verfassen literarischer oder dokumentarischer Texte wird dort eben nicht behandelt.
3 Siehe für die Verfügbarkeit von Myrrhe: Lynn R. LiDonnici, Single-Stemmed Wormwood, Pinecones and Myrrh: Ex-
pense and Availabillty of Recipe Ingredients in the Greek Magical Papyri, in: Kernos 14 (2001), 61-91.
4 PGM VII, 593-619 => SAP-G-V-G-048* bis SAP-G-V-G-054*.
5 PGM IV, 2373-2440 => SAP-G-V-G-025* bis SAP-G-V-G-040* und SAP-G-VU0-G-OO3.
68
7- Beschreibstoffe
Der geläufige Terminus in den griechischen Anleitungen ist ^pupvopeAavi oder einfach
£uupvfl, häufig abgekürzt geschrieben in der Form Der demotische Begriff ist ry hl.
Das Spektrum der Materialien, die mit Myrrhentinte oder einer Mischung, die Myrrhe
enthält, beschriftet werden sollten, ist groß und umfasst neben unterschiedlichen or¬
ganischen Materialien in jeweils einem Fall auch Blei 6 und Bronze 7 . Von den mehrfach
überlieferten Schriftträgern werden Papyrus, Leinen, Haut und Lorbeerblätter beschrif¬
tet, aber auch viele der nur ein- oder zweimal überlieferten Materialien werden mit Myr¬
rhe beschriftet.
Myrrhe als Beschreibstoff ist bereits in der frühesten hier untersuchten Sammelschrift
PGM LXXII aus dem 1./2. Jh. überliefert. Die Angabe zur Materialität des Schriftträgers
ist leider nicht sicher rekonstruierbar. Die späteste Überlieferung von Myrrhe als Be¬
schreibstoff findet sich in PGM I und PGM VIII, die in das 4./5. Jh. datiert werden.
Am häufigsten wird Myrrhe im Kontext von Offenbarungszaubern verwendet, dies ist so¬
wohl aus den griechischen wie auch aus den demotischen Anleitungen überliefert. Aus
den griechischen Anleitungen ist sie zudem im Rahmen von Traumsendungen, Herbei¬
führungspraktiken und Zornbannungen mehrfach belegt. Zu den seltener dokumentier¬
ten Verwendungen gehören die Befragung eines Leichnams, die Bannung eines Men¬
schen und nächtliches Ausplaudern, schützende Praktiken wie die Beschriftung eines
Amuletts oder die Zerstörung von Zaubermitteln. Auch für ein Gedächtnismittel und eine
Praxis, die den Wunsch nach Glück und Erfolg äußert, wird Myrrhe als Beschreibstoff
verwendet.
Myrrhe ist ein Baumharz mit geringer Pigmentdichte, und es ist fraglich, welche Far¬
bintensität und -ausprägung Myrrhentinte gehabt haben könnte, wenn keine weiteren
Feststoffe, wie z.B. Ruß, beigefügt wurden. 8
7.2.2. Blut
Blut als Beschreibstoff wird am zweithäufigsten genannt und ist in 25 Anleitungen über¬
liefert, darunter zehnmal im Rahmen eines Tintenrezeptes. Im Gegensatz zu Myrrhe
6 PGM V, 304-369 => SAP-G-VU0l-GZB.g-OO1 V1/2.Von Interesse ist in diesem Zusammenhang der Fund von ca. 40
(?) Defixiones in einem Brunnen im französischen Rom ( Rauranum, Provinz Aquitania), Deux Sevres (zw. Medio-
lanum Santonum (Saintes) und Limovum Pictonum (Poitiers)). Die Fundbeschreibungen weichen voneinander ab.
Audollent (s.u.) schreibt, dass insgesamt ca. 40 unbeschriftete Täfelchen in einem rund 20 m tiefen Brunnen lagen.
Wünsch und Egger (s.u.) schreiben jeweils von „über einem Dutzend“ Tafeln, Wünsch beschreibt sie genauer als teils
gerollte, teils gefaltete, zumeist durchbohrte Bleitafeln, von denen einige noch die Nägel trugen. Die unbeschrifteten
Täfelchen wurden in ca. 10 m Tiefe gefunden, ein durch Gravur beschriftetes in ca. 17 m Tiefe. Die beschriftete Tafel
wird sehr unterschiedlich datiert: Egger, Fluchtafel von Rom (Deux Sevres), in: Sitzungsberichte der Öster. Akad. d.
Wissenschaften, Bd. 240 (Wien, 1962), 3-25: Wende 273. Jh. n. Chr., Audollent (1904), Nr. 109 und 110: 374. Jh. n.
Chr., Wünsch, Neue Fluchtafeln II, in: Rheinisches Museum f. Philologie, NF, LV, 1900, 268ff., Nr. 20: 4. Jh. n. Chr.
Eine mögliche Beschriftung der Tafeln, z.B. mit Tinte, oder ihre Besprechung wurden widersprüchlich diskutiert. Das
Vorkommen einer Praxisanleitung, die die Beschriftung einer Bleitafel mit Myrrhentinte beschreibt, kann hier die Theo¬
rie unterstützen, dass die Defixiones aus Rom/Rauranum beschriftet gewesen sein könnten. Eine sehr gut erhaltene,
mit Tinte beschriftete Bleitafel befindet sich als Beleg für eine solche Praxis zudem in der Papyrussammlung der
Staatlichen Museen Berlin, Inv. nr. P 13 412.
7 PGM IV, 3209-3254 => SAP-G-V-G-001.
8 Das unpublizierte Pergament P.Lips.Inv. 169 in der Leipziger Papyrussammlung wurde mit einer Flüssigkeit beschrif¬
tet, die annähernd durchsichtig ist - oder gänzlich durchsichtig war und erst im Laufe der Jahre sichtbar geworden ist.
http://papyri-leipzig.dl.uni-leipzig.de/receive/UBLPapyri_schrift_00018050.
69
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
kommt es nicht nur in den griechischen und demotischen, sondern auch in den kop¬
tischen Anleitungen vor. Neben der allgemeinen Angabe „Blut“ werden insgesamt 14
unterschiedliche Herkünfte angegeben, darunter auch Menschenblut. Eselsblut, Men¬
schenblut, das Blut einer weißen Taube und das Blut des Wiedehopfes werden mehrfach
erwähnt, die übrigen Nennungen sind einmalig. Verschiedene Arten von Blut werden
nicht miteinander vermischt. Blut als Beschreibstoff ist über einen größeren zeitlichen
Rahmen belegt als Myrrhe, die früheste Anleitung wird in das 2./3. Jh. | 3. Jh., die spä¬
teste in das 7. Jh. datiert.
Am häufigsten überliefert ist Papyrus als Schriftträger für Blut, zweimal aus demotischen
und fünfmal aus griechischen Anleitungen, wobei es sich bei den beiden demotischen
Belegen um dieselbe Praxis mit alternativ beschrifteten Artefakten handelt. Die Beschrif¬
tung von Tierhaut mit Blut ist in zwei unterschiedlichen Anleitungen aus verschiedenen
Sammelschriften belegt, zwei Schilfblätter aus demotischen Praktiken werden ebenfalls
mit Blut beschriftet. Aus zwei griechischen Anleitungen ist jeweils die Beschriftung eines
Eselsschädels und eines Menschenschädels überliefert.
Die Verwendung von Blut als Beschreibstoff findet sich im Kontext von griechischen und
demotischen Traumsendungs-, Herbeiführungs- und Trennungspraktiken. In mehreren
Offenbarungspraktiken, bei einer Herbeiführung einer Seele zur Erfüllung eines Diens¬
tes und zum Bewirken von Schlaflosigkeit tritt es in griechischen Anleitungen auf. Aus
griechischen und koptischen Anleitungen ist Blut als Beschreibstoff zur Beschriftung von
Schutzamuletten überliefert. Das Blut einer weißen Taube soll zusammen mit anderen
Stoffen in einer koptischen Anleitung zu einer guten Singstimme verhelfen.
Die Blutsorten, die in mehreren Anleitungen Vorkommen, werden hier kurz vorgestellt.
Die einmal genannten finden sich in der Liste am Ende des Kapitels.
Eselsblut wird sechsmal genannt, fünfmal in vier unterschiedlichen griechischen
Sammelschriften und einmal in einer demotischen Anleitung. In einerweiteren grie¬
chischen Anleitung wird „Typhonsblut“ als Beschreibstoff angegeben, das als Esels¬
blut interpretiert werden kann. Der chronologische Rahmen ist dabei sehr eng und
umfasst das 2./3. Jh. | 4. Jh. - 4. Jh. Fünf unterschiedliche Schriftträger sind genannt:
Papyrus (2x), eine Muschel, eine Fledermaus, ein Lappen, eine Tierhaut.
Einmal wird p(A[t]ou Tucpcovos, einmal piA-rapiov Tucpcövos als Bestandteil eines
Tintenrezeptes angegeben. Ersteres übersetzt Preisendanz mit „Typhonsblut“ 9 , letz¬
teres mit „Typhonsmennig“ 10 .
Die Verwendung von Taubenblut tritt ausschließlich in koptischen Anleitungen auf
und ist dreimal in drei unterschiedlichen Sammelschriften und Einzelanleitungen aus
dem 6./7. - 7. Jh. nachweisbar. In einem Fall ist der Schriftträger, ein nicht näher
qualifiziertes Gefäß, angegeben.
9 Preisendanz (1973) 2 , 140, 141.
10 Preisendanz (1974) 2 , 64. Erwähnenswert ist hier, dass jaiÄTog in der Antike nicht einheitlich verwendet wurde. Es
kann sich dabei sowohl um Mennig (bleihaltig), als auch um Rötel (nicht bleihaltig) handeln. Siehe dazu auch Plinius,
NH 33.115: "milton vocant Graeci miniumque cinnabarim unde natus error inscitia nominum."
70
7- Beschreibstoffe
Menschenblut wird zweimal in PGM IV aus dem 4. Jh. als Beschreibstoff angegeben.
In einem Fall muss es das Blut eines gewaltsam Verstorbenen sein (Schriftträger:
Lorbeerblatt), in dem anderen das Blut von der Hand oder dem Fuß einer schwan¬
geren Frau (Schriftträger: Papyrus).
Das Blut des Wiedehopfes wird in zwei unterschiedlichen demotischen Sammel¬
schriften als Beschreibstoff genannt, die in das 2./3. Jh. | 3. Jh. und 3. Jh. datiert
werden. Beide Male ist ein Schilfblattzu beschriften. In der potentiell später datierten
Anleitung ist die Angabe des Beschreibstoffes kodiert wiedergegeben. 11
7.2.3. Beifuß
Aus fünf griechischen Anleitungen aus vier Sammelschriften ist Beifuss zur Beschriftung
von insgesamt 21 Artefakten überliefert. Er wird ausschließlich als eine von mehreren
Zutaten in Tintenrezepten erwähnt. Der chronologische Rahmen umfasst dabei das 2./3.
Jh. 14. Jh. bis 4./5. Jh. Als Schriftträger mehrfach belegt ist Papyrus. Mehrere Schilfrohre
und Lorbeerblätter werden jeweils in einer einzelnen Praxis mit einer Beifußmischung
beschriftet, hinzukommen ein Ei und ein Stofflappen. Die überlieferten Kontexte bein¬
halten drei Offenbarungspraktiken, ein Gedächtnismittel und die Gewinnung von berufli¬
chem und privatem Glück und Erfolg.
7.2.4. Zinnober
Aus vier griechischen Anleitungen zu fünf Artefakten ist Zinnober als Beschreibstoff in
drei Sammelschriften überliefert. Einmal tritt er dabei in Verbindung mit anderen Stof¬
fen in einer Tintenmischung auf, viermal wird er als alleiniger Beschreibstoff genannt.
Beschriftet werden mit ihm Papyri, Lorbeerblätter und Lindenbast. In einem Fall dient
Zinnober zur Beschriftung eines Schutzamuletts im Rahmen einer Offenbarungspraxis,
der andere überlieferte Kontext umfasst Glück und Erfolg.
7.2.5. Goldschmiederuß
Die Verwendung von Goldschmiederuss innerhalb einer Tintenmischung ist in drei grie¬
chischen Anleitungen, allesamt aus der in das 4. Jh. datierte Sammelschrift PGM IV,
überliefert. Flachs, ein menschlicher Schädel, ein Stofflappen und drei Schilfrohre sollen
damit beschriftet werden, letztere gehören zu einer einzelnen Praxis, die mehrere Arte¬
fakte involviert. Zwei Praktiken haben eine Offenbarung zum Ziel, die dritte die Herbei¬
führung eines Helfers.
7.2.6. Zwangkraut
Zwangkraut tritt in zwei unterschiedlichen griechischen Anleitungen zur Beschriftung von
11 Louvre E 3229, Kol. 2, 10-29 (Ende der Kol.), Kol. 3, 1 (PDM Suppl. 40-60) => SAP-D-XYAS-D-002.
71
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
fünf Artefakten als Zutat eines Tintenrezepts auf. Beide Anleitungen finden sich in der
in das 4. Jh. datierten Sammelschrift PGM IV. Das Ziel der einen Handlung ist eine
Offenbarung, das der anderen der Schutz des Praktizierenden während der Handlung.
Beschriftet werden drei Schilfrohre (zu derselben Praxis gehörend), ein Räuchergefäß
sowie ein Stofflappen.
7 . 2 . 7 . Gummi
Gummi (köhecos) wird in zwei griechischen Anleitungen in der Sammelschrift PGM XII aus
dem 2./3. Jh. 14. Jh. als Zutat einer Tintenmischung verwendet. Das eine Mal wird ein Ei,
das andere Mal Beifuß, oder alternativ eine Pasitheawurzel, beschriftet. In beiden Fällen
umfasst der inhaltliche Kontext Gunst, Freundschaft und Bewunderung, bzw. Gunst, Er¬
folg und tägliche Wohlfahrt für die Zielperson.
7.2.8. Honig
Honig ist einmal in einer griechischen Anleitung aus dem 4. Jh. und ein weiteres Mal in
einer koptischen Anleitung aus dem 7. Jh. als Beschreibstoff überliefert. In der griechi¬
schen Anleitung dient er als eine von mehreren Zutaten einer Tintenmischung, mit der
ein Perseablatt zur Erhörung des Praktizierenden und für dessen Schutz während der
Praxis beschriftet werden soll. In der koptischen stellt Honig den alleinigen Beschreib¬
stoff für eine Alabastertafel dar. Die Praxis soll die Zielperson mit einer guten Singstimme
ausstatten.
7.2.9. Dattelpalme
Dattelpalme und karische Feigen kommen zweimal in griechischen Anleitungen als Zutat
einer Tintemischung vor. Die Sammelschriften werden in das 4. und 4./5. Jh. datiert.
Beschriftet werden drei Schilfrohre und ein Stofflappen (zu einer Praxis gehörend) und
einmal ein Papyrus. Bei der ersten Praxis handelt es sich um eine Offenbarungspraxis,
bei der zweiten um ein Gedächtnismittel, das im Rahmen einer Offenbarungspraxis ver¬
wendet werden soll.
7.2.10. Andere Beschreibstoffe
Weitere Zutaten sind jeweils nur einmal belegt, ausgenommen sind die Angaben zum
Beschreibstoff in PGM XIII, die sich in zwei nahezu identischen Anleitungen finden und
daher hier nicht als mehrfach vorkommende Zutaten aufgeführt werden 12 .
Abgesehen von Blut und der generellen Bezeichnung „Tinte“ sind noch andere flüssige
Bestandteile des Beschreibstoffs überliefert, alle jedoch einmalig. Dazu gehören Quell-,
12 PGM XIII, 38-53, 61-90, 131-137, 227-228 => SAP-G-VU0-GB.a-OO3 und PGM XIII, 359-363, 383-423, 432-452,
567-600, 603-608, 688-696 => SAP-G-VU0-GB.a-OO2.
72
7- Beschreibstoffe
Regen-, Brunnen- und Kupfervitriolwasser, Wein und weißer Wein, Aschenlauge und
möglicherweise Saft von einem Johannesbrotbaum.
In einem einzigartigen Fall wird nicht nur die Pflanze, die für den Beschreibstoff benötig
wird, näher beschrieben, sondern es wird auch noch detailliert erläutert, wie die Pflanze
erkannt, und wo sie gefunden werden kann:
PGM IV, 798-813, (kein Titel, "Mithras-Liturgie") (4. Jh.)
Transkription und Übersetzung: Preisendanz (1973) 2 , 100, 101.
r) 5e KevTpms ßoTavri cpÜETai cnrö pr|vö<; ttcxüvi ev toTs pepeai Tfjs peAavris yrjs,
öpoia 5e eotiv tco 6 p 0 cp TTEpioTEpEcovi. f) 8e yvcoaia aÜTfis 0ÜTC05 yiyvETar
tßscos TTTEpöv xpiEfon tö dxKpopEAav xaAaa 0 EV tco xuAcp Kai apa T cp öiysfv
ÖTTOTTITTTEI TCX TTTEpOt. TOÜTO TOÜ KUpiOU ÜTToSeI^OCVTOS £ÜpE 0 r] EV TCO |_lEVpAa'lTr)
ev Tfj cpaAaypü upö^ Talg ävaßoAaTs ttAtioiov toü ßr)aa5o5 ßoTavris. eotiv 5e
UovökAcovov Kai TTuppöv äxpi Tf)5 pi^TiS Kai Ta cpüAAa oüAÖTEpa Kai töv Kaptröv
e'Xovto opoiov tco Kopüpßcp äoiTapayou äypiou. eotiv 5e TTapatrArioiov tco
KaAoupiEvcp TaAaTTr), cos tö aypiov oeütAov.
Die Pflanze Kentritis wächst vom Monat Payni an im Gebiet der Schwarzen Erde
und hat Ähnlichkeit mit dem aufrechten Taubenkraut. Erkannt wird sie folgender¬
maßen: wird eine Ibisfeder an der schwarzen Spitze mit ihrem Saft bestrichen
und geweicht, fallen bei der Berührung die Federn ab. Der Herr zeigte sie, und
so wurde sie gefunden im Gau Menelaitis in Phalagry an den Wällen (des Nils),
nahe bei der Pflanze des Besas. Sie ist einschoßig und rotbraun bis zur Wurzel,
und die Blätter sind ziemlich wollig und die Frucht ist ähnlich dem Kopfe des
wilden Spargels. Ähnlich ist sie dem sogenannten Talapes, wie wilder Mangold.
7.3. Rezepte für Beschreibstoffe
ln 18 griechischen, einer demotischen sowie zwei koptischen Anleitungen sind Angaben
für Tintenmischungen überliefert, in einigen Fällen ergänzt durch Gewichtsangaben oder
Zubereitungsanweisungen. Insgesamt liegen damit für 45 der 268 untersuchten Artefak¬
te Rezepte für Beschreibstoffe vor, die in ihrer jeweiligen Genauigkeit, und damit Nach¬
vollziehbarkeit, deutlich voneinander abweichen. Der chronologische Rahmen umfasst
das 2./3. Jh. | 4. Jh. bis 7. Jh. Myrrhe als Bestandteil der Tintenmischung ist in elf der 21
Anleitungen enthalten.
Einige besonders detaillierte und informationsreiche Rezepte werden im Folgenden vor¬
gestellt. In dem ersten Rezept wird der Flüssigkeit ein besonderer Stellenwert beigemes¬
sen:
PGM II, 34-40, (keine Bezeichnung der Praxis überliefert), Ziel: Offenbarung (4. Jh.)
Transkription und Übersetzung: Preisendanz (1973) 2 , 22, 23.
73
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Iotiv 8e To neAav to5e- apüpvav Kai TTEVTESaKTuAov ßoTavriv Kai äpTEpiolav
Kauoas afyjvcös ÄEioTpißrioov Kai xp£>- Aaßcbv kA68ov 5 a<pvris Kai KÜpivov
aiSioiriKov Kai OTpuxvov ßoTavriv öpou TpTyov, Kai üScop Kaivoü ippEaTos
öpuysvT[o]5 npö ppvcdv e' f| evtös etcöv e' rj ö säv KaTaAaß^s goto TTpcÖTTis
ripspas Tfjs öpu^Ecos, ev dyysico öoTpadvcp ävEvsyKcbv Kai spßaAcbv eis tö
üScop Ta TETpippEva, Eaaov etti vüktos pövas y' Kai ETTiKaAoüiiEvos eis tö ous
oou to 5e£iöv ßaAE öAlyov.
Die Tinte: In reinem Zustand verbrenne Myrrhe und Fünffingerkraut und Beifuß,
reibe es klein und benutze es. Nimm einen Lorbeerzweig und äthiopischen Küm¬
mel und Nachtschatten und reibe es zusammen, und Wasser von einem neuen
Brunnen, der gegraben wurde vor fünf Monaten oder in den letzten fünf Jahren,
oder das du gerade triffst nach dem ersten Tag der Grabung, bring in einem
Tongefäß her und wirf das Geriebene in das Wasser und laß es nur drei Nächte
stehn und bei der Anrufung tu ein weniges in dein rechtes Ohr.
Das nächste Rezept beinhaltet Zutaten, die auch für andere Zwecke innerhalb der über¬
geordneten Praxis verwendet werden, u.a. für eine Weihe. Einige der Zutaten werden
zudem explizit bestimmten Gottheiten zugeordnet. Zu anderen Zutaten wird dem Leser
mitgeteilt, von welchem Autor die Angaben stammen. Auch ein literarischer Dieb wird
erwähnt.
PGM XIII, 227-228, Heiliges Buch, genannt "Die Monas"oder "Achtes Buch Moses" vom
geweihten Namen (4. Jh.)
Transkription und Übersetzung: Preisendanz (1974) 2 , 98.
ETTiypdvpEig 5 e to vhpov tcö peAovi tcö 5ia tcöv övSecov tgov C,' <öoTEpcov> Kai
äpconaTcov.
Beschreib das Natron mit Tinte aus den Blüten der sieben <Sterne> und aus den
Gewürzen.
Die sieben Blumen der sieben Sterne werden an früherer Stelle aufgelistet und aus dem
Buch des MavE0cbs zitiert (Zeilen 24-29):
Transkription und Übersetzung: Preisendanz (1974) 2 , 88.
(...) evteüBev ßaoTaoas toc av0r) tcöv C,’ äoTepcov, ä egti oapyoüxivov,
Kplvivov, Acötivov, EpEipuAAivov, vapKiaaivov, AeukoTvov, poSov. toüto Ta äv0ri
TTpö e’ikogi piäs fipiEpag Tfjs teAettis AEioTpißpoov Eig Aeuktiv 0u(av Kai £f|pavov
ev GKia Kai e'xe aÜTOt ETOipa eis T h v f)i-iepav ekeivtiv.
(...) nimm die 7 Blumen der 7 Sterne, das sind: Majoran, Lilie, Lotos, Dichtlaub¬
pflanze (?), Narzisse, Goldlack, Rose. Diese Blüten reib fein 21 Tage vor der
Weihe in einem weißen Mörser und laß es im Schatten trocknen und halt es
bereit für jenen Tag.
74
7- Beschreibstoffe
Auch die Gewürze, die an anderer Stelle als geheime Räucherstoffe bezeichnet werden,
werden näher erläutert (Zeilen 13-20):
Transkription und Übersetzung: Preisendanz (1974) 2 , 88.
ccTTr|pTiG0co 5e f| TpocTTE^cx toTs Emüüpaai T 0 ÜT 015 , ouvyEviKoTs OUOl TOU 0EOÜ -
ek 5e TaÜTris Tfß ßißAiou 'Eppfis kAe^os Ta E 7 n 0 üpaTa C,' TTpooEcpcbvrioEV <ev>
sauTou lEpa ßüßAcp ETTiKaAoupsvfl "FTTEpuyi" - xoO pev Kpövou OTUpa^ (egtiv
yäp ßapüs Kai eücoStis), toO 5e A 105 paAaßa0pov, toO 5e "Apscos köotos, tou
5e 'HAiou Aißavov, xfjs 5e ’AcppoSiTTis vap5os ’IvSikö^, tou Se 'Eppou Kaoia, Tfjs
5e ZsArivris ^pupva. touto eotiv Ta dTTÖKpuq>a ETTi0upaTa.
Der Tisch werde aber vollständig versehen mit den folgenden, der Gottheit we¬
sensverwandten Räucherstoffen (aus diesem Buch hat Hermes gestohlen, als er
die 7 Räucherstoffe benannte in seinem "Flügel" genannten Buch): dem Kronos
Gummiharz (denn es ist schwermachend und wohlduftend), dem Zeus Betel,
dem Ares Kostos, dem Helios Weihrauch, der Aphrodite indische Narde, dem
Hermes Zimmt, der Selene Myrrhe. Das sind die geheimen Räucherstoffe.
Das folgende Rezept zeichnet sich durch seine ungewöhnlichen Zutaten aus:
PGM IV, Ohne Medium gesehene Traumvision mit Anwendung dreier Schilfrohre (4. Jh.)
Transkription und Übersetzung: Preisendanz (1973) 2 , 176, 177.
OKEuf] psAavos, ev cp 5eT ypacpsiv Toug KaAapou 5 Kai tö eAAuxviov äpTEpioia
PovökAcovos, KaTavayKri, öotö <poivkcov NikoAöcov y', KapiKai layaBEs y',
ai0aAri xpuaoxoTKri, 0aAAoi q>o(viKos äpaEviKoü y', äcppös ©aAdtaaris.
Der Tintenstoff, mit dem man die Rohre und den Docht beschriften muß: ein-
schossiger Beifuß, Zwangkraut, Kerne von 3 Nikolaischen Dattelpalmen, 3 Ka-
rische Feigen, Ruß aus der Goldschmiede, 3 Sprossen von einer männlichen
Dattelpalme, Meerschaum.
7.4. Zusammenfassung
Angaben zu einem Beschreibstoff sind in 71 Anleitungen für die Beschriftung von 118
Artefakten überliefert. Sie finden sich über den gesamten Bearbeitungszeitraum verteilt
mit einem deutlichen im Schwerpunkt 3. Jh. Im 4. Jh. werden solche Angaben seltener
und nehmen dann rasch ab. Ein Überlieferungsminimum liegt um das frühe 6. Jh. vor. In
den späten koptischen Sammelschriften des 6.17. Jh. sind Angaben zum Beschreibstoff
wieder belegt, allerdings in geringer Zahl.
82 unterschiedliche Substanzen sind in den Angaben zu Beschreibstoffen überliefert.
Diese lassen sich unterteilen in feste und flüssige Stoffe. Myrrhe wird unter den festen
Stoffen bei Weitem am häufigsten genannt, unterschiedliche Tierblutsorten, auch Men-
75
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
schenblut, unter den flüssigen. An weiteren flüssigen Stoffen sind Quell-, Regen-, Brun¬
nen- und Kupfervitriolwasser, Wein und weißer Wein, Aschenlauge und möglicherweise
Saft von einem Johannesbrotbaum belegt. Auch mit Honig konnte geschrieben werden.
Rezepte für Beschreibstoffmischungen sind in 16 Anleitungen überliefert, ihr chronologi¬
scher Rahmen umfasst das 2./3. Jh. | 4. Jh. bis 7. Jh. Manche Rezepte beinhalten ledig¬
lich die Angaben der Zutaten, in anderen wird eine Mengenanzahl hinzugefügt. Einige
jedoch beinhalten auch Informationen darüber, wie die Stoffe verarbeitet werden sollen,
warum gerade die angegebenen Stoffe verwendet werden, oder in welchem Zustand der
Praktizierende die Zubereitung des Beschreibstoffes vornehmen soll. So erfahren wir in
PGM XIII, dass einzelne Stoffe bestimmten Gottheiten zugewiesen werden, und in PGM
II, dass es für die Zubereitung des Beschreibstoffes wichtig war, sich in einem reinen
Zustand zu befinden.
Tabelle 7.1. Beschreibstoff der Schriftträger
Akazie
Anemone
Artischocke
Aschenlauge
äthiopischer Kümmel
Beifuß
Bethel
Blut (Aal)
Blut (Fledermaus)
Blut (Esel)
Blut (Schlange)
Blut (Siluros)
Blut (Sperber)
Blut (Taube, weiß)
Blut (Wachtel)
Blut (Wiedehopf)
Dattelpalme (nikolaisch, Kerne)
Dattelpalme (männlich Sprossen)
Dichtlaubpflanze?
Lilie
Lorbeer
Distel (ägyptisch)
Erzschmiederuß
Farbe (weiß)
Federn vom Hermes-Ibis
Feigen karisch
Feuerlack
Fichtenzapfen, unberegnet
Flachs
Fünffingerkraut
Gallapfel
Glodschmiederuß
Goldlack
Gross-an-Liebe Pflanze
Gummi
Gummiharz
Hauslaub
Honig
Kalamusextrakt
Kalk, ungelöscht
Kentritis
Kohle aus Weißholz?
Kostos
Kreide
Kupfervitriolwasser
Levkoie
Regenwasser
Rose
Blut (Esel, schwarz)
Blut (Hund, schwarz)
Blut (Hundskopfaffe)
Blut (Kuh oder Ziege oder Esel, alle schwarz)
Blut (Maus)
Blut (Mensch)
76
7- Beschreibstoffe
Lotos
Saft vom Johannesbrotbaum?
Majoran
Sarapispflanze
Meerschaum
Sumach
Mennig
Typhonsmennig
Moschus
Typhonsrötel
Myrrhe
Vitriolerz
Myrrhe verbrannt
Wasser aus einem Brunnen oder Wasserloch
Myrrhenblätter
Weihrauch
Nachtschatten
Wein
Narde
Wein (weiß)
Narzisse
Wermut
Ölbaumblatt
Zimt
Potamogeitonos
Zinnober
Quellwasser
Zwangkraut
77
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
8. Schreibwerkzeuge
Angaben zum Schreibwerkzeug wurden wesentlich seltener vorgenommen als Anga¬
ben zum Schriftträger oder Beschreibstoff 1 . Zu 27 schrifttragenden Artefakten aus 22
Praxisanleitungen ist die Nennung eines Schreibwerkzeugs überliefert. In drei weiteren
Anleitungen ist die Lesung unsicher 2 .
Überliefert sind Schreibwerkzeuge aus den griechischen (24x), und in geringem Umfang
aus den koptischen Anleitungen (3x), nicht jedoch aus den demotischen. Die früheste
Erwähnung datiert in das 2./3. Jh. | 4. Jh., die späteste in das 6./7. Jh. Allein zehn der
insgesamt 27 Angaben finden sich in der Sammelschrift PGM VII aus dem 3. Jh.
Am häufigsten genannt wird in den griechischen Anleitungen der Erzgriffel (16x). Zwei¬
mal soll mit einer Erznadel geschrieben werden, ein Kupfergriffel und eine Kupfernadel
werden je einmal angegeben. Ein Schreibrohr aus organischem Material ist einmal si¬
cher, einmal unsicher überliefert, hinzukommt eine fragmentarische Stelle, an der eine
Pinne erwähnt wird. Das ungewöhnlichste Schreibwerkzeug ist ein Edelstein, mit dem
ein Goldtäfelchen graviert werden soll.
In einigen Fällen wird das Schreibgerät näher qualifiziert. Zwei der Erzgriffel sowie der
Kupfergriffel sollen kaltgeschmiedet sein. Die beiden Erznadeln müssen kopflos sein.
Der Kupfernagel bringt eine Herausforderung an den Praktizierenden mit, er soll von ei¬
nem gestrandeten Fahrzeug genommen werden. 3 Das bekannteste überlieferte Beispiel
eines Nagels aus einem instrumentalen Kontext ist der Nagel aus dem sogenannten
„Zaubergerät“ aus Pergamon. 4 Er ist vierkantig gearbeitet und auf allen vier Seiten mit
Zauberzeichen beschriftet. Auffällig ist, dass zwei der vier Kanten starke Gebrauchsspu¬
ren aufweisen, die durch das Einschlagen in hartes Holz entstehen können. Bei einer
Untersuchung der Gravuren stellte sich jedoch heraus, dass die Grate an den Zeichen
noch erhalten sind, die Beschriftung also über den Gebrauchsspuren graviert und der
Nagel danach nicht mehr Eingeschlagen wurde. Uwe Peltz, Restaurator an den Staatli¬
chen Museen Berlin, untersuchte den Nagel näher und gelangte zu dem Schluss, dass
die Bearbeitungsspuren künstlich hergestellt wurden und nicht durch tatsächlichen Ge¬
brauch verursacht worden sein können. Zwei zentrale Fragen werfen diese Untersu¬
chungsergebnisse in Bezug auf die hier besprochenen Schreibgeräte auf: Könnte es
sich bei dem Nagel um ein Instrument handeln, das nicht zum Einschlagen in eine Wand,
1 Harrauer (2001), 15, schreibt zu den dokumentarischen Papyri aus der ptolemäischen Zeit bis zum Beginn des 8.
Jhds.: „Erstaunlich ist, dass die Papyrusquellen nur mit ganz spärlichen Quellen aufwarten, in denen ein Kalamos
erwähnt wird. Man wird daraus den Schluß zu ziehen haben, daß der Kalamos so selbstverständlich war und in so un¬
beschränktem Ausmaß zur Verfügung stand, daß über ihn zu schreiben kaum Anlaß und Notwendigkeit bestand. Auf
jeden Fall stehen die reellen Funde von Kalamoi in keiner Relation zu ihrer Erwähnung in den schriftlichen Quellen.
Es gibt in den meisten größeren Papyrussammlungen mehr als ein derartiges Relikt der antiken Schreibertätigkeit.
Nur wenige Stellen erwähnen das Schreibgerät.“ Harrauer zitiert im Folgenden 16 Quellen aus dem 2. Jh. v. Chr. bis
zum 6. Jh. n. Chr. Die Quellen aus den mag. Pap. berücksichtigt er in diesem Kapitel nicht. Diese werden gesondert
betrachtet (s. auch Anm. 2).
2 Harrauer (2001), 30 zitiert in seiner Liste der Griffel PGM XXXVI, 179 ff., dort ist jedoch keine Angabe zu einem
Schreibwerkzeug überliefert, es wird lediglich angewiesen, in Blei zu ritzen, nicht jedoch, womit.
3 Nägel, die magischen Kontexten zugeordnet werden können, sind häufiger überliefert, s. Gabriella Bevilacqua, Chiodi
magici, in: Archaeologia Classica 52 (2001), 129-150.
4 Wünsch (1905); für Photographien s. Dzwiza (2011).
78
8 - Schreibwerkzeug
sondern zum Schreiben verwendet wurde? Weist die Angabe, einen gebrauchten Nagel
von einem gestrandeten Fahrzeug zu verwenden, eventuell darauf hin, dass der Nagel
aus Pergamon eine solche - oder zumindest in diese Richtung deutende - Herkunft de¬
monstrieren sollte?
Mit den Metallgriffeln und -nadeln werden vor allem Metalltäfelchen beschriftet, doch
sie werden auch für zwei Ostraka und einen Ziegel verwendet. Schreibrohr und Pinne
dienen der Beschriftung von Papyrus und Lorbeer.
Sehr ungewöhnlich sind Angaben zum Zustand des Praktizierenden während des
Schreibvorgangs. Abschließend sei einer dieser seltenen Belege im Wortlaut vorgestellt:
PGM XIII, 1002-1007 (keine Bezeichnung der Praxis überliefert), Ziel: mehrere, abhän¬
gig von weiteren Handlungen; Schutz, Herr über Schrecknis und Zorn, Unbesiegbarkeit
(4. Jh.)
Transkription und lautliche Wiedergabe der voces magicae: Preisendanz (1974) 2 , 129.
Aaßcbv xpvonv AettiBoc f| apyupTjv x G P aGG£ öcSapavTivcp A\ 0 cp tous
UTTOKEliaEVOU<S> X a P aicr nP a S TOUS CX(p0EKTOU$. 6 5 e X a P GGGCOV OCUTCX EOTCO
Kcc0apös cxttö TTaaris äKoc0apGias, eotepuevos Tag X £ ^P a S öcKpa^ovTi
GTEcpavcp apa etti0ucov Aißavov.
Nimm ein goldenes oder silbernes Blatt, ritze darauf mit Edelstein die untenfol¬
genden unaussprechlichen Charaktere; doch soll, wer es einritzt, frei sein von
jeder Unreinheit und seine Hände geschmückt haben mit einem Blütenkranz,
während er Weihrauch inszensiert.
Auch in einer Beschreibung der Zubereitung eines Beschreibstoffes ist die Anweisung
enthalten, dass der Praktizierende rein sein soll. 5
5 PGM II, 34-40
79
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
9. Beschriftung der Artefakte
9.1. Übersicht
Die Beschriftung eines Artefakts besteht aus mindestens einem Element aus einer der
drei Hauptbeschriftungsgruppen „Schrift“ (S), „Bild“ (B) oder „Zeichen“ (Z). Elemente aus
sämtlichen drei Gruppen können miteinander kombiniert werden, so dass insgesamt
sieben unterschiedliche übergeordnete Beschriftungsmuster auftreten: S - B 1 - Z - SB -
SZ - BZ- SBZ.
In die Gruppe „S“ werden Beschriftungen einsortiert, die ausschließlich verschriftlichte
Sprache enthalten. Die ihr zugeordneten Elemente werden unterteilt in die zehn Grup¬
pen "Name", „Namen“, "vox magica", „voces magicae“, „Vokale“, „Anrufung“, „Forde¬
rung“, „Identitätssatz“, „Homerversen“ und "individuelle Elemente". Weitere Elemente
sind in der Regel Bestandteil der Forderung oder der Anrufung. Von einer tiefergehen¬
den Unterteilung wurde an dieser Stelle abgesehen.
Die Trennung zwischen „voces magicae“ und „Namen“ erfolgte erstmals umfangreich in
Preisendanz (1941). Es handelt sich um eine zeitgenössische Kategorisierung; ob auch
in der Antike entsprechend differenziert wurde und sich eine solche Differenzierung über
die Beschriftungsangaben nachweisen lässt, werden die folgenden Untersuchungen zei¬
gen.
Unter „Anrufung“ wird hier jede Form der direkten Ansprache einer höheren Macht durch
den Praktizierenden verstanden. Diese Ansprache erfolgt mittels einer Verbform der 1.
Pers. Sing., z.B. Dich rufe ich an (oe kccAgö) oder Ich beschwöre Dich (e^opid^co oe).
Unter „Forderung“ wird die Formulierung des Auftrags an die höhere Macht verstanden.
„Identitätssätze“ treten als Beschriftungselemente in der 1. Pers. Sing., der 2. Pers. Sing,
und PI. und der 3. Pers. Sing. auf.
In einigen Anleitungen hat der Praktizierende die Möglichkeit, neben einer vorgege¬
benen Beschriftung individuelle Elemente hinzuzufügen, und in seltenen Fällen kann
die Beschriftung vollständig individuell gestaltet werden 2 . Vollständig individuell zu be¬
schriftende Artefakte werden von den Detailuntersuchungen ausgeschlossen, da ihre
Beschriftung im Einzelnen nicht rekonstruierbar ist. Ihr Vorkommen an sich wird in der
Auswertung berücksichtig. Beschriftungen, die teilweise individuell zu gestalten sind,
werden als "individuelle Angaben" in die folgenden Untersuchungen mit einbezogen.
Die Gruppe „B“ wird unterteilt in „figürliche Darstellungen“, „gegenständliche Darstel¬
lungen“ und „geometrische Darstellungen“. Die Untergruppe „figürliche Darstellungen“
kann wiederum differenziert werden in „anthropomorphe Darstellungen“, „Tierdarstel-
1 Ausschließlich bildhaft beschriftete Artefakte werden separat in einer Liste am Ende von Katalogteil 3 aufgeführt und
nicht im Detail besprochen.
2 Im Katalog mit dem Buchstaben „I“ gekennzeichnete Datensätze.
80
9 - Beschriftung der Artefakte: Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe SZ
lungen“ und „Körperteile“ 3 . Die Untergruppe "geometrische Darstellungen" enthält die
Elementgruppen "Kreise", "Dreiecke", "Quadrate" und "Rechtecke". Die Untergruppe
"gegenständlich" umfasst Elemente, die eindeutig Gegenstände darstellen.
Die Gruppe „Z“ umfasst die Zauberzeichen. Diese werden anhand formaler Kriterien in
neun Gruppen unterteilt, die im Kapitel 9.3. "Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe Z"
erläutert werden.
Siehe Tabelle 9.1. für eine Übersicht über die Elementgruppen innerhalb der drei Be¬
schriftungsgruppen.
Tabelle 9.1. Übersicht über die den drei Beschriftungsgruppen S, Z und B untergeordneten
Elementgruppen
s
Z
B
vox magica
Gl Kringel
B.a anthropomorphe
Darstellungen
voces magicae
G2 Kugeln
B.t Tierdarstellungen
Name
G3 Punkte
B.p Körperteile
Namen
G4 geschlossene El¬
emente
B.g geometrische Darstel¬
lungen
Vokale
G5 separate Striche
B.o gegenständliche
Darstellungen
Forderung
G6 Elemente
Anrufung
G7 kleine Elemente
Identitätssatz
G8 Hieroglyphen
individuelle Angaben
Gu unklar
Homerverse
Im Folgenden wird das Vorkommen der einzelnen Beschriftungsgruppen und ihrer Be¬
schriftungselemente untersucht. Dabei stehen fünf Fragen im Zentrum, die jeweils einen
eigenen Themenkomplex umfassen:
1) . Wie sieht das individuelle und vergesellschaftete Vorkommen der Beschrif¬
tungselemente aus?
2) . Welche Schriftträger wurden verwendet, und lassen sich Verbindungen zwi¬
schen Beschriftungselement/en und Schriftträger hersteilen?
3) . Welche Funktionen werden genannt, und treten ausgewählte Beschriftungs¬
elemente ausschließlich im Kontext ausgewählter Funktionen auf?
4) . Wie werden einzelne Beschriftungselemente bezeichnet, und werden die Be¬
zeichnungen elementgruppenspezifisch oder elementgruppenübergreifend
verwendet?
5) . Wie werden autark zu verwendende Artefakte 4 beschriftet, und unterscheidet
sich ihre Beschriftung von der Beschriftung der übrigen Artefakte?
3 Siehe im Katalogteil unter „Definitionen“ für die unterschiedlichen Bezeichnungen der Katalogdatensätze.
4 Im Folgenden werden autarke Artefakte auch als P-Artefakte bezeichnet, da ihre Herstellung und Handhabung die
gesamte Praxis konstituieren.
81
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Ziel der Untersuchungen ist es, Aufschluss über mögliche Zusammenhänge zwischen
Beschriftungselementen, Schriftträgern, Funktionen und Handhabungsformen der Ar¬
tefakte zu gewinnen. Die Ergebnisse sollen dazu beitragen, ein klareres Bild von der
antiken Verschriftlichungspraxis einerseits, und den verschriftlichen Vorstellungsräumen
andererseits zeichnen zu können.
Die sechs Beschriftungsmuster S, Z, SZ, SB, ZB und SZB werden der Reihe nach vor¬
gestellt. In Tabelle 9.2. ist die Anzahl der eindeutig zu rekonstruierenden Beschriftungen
innerhalb dieser sechs Gruppen zusammen mit der Anzahl der Sammelschriften sowie
deren Überlieferungszeitraum angegeben.
Tabelle 9.2. Anzahl der eindeutig zu rekonstruierenden Beschriftungen innerhalb der sechs
untersuchten Beschriftungsgruppen
Beschriftungs¬
gruppe
S
Z
SZ
SB
ZB
SZB
Anzahl Artefakte
93
18
15
18
2
7
Anzahl
Sammelschriften
21
10
7
10
2
4
Datierung
1 .12. Jh. -
5. Jh. | 5./6.
Jh.
2./3. Jh. | 3.
Jh.-5. Jh. |
5./6. Jh.
2./3. Jh. | 3.
Jh. -6. Jh.
oder früher
2./3. Jh. | 3.
Jh. -4./5.
Jh.
3. Jh. -4.
Jh.
3. Jh. -6.
Jh. oder
früher
82
9 - Beschriftung der Artefakte: Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe S
9.2. Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe S
9.2.1. Übersicht Gruppe S
155 Artefakte sollen ausschließlich mit Elementen der Beschriftungsgruppe S beschriftet
werden. Die entsprechenden Anleitungen sind in 31 Sammelschriften aus dem Zeitraum
des 1./2. bis 677. Jh. überliefert. 128 Artefakte sind in griechischen, 16 in demotischen
und 11 in koptischen Anleitungen belegt.
In sechs der 155 Anleitungen wird eine vollständig individuelle Beschriftung vorgege¬
ben, so dass einzelne Beschriftungselemente nicht rekonstruiert werden können. In 15
Anleitungen ist die Beschriftung zwar bezeichnet, jedoch teilweise oder vollständig nicht
mit überliefert, und sie lässt sich auch nicht anhand der Angaben rekonstruieren. Die Be¬
schriftungsangaben in weiteren 38 Anleitungen sind nicht eindeutig zu interpretieren, so
dass unklar bleiben muss, welche der Angaben aufgeschrieben, und welche gesprochen
werden sollen. Bei zwei nur fragmentarisch erhaltenen Anleitungen ist die Bestimmung
der Beschriftungselemente ebenfalls unklar. Eine Anleitung wurde durchgestrichen und
es ist ungewiss, ob sie vollständig überliefert wurde. In sämtlichen Fällen ist klar, dass
die Beschriftung keine Elemente der Gruppen „B“ oder „Z“ enthält. Von den weiteren
Untersuchungen werden diese Artefakte dennoch ausgeschlossen, da ihre Beschriftung
nicht vollständig rekonstruierbar ist.
Es bleiben 93 Beschriftungen, die eindeutig rekonstruiert und der Gruppe „S“ zugeord¬
net werden können. Sie bilden die Grundlage für die folgenden Untersuchungen. Die
dazugehörigen 72 Anleitungen 1 wurden in 21 Sammelschriften des 172. Jh. bis 5. Jh. |
576. Jh. aufgeschrieben. 69 der Anleitungen wurden in Griechisch verfasst, drei in De¬
motisch. In keiner koptischen Anleitung wird ein Artefakt ausschließlich mit Elementen
der S-Gruppe beschriftet. Die Sprache der Anleitungen kann von der Sprache der Be¬
schriftung abweichen, so sollen zwei Artefakte aus griechischen Anleitungen in Koptisch
beschriftet werden 2 , in einer demotischen Anleitung wird eine griechisch-hieratische Be¬
schriftung vorgegeben 3 .
Insgesamt werden 88 Artefakte in Griechisch beschriftet, zwei in Demotisch, zwei in
Koptisch und eins in Griechisch-Hieratisch.
9.2.1. Individuelles und vergesellschaftetes Vorkommen der Beschriftungsele¬
mente der Gruppe S
Die Beschriftungselemente der zehn Elementgruppen der S-Gruppe treten sowohl elem¬
entgruppenspezifisch, als auch elementgruppenübergreifend auf. Die komplexeste Ver¬
gesellschaftung besteht dabei aus sechs unterschiedlichen Elementgruppen. Teilt man
1 Einmal werden 16 Papyrusartefakte, ein anderes Mal sieben Seilstücke innerhalb einer Praxis beschriftet.
2 SAP-G-V-K-001, SAP-G-X-K-001.
3 SAP-D-V-GH-001.
83
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
die Beschriftungsmöglichkeiten eines Artefakts entsprechend der Anzahl der verwende¬
ten Elementgruppen in Gruppen ein, so erhält man die sechs Gruppen S1 bis S6.
Die größte der sechs Gruppen bilden Beschriftungen, die aus einem oder mehreren
Elementen derselben Elementgruppe bestehen (41), Kombinationen aus zwei Element¬
gruppen folgen (24). Drei Elementgruppen treten in 14 Fällen auf, vier Elementgruppen
in sieben, fünf in zwei und sechs Elementgruppen in fünf Fällen. Insgesamt ist die Grup¬
pe der Beschriftungen, die aus mehr als einer Elementgruppe bestehen, größer als die
Gruppe, die aus einer einzelnen Elementgruppe besteht.
Innerhalb der Gruppe der 93 vollständig zu rekonstruierenden Beschriftungsangaben
treten voces magicae als häufigstes Beschriftungselement auf (59), gefolgt von Namen
(30), einem einzelnen Namen (23), einer Forderung (24), Vokalen (19), einer teilweise
individuellen Beschriftung (12), einer einzelnen vox magica (10), einem Identitätssatz
(10), einer Anrufung (8), einer vollständig individuellen Beschriftung (6) und Flomerver-
sen (4). 4 Diese Werte finden sich in den nächsten Tabellen als linker Wert wieder.
Voces magicae und Namen sind die beiden am häufigsten verwendeten Beschriftungs¬
elemente innerhalb der S-Gruppe. Das Niederschreiben einer Forderung stellt das
dritthäufigste Element dar.
Das Auftreten der einzelnen Beschriftungselemente und deren Kontextualisierung mit
der Materialität der Schriftträger, der Artefaktfunktionen und der autarken oder eingebun¬
denen Verwendung eines Artefakts, wird im Folgenden vorgestellt und erläutert.
9.2. 1.1. Individuell auftretende Beschriftungselemente (S1)
41 Artefaktbeschriftungen bestehen aus einem oder mehreren Elementen einer einzel¬
nen Elementgruppe. Die dazugehörigen Anleitungen finden sich in elf unterschiedlichen
Sammelschriften aus dem 2./3. Jh. | 4. Jh. und 5. Jh. | 5./6. Jh. 40 der Anleitungen wur¬
den in Griechisch geschrieben, eine in Demotisch.
Voces magicae treten 18x auf, ein einzelner Name zehnmal, Vokale viermal. Eine ein¬
zelne vox magica tritt dreimal auf, Homerverse werden ebenfalls dreimal ohne weitere
Beschriftungselemente verwendet, Namen zweimal, eine Forderung einmal.
Anrufungen und Identitätssätze sind in dieser Gruppe nicht nachweisbar, beide Elemen¬
te treten ausschließlich in vergesellschafteter Form auf, was schlicht in ihrer Natur liegt.
Fasst man die vier Elemente vox magica, voces magicae, Name und Namen zusammen,
dann bilden sie die größte Gruppe der allein auftretenden Beschriftungselemente (33).
In Tabelle 9.3. werden das Gesamtvorkommen und das alleinige Vorkommen der einzel¬
nen Beschriftungselemente einander gegenübergestellt.
4 Häufigkeitsverteilung innerhalb der Gesamtgruppe der 155 Anleitungen: voces magicae (73), Namen (44), einzelner
Name (31), Forderung (27), Vokale (25), teilweise individuelle Beschriftung (15), einzelne vox magica (13), Anrufung
(10), Identitätssatz (10), Homerversen (4).
84
9 - Beschriftung der Artefakte: Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe S
Tabelle 9.3. Gesamtvorkommen (linker Wert) und individuelles Auftreten (rechter Wert) der
untersuchten Elementgruppen (sortiert nach Häufigkeit des alleinigen Auftretens)
voces
magicae
Name
Vokale
vox magica
Homerverse
Namen
Forderung
individuelle
Angaben
Iden¬
titätssatz
Anrufung
59/18
23/10
19/4
10/3
4/3
30/2
24/1
12/- (6)
10/-
8/-
9.2.1.2. Vergesellschaftet auftretende Beschriftungselemente
Kombination aus zwei Beschriftungselementen (S2)
Kombinationen aus Elementen aus zwei unterschiedlichen Elementgruppen sind 24x
überliefert. Das häufigste Beschriftungselement stellen - wie schon bei der Gruppe der
individuell auftretenden Beschriftungselemente - voces magicae dar (18). Namen treten
achtmal in Kombination mit einem weiteren Element auf, eine Forderung und ein einzel¬
ner Name je fünfmal. Vokale und eine einzelne vox magicae werden je viermal zusam¬
men mit einem weiteren Beschriftungselement verwendet, ein Identitätssatz tritt zweimal
in einer Zweierkombination auf, ebenso das Element der individuellen Angaben.
Auch bei Beschriftungen aus zwei Beschriftungselementen bilden die Elemente voces
magicae, vox magica, Name und Namen zusammengenommen die größte Gruppe (35).
Am häufigsten nachweisbar ist die Kombination aus einer vox magica oder voces magi¬
cae mit einem oder mehreren Namen. Hier zeigt sich bereits, dass beide Gruppen eng
miteinander verbunden sind. Eine Forderung tritt entweder zusammen mit voces magi¬
cae oder mit Namen auf, Vokale mit voces magicae oder einer einzelnen vox magica.
Auch die beiden Identitätssätze treten in Kombination mit voces magicae auf.
Es stellt sich heraus, dass keine Zweierkombination ohne eines der Elemente „vox ma¬
gica“, „voces magicae“, Name oder „Namen“ vorkommt. In Tabelle 9.4. werden das Ge¬
samtvorkommen und das vergesellschaftete Auftreten einer Elementgruppe mit einer
weiteren Elementgruppe dargestellt.
Tabelle 9.4. Gesamtvorkommen (linker Wert) und Auftreten mit einer weiteren Element¬
gruppe (rechter Wert) (sortiert nach Häufigkeit des Auftretens in einer Zweiergruppe)
voces
magicae
Namen
Forderung
Name
Vokale
vox magica
Iden¬
titätssatz
individuelle
Angaben
Anrufung
Homerverse
59/18
30/8
24/5
23/5
19/4
10/4
10/2
12/2
8/-
4/-
Kombination aus drei Beschriftungselementen (S3)
Die Kombination aus Elementen aus drei unterschiedlichen Elementgruppen tritt 14x
auf. Voces magicae und Namen kommen je zehnmal vor, eine Forderung fünfmal, ein
einzelner Name und Vokale je viermal. Ein Identitätssatz und individuelle Angaben kom¬
men je dreimal vor, eine einzelne vox magica zweimal und ein Homervers einmal. Anru¬
fungen sind in dieser Kombinationsgruppe nicht nachweisbar.
85
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Wie bereits bei den beiden zuvor besprochenen Gruppen S1 und S2, bilden auch hier
die Elemente voces magicae, vox magica, Namen und Name zusammen die größte
Gruppe mit 26 Vorkommen. Sie stellen zudem die vier am häufigsten miteinander verge¬
sellschafteten Elemente dar. In zwölf der 14 Beschriftungen treten zwei der drei Elemen¬
te gemeinsam auf. Damit liegt ein weiterer Beleg für ihre enge Verbindung vor. Lediglich
zweimal treten Namen zusammen mit einer Forderung und einem Identitätssatz und
ohne voces magicae oder eine vox magica auf.
In Tabelle 9.5. werden das Gesamtvorkommen und das vergesellschaftete Auftreten
einer Elementgruppe mit zwei weiteren Elementgruppen dargestellt.
Tabelle 9.5. Gesamtvorkommen (linker Wert) und Auftreten mit zwei weiteren Element¬
gruppen (rechter Wert) (sortiert nach Häufigkeit des Auftretens in einer Dreiergruppe)
voces
magicae
Namen
Forderung
Name
Vokale
individuelle
Angaben
Iden¬
titätssatz
vox magica
Homerverse
Anrufung
59/10
30/10
24/5
23/4
19/4
12/3
10/3
10/2
4/1
8/-
Kombination aus vier Beschriftungselementen (S4)
Eine Kombination aus vier Elementgruppen tritt siebenmal auf. Die Häufigkeitsvertei¬
lung verschiebt sich hierbei gegenüber der Häufigkeitsverteilung der Gruppen S1 - S3:
eine Forderung tritt ebenso häufig auf wie voces magicae, je sechsmal. Namen werden
viermal in einer Viererkombination verwendet, ein einzelner Name und Vokale je drei¬
mal, ein Identitätssatz und eine Anrufung je zweimal und individuelle Angaben sowie
eine Anrufung je einmal.
Zusammengenommen bilden auch hier wieder - trotz der Häufigkeitsverschiebung - vo¬
ces magicae, vox magica, Namen und Name mit 14 Vorkommen die größte Gruppe. In
jeder der sieben Beschriftungen sind zudem zwei der vier Elemente voces magicae/vox
magica und Namen/Name vertreten. Zweimal kommt eine Anrufung vor, beide Male in
Verbindung mit einer Forderung. Einer der beiden Identitätssätze tritt ebenfalls in Ver¬
bindung mit einer Forderung auf, der andere in Verbindung mit Vokalen. In Tabelle 9.2.4.
In Tabelle 9.6. werden das Gesamtvorkommen und das vergesellschaftete Auftreten
einer Elementgruppe mit drei weiteren Elementgruppen dargestellt.
Tabelle 9.6. Gesamtvorkommen (linker Wert) und Auftreten mit drei weiteren Elementgrup¬
pen (rechter Wert) (sortiert nach Häufigkeit des Auftretens in einer Vierergruppe)
voces
magicae
Forderung
Namen
Name
Vokale
Iden¬
titätssatz
Anrufung
individuelle
Angaben
vox magica
Homerverse
59/6
24/6
30/4
23/3
19/3
10/2
8/2
12/1
10/1
4/-
Kombination aus fünf Beschriftungselementen (S5)
Die Kombination von Elementen aus fünf unterschiedlichen Elementgruppen tritt ledig-
86
9 - Beschriftung der Artefakte: Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe S
lieh zweimal auf. Die Elemente voces magicae, Namen, Forderung und Anrufung treten
in beiden Fällen gemeinsam auf, einmal ergänzt durch Vokale, das andere Mal durch
individuelle Angaben. In dieser Gruppe treten die Elemente voces magicae und Namen
einerseits, und die Elemente Forderung und Anrufung andererseits - oder anders ge¬
sagt: Auflistung gegenüber Satz - gleichwertig nebeneinander auf. In Tabelle 9.7. werden
das Gesamtvorkommen und das vergesellschaftete Auftreten einer Elementgruppe mit
vier weiteren Elementgruppen dargestellt.
Tabelle 9.7. Gesamtvorkommen (linker Wert) und Auftreten einer Elementgruppe mit vier
weiteren Elementgruppen (rechter Wert) (sortiert nach Häufigkeit des Auftretens in einer Fün¬
fergruppe)
voces
magicae
Namen
Forderung
Anrufung
Vokale
individuelle
Angaben
Name
Iden¬
titätssatz
vox magica
Homerverse
59/2
30/2
24/2
8/2
19/1
12/1
23/-
10/-
10/-
4/-
Kombination aus sechs Beschriftungselementen (S6)
Die Kombination aus sechs unterschiedlichen Beschriftungselementen tritt fünfmal auf.
Enthalten sind in allen fünf Fällen voces magicae, eine Forderung, ein oder mehrere Na¬
men sowie die Möglichkeit, die Beschriftung individuell zu ergänzen. Viermal ist zudem
eine Anrufung Bestandteil der Beschriftung, je dreimal Vokale und ein Identitätssatz.
Vokale, Anrufung und Identitätssatz schwanken in ihrer Zusammensetzung.
Die Verwendung von sechs unterschiedlichen Beschriftungselementen, von denen drei
identisch, ein weiteres aus einem oder mehreren Namen besteht und zwei variabel sind,
ist kein chronologisches oder sammelschriftspezifisches Phänomen, sondern tritt in vier
unterschiedlichen Sammelschriften auf, die zwischen das 2./3. Jh. | 4. Jh. und 4. Jh.
datiert werden.
Die Beschriftungsgruppe mit sechs unterschiedlichen Beschriftungselementen ist die
einzige Gruppe, in der die Elemente voces magicae, Forderung und individuelle Anga¬
ben gleichhäufig auftreten. Nimmt man voces magicae und Namen einerseits und An¬
rufung und Forderung andererseits zusammen, stehen beide Formen der Beschriftung
-Auflistung und Satz - wie bereits in der vorherigen Gruppe gleichwertig nebeneinander.
In Tabelle 9.8. werden das Gesamtvorkommen und das vergesellschaftete Auftreten ei¬
ner Elementgruppe mit fünf weiteren Elementgruppen dargestellt.
Tabelle 9.8. Gesamtvorkommen (linker Wert) und Auftreten mit fünf weiteren Elementgrup¬
pen (rechter Wert) (sortiert nach Häufigkeit des Auftretens in einer Sechsergruppe)
voces
magicae
Forderung
individuelle
Angaben
Namen
Anrufung
Vokale
Iden¬
titätssatz
Name
vox magica
Homerverse
59/5
24/5
12/5
30/4
8/4
19/3
10/3
23/1
10/-
4/-
Siehe Tabelle 9.9. für eine Gesamtübersicht über das Vorkommen und die Verteilung der
Beschriftungselemente der Gruppe S.
87
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Tabelle 9.9. Gesamtübersicht: Vorkommen und Verteilung der Beschriftungselemente der
Gruppe S
Abkürzungen: vm = vox magica, vm+ = voces magicae, N = Name, N+ = Namen, Vo = Vokale,
F = Forderung, ID = Identitätssatz, A = Anrufung, ind = individuelle Angaben, H = Homerverse.
Katalognummer
vm,
vm+
N, N+
F
A
ind
Vo
ID
H
Sammelschrift
Datierung
SAP-G-VUI-G-003
1
1
1
1
1
1
4. Jh.
SAP-G-VUI-G-004
1
1
1
1
1
1
3. Jh.
SAP-G-VUI-G-006
1
1
1
1
1
1
2./3. Jh. | 4. Jh.
SAP-G-VUI-G-008
1
1
1
1
1
1
4. Jh.
SAP-G-XI-G-001
1
1
1
i
1
3. Jh.
SAP-G-X-G-004
1
1
i
,
2./3. Jh.
SAP-G-V-G-058
1
1
i
3. Jh.
SAP-G-V-G-020
1
1
i
i
2./3. Jh. | 4. Jh.
SAP-G-VUI-G-009
1
1
i
1
1
1
273. Jh. | 4. Jh.
SAP-G-VUI-G-010
1
1
1
1
4./5. Jh.
SAP-G-V-G-007
1
1
1
1
4. Jh.
SAP-G-X-G-003
1
1
1
1
4. Jh.
SAP-G-V-G-009
1
1
1
1
4. Jh.
SAP-G-V-G-063
1
1
1
4. Jh.
SAP-G-V-G-017
1
1
i
3. Jh.
SAP-G-V-G-024
1
1
1
3. Jh.
SAP-G-VUI-G-001
1
1
i
3. Jh.
SAP-G-VUI-G-007
1
1
4. Jh.
SAP-G-VUI-G-005
1
1
i
4. Jh. | 4. Jh.?
SAP-G-V-G-002
1
1
1
1
273. Jh. | 4. Jh.
SAP-G-V-G-001
1
1
1
4. Jh.
SAP-G-V-G-060
1
1
1
3. Jh.
SAP-G-V-G-043
1
1
1
4./5. Jh.
SAP-G-V-G-056
1
1
1
4. Jh.
SAP-G-V-G-012
1
1
i
4. Jh.
SAP-G-V-G-062
1
1
4. Jh.
SAP-G-V-G-016
1
1
4. Jh.
SAP-G-V-G-010
1
1
4./5. Jh.
SAP-G-V-G-022
1
1
3. Jh.
SAP-G-V-G-005
1
1
4. Jh.
SAP-G-V-G-040*
1
1
4. Jh.
SAP-G-V-G-018
1
1
1
4. Jh.
SAP-G-V-G-013
1
1
4. Jh.
SAP-G-V-G-015
1
1
4. Jh.
SAP-D-V-GH-001
1
1
3. Jh.
SAP-G-V-G-004
1
1
4. Jh. | 4. Jh.?
SAP-G-V-G-059
1
1
3. Jh.
SAP-G-V-G-061
1
1
4. Jh.
SAP-G-X-G-007
1
1
2. Jh.
SAP-G-X-G-006
1
1
4. Jh.
SAP-G-V-G-041
1
4. Jh.
SAP-G-VUI-G-002
1
US
3. Jh.
SAP-G-V-G-057
1
n
5. Jh. | 576. Jh.
SAP-G-V-G-026*
i
1
4. Jh.
SAP-G-V-G-039*
1
4. Jh.
SAP-G-V-G-033*
1
1
4. Jh.
SAP-G-X-K-001
1
1
4. Jh.
SAP-G-V-K-001
1
1
4. Jh.
SAP-G-V-G-055
1
4. Jh.
SAP-G-V-G-042
1
4. Jh.
=> s. nächste Seite
88
9 - Beschriftung der Artefakte: Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe S
Fortsetzung Tabelle 9.9. Gesamtübersicht: Vorkommen und Verteilung der Beschrif¬
tungselemente der Gruppe S
Katalognummer
vm,
vm+
N, N+
F
A
ind
Vo
ID
H
Sammelschrift
Datierung
SAP-G-X-G-011
1
5. Jh. | 5./6. Jh.
SAP-G-V-G-034*
1
4. Jh.
SAP-G-V-G-032*
1
4. Jh.
SAP-G-V-G-045
1
5. Jh. | 5./6. Jh.
SAP-G-V-G-031*
1
4. Jh.
SAP-G-V-G-047
1
4. Jh.
SAP-G-V-G-011
1
3. Jh.
SAP-G-V-G-036*
4. Jh.
SAP-G-V-G-038*
1
4. Jh.
SAP-G-X-G-001
1
4. Jh.
SAP-G-X-G-002
4. Jh.
SAP-G-V-G-028*
1
4. Jh.
SAP-G-V-G-035*
1
4. Jh.
SAP-G-V-G-029*
1
4. Jh.
SAP-G-V-G-025*
1
4. Jh.
SAP-G-V-G-030*
4. Jh.
SAP-G-V-G-003
4. Jh.
SAP-G-V-G-027*
4. Jh.
SAP-G-V-G-021
1
5. Jh. | 5./6. Jh.
SAP-G-V-G-006
1
1
1
4. Jh.
SAP-G-V-G-064
1
1
1
4. Jh.
SAP-D-X-D-001
1
1
2./3. Jh. | 3. Jh.
SAP-G-XI-G-002
1
1
1./2. Jh.
SAP-G-V-G-053*
1
3. Jh.
SAP-G-V-G-049*
1
3. Jh.
SAP-G-V-G-050*
1
3. Jh.
SAP-G-V-G-051*
1
3. Jh.
SAP-G-V-G-014
1
2./3. Jh. | 4. Jh.
SAP-G-V-G-008
1
3. Jh.
SAP-G-V-G-037*
1
4. Jh.
SAP-G-V-G-052*
1
3. Jh.
SAP-G-V-G-054*
1
3. Jh.
SAP-G-V-G-048*
1
3. Jh.
SAP-G-V-G-019
1
3. Jh.
SAP-G-V-G-023
i
3. Jh.
SAP-D-V-D-001
1
2./3. Jh. | 4. Jh.
SAP-G-V-G-046
1
4. Jh.
SAP-G-V-G-044
1
4./5. Jh.
SAP-G-VUY-G-004
1
4. Jh.
SAP-G-VUY-G-009
1
4. Jh.
SAP-G-V-G-065
1
4. Jh.
SAP-G-X-G-009
1
4./5. Jh.
SAP-G-X-G-010
1
4./5. Jh.
9.2.2. Schriftträger der Gruppe S
Für 81 Artefakte sind Angaben zum Schriftträger überliefert, insgesamt werden 24 un¬
terschiedliche Materialien genannt, neun davon mehrfach. Besprochen werden die
mehrfach belegten Schriftträger, in Tabelle 9.10. weiter unten werden sämtliche Anga¬
ben aufgeführt. Papyrus bildet die größte Gruppe der Schriftträger (32 (darunter 16 aus
derselben Anleitung), G, D), es folgen Lorbeerblätter (6, G, D), Zinn (6, G), Leinen (3,
89
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
G), Gold (3, G), Silber (3, G), Muscheln (2, G) und Wachs (2, G). Innerhalb einer Praxis
sind sieben Seilstücke zu beschriften (G). Zwei Anleitungen zur Beschriftung von Lor¬
beerwurzeln finden sich in derselben Sammelschrift, es handelt sich bei ihnen um zwei
annähernd identische Versionen derselben Praxis.
Papyrus und Lorbeerblätter sind die einzigen Schriftträger, die sowohl in griechischen,
als auch in demotischen Anleitungen vorgegeben werden. Die übrigen mehrfach ge¬
nannten Schriftträger sind ausschließlich aus griechischen Anleitungen überliefert. Aus
koptischen Anleitungen sind keine Schriftträger für eine sicher zuzuordnende Beschrif¬
tung ausschließlich mit Elementen der Gruppe S dokumentiert.
9.2.2.1. Beschriftung der Schriftträger
Siehe zu den Angaben auch die Tabelle 9.11. „Schriftträger und Beschriftungselemente“
in der Zusammenfassung am Ende des Kapitels.
Papyrus wird mit Ausnahme von Homerversen mit sämtlichen Beschriftungselementen
beschriftet. Einmal findet eine Beschriftung ausschließlich mit Vokalen statt. Die als sin¬
guläres Beschriftungselement auftretende Forderung wird ebenfalls auf Papyrus nie¬
dergeschrieben. Die übrigen 30 Papyri enthalten allesamt mind. eins der Elemente vox
magica, voces magicae, Name oder Namen. Papyri können sowohl mit einem einzelnen
Beschriftungselement, als auch mit Kombinationen beschriftet werden.
Lorbeerblätter werden mit sämtlichen Beschriftungselementen mit Ausnahme von
Homerversen und Vokalen beschrieben. Auf allen sechs überlieferten Lorbeerblättern
tritt mind. eins der Elemente vox magica, voces magicae, Name oder Namen auf. Lor¬
beerblätter werden sowohl mit einem einzelnen Beschriftungselement, als auch mit Ele¬
mentkombinationen beschrieben.
Zinn wird in allen sechs überlieferten Fällen mit mind. einem der Elemente vox magica,
voces magicae, Name oder Namen beschriftet. Individuelle Angaben, Identitätssätze
und Homerverse treten als Beschriftungselement hingegen nicht auf. Kein Zinntäfelchen
soll mit einem einzelnen Beschriftungselement der Gruppe S beschrieben werden.
Alle drei Leinenstücke sollen mit Namen beschriftet werden. In einem Fall werden aus¬
schließlich Namen aufgeschrieben, im zweiten voces magicae hinzugefügt. Das dritte
Leinenstück wird zusätzlich mit voces magicae, einer Forderung und einem Identitäts¬
satz beschriftet. Leinen wird sowohl mit einem einzelnen Beschriftungselement, als auch
mit Elementkombinationen beschrieben. Individuelle Angaben, Homerverse, Anrufun¬
gen, Vokale, eine einzelne vox magica oder ein einzelner Name sind nicht als Beschrif¬
tungselemente im Rahmen der Gruppe S für Leinen überliefert.
Eines der drei Goldtäfelchen soll ausschließlich mit voces magicae beschriftet werden,
90
9 - Beschriftung der Artefakte: Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe S
ein anderes mit Vokalen. Das dritte Täfelchen ist mit Namen, einer Forderung und einem
Identitätssatz zu beschreiben. Weitere Beschriftungselemente treten nicht auf. Gold als
Schriftträger ist entsprechend mit einem einzelnen Beschriftungselement und mit Ele¬
mentkombinationen überliefert.
Zwei der drei Silbertäfelchen werden mit voces magicae beschriftet, eines davon zusätz¬
lich mit einem Identitätssatz. Das dritte Täfelchen soll mit Vokalen beschrieben werden.
Weitere Beschriftungselemente treten nicht auf. Silber als Schriftträger ist mit einem
einzelnen Beschriftungselement und mit zwei Elementen überliefert.
Beide Muscheln sind mit je zwei der Elemente vox magica, voces magicae, Name, Na¬
men beschriftet, ergänzt einmal durch eine Forderung und das andere Mal mit Homer-
versen. Weitere Beschriftungselemente sind nicht überliefert. Die beiden Schriftträger
werden jeweils mit drei Beschriftungselementen beschriftet.
Beide Wachsschriftträger sollen mit Vokalen beschriftet werden, hinzu kommt mind. ein
Element aus der Gruppe vox magica, voces magicae, Name, Namen. Weitere Beschrif¬
tungselemente sind für Wachs nicht überliefert.
Tabelle 9.10. Schriftträger der Beschriftungsgruppe S
Ein „*“ hinter der Materialbezeichnung kennzeichnet Materialien, die archäologisch bisher nicht
nachgewiesen sind.
Sammelschrift
Datierung
Referenz Anleitung
Katalognummer
Artefakt Material
3. Jh.
PGM VII, 429-458
SAP-G-VUI-G-001
Blei
4. Jh.
PGM IV, 3209-3254
SAP-G-V-G-001
Bronze
3. Jh.
PGM LXII, 46
SAP-G-V-G-019
Brust*
273. Jh. | 4. Jh.
PGM XII, 099-106
SAP-G-V-G-002
Ei*
4. Jh.
PGM IV, 2145-2240
SAP-G-V-G-065
Eisen*
4. Jh.
PGM IV, 2140-2144
SAP-G-V-G-003
Flachs*
3. Jh.
PGM VII, 652-660
SAP-G-VUI-G-002
Fledermaus*
4. Jh.
PGM XIII, 320-322, 324-326
SAP-G-V-G-005
Gemisch: Erde-Tinte-Myrrhe*
4. Jh.
PGM IV, 2227-2231 (indirekt: 2273-2274)
SAP-G-X-G-001
Gold
4. Jh.
PGM IV, 1812-1829
SAP-G-V-G-006
Gold
4. Jh.
PGM XIII, 888-911
SAP-G-VUY-G-004
Gold
4. Jh.
PGM XXXVI, 361-371
SAP-G-VUI-G-003
Haut
273. Jh. | 3. Jh.
P. Leiden 1 383, Kol. XIII, 13-17, 27-29
SAP-D-X-D-001
Lappen
4. Jh.
PGM IV, 1071-1085
SAP-G-V-G-009
Leinen
475. Jh.
PGM 1, 276-295, 340
SAP-G-V-G-010
Leinen
3. Jh.
PGM VII, 359-362
SAP-G-V-G-008
Leinen
4. Jh.
PGM IV, 2206-2210 (indirekt: 2154-2155)
SAP-G-V-G-012
Lorbeer*
4. Jh.
PGM II, 64-73
SAP-G-X-G-002
Lorbeer*
4. Jh.
PGM XIII, 102-113
SAP-G-V-G-015
Lorbeer* (Wurzel)
4. Jh.
PGM XIII, 658-670
SAP-G-V-G-016
Lorbeer* (Wurzel)
4. Jh.
PGM II, 10-11,21-35
SAP-G-V-G-013
Lorbeer*
3. Jh.
PGM VII, 1012-1016
SAP-G-XI-G-001
Lorbeer*
3. Jh.
PGM VII, 822-825, 844-845
SAP-G-V-G-011
Lorbeer*
3. Jh.
PGM LXI pdm Ixi P BM10588 Recto, Kol. V,
1-6 plus Namen (63-78)
SAP-D-V-GH-001
Lorbeer*
4. Jh.
PGM IV, 2217-2226, 2236-2238
SAP-G-V-G-018
Muschel*
3. Jh.
PGM VII, 374-376
SAP-G-V-G-017
Muschel*
=> Fortsetzung nächste Seite
91
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Fortsetzung Tabelle 9.10.
Sammelschrift
Datierung
Referenz Anleitung
Katalognummer
Artefakt Material
4. Jh.
PGM IV, 2145-2151,2231-2240 (indirekter
Bezug: 2173-2174)
SAP-G-X-G-003
Myrrhe*
2./3. Jh. | 4. Jh.
PGM XII, 365-375
SAP-G-V-G-020
Ostrakon
5. Jh. | 576. Jh.
PGM CXXIV, 7-9
SAP-G-V-G-021
Ostrakon
4. Jh.
PGM IV, 2392-2393, 2398-2399, 2427-2431
SAP-G-V-G-040*
Papyrus
3. Jh.
PGM VII, 703-726
SAP-G-VUI-G-004
Papyrus
4. Jh.
PGM IV, 0078-0082
SAP-G-V-K-001
Papyrus
4. Jh.
PGM IV, 2392-2393, 2398-2399, 2422-2423
SAP-G-V-G-036*
Papyrus
4. Jh.
PGM IV, 2392-2393, 2398-2399, 2420-2422
SAP-G-V-G-035*
Papyrus
4. Jh.
PGM IV, 2392-2394, 2398-2405
SAP-G-V-G-033*
Papyrus
4. Jh.
PGM IV, 2505-2519
SAP-G-V-G-041
Papyrus
273. Jh. | 4. Jh.
P. Leiden 1 384, Kol. II, 1-11 (pdm xii, 108-
118, PGM XII, 466-468)
SAP-D-V-D-001
Papyrus
4. Jh.
PGM IV, 2392-2393, 2398-2399, 2425-2427
SAP-G-V-G-039*
Papyrus
4. Jh.
PGM IV, 2392-2393, 2398-2399, 2424-2425
SAP-G-V-G-038*
Papyrus
4. Jh.
PGM IV, 2392-2393, 2398-2399, 2423-2424
SAP-G-V-G-037*
Papyrus
4. Jh.
PGM XlXb, 4-18 (ÜP7HG?)
SAP-G-X-G-006
Papyrus
475. Jh.
PGM 1, 8-19
SAP-G-V-G-044
Papyrus
475. Jh.
PGM 1, 232-247
SAP-G-V-G-043
Papyrus
273. Jh.
PGMXIc, 1-19 (ÜP7HG?)
SAP-G-X-G-004
Papyrus
4. Jh.
PGM IV, 2392-2393, 2398-2399, 2419-2420
SAP-G-V-G-034*
Papyrus
4. Jh.
PGM IV, 2392-2394, 2398-2405
SAP-G-V-G-032*
Papyrus
4. Jh.
PGM IV, 2392-2394, 2398-2405
SAP-G-V-G-031*
Papyrus
5. Jh. | 576. Jh.
PGM CXXIIIa, 56-58
SAP-G-V-G-045
Papyrus
4. Jh.
PGM IV, 2392-2394, 2398-2405
SAP-G-V-G-025*
Papyrus
4. Jh.
PGM IV, 2392-2394, 2398-2405
SAP-G-V-G-028*
Papyrus
4. Jh.
PGM IV, 2392-2394, 2398-2405
SAP-G-V-G-029*
Papyrus
3. Jh.
PGM VII, 197-198
SAP-G-V-G-022
Papyrus
3. Jh.
PGM VII, 969-972
SAP-G-V-G-024
Papyrus
4. Jh.
PGM IV, 2392-2394, 2398-2405
SAP-G-V-G-030*
Papyrus
4. Jh.
PGM IV, 2392-2394, 2398-2405
SAP-G-V-G-026*
Papyrus
4. Jh.
PGM IV, 2392-2394, 2398-2405
SAP-G-V-G-027*
Papyrus
475. Jh.
PGM VIII, 54-63
SAP-G-VUI-G-010
Papyrus
4. Jh. | 4. Jh.?
PGM V, 381-385, 423-434
SAP-G-V-G-004
Papyrus
4. Jh. | 4. Jh.?
PGM V, 385-390, 423-434
SAP-G-VUI-G-005
Papyrus
3. Jh.
PGM VII, 218-221
SAP-G-V-G-023
Papyrus
4. Jh.
PGM IV, 1331-1338, 1380-1389
SAP-G-V-G-042
Papyrus
4. Jh.
PGM IV, 0778-790, 798-813
SAP-G-V-G-046
Persea*
4. Jh.
PGM IV, 1316-1322
SAP-G-V-G-047
Räuchergefäß*
3. Jh.
PGM VII, 593-598
SAP-G-V-G-050*
Seil*
3. Jh.
PGM VII, 593-598
SAP-G-V-G-052*
Seil*
3. Jh.
PGM VII, 593-598
SAP-G-V-G-053*
Seil*
3. Jh.
PGM VII, 593-598
SAP-G-V-G-054*
Seil*
3. Jh.
PGM VII, 593-598
SAP-G-V-G-051*
Seil*
3. Jh.
PGM VII, 593-598
SAP-G-V-G-048*
Seil*
3. Jh.
PGM VII, 593-598
SAP-G-V-G-049*
Seil*
4. Jh.
PGM 111,410,417,418-423
SAP-G-X-K-001
Silber
4. Jh.
PGM IV, 0239-242, 244, 256-260
SAP-G-V-G-055
Silber
4. Jh.
PGM XIII, 888-911
SAP-G-VUY-G-009
Silber
4. Jh.
PGM XXXVI, 167-177
SAP-G-V-G-064
unklar
4. Jh.
PGM IV, 0296-334
SAP-G-V-G-056
Wachs*
5. Jh. | 576. Jh.
PGM CXXIV, 10-33
SAP-G-V-G-057
Wachs*
4. Jh.
PGM IV, 3014-3018
SAP-G-V-G-062
Zinn
4. Jh.
PGM IV, 1252-1264
SAP-G-V-G-061
Zinn
4. Jh.
PGM IV, 2210-2215 (indirekt: 2160-2162)
SAP-G-V-G-063
Zinn
3. Jh.
PGM VII, 260-271
SAP-G-V-G-058
Zinn
3. Jh.
PGM VII, 486-490
SAP-G-V-G-059
Zinn
3. Jh.
PGM VII, 739-755
SAP-G-V-G-060
Zinn
92
9 - Beschriftung der Artefakte: Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe S
9.2.3. Funktionen
Zu 33 Artefakten mit einer Beschriftung der Gruppe S wird eine Funktion angegeben
(35%). Dies zeigt deutlich, dass die Mehrheit dieser Artefakte entweder keine tragende
Funktion innehatte, diese Funktion so selbstverständlich war, dass sie nicht für notie-
renswert befunden wurde, oder dass einfach keine klare Vorstellung von einer eindeu¬
tigen Funktion in diesen Fällen existierte und die Präsenz an sich für das gewünschte
Ziel ausreichte.
Im Folgenden werden funktionsbezeichnete und funktionsunbezeichnete Artefakte ein¬
zeln untersucht.
9.2.3.1. Funktionsbezeichnete Artefakte
Unter den 33 funktionsbezeichneten Artefakten befinden sich 14 der 16 autark zu ver¬
wendenden Artefakte 5 , 17 sind in eine übergeordnete Praxis eingebunden. Die autarken
Artefakte werden weiter unten zusätzlich in einem eigenen Abschnitt im Detail behandelt.
Neben den aus der archäologischen und historischen Überlieferung bekannten großen
Gruppen „Schutz“, „Heilung“, „Liebe“, „Offenbarung“ sind auch eher ungewöhnliche
Funktionen erhalten, wie z.B. eine erfolgreiche Flucht, die Verlängerung des Lebens
eines vorzeitig Verstorbenen, die Beseelung einer Statue 6 , ein Gedächtnismittel oder die
Verstärkung eines Logos.
Am häufigsten wird eine Schutzfunktion angegeben (11 x, darunter 8x explizit als Schutz¬
mittel während der Handlung für den Praktizierenden und Ix Schutzmittel der Handlung
für die Zielperson). Liebe/Herbeiführung, Offenbarung und Heilung sind je viermal ge¬
nannt, Schlaflosigkeit zweimal. In Tabelle 9.12. werden sämtliche Funktionen aufgeführt.
Tabelle 9.12. Funktionen der Artefakte der Beschriftungsgruppe S
Sammelschrift
Datierung
Referenz Anleitung
Funktion Artefakt
Katalognummer
4. Jh.
PGM IV, 2145-2240
mehrere Funktionen - erfolgreiche
Flucht, Offenbarung, Sieg (Sport),
Beliebtheit, Verlängerung des Leb¬
ens eines vorzeitig Verstorbenen
SAP-G-V-G-065
4. Jh.
PGM IV, 0778-790, 798-813
mehrere Funktionen - Erhörung
des Praktizierenden und Schutz
während der Praxis
SAP-G-V-G-046
2./3. Jh. | 4. Jh.
PGM XII, 099-106
mehrere Funktionen - Gunst, Erfolg
und tägliche Wohlfahrt für den
Praktizierenden und einen Ort
SAP-G-V-G-002
4. Jh.
PGM XIII, 658-670
Beistand
SAP-G-V-G-016
=> Fortsetzung nächste Seite
5 Als "autark" werden all jene Artefakte bezeichnet, deren Herstellung und Handhabung im Zentrum einer Praxis ste¬
hen. Sämtliche ggf. zusätzlich involvierte => Elemente der Praxis (s. Kapitel „Definitionen“) werden dabei auf das
Artefakt bezogen.
6 Die Vorstellung, dass eine Figur mittels eines schrifttragenden Artefakts „beseelt“ wird, lässt sich in den Anleitungen
der Sammelschriften lediglich ein einziges Mal tatsächlich nachweisen. In sämtlichen übrigen Fällen, in denen be¬
schriftete Artefakte in eine Statue hineingelegt werden sollen, wird keine Funktion genannt und es bleibt unklar, ob
die „Beseelung“ der Statue gänzlich oder teilweise auf das Artefakt zurückgeführt werden kann, oder ob nicht andere
Praxiselemente diese Funktion übernehmen und das Artefakt eine andere Rolle spielt, wie z.B. die der Kontaktauf¬
nahme oder Bindung einer höheren Macht.
93
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Fortsetzung Tabelle 9.12.
Sammelschrift
Datierung
Referenz Anleitung
Funktion Artefakt
Katalognummer
4. Jh.
PGM XIII, 102-113
Beistand
SAP-G-V-G-015
4. Jh. | 4. Jh.?
PGM V, 381-385, 423-434
Beseelung einer Statue
SAP-G-V-G-004
5. Jh. | 576. Jh.
PGM XCIV, 7-9(7)
Geburtshilfe
SAP-G-X-G-011
475. Jh.
PGM 1, 232-247
Gedächtnismittel
SAP-G-V-G-043
3. Jh.
PGM VII, 197-198
Heilung (Auge)
SAP-G-V-G-022
3. Jh.
PGM VII, 260-271
Heilung (Gebärmutter)
SAP-G-V-G-058
5. Jh. | 576. Jh.
PGM CXXIIIa, 56-58
Heilung (Kälte)
SAP-G-V-G-045
3. Jh.
PGM VII, 218-221
Heilung/Schutz (Fieber)
SAP-G-V-G-023
3. Jh.
PGM VII, 969-972
Liebe (allgemein)
SAP-G-V-G-024
4. Jh.
PGM XXXVI, 361-371
Liebe (Herbeiführung)
SAP-G-VUI-G-003
273. Jh.
PGMXIc, 1-19 (ÜP7HG?)
Liebe (Herbeiführung)
SAP-G-X-G-004
4. Jh.
PGM XlXb, 4-18 (ÜP7HG?)
Liebe (Herbeiführung)
SAP-G-X-G-006
4. Jh.
PGM IV, 2140-2144
Offenbarung - Befragung eines
Leichnams
SAP-G-V-G-003
3. Jh.
PGM VII, 703-726
Offenbarung (Traum )
SAP-G-VUI-G-004
3. Jh.
PGM VII, 359-362
Offenbarung (Traum)
SAP-G-V-G-008
3. Jh.
PGM VII, 652-660
Schlaflosigkeit
SAP-G-VUI-G-002
3. Jh.
PGM VII, 374-376
Schlaflosigkeit
SAP-G-V-G-017
4. Jh.
PGM XIII, 888-911
Schutz (unspezifiziert)
SAP-G-VUY-G-009
4. Jh.
PGM IV, 1252-1264
Schutz (unspezifiziert)
SAP-G-V-G-061
4. Jh.
PGM IV, 0239-242, 244, 256-260
Schutzmittel der Handlung
SAP-G-V-G-055
4. Jh.
PGM IV, 2505-2519
Schutzmittel der Handlung
SAP-G-V-G-041
4. Jh.
PGM IV, 1071-1085
Schutzmittel der Handlung
SAP-G-V-G-009
4. Jh.
PGM IV, 1331-1338, 1380-1389
Schutzmittel der Handlung
SAP-G-V-G-042
3. Jh.
PGM VII, 486-490
Schutzmittel der Handlung
SAP-G-V-G-059
4. Jh.
PGM IV, 0078-0082
Schutzmittel der Handlung
SAP-G-V-K-001
3. Jh.
PGM VII, 822-825, 844-845
Schutzmittel der Handlung
SAP-G-V-G-011
4. Jh.
PGM IV, 3014-3018
Schutzmittel der Handlung für die
Zielperson
SAP-G-V-G-062
273. Jh. | 4. Jh.
P. Leiden 1 384, Kol. II, 1-11 (pdm xii,
108-118, PGM XII, 466-468)
Trennung
SAP-D-V-D-001
4. Jh.
PGM XXXVI, 167-177
Verstärkung eines Logos
SAP-G-V-G-064
9.2.3.2. Funktion und Materialität der Schriftträger
Für Artefakte mit einer Schutzfunktion wurden unterschiedliche Materialen als Schrift¬
träger verwendet, hier überliefert sind: Papyrus (3x), Zinn (3x), Silber (2x), je ein Per-
sea- und Lorbeerblatt und einmal Leinen. Neun der elf Artefakte sind mit voces magicae,
einer einzelnen vox magica oder Namen - teilweise in Kombination - beschriftet, die
Beschriftungselemente „Forderung“ und „Identitätssatz“ können hinzukommen. Zwei Ar¬
tefakte sollen ausschließlich mit Vokalen beschriftet werden. Anrufungen, individuelle
Angaben, Homerverse und ein einzeln verwendeter Name treten nicht in Schutzkontex¬
ten der Beschriftungsgruppe S auf.
Für drei der vier Artefakte mit der Funktion Liebe/Herbeiführung wird Papyrus als Schrift¬
träger angegeben, für das vierte Artefakt Haut. Alle vier Beschriftungen enthalten die
Elemente voces magicae und Forderung. Weitere Elemente können hinzugefügt wer¬
den. Nicht überliefert ist die Verwendung von Identitätssätzen, Homerversen und einer
einzelnen vox magica.
94
9 - Beschriftung der Artefakte: Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe S
Vier unterschiedliche Materialien sind für die vier Artefakte mit einer Offenbarungsfunk¬
tion erhalten: Eisen, Flachs, Leinen, Papyrus. Drei der Artefakte enthalten die Elemente
voces magicae oder Namen, andere Elemente können hinzugefügt werden. Nicht ver¬
wendet werden Identitätssätze, ein einzelner Name sowie eine einzelne vox magica.
Für drei der Artefakte zu Heilzwecken wird Papyrus verwendet, für das vierte Zinn. Die
drei Papyrusartefakte sind ausschließlich mit einem oder mehreren der Elemente vox
magic, voces magicae, Name oder Namen zu beschriften. Das Zinnartefakt enthält zu¬
sätzlich eine Anrufung und eine Forderung.
Als Schriftträger für die beiden Artefakte zur Herbeiführung von Schlaflosigkeit wird ein¬
mal eine Muschel, das andere Mal eine Fledermaus verwendet. Beide werden mit voces
magicae oder eine vox magica beschriftet. Die Beschriftung der Fledermaus kann durch
individuelle Angaben ergänzt werden, die Muschel wird zusätzlich mit einer Forderung
beschriftet.
Siehe Tabelle 9.13. für eine Übersicht über die Funktion und Materialität der Artefakte
der Beschriftungsgruppe S.
Tabelle 9.13. Funktion und Materialität der Artefakte der Beschriftungsgruppe S
Sammelschrift
Datierung
Referenz Anleitung
Funktion Artefakt
Material
4. Jh.
diverse; im Prinzip alle 96 Zeilen
mehrere Funktionen - erfolgreiche Flucht,
Offenbarung, Sieg (Sport), Beliebtheit,
Verlängerung des Lebens eines vorzeitig
Verstorbenen
Eisen
4. Jh.
PGM IV, 0778-790, 798-813
mehrere Funktionen - Erhörung des Prakti¬
zierenden und Schutz während der Praxis
Persea
273. Jh. | 4. Jh.
PGM XII, 099-106
mehrere Funktionen - Gunst, Erfolg und
tägliche Wohlfahrt für den Praktizierenden
und einen Ort
Ei
4. Jh.
PGM XIII, 658-670
Beistand
Lorbeer
4. Jh.
PGM XIII, 102-113
Beistand
Lorbeer
4. Jh. | 4. Jh.?
PGM V, 381-385,423-434
Beseelung einer Statue
Papyrus
475. Jh.
PGM 1, 232-247
Gedächtnismittel
Papyrus
3. Jh.
PGM VII, 197-198
Heilung (Auge)
Papyrus
3. Jh.
PGM VII, 260-271
Heilung (Gebärmutter)
Zinn
5. Jh. | 576. Jh.
PGM CXXIIIa, 56-58
Heilung (Kälte)
Papyrus
3. Jh.
PGM VII, 218-221
Heilung/Schutz (Fieber)
Papyrus
3. Jh.
PGM VII, 969-972
Liebe (allgemein)
Papyrus
4. Jh.
PGM XXXVI, 361-371
Liebe (Herbeiführung)
Haut
273. Jh.
PGMXIc, 1-19 (ÜP7HG?)
Liebe (Herbeiführung) unklar ÜP, HG
Papyrus
4. Jh.
PGMXIXb, 4-18 (ÜP7HG?)
Liebe (Herbeiführung) unklar ÜP/HG
Papyrus
4. Jh.
PGM IV, 2140-2144
Offenbarung - Befragung eines Leichnams
Flachs
3. Jh.
PGM VII, 703-726
Offenbarung - Traum empfangen
Papyrus
3. Jh.
PGM VII, 359-362
Offenbarung (Traum)
Leinen
3. Jh.
PGM VII, 374-376
Schlaflosigkeit
Muschel
3. Jh.
PGM VII, 652-660
Schlaflosigkeit
Fledermaus
=> Fortsetzung nächste Seite
95
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Fortsetzung Tabelle 9.14.
4. Jh.
PGM IV, 1252-1264
Schutz (unspezifiziert)
Zinn
4. Jh.
PGM XIII, 888-911
Schutz (unspezifiziert)
Silber
3. Jh.
PGM VII, 486-490
Schutzmittel der Handlung
Zinn
4. Jh.
PGM IV, 2505-2519
Schutzmittel der Handlung
Papyrus
4. Jh.
PGM IV, 1071-1085
Schutzmittel der Handlung
Leinen
4. Jh.
PGM IV, 1331-1338, 1380-1389
Schutzmittel der Handlung
Papyrus
4. Jh.
PGM IV, 0078-0082
Schutzmittel der Handlung
Papyrus
3. Jh.
PGM VII, 822-825, 844-845
Schutzmittel der Handlung
Lorbeer
4. Jh.
PGM IV, 0239-242, 244, 256-260
Schutzmittel der Handlung
Silber
4. Jh.
PGM IV, 3014-3018
Schutzmittel der Handlung für die Zielperson
Zinn
2./3. Jh. | 4. Jh.
P. Leiden 1 384, Kol. II, 1-11 (pdm
xii, 108-118, PGM XII, 466-468)
Trennung
Papyrus
9.2.3.3. Funktionsunbezeichnete Artefakte
56 Artefakte der Beschriftungsgruppe S sind funktionsunbezeichnet - darunter 16 Pa¬
pyrusartefakte, die innerhalb derselben Praxis auftreten und sieben Seilstücke, die in
einer anderen Praxis zusammen verwendet werden. Bei vier weiteren Artefakten ist die
Lesung der zugehörigen Anleitung stellenweise unklar oder die Angabe möglicherweise
zerstört. Im weiteren Verlauf werden die 56 eindeutig unbezeichneten Artefakte unter¬
sucht.
Die Anleitungen zu den 56 Artefakten finden sich in 14 unterschiedlichen Sammelschrif¬
ten aus dem 2./3. Jh. | 3. Jh. bis 5. Jh. | 5./6. Jh. Zwei Anleitungen sind in Demotisch
geschrieben, die übrigen in Griechisch. Eines der griechisch beschrifteten Artefakte wird
autark verwendet.
Der Erhalt einer Offenbarung ist das Ziel von zehn unterschiedlichen übergeordneten
Praxen, Liebe/Herbeiführung von acht, zweimal ist Schutz als Funktion der ÜP genannt
und zweimal die Herbeirufung eines Beihelfers. Alle übrigen Funktionen sind singulär
überliefert. Sämtliche Funktionen der übergeordneten Praxen werden weiter unten in
Tabelle 9.2.3.3. zusammengestellt.
Funktionsunbezeichnete Artefakte treten in Praxen mit unterschiedlichen Zielen auf.
Dass sie dabei gehäuft in Offenbarungs- und Herbeiführungspraxen Vorkommen, muss
nicht notwendigerweise an der Funktion an sich, sondern kann auch an der Häufigkeits¬
verteilung liegen, da diese Ziele generell häufig in den Anleitungen belegt sind. Es fällt
allerdings auf, dass die ebenfalls häufig belegte Schutzfunktion als Ziel einer übergeord¬
neten Praxis nur sehr selten belegt ist. Im Umkehrschluss kann daraus gefolgert werden,
dass zum Schutz einer Person in der Regel ein Artefakt hergestellt werden konnte, ohne
eine komplexe Praxis mit unterschiedlichen Handlungsgruppen durchführen zu müssen.
Kurz gesagt: Die Macht, die für den Schutz einer Person benötigt wird, lässt sich handlich
in oder mit einem einzelnen Gegenstand und ohne allzu großen Aufwand manifestieren.
Offenbarungen und Herbeiführungen hingegen bedürfen komplexere Handlungsweisen.
96
9 - Beschriftung der Artefakte: Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe S
9.2.3.4. Die Materialität funktionsunbezeichneter Artefakte
Für 49 funktionsunbezeichnete Artefakte aus 26 griechischen und zwei demotischen
Anleitungen liegt eine Schriftträgerangabe vor.
Der am häufigsten vorgeschriebene Schriftträger ist ein Lorbeerblatt, es wird in vier grie¬
chischen und einer demotischen Praxis aus vier unterschiedlichen Sammelschriften des
3. und 4. Jh. zum Beschreiben verwendet. Das Ziel aller fünf übergeordneter Praxen ist
der Erhalt einer Offenbarung. Hier scheint dem Schriftträger - obwohl in Bezug auf das
Artefakt in einem funktionsunbezeichneten Kontext verwendet - im Rahmen der über¬
geordneten Praxis eine klare Bedeutung zugemessen worden zu sein. Die Verbindung
zu Apollon ist für die griechischen Anleitungen als Erklärung nahe liegend, für die de¬
motische jedoch ist die Verwendung von Lorbeer als Schriftträger ungewöhnlich. Hier
würde man eher Leinen erwarten (s. Kapitel Schriftträger), das im Rahmen der Praxis als
Docht in einer Lampe verbrannt würde. Die Beschriftung des funktionsunbezeichneten
Artefakts aus der demotischen Anleitung erfolgt in Griechisch und Hieratisch, die Praxis
an sich weist verschiedene ägyptische Elemente auf, wie z.B. Horus-Thot, Falke, Pavian
und Ibis, die Verwendung einer Lampe und der Inhalt der Anrufung. Der Schriftträger
wird jedoch nicht verbrannt, sondern während des Schlafs unter den Kopf des Praktizie¬
renden gelegt. Diese Handhabung eines Artefakts ist aus verschiedenen griechischen
Anleitungen überliefert 7 .
Papyrus wird in vier griechischen Anleitungen aus vier Sammelschriften des 4. bis 4./5.
Jh. zur Beschriftung von 19 Artefakten vorgegeben 8 . Zweimal soll die übergeordnete
Praxis den Praktizierenden mit Gunst, Wohlstand und weiteren ähnlichen Eigenschaften
versehen, einmal ist das Ziel eine Offenbarung und einmal die Herbeirufung eines Bei¬
stands. Im Gegensatz zu Lorbeer kann für Papyrus als Schriftträger keine klare Funktion
- abgesehen von einer vermittelnden - belegt werden.
Gold ist in drei griechischen Anleitungen aus zwei Sammelschriften des 4. Jh. als funkti¬
onsunbezeichneter Schriftträger überliefert. In allen drei Fällen dient die ÜP unterschied¬
lichen Zielen: einmal der Weihe des Praktizierenden, einmal Gunst und Liebe eines
Mannes oder einer Frau und einmal der Herbeiführung einer Seele.
Wachs ist zweimal als Schriftträger überliefert, in einem Fall ist keine Funktion überlie¬
fert, weder für die ÜP, noch für das Artefakt. In dem anderen Fall ist das Ziel der ÜP die
Herbeiführung einer begehrten Person.
Zinn ist ebenfalls zweimal als Schriftträger überliefert. Die überlieferten Funktionen sind
Sieg im Wagenrennen und der Erhalt einer Offenbarung.
Siehe Tabelle 9.14. für eine Übersicht über die überlieferten Funktionen der übergeord¬
neten Praxen funktionsunbezeichneter Artefakte.
7 Offenbarung: SAP-G-VUI-001 (PGM VII, 664-685); Offenbarung: SAP-G-V-G-060 (PGM VII, 739-794, unter das Kopf¬
kissen zu legen); Heilung: SAP-G-X0-OO2 (SM 74, 1-7).
8 Die 16 Artefakte aus derselben Anleitung werden hier einmalig gezählt.
97
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Tabelle 9.14. Funktionen der übergeordneten Praxen bei funktionsunbezeichneten Artefak¬
ten der Beschriftungsgruppe S
Sammelschrift
Datierung
Referenz Hauptpraxis
Funktionen Hauptpraxis
Katalognummer
475. Jh.
PGM VIII, 1-63
mehrere Funktionen - Gunst, Attraktivität,
Stärke, Gelingen, Schutz, Großzügigkeit und
Sanftmütigkeit dem Praktizierenden gegenüber;
Erfüllung individueller Wünsche”
SAP-G-VUI-G-010
4. Jh.
PGM IV, 2145-2240
mehrere Funktionen - Gunst und Liebe eines
Mannes oder einer Frau
SAP-G-X-G-001
4. Jh.
PGM IV, 2373-2440
mehrere Funktionen - Wohlstand und Glück,
beruflich und privat
SAP-G-V-G-035*
4. Jh.
PGM IV, 2373-2440
mehrere Funktionen - Wohlstand und Glück,
beruflich und privat
SAP-G-V-G-037*
4. Jh.
PGM IV, 2373-2440
mehrere Funktionen - Wohlstand und Glück,
beruflich und privat
SAP-G-V-G-038*
4. Jh.
PGM IV, 2373-2440
mehrere Funktionen - Wohlstand und Glück,
beruflich und privat
SAP-G-V-G-040*
4. Jh.
PGM IV, 2373-2440
mehrere Funktionen - Wohlstand und Glück,
beruflich und privat
SAP-G-V-G-030*
4. Jh.
PGM IV, 2373-2440
mehrere Funktionen - Wohlstand und Glück,
beruflich und privat
SAP-G-V-G-028*
4. Jh.
PGM IV, 2373-2440
mehrere Funktionen - Wohlstand und Glück,
beruflich und privat
SAP-G-V-G-029*
4. Jh.
PGM IV, 2373-2440
mehrere Funktionen - Wohlstand und Glück,
beruflich und privat
SAP-G-V-G-039*
4. Jh.
PGM IV, 2373-2440
mehrere Funktionen - Wohlstand und Glück,
beruflich und privat
SAP-G-V-G-036*
4. Jh.
PGM IV, 2373-2440
mehrere Funktionen - Wohlstand und Glück,
beruflich und privat
SAP-G-V-G-025*
4. Jh.
PGM IV, 2373-2440
mehrere Funktionen - Wohlstand und Glück,
beruflich und privat
SAP-G-V-G-026*
4. Jh.
PGM IV, 2373-2440
mehrere Funktionen - Wohlstand und Glück,
beruflich und privat
SAP-G-V-G-027*
4. Jh.
PGM IV, 2373-2440
mehrere Funktionen - Wohlstand und Glück,
beruflich und privat
SAP-G-V-G-032*
4. Jh.
PGM IV, 2373-2440
mehrere Funktionen - Wohlstand und Glück,
beruflich und privat
SAP-G-V-G-033*
4. Jh.
PGM IV, 2373-2440
mehrere Funktionen - Wohlstand und Glück,
beruflich und privat
SAP-G-V-G-031*
4. Jh.
PGM IV, 2373-2440
mehrere Funktionen - Wohlstand und Glück,
beruflich und privat
SAP-G-V-G-034*
273. Jh. | 4. Jh.
P. Leiden 1 384 = PGM XII,
pdm xii, 365-375
mehrere Funktionen - Schafft Streit, Kampf,
Groll und Feindschaft zwischen zwei Männern
oder zwischen Mann und Frau
SAP-G-V-G-020
273. Jh. | 4. Jh.
P. Leiden 1 384 = PGM XII,
pdm xii, 14-95
Beihelfer für diverse Aufgaben
SAP-G-VUI-G-006
475. Jh.
PGM 1, 1-42
Beisitzer
SAP-G-V-G-044
3. Jh.
PGM VII, 429-458
Bindung
SAP-G-VUI-G-001
4. Jh.
PGM 111,410-423
Gedächtnismittel (reko.)
SAP-G-X-K-001
4. Jh.
PGM IV, 1716-1840 +
1868-1870
Herbeiführung einer Seele
SAP-G-V-G-006
4. Jh.
PGM IV, 2943-2966
Liebe (allgemein)
SAP-G-VUI-G-008
4. Jh.
PGM XIII, 1-234 (234-343);
320-326
Liebe (Bindung)
SAP-G-V-G-005
4. Jh.
PGM IV, 0296-466
Liebe (Herbeiführung + Bindung)
SAP-G-V-G-056
3. Jh.
PGM VII, 593-619
Liebe (Herbeiführung)
SAP-G-V-G-050*
3. Jh.
PGM VII, 593-619
Liebe (Herbeiführung)
SAP-G-V-G-048*
4. Jh.
PGM IV, 1872-1927
Liebe (Herbeiführung)
SAP-G-VUI-G-007
4. Jh.
PGM IV, 2231-2240 (indi¬
rekter Bezug: 2173-2174)
Liebe (Herbeiführung)
SAP-G-X-G-003
=> Fortsetzung nächste Seite
98
9 - Beschriftung der Artefakte: Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe S
Fortsetzung Tabelle 9.14.
3. Jh.
PGM VII, 593-619
Liebe (Herbeiführung)
SAP-G-V-G-054*
2./3. Jh. | 3. Jh.
P. Leiden 1 383 = pdm xiv,
Kol. XIII, 11-29 (pdm xiv,
376-394)
Liebe (Herbeiführung)
SAP-D-X-D-001
3. Jh.
PGM VII, 593-619
Liebe (Herbeiführung)
SAP-G-V-G-051*
3. Jh.
PGM VII, 593-619
Liebe (Herbeiführung)
SAP-G-V-G-053*
3. Jh.
PGM VII, 593-619
Liebe (Herbeiführung)
SAP-G-V-G-049*
3. Jh.
PGM VII, 593-619
Liebe (Herbeiführung)
SAP-G-V-G-052*
4. Jh.
PGM IV, 2145-2240
Lösung oder Herbeiführung eines Bannes
SAP-G-V-G-018
4. Jh.
PGM II, 64-184
Offenbarung (im Wachzustand)
SAP-G-X-G-002
4. Jh.
PGM IV, 2145-2240
Offenbarung (im Wachzustand)
SAP-G-V-G-012
475. Jh.
PGM 1, 263-347
Offenbarung (im Wachzustand)
SAP-G-V-G-010
4. Jh. | 4. Jh.?
PGM V, 370-446
Offenbarung (im Wachzustand)
SAP-G-VUI-G-005
4. Jh.
PGM II, 64-184
Offenbarung (im Wachzustand)
SAP-G-V-G-007
3. Jh.
PGM LXI 1,24-46
Offenbarung (Schale und Medium)
SAP-G-V-G-019
4. Jh.
PGM IV, 3209-3254
Offenbarung (Schale)
SAP-G-V-G-001
4. Jh.
PGM II, 1-64
Offenbarung (Traum)
SAP-G-V-G-013
3. Jh.
PGM VII, 739-794
Offenbarung (Traum)
SAP-G-V-G-060
3. Jh.
PGM VII, 1009-1016
Offenbarung (Traum)
SAP-G-XI-G-001
3. Jh.
PGM LXI pdm Ixi P.
BMI0588, Recto, Kol. V,
1-23 (pdm Ixi, 63-78)
Offenbarung (Traum)
SAP-D-V-GH-001
475. Jh.
PGM XXIIa., 5-9
Schmerzen verursachen
SAP-G-X-G-009
4. Jh.
PGM IV, 1275-1331
Schutzmittel der Handlung
SAP-G-V-G-047
4. Jh.
PGM IV, 2145-2240
Sieg (Wagenrennen)
SAP-G-V-G-063
273. Jh. | 4. Jh.
P. Leiden 1 384 = PGM XII,
pdm xii, 107-121
Traum senden
SAP-G-VUI-G-009
4. Jh.
PGM XIII, 888-911 (mind.)
Weihe
SAP-G-VUY-G-004
273. Jh. | 4. Jh.
P. Leiden 1 384 = PGM XII,
pdm xii, 179-181
Zornbannung
SAP-G-V-G-014
9.2.4. Bezeichnung der einzelnen Beschriftungselemente innerhalb der Gruppe S
Bezeichnungen für die Beschriftung sind in 66 der 93 Anleitungen der Gruppe S ange¬
geben. Im Folgenden werden die häufigsten Bezeichnungen und solche, die für spätere
Diskussionen relevant sind, der Reihe nach vorgestellt und ihre Beziehungen zu den
einzelnen Beschriftungselementen erläutert. Sämtliche Bezeichnungen werden weiter
unten in Tabelle 9.15. aufgeführt.
9.2.4.1. Bezeichnung: to ovopa / ra ovopata
Die beiden Termini sind 21 x in 20 griechischen Anleitungen aus 8 Sammelschriften des
1./2. bis4./5. Jh. überliefert. Die häufigsten Nennungen treten in der Sammelschrift PGM
IV aus dem 4. Jh. auf (6x). 19 Beschriftungen sind in Griechisch vorzunehmen, eine
jedoch in Koptisch 9 . Auch sie wird mit dem griechischen Terminus tö ovopa bezeichnet.
Der Singular des Terminus tritt 14x auf, der Plural 7x. Einmal werden Singular und Plural
gemeinsam zur Bezeichnung der Beschriftung verwendet. Einmal wird der Plural in den
Singular korrigiert 10 .
9 SAP-G-V-K-001.
10 SAP-G-XY-G-002.
99
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Beide Termini werden auch in abgekürzter Form geschrieben, der Singular 8x, der Plural
3x. Für den Singular wird ein einzelnes Quadrat oder, in einem Fall, ein Omega verwen¬
det. Die Quadrate sind entweder leer (□) oder enthalten einen einzelnen Punkt (□). In
fünf Fällen wurde über dem Quadrat ein Supralinearstrich hinzugefügt (□). Für den Plu¬
ral werden zwei Quadrate mit Punkt und Supralinearstrich verwendet (□□).
Die Singularform wird in mehreren Fällen ergänzt, z.B. durch xo peya ovopa oder xö ovopa
xoöxo. Bisweilen wird zusätzlich die Buchstabenzahl angegeben, z.B. xo ovopa xoöxo,
ypappaxa k8; xo ÖKxaypappaxov ovopa; xo ovopa xooxo, ypappaxa V. In seltenen Fällen wird
das als ovopa bezeichnete Beschriftungselement einer höheren Macht zugewiesen: 0eoö
OSvxoq ovopa xooxo, xö jrpoüxe'ßov ovopa xoö Tucpcovoq.
Die Pluralform wird ebenfalls in einigen Fällen ergänzt, z.B. durch xa peyaXa övöpaxa,
xa övöpaxa xaüxa, xa irpoKeipsva övöpaxa. Zweimal wird die Anzahl der Namen (nicht der
Buchstaben) angegeben: övöpaxa iß' und xa ß' övöpaxa.
Bezeichnete Beschriftungselemente
Eindeutig lässt sich die Bezeichnung der Beschriftung mit einem spezifischen Beschrif¬
tungselement in Verbindung bringen, wenn die Beschriftung aus einem einzigen Element
besteht. Dies ist innerhalb der S-Gruppe für den Terminus ovopa 7x und für den Plural
övöpaxa Ix belegt, övöpaxa bezeichnet dabei voces magicae, ovopa in sechs Fällen eines
der Elemente vox magica, voces magicae, Name oder Namen, in einem Fall Vokale.
In einer Anleitung wird das einzige Beschriftungselement - Namen - auf zweierlei Weise
bezeichnet: xö Ö7coköxco ovopa und Xoyoq 6 ypacpöpevoc;. Die Beschriftung besteht dabei
aus sieben heute als Namen identifizierten Worten. Inwiefern einer dieser Namen für
den Verfasser der Anweisungen einen besonderen Stellenwert innehatte und deshalb
zusätzlich zu Aöyoq auch der Singular ovopa verwendet wurde - dann stellt sich die Fra¬
ge, welcher Name gemeint gewesen sein könnte, oder ob die Namen insgesamt als ein
Name verstanden wurden und Xöyoq parallel zu ovopa diese singularisch verstandene
Namensgruppe näher qualifiziert, lässt sich nicht klären.
In den fünf Anleitungen mit Beschriftungselementen aus jeweils zwei Elementgruppen
lässt sich der Terminus ovopa viermal den Elementgruppen vox magica, voces magi¬
cae, Name, Namen zuordnen. Eine individuell zu gestaltende Angabe wird eindeutig mit
7ipaypaxo<;, co 0e[X.£tc;] bezeichnet, so dass sicher gestellt ist, dass ovopa in diesem Fall
auf den ebenfalls aufzuschreibenden Namen bezogen werden kann. In der fünften An¬
leitung tritt neben voces magicae ein Identitätssatz als Beschriftungselement auf, die Be¬
schriftung erfolgt in Koptisch. Sie wird zweimal bezeichnet, einmal als xö 7tpoü7toKe(pevov
ovopa, das andere Mal als xa ypacpöpeva. Es erscheint plausibel, ovopa auf die voces
magicae und ypacpöpeva auf den Identitätssatz zu beziehen, eindeutig ist der Zuweisung
jedoch nicht.
100
9 - Beschriftung der Artefakte: Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe S
Einmal treten Elemente aus vier Elementgruppen in Verbindung mit der Bezeichnung
ovopa auf: Namen, voces magicae, eine Forderung und eine individuelle Angabe. Es
werden jedoch neben ovopa auch weitere Bezeichnungen angeführt: xd ovopa xou 'Eppoö,
o ttou'.Tc rj o ÜKAr.ic, tö ovopa ypacpopeva; xd peyaXa ovopaxa. Bezieht man den Terminus xö
ovopa auf die Namen und voces magicae und ö noieu; ri o GeXeic; auf individuelle Angaben,
stellt sich die Frage, wie die Forderung bezeichnet wurde, bzw. warum hier davon aus¬
gegangen wird, dass diese einen Teil der Beschriftung darstellt. In der entsprechenden
Anleitung 11 kann die vorgegebene Forderung als beispielhaft angesehen werden, das in¬
dividuelle Element wird dadurch näher spezifiziert. Auch in dieser Anleitung können dem
mehrfach verwendeten Terminus ovopa eindeutig die Elementgruppen voces magicae
und Namen zugeordnet werden.
Der Terminus ovopa tritt auch in einer Anleitung mit Elementen aus sechs unterschiedli¬
chen Elementgruppen auf. Aufgeschrieben werden sollen Namen, voces magicae, Vo¬
kale, eine Forderung, eine Anrufung und ein individuell zu gestaltender Teil. Bezeichnet
wird die Beschriftung als: xö ovopa xcovypappaxcov, 1' und Kot öaa BeXeu;. Die Anrufung
und die Forderung sind eindeutig als Beschriftungselemente zu identifizieren, werden
aber nicht extra bezeichnet. Die Anweisung lautet: „Schreib mit Myrrhe auf ein Stück
reines Papyrus: „Dich rufe ich, der (...)“.“ Es folgt die Forderung, eine Offenbarung zu
geben. Auch in dieser Anleitung lässt sich der Begriff ovopa eindeutig auf voces magicae
beziehen.
Der Plural ovopaxa tritt einmal zur Bezeichnung eines einzelnen Beschriftungselements
- voces magicae - auf. Dreimal wird er zur Bezeichnung von Elementen aus zwei Elem¬
entgruppen verwendet, in sämtlichen Fällen handelt es sich um Kombinationen aus der
Gruppe vox magica, voces magicae, Name, Namen. Zweimal wird ovopaxa im Kontext
einer Kombination aus drei Elementgruppen verwendet. In jedem Fall treten voces ma¬
gicae, einmal zusammen mit Namen, einmal mit einem einzelnen Namen auf. Die erste
Beschriftung wird durch individuelle Angaben ergänzt, die auch als solche bezeichnet
werden: aGsXeiq. In der zweiten Beschriftung treten zusätzlich Vokale auf, neben ovopaxa
wird die Bezeichnung xd ypacpöpeva verwendet. In diesem Fall ist nicht eindeutig zu klä¬
ren, ob beide Bezeichnungen jeweils sämtliche Elementgruppen umfassen, oder ob xd
ypacpöpeva explizit auf die Vokale bezogen ist. Dies bedeutet, dass in Betracht gezogen
muss, dass auch Vokale mit dem Terminus ovopaxa bezeichnet worden sein könnten.
9.2.4.2. Bezeichnung: xd ypacpopeva
Der Terminus xd ypaipöpeva ist 6x in griechischen Anleitungen aus vier Sammelschriften
des 4. und 4./5. Jh. überliefert, hinzu kommt eine Verwendung von xd 7tpooypa(p6peva. Er
ist damit mehr als 200 Jahre später als die Termini ovopa/ovöpaxa in Praxisanleitungen
nachweisbar. Sämtliche Beschriftungen sind in Griechisch vorzunehmen. Der Terminus
wird einmal in abgekürzter Form geschrieben: xdypaip..
11 SAP-G-VUI-G-010.
101
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Bezeichnete Beschriftungselemente
Mit dem Terminus xd ypacpöpeva wird sowohl ein einzelnes Beschriftungselement be¬
zeichnet, als auch Kombinationen aus Elementgruppen. Das einzelne Element besteht
aus einer Vokalsequenz. In sämtlichen anderen Fällen besteht eins der Beschriftungs¬
elemente aus voces magicae. Eine Zweierkombination mit einem Identitätssatz wurde
bereits oben bei övopa besprochen. Ob xd ypaipopsva auf den Identitätssatz oder beide
Elemente zu beziehen ist, ist unklar. Die zweite Zweierkombination ist interessant, da
hier voces magicae zusammen mit einer Forderung aufzuschreiben sind, bezeichnet
wird die Beschriftung als xa ypacpopeva xadxa. Hier werden die voces magicae nicht mit
dem Terminus övopa oder övöpaxa bezeichnet, die gesamte Beschriftung wird undifferen¬
ziert bezeichnet.
In drei Fällen besteht die Beschriftung aus drei unterschiedlichen Elementgruppen, vo¬
ces magicae und Namen treten jedes Mal dabei auf. In einem Fall wird die Beschriftung
durch individuelle Angaben ergänzt, die auch als solches bezeichnet werden (koT, o
ßoiSA^i yev£G0ai). Ein anderes Mal werden zusätzlich Homerverse aufgeschrieben, die
als axiyov bezeichnet werden. Im dritten Fall sollen zusätzlich zu den voces magicae und
Namen Vokale aufgeschrieben werden, hier wird allerdings, anders als bei den beiden
vorherigen Fällen, die Beschriftung zusätzlich mit xa rcpoKetpsva övöpaxa bezeichnet. In
diesem dritten Fall könnte es also sein, dass die voces magicae separat bezeichnet
wurden, mit Sicherheit kann dies jedoch nicht gesagt werden. Zumindest mit den ersten
beiden Fällen liegen weitere Beispiele vor, in denen voces magicae und Namen undiffe¬
renziert, und nicht spezifisch mit övopa/övöpaxa bezeichnet wurden.
Der Terminus xd ypacpöpeva tritt auch in einer Sechserkombination auf, zu den Elementen
gehören ein einzelner Name, voces magicae, Vokale, eine Forderung, eine Anrufung
sowie ein individueller Teil. Die Bezeichnungen der Beschriftung lauten: xd wtoidpeva,
xd ypacpöpeva xaöxa, Koiva. Abgesehen von den individuellen Angaben wird hier kein Ele¬
ment explizit bezeichnet.
9.2.4.3. Bezeichnung: loyoq
Der Terminus loyoq ist in neun griechischen Anleitungen aus vier Sammelschriften des
2./3. Jh. | 4. Jh. bis 4. Jh. überliefert. Sämtliche Beschriftungen sind in Griechisch vorzu¬
nehmen. Sechsmal wird der Terminus in abgekürzter Form wiedergegeben, fünfmal als
A mit einer Kugel und einmal mit einem Punkt.
Bezeichnete Beschriftungselemente
Mit dem Terminus wird sowohl ein einzelnes Beschriftungselement bezeichnet, als auch
eine Kombination unerschiedlicher Elementgruppen. Das einzelne Element besteht aus
102
9 - Beschriftung der Artefakte: Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe S
Namen. In allen anderen Fällen besteht eins der Beschriftungselemente aus voces ma-
gicae.
Eine Zweierkombination aus voces magicae und Namen wird als loyoq und als oxijXri
bezeichnet, keiner der Termini kann auf ein konkretes Beschriftungselement bezogen
werden. In drei Dreierkombinationen treten jedes Mal Namen und voces magicae auf,
zweimal ergänzt durch individuelle Angaben, die auch als solches bezeichnet werden
(Kot, o ßoiViei ysveoüai und 7cpdypa). In einem der beiden Fälle wird zusätzlich der Termi¬
nus GTijXri verwendet. Das dritte Mal sollen zusätzlich Vokale aufgeschrieben werden,
die jedoch nicht näher bezeichnet werden. Eine Kombination aus vier Elementgruppen
wird ausschließlich als A,oyo<; bezeichnet. Sie enthält Namen, voces magicae, eine For¬
derung sowie eine Anrufung. Zweimal wird eine Kombination aus sechs Elementgruppen
als loyoq bezeichnet, in einem Fall ergänzt durch öxpiiCei«; und o 0sA,si<;. In beiden Fällen
treten identische Beschriftungselemente auf: Namen, voces magicae, Anrufung, Forde¬
rung, Identitätssatz, individuelle Angaben.
Der Terminus wird sowohl für Namen und voces magicae verwendet, als auch für um¬
fangreichere Beschriftungen, die neben einer Invokation auch eine Forderung, einen
Identitätssatz und individuelle Angaben enthalten können.
9.2.4.4. Bezeichnung: xodxo, xadxa
Die beiden Termini kommen insgesamt 18x in 17 griechischen Anleitungen aus sieben
Sammelschriften des 2./3. Jh. | 4. Jh. bis 4./5. Jh. vor. xodxo tritt dabei zehnmal auf,
xorika achtmal. In der Mehrheit der Fälle begleitet der Terminus ein Substantiv, lediglich
einmal tritt xouxo ohne alleine auf, die vollständige Bezeichnung der Beschriftung lautet
xd C xo'ßxo, xd In derselben Anleitung wird die Beschriftung eines weiteren Artefakts
beschrieben, deren Bezeichnung um einen Terminus ergänzt wird. Sie lautet xd £, xodxo,
xd xd (puXaKxrip<i>ov. Aufgeschrieben werden sollen in beiden Fällen die sieben
Vokale.
xadxa wird viermal als alleinige Bezeichnung einer Beschriftung verwendet. Dabei kann
die Beschriftung aus einer einzelnen Elementgruppe oder aus einer Kombination aus bis
zu sechs Elementgruppen bestehen. Voces magicae sind in allen vier Fällen Bestandteil
der Beschriftung. Hinzu können Namen, eine Forderung, eine Anrufung, ein Identitäts¬
satz oder eine individuelle Angabe kommen.
9.2.4.5. Bezeichnung: oxijXri
Dreimal wird eine Beschriftung der S-Gruppe in griechischen Anleitungen aus zwei Sam¬
melschriften des 4. Jh. und 4. Jh. 14. Jh.? als oxijXri bezeichnet. In allen drei Fällen sollen
Namen und voces magicae aufgeschrieben werden, einmal ergänzt durch Vokale, ein
103
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
anderes Mal durch separat bezeichnete individuelle Angaben. In zwei Fällen wird die Be¬
schriftung zusätzlich als A,oyo<; bezeichnet. Da der Terminus in keinem Fall alleine, son¬
dern in allen Fällen mit mind. einer anderen Bezeichnung zusammen verwendet wird,
können keine konkreten Rückschlüsse auf das oder die bezeichneten Beschriftungsele¬
mente gezogen werden.
9.2.4.6. Bezeichnung: (pxAoucrnpiov
Ein einziges Mal ist der Terminus qnAaicxiipiov als Bezeichnung einer S-Gruppen Be¬
schriftung in einer griechischen Anleitung überliefert, aufgeschrieben werden sollen Na¬
men und voces magicae. Die Anweisung lautet, das (puXaicnipiov auf ein Zinntäfelchen
zu schreiben. Ohne im Detail vorweg zu greifen kann hier angemerkt werden, dass dies
eine in koptischen Anleitungen häufiger auftretende Wendung ist. Die genaue Beschrif¬
tung lässt sich in keinem Fall bestimmen, es scheint aber, dass Zauberzeichen dabei
eine Rolle spielen. Möglicherweise könnte der Terminus in koptischen Anleitungen sogar
gänzlich auf Zauberzeichen bezogen worden sein. Die hier besprochene Anleitung findet
sich in der Sammelschrift PGM IV, in der auch koptische Passagen enthalten sind. Die
beiden Beschriftungselemente bestehen aus voces magicae und Namen.
9.2.4.7. Individuelle Angaben
Individuelle Angaben treten zwölfmal in S-Gruppen Beschriftungen in griechischen An¬
leitungen aus acht Sammelschriften des 1./2. Jh. bis 4./5. Jh. auf. Sie werden auf un¬
terschiedliche Weise bezeichnet, dazu gehören: Koiva, häufig in abgekürzter Form koT
geschrieben, a GeXeiq, o GeJieiq, de i'i o Od.r.ic. koT öaa Od.r.ic, o ßou/.r.i ysvsaGai, koT »<; ßou/.r.,
Tcpäypa, JtpdypaToq.
9.2.4.8. Bezeichnung der Beschriftung in den demotischen Anleitungen
In zwei der drei zur S-Gruppe gehörenden demotischen Anleitungen aus zwei Sam¬
melschriften des 2./3. Jh. | 3. Jh. und 3. Jh. wird die Beschriftung bezeichnet. In beiden
Fällen besteht sie aus zwei Elementgruppen, einmal aus Namen und einer vox magica,
hier wird sie schlicht als dies (ply) bezeichnet. Das andere Mal sollen Namen und eine
Forderung aufgeschrieben werden, die Bezeichnung dafür lautet das Geschriebene (na
sh.w). Beide Bezeichnungen haben ihre Pendants in griechischen Anleitungen: xoöxo und
xd ypowpopeva.
Siehe Tabelle 9.15. für die Zusammenstellung der Bezeichnungen der Beschriftungen
der Gruppe Z.
104
9 - Beschriftung der Artefakte: Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe S
Tabelle 9.15. Bezeichnungen der Beschriftungen der Gruppe S
Sammelschrift
Datierung
Katalognummer
Referenz Quelle Anleitung
Bezeichnung Beschriftung
2./3. Jh. | 4. Jh.
SAP-G-VUI-G-006
PGM XII, 050, 52-53(7), 55(7), 57,
78-95
o yppCsic;; o Os^sic;; Xoyoc;
4. Jh.
SAP-G-V-G-032*
PGM IV, 2392-2394, 2398-2405
(koyoq) elliptisch
4. Jh.
SAP-G-V-G-035*
PGM IV, 2392-2393, 2398-2399,
2420-2422
(koyoq) elliptisch
4. Jh.
SAP-G-V-G-033*
PGM IV, 2392-2394, 2398-2405
(koyoq) elliptisch
4. Jh.
SAP-G-V-G-031*
PGM IV, 2392-2394, 2398-2405
(koyoq) elliptisch
4. Jh.
SAP-G-V-G-036*
PGM IV, 2392-2393, 2398-2399,
2422-2423
(koyoq) elliptisch
4. Jh.
SAP-G-V-G-034*
PGM IV, 2392-2393, 2398-2399,
2419-2420
(koyoq) elliptisch
4. Jh.
SAP-G-V-G-040*
PGM IV, 2392-2393, 2398-2399,
2427-2431
(koyoq) elliptisch
4. Jh.
SAP-G-V-G-039*
PGM IV, 2392-2393, 2398-2399,
2425-2427
(koyoq) elliptisch
4. Jh.
SAP-G-V-G-038*
PGM IV, 2392-2393, 2398-2399,
2424-2425
(koyoq) elliptisch
4. Jh.
SAP-G-V-G-037*
PGM IV, 2392-2393, 2398-2399,
2423-2424
(koyoq) elliptisch
4. Jh.
SAP-G-V-G-030*
PGM IV, 2392-2394, 2398-2405
(koyoq) elliptisch
4. Jh.
SAP-G-V-G-027*
PGM IV, 2392-2394, 2398-2405
(koyoq) elliptisch
4. Jh.
SAP-G-V-G-028*
PGM IV, 2392-2394, 2398-2405
(koyoq) elliptisch
4. Jh.
SAP-G-V-G-029*
PGM IV, 2392-2394, 2398-2405
(koyoq) elliptisch
4. Jh.
SAP-G-V-G-026*
PGM IV, 2392-2394, 2398-2405
(koyoq) elliptisch
3. Jh.
SAP-D-V-GH-001
PGM LXI pdm Ixi P. BMI0588
Recto, Kol. V, 1-6 plus mittlere Kol.
mit den aufzuschr. Namen (63-78)
dies (p3y)
4. Jh.
SAP-G-V-G-065
diverse; im Prinzip alle 96 Zeilen
diese Verse (toutous tou$ gtixous)
273. Jh. | 3. Jh.
SAP-D-X-D-001
P. Leiden 1 383, Kol. XIII, 13-17,
27-29
das Geschriebene (rß sh.w)
475. Jh.
SAP-G-X-G-010
PGM XXIIa, 11-14 (ÜP7HG?)
nicht erhalten, Preisendanz rekonstru¬
iert: Vers
4. Jh.
SAP-G-X-K-001
PGM 111,410,417,418-423
Tinte vollständig abgerieben
4. Jh.
SAP-G-V-G-013
PGM II, 10-11,21-35
ypacpopsva övopaxa; övopaxa iß' (nur
einmal abgekürzt geschrieben)
3. Jh.
SAP-G-V-G-011
PGM VII, 822-825, 844-845
0soö Ccovxoc; övopa xoöxo; xö övopa
3. Jh.
SAP-G-VUI-G-002
PGM VII, 652-660
KO'f obc; ßoö^si, [koivcx öoa] ßoöXsi
4. Jh.
SAP-G-V-G-025*
PGM IV, 2392-2394, 2398-2405
Xoyoq
273. Jh. | 4. Jh.
SAP-G-V-G-020
PGM XII, 365-375
Xoyoq
3. Jh.
SAP-G-V-G-060
PGM VII, 739-755
Xoyoq 6 ypacpopsvoq
4. Jh.
SAP-G-VUI-G-008
PGM IV, 2952-2954, 2956-2966
Xoyoq (abg.)
4. Jh. | 4. Jh.?
SAP-G-VUI-G-005
PGM V, 385-390, 423-434
Xoyoq (abg.); 7ipäypa (abg.) (das, was
der Praktizierende zu wissen wünscht),
axp^rj
4. Jh. | 4. Jh.?
SAP-G-V-G-004
PGM V, 381-385, 423-434
Xoyoc;; oxpXri
172. Jh.
SAP-G-XI-G-002
PGM LXXII, 6-13
övopa; 7ipdypaxoq, © 0s[Xsic;]
4. Jh.
SAP-G-V-G-064
PGM XXXVI, 167-177
oöxcoq
4. Jh.
SAP-G-X-G-002
PGM II, 64-73
xd ß' övopaxa, 5do övopaai
4. Jh.
SAP-G-V-G-041
PGM IV, 2505-2519
xd ypacpopsva xabxa
3. Jh.
SAP-G-VUI-G-001
PGM VII, 429-458
xd ypacp/ (Strich durch unteren Teil von
Phi); KO't, ö ßotiXsi ysvsoOai
4. Jh.
SAP-G-V-G-042
PGM IV, 1331-1338, 1380-1389
xö ös SKaxovxaypappaxov xoö
xDtpcovoc;; xö övopa xoöxo
4. Jh.
SAP-G-V-G-062
PGM IV, 3014-3018
xö ös (pDXaKxppiov
4. Jh.
SAP-G-VUY-G-004
PGM XIII, 888-911
xd C, xoöxo, xd s^rjc;
4. Jh.
SAP-G-VUY-G-009
PGM XIII, 888-911
xd C, xoöxo, xd s^fjc;
105
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
4. Jh.
SAP-G-V-G-046
PGM IV, 0778-790, 798-813
io ÖKxaypdppaxov ovopa; xd ovopa
TOUTO
4. Jh.
SAP-G-V-G-015
PGM XIII, 102-113
xo psya ovopa; xo ovopa xouxo
4. Jh.
SAP-G-V-G-016
PGM XIII, 658-670
xo psya ovopa; xouxo xo <övopa>; xo
ovopa TOUTO
4. Jh.
SAP-G-V-G-006
PGM IV, 1812-1829
xo £,upoc; xouxo; (xo ovopa)
475. Jh.
SAP-G-V-G-010
PGM 1, 276-295, 340
xd ovopaxa
3. Jh.
SAP-G-V-G-059
PGM VII, 486-490
xd ovopaxa xauxa
4. Jh.
SAP-G-V-G-005
PGM XIII, 320-322, 324-326
xo ovopa
4. Jh.
SAP-G-V-G-055
PGM IV, 0239-242, 244, 256-260
xo ovopa yp p, xo ftpcoTeuov ovopa xou
Tucpcovoc;
3. Jh.
SAP-G-VUI-G-004
PGM VII, 703-726
xo ovopa xoov V ypappaxcov, Tp/
(Strich durch unteren Teil des Rho) X',
KO'f öoa 0sXsic;
475. Jh.
SAP-G-VUI-G-010
PGM VIII, 54-63
xo ovopa xou 'Eppou; o 7ioisic; r\ o
0sXsic;; xo ovopa ypacpopsva; xd
psyaXa ovopaxa
4. Jh.
SAP-G-V-G-047
PGM IV, 1316-1322
xo ovopa xouxo; ypappaxa k5
3. Jh.
SAP-G-V-G-008
PGM VII, 359-362
to OTtoKaxco ovopa; Xoyoq 6
ypacpopsvoq
4. Jh.
SAP-G-VUI-G-003
PGM XXXVI, 361-371
xd imoKipeva, xa ypacpopsva xauxa,
Koiva
4. Jh.
SAP-G-V-G-018
PGM IV, 2217-2226, 2236-2238
xd Ttpooypacpopsva oi OTiyoi
4. Jh.
SAP-G-V-K-001
PGM IV, 0078-0082
xo 7ipoü7i:oKs{psvov ovopa; xa
ypacpopsva
5. Jh. | 576. Jh.
SAP-G-V-G-057
PGM CXXIV, 10-33
xd xpia co K(ai) xa psx ahxcov
273. Jh. | 4. Jh.
SAP-G-V-G-014
PGM XII, 179-181
xo xfjc; opyfjq ovopa xohxo
475. Jh.
SAP-G-V-G-044
PGM 1, 8-19
xd U7i:oKsipsva, xa ypacpopsva
273. Jh. | 4. Jh.
SAP-G-VUI-G-009
PGM XII, 107-114
xd imoKsipsva; ov 0sXsic; ov[sip07i:]
op7isuoai
475. Jh.
SAP-G-V-G-043
PGM 1, 232-247
xa 7ipoKsipsva ovopaxa, xa ypacpopsva
4. Jh.
SAP-G-V-G-009
PGM IV, 1071-1085
xauxa
4. Jh.
SAP-G-V-G-061
PGM IV, 1252-1264
xauxa
3. Jh.
SAP-G-XI-G-001
PGM VII, 1012-1016
xauxa
4. Jh.
SAP-G-VUI-G-007
PGM IV, 1846-1852
xauxa xa ovopaxa; a 0sXsic;
4. Jh.
SAP-G-V-G-003
PGM IV, 2140-2144
xauxa; yp iß r
4. Jh.
SAP-G-V-G-001
PGM IV, 3209-3254
xriv 7ipoysypappsvriv oxu^pv
ckucaXoupdvnv’AcppoSixriv;
yp(appaxa) ks; yp(appaxa) is (mehrere
Beschriftungseinheiten)
475. Jh.
SAP-G-X-G-009
PGM XXIIa., 7-9
touto<v> ton axiyov
9.2.5. Autark zu verwendende Artefakte mit S-Gruppen-Beschriftung
16 ausschließlich mit verschriftlichter Sprache zu beschriftende Artefakte aus sieben
Sammelschriften des 2.13. Jh. | 4. Jh. bis 5. Jh. | 5./6. Jh. werden autark verwendet. Ei¬
nes der Artefakte wird in Demotisch beschriftet, die übrigen in Griechisch.
Papyrus ist der einzige Schriftträger, der mehrfach genannt wird, insgesamt 7x in vier
Sammelschriften aus dem 2./3. Jh. | 4. Jh. bis 5. Jh. | 5./6. Jh. Auch die demotische
Beschriftung erfolgt auf Papyrus. Dreimal übernimmt das Papyrusartefakt eine heilende
Funktion, die übrigen Verwendungen umfassen ein Gedächtnismittel, eine Offenbarung,
Liebe und Trennung. Kein weiterer Schriftträger ist mehrfach überliefert.
Für 14 der Artefakte ist eine Funktion überliefert, einmal wird keine Angabe gemacht,
106
9 - Beschriftung der Artefakte: Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe S
eine andere Angabe ist unklar. Viermal übernimmt das Artefakt eine Heilfunktion, aller¬
dings in jedem Fall für ein anderes Problem (Auge, Gebärmutter, Kälte, Fieber). Eine
Offenbarung ist insgesamt dreimal das Ziel der Praxis, Schlaflosigkeit in zwei Fällen. Alle
anderen Angaben sind einmal überliefert.
Autark zu verwendende Artefakte werden sowohl mit einem einzigen Beschriftungsele¬
ment als auch mit Elementkombinationen beschriftet. Bis auf Homerverse sind sämtliche
Beschriftungselemente auch für die autarken Artefakte belegt. Voces magicae, Namen,
eine einzelne vox magica oder ein einzelner Name sind in 15 von 16 Fällen Teil der
Beschriftung. Nur das Demotisch beschriftete Artefakt enthält ausschließlich eine Forde¬
rung. Fünf weitere griechische Artefakte sind ebenfalls mit einer Forderung beschriftet,
drei davon zusätzlich mit einer Anrufung und weiteren Elementen.
9.2.6. Zusammenfassung der Gruppe S
93 Artefakte werden ausschließlich mit Elementen der Gruppe S beschriftet. Sie sind in
72 Anleitungen aus 21 Sammelschriften des 1./2. Jh. bis 5. Jh. | 5./6. Jh. überliefert. 69
der Anleitungen wurden in Griechisch verfasst, drei in Demotisch. In koptischen Anlei¬
tungen ist diese Art der Beschriftung nicht belegt. Die Sprache der Anleitungen kann von
der Sprache der Beschriftung abweichen. Insgesamt werden 88 Artefakte in Griechisch
beschriftet, zwei in Demotisch, zwei in Koptisch und eins in Griechisch-Hieratisch.
9.2.6.1. Wie sieht das individuelle und vergesellschaftete Vorkommen der inhaltlichen
Elemente der Beschriftungsgruppen aus?
Voces magicae stellen sowohl in der Gruppe der elementgruppenspezifisch auftreten¬
den Beschriftungselemente (18x), als auch in den Kombinationsgruppen (41 x) das am
häufigsten verwendete Beschriftungselement dar. Die beiden Elemente vox magica und
voces magicae treten in 37 von 52 Beschriftungen, die aus mehreren Elementgruppen
bestehen, in Verbindung mit einem oder mehreren Namen auf (71%). Dies belegt die
enge Verbindung der beiden Gruppen. Voces magicae kommen nicht nur in sämtlichen
Kombinationsgruppen vor, sondern werden auch mit sämtlichen Elementgruppen verge¬
sellschaftet.
Eine einzelne vox magica tritt zehnmal auf, dreimal davon elementgruppenspezifisch,
zweimal in Verbindung mit Namen und einmal zusammen mit Vokalen. In Kombination
mit einem einzelnen Namen tritt sie viermal auf, dreimal davon in Verbindung mit weite¬
ren Beschriftungselementen. Sie tritt nicht auf in Verbindung mit einer Anrufung, indivi¬
duellen Angaben und mit Homerversen.
Namen werden 30x als Beschriftungselement verwendet, davon lediglich zweimal elem¬
entgruppenspezifisch. Die enge Verbindung zu voces magicae wurde bereits weiter oben
107
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
erläutert. Namen kommen in Verbindung mit sämtlichen Beschriftungselementen vor.
Ein einzelner Name tritt in 23 Beschriftungen auf, zehnmal davon elementgruppenspezi¬
fisch. Am häufigsten kombiniert wird ein Name mit voces magicae. Er tritt mit Ausnahme
der Homerverse mit sämtlichen anderen Beschriftungselementen in Verbindung auf.
Werden die vier Elementgruppen vox magica, voces magicae, Name und Namen zu
einer einzigen Gruppe zusammengefasst, so werden 33 Artefakte ausschließlich mit ei¬
nem Element dieser Gruppe beschriftet, das sind 35% der 93 Artefakte.
Vokale werden insgesamt 17mal als Beschriftungselement verwendet. Zweimal treten
sie dabei elementgruppenspezifisch auf, in allen anderen Fällen sind sie mindestens mit
einer vox magica/voces magicae und/oder einem/mehreren Namen vergesellschaftet.
Mit Ausnahme der Homerverse kommen sie in Verbindung mit allen anderen hier be¬
sprochenen Beschriftungselementen vor.
Eine Forderung wird in 24 Anleitungen als Beschriftungselement genannt. Dabei tritt sie
ein einziges Mal elementgruppenspezifisch auf. In sämtlichen Kombinationen ist sie, wie
auch die Vokale, mit mind. einem der Elemente vox magica, voces magicae, Name oder
Namen vergesellschaftet. Sie kommt in Verbindung mit sämtlichen Beschriftungsele¬
menten außer den Homerversen vor.
Eine Anrufung tritt nicht elementgruppenspezifisch auf. Sie kommt neunmal in Vierer-,
Fünfer- und Sechserkombinationen vor. Sämtliche Anrufungen treten in Verbindung mit
voces magicae, einer Forderung und zusätzlich mit einem oder mehreren Namen auf,
nicht aber mit einer einzelnen vox magica und nicht mit Homerversen.
Identitätssätze treten ebenfalls nicht elementgruppenspezifisch auf. Sämtliche zehn Vor¬
kommen sind kombiniert mit voces magicae, Namen, einem einzelnen Namen oder ei¬
ner vox magica. In sechs der zehn Vorkommen ist der Identitätssatz sowohl mit Namen
als auch mit einer Forderung kombiniert.
Homerverse treten lediglich einmal in Verbindung mit voces magicae und Namen auf,
die übrigen drei Vorkommen sind mit keiner weiteren Elementgruppe vergesellschaftet.
Sämtliche zwölf Vorkommen individueller Angaben werden mit voces magicae kombi¬
niert. Sie treten zudem in Vergesellschaftung mit allen anderen Elementgruppen außer
den Homerversen auf.
Bis auf die Homerverse, die nur für das 4. - 4./5. Jh. überliefert sind, sind sämtliche Be¬
schriftungselemente spätestens seit dem 2. Jh. belegt (vox magica/voces magicae und
Name/Namen sind hierbei jeweils zusammengelegt). Die Elemente vox magica, voces
magicae und Vokale sind als einzige Elemente bis in das 5. Jh. | 5./6. Jh. nachweisbar,
108
9 - Beschriftung der Artefakte: Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe S
alle anderen Elemente lediglich bis in das 4./5. Jh.
Siehe Tabelle 9.16. zur Übersicht über das Vorkommen und die Verteilung der Beschrif¬
tungselemente der Gruppe S.
Tabelle 9.16. Vorkommen und Verteilung der Beschriftungselemente der Gruppe S
Anzahl
Beschriftung¬
selemente /
Häufigkeit =>
1/41
2/24
3/14
4/7
5/2
6/5
total
Anzahl
Sammel¬
schriften
Datierung
vox magica /
voces magicae
3/18
(21)
4/18
(22)
2/10
(12)
1/6(7)
-12 (2)
-15 (5)
69
5/15(20)
3.-5. Jh. | 576. Jh. /
2.-5. Jh. | 5./6. Jh.
Name / Namen
10/2
(12)
5/8(13)
4/10
(14)
3/4 (7)
-12 (2)
1/4 (5)
54
8/12(20)
1. /2. Jh.-4. Jh./
2. /3. Jh.-4./5. Jh.
Forderung
1
5
5
6
2
5
24
10
2. Jh.-4./5. Jh.
Vokale
4
4
4
3
1
3
19
9
273. Jh. - 5. Jh. | 576.
Jh.
individuelle
Elemente
-
2
3
1
1
5
12
7
1 .12. Jh. -4./5. Jh.
Identitätssatz
-
2
3
2
-
3
10
4
273. Jh. | 4. Jh. - 4. Jh.
Anrufung
-
-
-
2
2
4
8
5
273. Jh. -4. Jh.
Homerverse
3
-
1
-
-
-
4
2
4. Jh.-4./5. Jh.
9.2.6.2. Welche Schriftträger wurden verwendet, und lassen sich Verbindungen zwischen
Beschriftungselement/en und Schriftträger Herstellen?
24 unterschiedliche Materialien sind als Schriftträger überliefert, darunter elf, die auch
archäologisch nachweisbar sind 12 . Papyrus wird am häufigsten genannt, mit einigem Ab¬
stand gefolgt von Lorbeerblättern und Zinn. Papyrus und Lorbeerblätter sind die einzigen
Schriftträger, die sowohl in griechischen als auch in demotischen Anleitungen auftreten.
Von den mehrfach vorkommenden Schriftträgern können Papyri, Lorbeerblätter, Leinen,
Gold, Silber und Ostraka sowohl mit einem einzelnen Beschriftungselement, als auch
mit Kombinationen beschriftet werden. Muscheln und Wachsschriftträger werden aus¬
schließlich mit Elementkombinationen beschriftet.
Um Verbindungen zwischen Beschriftungselement/en und Schriftträger hersteilen zu
können, die auf eine hypothetische Grundgesamtheit übertragen werden könnten, ist die
vorhandene Datenmenge zu gering. Sämtliche mehrfach vorkommenden Schriftträger
werden mit voces magicae beschriftet, unabhängig von ihrer Materialität. Die generell
seltener als Beschriftungselement auftretende Anrufung ist nur auf den drei am häufigs¬
ten genannten Schriftträgern - Papyrus, Lorbeerblätter und Zinn - nachweisbar. Die bei¬
den Wachsschriftträger werden ausschließlich mit voces magicae, Name, Namen und
Vokalen beschriftet. Auf den drei Silbertäfelchen wurden keine Namen aufgeschrieben.
Auffällig ist, dass individuelle Elemente nur auf Papyrus und Lorbeerblättern nachweis¬
bar sind.
Die Untersuchung zeigt, dass voces magicae nicht nur das am häufigsten auftretende
Beschriftungselement darstellen, sondern auch als einziges Element materialübergrei-
12 In Tabelle 9.2.2.1. sind die Materialien, die archäologisch bisher nicht nachgewiesen sind, mit einem „*“ markiert.
109
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
fend für sämtliche mehrfach genannten Schriftträger belegt sind. Eine einzelne vox ma-
gicae, ein einzelner Name und Namen sind zwar für unterschiedliche, nicht jedoch für
alle mehrfach genannten Schriftträger nachweisbar. Die Trennung zwischen einer ein¬
zelnen vox magicae und voces magicae hat sich insofern bereits als sinnvoll erwiesen.
Es ist deutlich geworden, dass wesentlich häufiger mehrere voces magicae zusammen
verwendet werden, als eine einzelne vox magica. Bei der Verwendung der Elemente
Name und Namen ist der Unterschied nicht so deutlich. Da die Differenzierung jedoch
nicht antik ist, können aus diesem Ergebnis allein keine Schlussfolgerungen zur Inter¬
pretation der voces magicae gezogen werden.
Die Vielfalt unterschiedlicher überlieferter Schriftträger und die letztendlich geringe An¬
zahl mehrfach genannter Schriftträger ermöglicht darüber hinaus vorerst keine weiteren
Vorkommen als typisch zu klassifizieren. Siehe Tabelle 9.11. zur Übersicht über die do¬
kumentierten Schriftträger und Beschriftungselemente.
Tabelle 9.11. Schriftträger und Beschriftungselemente
Schriftträger (Anzahl) —>
Beschriftungselement
(Anzahl in Gruppe S) J.
Papyrus
(32)
Lorbeer¬
blätter
(6)
Zinn
(6)
Leinen
(3)
Gold
(3)
Silber
(3)
Muscheln
(2)
Ostraka
(2)
Wachs
(2)
vox magica / voces
magicae (10/59)
3/25
2/4
1/5
-12
-/I
-12
1/1
-12
-/I
Name / Namen (23/30)
4/7
1/3
1/4
-/3
-/I
- 1 -
1/1
-/I
1/1
Forderung (24)
7
1
3
1
1
-
1
-1
-
Vokale (19)
7
-
1
-
1
1
-
2
individuelle Angaben
(12)
3
1
-
-
-
-
-
-
Identitätssatz (10)
1
1
-
1
1
1
-
-
Anrufung (8)
2
1
1
-
-
-
-
1
-
Homerverse (4)
-
-
-
-
-
-
1
-
Anzahl
Sammelschriften
9
4
2
3
2
3
2
2
2
Datierung
2./3. Jh.
-5. Jh. |
5./6. Jh.
3. und 4.
Jh.
3. und 4.
Jh.
3. - 475.
Jh.
4. Jh.
4. Jh.
3. und 4.
Jh.
273. Jh. |
4. Jh.-5.
Jh. | 576.
Jh.
4. und 5.
Jh. | 576.
Jh.
9.2.6.3. Welche Funktionen werden genannt, und treten bestimmte Beschriftungselemente
AUSSCHLIESSLICH IM KONTEXT BESTIMMTER FUNKTIONEN AUF?
Das Bedürfnis nach Schutz ist am häufigsten in der S-Gruppe nachweisbar, Liebe/Sex,
Offenbarung und Heilung folgen. Im Kontext sämtlicher mehrfach dokumentierter Funk¬
tionen eines Artefakts treten Namen, eine Forderung und voces magicae oder eine ein¬
zelne vox magica als Beschriftungselemente auf. Die regelmäßige Verwendung einer
Forderung ist überraschend. Sie kommt mit sämtlichen mehrfach überlieferten Funktio¬
nen vor, wird jedoch nicht in jedem Fall verwendet. Ein einziges Mal ist ein Identitätssatz
in der Gruppe der mehrfach vorkommenden Funktionen in Verbindung mit einer Schutz¬
funktion überliefert, Homerverse einmalig im Kontext einer Offenbarungspraxis.
110
9 - Beschriftung der Artefakte: Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe S
Die Angabe der Anzahl der einzelnen Elemente innerhalb der Gruppe S und die An¬
zahl ihres jeweiligen Vorkommens in funktionsbezeichneten Kontexten macht bereits
deutlich, dass jedes einzelne Beschriftungselement auch in Verbindung mit Funktionen
auftritt, die lediglich einmal überliefert sind. Die Untersuchung der Kontextualisierung
von Funktion und Beschriftungselement/en zeigt, dass sämtliche Beschriftungselemente
funktionsübergreifend verwendet werden konnten.
Auch hier muss wieder die geringe Überlieferungsanzahl berücksichtigt werden. Weitere
Aussagen lassen sich vorerst nicht treffen. Siehe Tabelle 9.17. zur Übersicht über die
Funktionen und Beschriftungselemente.
Tabelle 9.17. Funktionen und Beschriftungselemente
Funktionen (Anzahl) — »
Beschriftungselement
(Anzahl in Gruppe S) j
Schutz (11)
Liebe/Her¬
beiführung (4)
Offenbarung (4)
Heilung (4)
Schlaflosigkeit
(2)
vox magica / voces magi¬
cae (10/59)
1/7
-14
-12
2/1
1/-
Name / Namen (23/30)
-13
2/1
-12
2/1
1/1
Forderung (24)
3
4
1
1
1
Vokale (19)
3
2
1
-
-
individuelle Angaben (12)
-
1
1
-
1
Identitätssatz (10)
1
-
-
-
-
Anrufung (8)
-
2
1
1
-
Homerverse (4)
-
-
1
-
-
Anzahl Sammelschriften
3
2
2
2
1
Datierung
3. und 4. Jh.
2./3. Jh.-4. Jh.
3. und 4. Jh.
3. Jh. und 5. Jh. |
5./6. Jh.
3. Jh.
9.2.6.4. Wie werden einzelne Beschriftungselemente bezeichnet, und wurden die Bezeich¬
nungen ELEMENTSPEZIFISCH ODER ELEMENTÜBERGREIFEND VERWENDET?
Die beiden Termini övopa/ovopaTa werden - zusammengenommen - am häu¬
figsten zur Bezeichnung von Beschriftungselementen verwendet, touto
und Torika folgen, wobei tama häufig und tooto ausschließlich in Verbindung mit den an¬
deren hier besprochenen Bezeichnungen Vorkommen. A,6yoq wird neunmal verwendet,
ypaipopeva sechsmal und oTnA,ri dreimal verwendet. Der Terminus cpuA,aKTijpvov wird hier
besprochen, da er in den, weiter unten erörterten, koptischen Anleitungen eine wichtige
Rolle spielt. Siehe Tabelle 9.18. zur Übersicht über das Vorkommen der verschiedenen
Bezeichnungen der Beschriftungselemente.
Tabelle 9.18. Vorkommen der verschiedenen Bezeichnungen der Beschriftungselemente
Bezeichnung
ovopa
ovopaxa
xouxo/xauxa
Xoyoq
ypacpopsva
GTT\h\
cpi)A,aKXTipiov
Häufigkeit
14
7
10/8
9
6
3
1
Wird der Terminus ovopa als einzige Bezeichnung für die Beschriftung verwendet (ab¬
gesehen von individuellen Beschriftungsangaben), werden mit ihm fünf unterschiedliche
Elemente bezeichnet: vox magica, voces magicae, Name, Namen und Vokale. Zweimal
bezeichnet er einen Namen zusammen mit voces magicae, einmal Namen und voces
in
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
magicae. Auch hier wird wieder die enge Verbindung der beiden Elemente im antiken
Verständnis erkennbar. Keine anderen Beschriftungselemente treten mit der alleinigen
Verwendung des Terminus auf.
Mit dem Terminus ovopaxa werden vier Beschriftungselemente bezeichnet: vox magica,
voces magicae, Name und Namen. Wie auch die Singularform wird die Pluralform für
keine weiteren Beschriftungselemente verwendet, wenn sie als alleinige Bezeichnung
auftritt.
Die alleinige Verwendung des Terminus Xoyoq tritt auf zur Bezeichnung von voces magi¬
cae, zur Bezeichnung der Gruppe mit Namen, voces magicae und Vokalen, der Gruppe
mit Namen, voces magicae, Forderung und Anrufung und der Gruppe mit Namen, voces
magicae, Forderung, Anrufung und Identitätssatz. Ein aufzuschreibender ’koyoq kann ent¬
sprechend sowohl aus einer Auflistung, als auch aus einer Kombination aus Auflistungs¬
elementen, Anrufung und Forderung bestehen. Die Bezeichnung wird nicht verwendet
für Beschriftungen, die ausschließlich aus einer Forderung und/oder Anrufung bestehen.
ypacpopeva wird für die Bezeichnung von Vokalen, der Gruppe voces magicae mit einer
Forderung und der Gruppe voces magicae mit einer Forderung, einer Anrufung sowie ei¬
nem Identitätssatz verwendet. Der Terminus wird zweimal zur Bezeichnung einer Grup¬
pe von Beschriftungslementen verwendet, einmal für ein allein auftretendes Element.
Ein allein verwendetes xorika bezeichnet einmal voces magicae, ein anderes Mal voces
magicae zusammen mit einer Forderung, xorika wird auch zur Bezeichnung einer Vie¬
rerkombination aus Namen, voces magicae, Forderung und Identitätssatz, sowie einer
Fünferkombination aus Namen, voces magicae, Forderung, Anrufung in Verbindung mit
individuellen Angaben verwendet. Wie der Terminus ypacpopeva wird auch mma sowohl
zur Bezeichnung einer Gruppe von Beschriftungslementen verwendet, als auch für ein
allein auftretendes Element.
Der einmalig in der S-Gruppe auftretende Terminus qnAaicxiipiov bezeichnet eine Kombi¬
nation aus Namen und voces magicae.
Sämtliche mehrfach überlieferten Bezeichnungen wurden elementübergreifend verwen¬
det, wobei jedoch eingeschränkt werden muss, dass voces magicae und Namen eine
zeitgenössische Kategorisierung darstellen, die für die Antike bisher nicht klar belegt
ist. Legt man die vier Elementbezeichnungen vox magica, voces magicae, Name und
Namen zusammen, zeigt sich ein etwas anderes Bild. In dem Fall wird der Singular
ovopazur Bezeichnung mind. eines dieser Elemente verwendet und einmal zur Bezeich¬
nung von Vokalen. Der Plural ovopaxa bezeichnet ausschließlich Elemente aus der zu¬
sammengefassten Gruppe. In keiner Anleitung wird einer der beiden Termine eindeutig
dazu verwendet, eine Forderung, eine Anrufung oder eins der übrigen Elemente zu be¬
zeichnen, so dass ovopa und ovopaxa in den Fällen, da sie als einzige Bezeichnung für
eine Beschriftung verwendet wurden, und wenn man gewillt ist, die o.g. vier Elemente
zusammenzulegen, als elementspezifisch bezeichnet werden können. Dieses Ergebnis
112
9 - Beschriftung der Artefakte: Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe S
ist relevant für die weiter unten vorgenommene „Onoma-Diskussion“, bei der es um die
unklare Identifizierung der einzelnen Beschriftungselemente in einigen Anleitungen geht.
Es fällt auf, dass die Singularform ovojia bereits in der frühesten (für die hier vorgenom¬
menen Untersuchungen relevanten) Sammelschrift aus dem 1./2. Jh. überliefert ist, im
Gegensatz zur Pluralform, die erst seit dem 3. Jh. belegt ist. Allerdings bleibt zu Beden¬
ken, dass die Datierung der frühen Sammelschrift auf den zu Flickzwecken verwendeten
Papyrifragmenten basiert, und dass für diese keinerlei Informationen zu ihrer Umlaufzeit
und zu der Zeitspanne zwischen Entsorgung und Wiederverwendung vorliegen.
Bis auf ypa(p6peva ist keine Bezeichnung nach dem 4. Jh. für Beschriftungen der Gruppe
S überliefert. Der späteste Beleg für ypa(po|aeva wird in das4./5. Jh. datiert. Siehe Tabelle
9.19. zur Übersicht über die eindeutig einer einzelnen Bezeichnung zuzuordnende Be¬
schriftungselemente.
Tabelle 9.19. Eindeutig einer einzelnen Bezeichnung zuzuordnende Beschriftungselemen¬
te
Bezeichnung (Anzahl) —>
Beschriftungselement
(Anzahl in Gruppe S) |
övopa
ovopaxa
Xoyoc;
ypacpopsva
xauxa
CpD^aKTlipiOV
vox magica
1
-
-
-
-
-
voces magicae
3
1
1
-
1
-
Name
2
-
-
-
-
-
Namen
-
-
-
-
-
-
Vokale (19)
1
-
-
1
-
-
Name + vox magica
-
-
-
-
-
-
Name + voces magicae
2
1
-
-
-
-
Namen + vox magica
-
1
-
-
-
-
Namen + voces magicae
1
2
-
-
-
1
Namen + voces magicae
+ Vokale
-
-
1
-
-
-
voces magicae +
Forderung
-
-
-
1
1
-
Namen + voces magicae
+ Forderung + Anrufung
-
-
1
-
-
-
Namen + voces magicae
+ Forderung + Iden¬
titätssatz
-
-
-
-
1
-
Namen + voces magicae
+ Forderung + Anrufung
+ individuelle Angaben
-
-
-
-
1
-
voces magicae + Name
+ Vokale + Forderung +
Anrufung
-
-
-
1
-
-
Namen + voces magicae
+ Forderung + Anrufung
+ Identitätssatz
1
Forderung (24)
-
-
individuelle Angaben (12)
-
-
Identitätssatz (10)
-
-
Anrufung (8)
-
-
Homerverse (4)
-
-
Anzahl Sammelschriften
5
4
3
4
2
1
Datierung
172. Jh. - 4.
Jh.
3.-4V5. Jh.
273. Jh. | 4.
Jh. -4. Jh.
3.-475. Jh.
3.-4. Jh.
4. Jh.
113
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
9.2.6.5. Wie werden autark zu verwendende Artefakte beschriftet, und unterscheidet sich
ihre Beschriftung von der Beschriftung der übrigen Artefakte?
Weder in der Zusammensetzung der S-Gruppen-Beschriftung, noch in der Wahl der
Schriftträger unterscheiden sich autark zu verwendende Artefakte von den eingebunde¬
nen wesentlich. Bei den Funktionen zeichnet sich ab, dass sie, wenn ausschließlich mit
Schrift beschriftet, gerne als Heilmittel und zu Offenbarungszwecken verwendet wurden.
Interessant ist hier, dass Offenbarungen auch häufig im Kontext übergeordneter Praxen
erlangt werden sollen, im Gegensatz zu Heilung, die nur selten mittels einer ÜP gewon¬
nen wird.
114
9 - Beschriftung der Artefakte: Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe Z
9.3. Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe Z
9.3.i. Übersicht Gruppe Z
Aus zehn Sammelschriften des 2.13. Jh. | 3. Jh. bis 5. Jh. | 5./6. Jh. sind 16 Anleitungen
zur Beschriftung von 18 Artefakten ausschließlich mit Zauberzeichen überliefert. 7% der
268 bearbeiteten Artefakte können entsprechend der Gruppe Z zugeordnet werden. 15
der Artefakte werden in griechischen, drei in demotischen Anleitungen beschrieben. In
zwei weiteren Anleitungen ist unklar, ob zusätzlich zu den Zauberzeichen auch ein Be¬
schriftungselement der Gruppe S Teil der Beschriftung sein soll 1 . Diese beiden Artefakte
werden daher nicht in die Untersuchungen einbezogen.
9.3.ii. Typologie der Zauberzeichen
Der hier durchgeführten Untersuchung der Zauberzeichen liegt eine Studie zugrunde,
die auf 94 archäologischen und papyrologischen Quellen basiert, in denen Zauberzei¬
chen angewendet oder deren Anwendungen beschrieben werden 2 . In diesen 94 Quellen
treten 699 unterschiedliche Zauberzeichen insgesamt 943x auf, darunter fünf unvoll¬
ständig erhaltene Typen. Sie können in neun formal differenzierte Gruppen unterteilt
werden, die kurz vorgestellt werden 3 . Die Illustrationen der Zeichen wurden von der Au¬
torin angefertigt.
Gruppe 1: Kringel
Gruppe 1 umfasst Zeichen, die mindestens einen Kringel an mindestens einem Linie¬
nende aufweisen. Ein Kringel muss dabei mit einer Linie verbunden sein. Die Gruppe
kann bisher in zehn Untergruppen untergegliedert werden, die an der Anzahl der Kringel
orientiert sind. Gl-01 umfasst Zeichen, die einen Kringel aufweisen, Gl-02 Zeichen mit
zwei Kringeln usw. In Gl-u werden Zeichen einsortiert, die Kringel enthalten, jedoch un¬
vollständig oder unleserlich überliefert sind und deren genauere Eingruppierung daher
nicht möglich ist.
Beispiele:
Zauberzeichen der Gruppe 1 treten in zehn der 16 Anleitungen in acht Sammelschriften
des 2.13. Jh. | 3. Jh. bis 5. Jh. | 5./6. Jh. als Beschriftungselemente auf. Einmal werden
1 SAP-G-VUYA-Z-001 und SAP-G-VUYA-Z-002.
2 Siehe K. Dzwiza, The Catalogue and Statistical Analysis of the Charakteres Project: A First Introduction, in: M. Pira-
nomonte, F. M. Simon, Contesti Magici, Contextos Magicos, Rom 2012, 307-308.
3 Diese vorläufigen Ergebnisse basieren überwiegend auf den publizierten Umzeichnungen der Quellen. Je weiter die
Sichtung der Originale fortschreitet, umso deutlicher wird, dass die Zauberzeichen häufig fehlerhaft umgezeichnet
wurden. Für die im Verlauf dieser Arbeit untersuchten 50 Artefakte, die eine Verwendung von Zauberzeichen doku¬
mentieren, konnten jedoch 44 anhand von Photographien oder im Original untersucht werden.
115
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
sie elementgruppenspezifisch verwendet, ansonsten kommen sie ausschließlich mit an¬
deren Gruppen vergesellschaftet vor.
Gruppe G2: Kugeln
Gruppe 2 werden Zeichen zugeordnet, die Kugelelemente beinhalten. Ausgeschlossen
sind einzelne Kugeln, diese werden Gruppe 4 "geschlossene Elemente" zugewiesen.
Beispiel:
Zauberzeichen der Gruppe 2 treten ein einziges Mal in einer Anleitung aus einer Sam¬
melschrift des 4. Jh. auf. In der Beschriftung werden sie mit weiteren Zauberzeichen¬
gruppen vergesellschaftet.
Gruppe G3: Punkte
Aus Gruppe 3 sind keine Zauberzeichen in Beschriftungen der Gruppe Z nachweisbar.
Gruppe G4 geschlossene Elemente
In Gruppe 4 werden Zeichen einsortiert, die ein geschlossenes Element darstellen.
Beispiele:
Zauberzeichen der Gruppe 4 erscheinen in zehn Anleitungen aus sechs Sammelschrif¬
ten des 2./3. Jh. | 3. Jh. bis 4. Jh. Einmal werden sie ohne weitere Zauberzeichengrup¬
pen verwendet, ansonsten treten sie in Vergesellschaftung mit weiteren Zauberzeichen¬
gruppen auf.
Gruppe G5 separate Striche
Die Zeichen in Gruppe enthalten als typisches Kennzeichen einen separaten Strich, der
oberhalb oder unterhalb des Zeichens gezogen werden kann. Häufig gleichen die Zei¬
chen griechischen Buchstaben, sind jedoch nicht als bekannte Worte lesbar.
116
9 - Beschriftung der Artefakte: Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe Z
Beispiele:
z n
ln zwei Beschriftungen treten Zauberzeichen der Gruppe 5 auf, beide Male in Verbin¬
dung mit anderen Zauberzeichengruppen. Die dazugehörigen Anleitungen finden sich in
zwei Sammelschriften des 4. Jh.
Gruppe G6 Elemente
Gruppe 6 enthält Zauberzeichen, die ausschließlich aus Linienelementen zusammenge¬
setzt sind und keine der vorherigen Gruppen zugeordnet werden können. Wie Gruppe 1
wird auch Gruppe 6 weiter untergliedert, abhängig von der Anzahl an Linienelementen,
die zusammengesetzt ein Zeichen ergeben. Zeichen aus der Gruppe G6-01 bestehen
aus einer einzelnen Linie, Zeichen der Gruppe G6-02 aus zwei Linien usw.
Beispiele:
Innerhalb der Beschriftungen der Gruppe Z sind Zauberzeichen der Gruppe 6 am häu¬
figsten belegt. 15x treten sie in neun Sammelschriften aus dem 2./3. Jh. | 3. Jh. bis 4./5.
Jh. auf. Dreimal werden sie dabei elementgruppenspezifisch verwendet, in den übrigen
Fällen erscheinen sie vergesellschaftet mit anderen Zauberzeichengruppen.
Gruppe G7 kleine Elemente
Aus Gruppe 7 sind keine Zauberzeichen in Beschriftungen der Gruppe Z nachweisbar.
Gruppe G8 Hieroglyphen / hieroglyphenähnliche Zeichen
Aus Gruppe 8 sind keine Zauberzeichen in Beschriftungen der Gruppe Z nachweisbar.
Gruppe Gu unklare Zuordnung
In zehn Anleitungen können nicht sämtliche Zauberzeichen eindeutig identifiziert und
zugeordnet werden.
117
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
9.3.1. Individuelles und vergesellschaftetes Vorkommen der Beschriftungsele¬
mente der Gruppe Z
Insgesamt werden 207 Zauberzeichen verwendet, in den Beschriftungen treten sie so¬
wohl gruppenspezifisch als auch gruppenübergreifend auf. Am häufigsten sind Zeichen
der Gruppe G6 nachweisbar. Die Verteilung auf die einzelnen Gruppen wird in Tabelle
9.20. dargestellt. Es wird die Häufigkeit der Zauberzeichen einer Gruppe angegeben,
nicht die Anzahl unterschiedlicher Typen.
Tabelle 9.20. Verteilung der Zauberzeichen innerhalb der Gruppe Z auf die einzelnen Grup¬
pen (linker Wert: Anzahl Vorkommen in Anleitungen, rechter Wert: Anzahl Zauberzeichen)
Gruppe 1
Kringel
Gruppe 2
Kugeln
Gruppe 3
Punkte
Gruppe 4
geschlossene
Elemente
Gruppe 5
separate
Striche
Gruppe 6
Elemente
Gruppe
7 kleine
Elemente
Gruppe 8
Hieroglyphen
Gruppe 9
unklar
10/29
1/1
-/-
10/30
2/5
15/116
-/-
-/-
6/26
9.3.1.1. Individuell auftretende Zauberzeichengruppen
Sechs der 18 Artefakte der Z-Gruppe werden mit Zauberzeichen aus einer einzigen
Gruppe beschriftet: Gruppe 6 "Elemente" tritt viermal auf, Gruppe Gl "Kringel" und
Gruppe G4 "geschlossene Elemente" je einmal. Die dazugehörigen Anleitungen finden
sich in fünf verschiedenen Sammelschriften, die zwischen das 2./3. Jh. | 4. Jh. und 5. Jh.
| 5./6. Jh. datiert werden. In einer weiteren Beschriftung treten neben Zeichen aus der
Gruppe Gl Zeichen auf, die nicht eindeutig lesbar sind und keiner Gruppe zugewiesen
werden können. Dadurch könnte die Beschriftung sowohl aus Zeichen einer einzelnen,
als auch aus Zeichen mehrer Gruppen zusammengesetzt sein.
Tabelle 9.21. Vorkommen in Anleitungen insgesamt (linker Wert) und alleiniges Auftreten
in einer Anleitung (rechter Wert) der untersuchten Beschriftungselemente (sortiert nach
Häufigkeit des alleinigen Auftretens)
Gruppe 1
Kringel
Gruppe 2
Kugeln
Gruppe 3
Punkte
Gruppe 4
geschlossene
Elemente
Gruppe 5
separate
Striche
Gruppe 6
Elemente
Gruppe
7 kleine
Elemente
Gruppe 8
Hieroglyphen
10/1
1/-
-/-
10/1
21 -
15/4
-/-
-/-
9.3.1.2. Vergesellschaftetauftretende Beschriftungselemente
Die Mehrheit der Zauberzeichen wird elementgruppenübergreifend verwendet. In sechs
Beschriftungen finden sich Zeichen, die nicht eindeutig einer Gruppe zugewiesen wer¬
den können (darunter auch die bereits o.g. Beschriftung). Genaue Angaben zur Verge¬
sellschaftung sind entsprechend in sechs Fällen möglich.
Beschriftungen aus vergesellschafteten Zauberzeichengruppen bestehen aus mind.
zwei und max. vier unterschiedlichen, eindeutig bestimmbaren Zauberzeichengruppen.
In einem Fall einer Viererkombination könnte aufgrund einer unklaren Bestimmung noch
118
9 - Beschriftung der Artefakte: Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe Z
eine weitere Gruppe hinzukommen.
Sechs der 18 Artefakte werden elementgruppenspezifisch beschriftet, bei weiteren
sechs können nicht sämtliche Element eindeutig bestimmt werden. Von den verbleiben¬
den sechs Artefakten enthalten sämtliche Beschriftungen mindestens ein Zeichen der
Gruppe 6, fünf Beschriftungen enthalten mindestens ein Zeichen der Gruppe G4 zusam¬
men mit einem Zeichen der Gruppe Gl.
Zeichen der Gruppe Gl treten mit sämtlichen anderen Zeichengruppen, die innerhalb der
Beschriftungsgruppe Z Vorkommen, vergesellschaftet auf, ebenso Zeichen der Gruppen
G4 und G6. Zeichen der Gruppen G2 und G5 erscheinen nicht zusammen, allerdings
ist die Gruppe G2 auch nur in einem einzelnen Fall als Z-Gruppen-Element überliefert.
Die größte Anzahl an Zauberzeichen innerhalb einer Beschriftung findet sich in der de¬
motischen Anleitung zu insgesamt drei Artefakten mit unterschiedlichen Funktionen und
teilweise unterschiedlichen Schriftträgern. Dieses Ergebnis ist überraschend, da die ent¬
sprechende Anleitung gleichzeitig die einzige demotische ist, die typische Zauberzei¬
chen enthält. Bei der einzigen weiteren demotischen Anleitung, die Angaben zu einer
Beschriftung mit Zauberzeichen und einer vox magica enthält, sind drei der fünf zu ver¬
wendenden Zeichen hieroglyphenähnlich.
Aufgrund der geringen Anzahl überlieferter Zeugnisse der Z-Gruppe werden die verge¬
sellschaftet auftretenden Zauberzeichengruppen - anders als bei der Darstellung der
S-Gruppe - in einer einzigen Tabelle zusammengefasst.
Tabelle 9.22. Vorkommen und Verteilung der Zauberzeichen der Gruppe Z (Wert: Anzahl
der Zauberzeichen)
Katalognummer
Gruppe 6
Gruppe 4
Gruppe 1
Gruppe 5
Gruppe 2
Gruppe
unklar
Sammelschrift
Datierung
SAP-G-V-Z-011
12
4
3
2
6
4. Jh.
SAP-G-V-Z-012
11
2
1
1
4. Jh.
SAP-G-V-Z-007
2
2
2
1
3. Jh.
SAP-D-V-Z-002 (Fl)
19
5
2
273. Jh. | 3. Jh.
SAP-D-V-Z-002 (F2+3)
19
5
2
273. Jh. | 3. Jh.
SAP-D-V-Z-001
19
5
2
273. Jh. | 3. Jh.
SAP-G-V-Z-004
5
1
3
4. Jh.
SAP-G-V-Z-005
5
3
2
3. Jh.
SAP-G-X-Z-001 Ml-3/3
2
5
4. Jh.
SAP-G-V-Z-010
8
2
1
3. Jh.
SAP-G-V-Z-006
3
5
475. Jh.
SAP-G-V-Z-003
1
4. Jh.
SAP-G-V-Z-002
1
4. Jh.
SAP-G-V-Z-001 Ml-2/2
8
273. Jh. | 4. Jh.
SAP-G-V-Z-013
1
4. Jh.
SAP-G-V-Z-008
3. Jh.
SAP-G-V-Z-009
r 2
5. Jh. | 576. Jh.
SAP-G-X-Z-002 Ml-2/2
3
3
4. Jh.
119
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
9.3.2. Schriftträger der Gruppe Z
16 unterschiedliche Schriftträger sind für die 18 hier besprochenen Artefakte überliefert,
für zwei Artefakte werden dabei zwei mögliche Materialien genannt (Beifuß oder Pa-
sitheawurzel, Lorbeer- oder Olivenholz), für eines sogar drei (Gold, Silber oder Zinn).
Papyrus und Silber sind die einzigen Materialen, die in mehreren - ausnahmslos grie¬
chischen -Anleitungen genannt werden: Silber dreimal, Papyrus zweimal. Ein Schilfblatt
wird in einer demotischen Anleitung für unterschiedliche Funktionen einmal im Rahmen
einer ÜP, das andere Mal als autarkes Artefakt verwendet. Siehe Tabelle xxx zur Über¬
sicht über die überlieferten Schriftträger.
Alle drei Silberartefakte - aus drei unterschiedlichen Sammelschriften - werden mit Zau¬
berzeichen der Gruppen G4 "geschlossene Elemente" und G6 "Elemente" beschriftet,
einmal ergänzt durch Zeichen der Gruppe Gl "Kringel", das andere Mal durch Kugelzei¬
chen der Gruppe G2. Für das dritte Täfelchen sind Zeichen angegeben, die nicht ein¬
deutig gelesen werden können, eine klare Identifizierung der vollständigen Beschriftung
ist daher nicht möglich.
Die beiden Papyrusartefakte aus zwei unterschiedlichen Sammelschriften werden ein¬
mal ausschließlich mit Zeichen der Gruppe Gl "Kringel" beschriftet, das andere Mal mit
Zeichen der Gruppen Gl und G6 sowie nicht eindeutig zu identifizierenden Zeichen.
Weitere Untersuchungen der individuellen Zauberzeichengruppen in Verbindung mit den
Schriftträgern führt aufgrund der geringen Anzahl überlieferter Anleitungen zu Artefakten
mit Z-Beschriftung und der teilweise unsicheren Zuweisung einiger Zauberzeichen zu
keinen ergänzenden aussagekräftigen Ergebnissen.
Siehe Tabelle 9.23. für eine Zusammenstellung der Materialität der Schriftträger der Be¬
schriftungsgruppe Z.
Tabelle 9.23. Materialität der Schriftträger der Beschriftungsgruppe Z
Ein „*“ hinter einer Materialbezeichnung kennzeichnet Materialien, die archäologisch bis¬
her nicht nachgewiesen sind.
Sammelschrift
Datierung
Referenz Anleitung
Katalognummer
Artefakt Material
2./3. Jh. | 4. Jh.
PGM XII, 397-400
SAP-G-V-Z-001 Ml-2/2
Beifuß* oder Pasitheawurzel*
2./3. Jh. | 3. Jh.
P. Leiden 1 383 Verso Kol. XVII, 2, 6-8
SAP-D-V-Z-001
Boden*
4. Jh.
PGM II, 26-27
SAP-G-V-Z-002
Boden*
4. Jh.
PGM II, 40-42
SAP-G-V-Z-003
Fünffingerkraut*
4. Jh.
PGM IV, 1877-1893, 1898-1927
SAP-G-V-Z-004
Gemisch: Pech, Bienen¬
wachs, Keuschbaum, Manna*
4. Jh.
PGM III, 295-300
SAP-G-X-Z-001 Ml-3/3
Gold, Silber oder Zinn
3. Jh.
PGM VII, 208-209
SAP-G-V-Z-005
Leinen
4./5. Jh.
PGM 1, 263-276, 279-280, 334-338
SAP-G-V-Z-006
Lorbeer*
4. Jh.
PGM III, 290-297
SAP-G-X-Z-002 Ml-2/2
Lorbeer- oder Olivenholz*
3. Jh.
PGM VII, 213-214
SAP-G-V-Z-008
Oliven-/Ölblatt*
5. Jh. | 5./6. Jh.
PGM CXXIV, 14-16
SAP-G-V-Z-009
Papyrus
3. Jh.
PGM VII, 193-196
SAP-G-V-Z-010
Papyrus
120
9 - Beschriftung der Artefakte: Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe Z
2 . 13 . Jh. | 3. Jh.
P. Leiden 1 383 Verso Kol. XVII, 2,
5-6, 8
SAP-D-V-Z-002 (Fl)
Schilfblatt*
2./3. Jh. | 3. Jh.
P. Leiden 1 383 Verso Kol. XVII, 1-4
SAP-D-V-Z-002 (F2+3)
Schilfblatt*
4. Jh.
PGM XXXVI, 275-281 (ÜP7HG?)
SAP-G-V-Z-011
Silber
4. Jh.
PGM IV, 2705-2707
SAP-G-V-Z-012
Silber
3. Jh.
PGM LXII, 40-42
SAP-G-V-Z-007
Magnetstein
9.3.3. Funktionen der Gruppe Z
Für acht der 18 Artefakte ist eine einzelne Funktion angegeben, zu zwei weiteren wer¬
den mehrere Funktionen genannt, sodaß zehn Artefakte mit einer Beschriftung, die aus¬
schließlich aus Zauberzeichen besteht, funktionsbezeichnet sind. Die Artefakte sind in
einer demotischen und neun griechischen Anleitungen aus sieben Sammelschriften des
273. Jh. | 3. Jh. bis 475. Jh. überliefert.
Schutz und Heilung werden je dreimal genannt, Gunst zweimal. Weitere Funktionen
sind das Senden und Erhalten von Träumen, ein Gedächtnismittel und einmal Freund¬
schaft und Bewunderung. Fünf Artefakte werden autark verwendet, darunter alle drei
zu Heilzwecken vorgeschriebene Artefakte wie auch die beiden Artefakte mit mehreren
Funktionen. Siehe Tabelle 9.24. zur Übersicht über die Funktionen der Artefakte der Be¬
schriftungsgruppe Z.
Tabelle 9.24. Funktionen der Artefakte der Beschriftungsgruppe Z
Sammelschrift
Datierung
Referenz Anleitung
Funktion Artefakt
Katalognummer
2 . 13 . Jh. | 4. Jh.
PGM XII, 397-400
mehrere Funktionen - Gunst,
Freundschaft und Be¬
wunderung
SAP-G-V-Z-001 Ml-2/2
2 . 13 . Jh. | 3. Jh.
P. Leiden 1 383 Verso Kol. XVII, 1-4
mehrere Funktionen -
Träume zu erhalten, Träume
zu senden
SAP-D-V-Z-002 (F2+3)
4. Jh.
PGM 11,40-42
Gedächtnismittel
SAP-G-V-Z-003
4. Jh.
PGM XXXVI, 275-281 (ÜP7HG?)
Gunst
SAP-G-V-Z-011
3. Jh.
PGM VII, 208-209
Heilung (Brust)
SAP-G-V-Z-005
3. Jh.
PGM VII, 213-214
Heilung (Fieber)
SAP-G-V-Z-008
3. Jh.
PGM VII, 193-196
Heilung (Skorpionstich)
SAP-G-V-Z-010
4. Jh.
PGM IV, 1252-1264
Schutz (unspezifiziert)
SAP-G-V-Z-013
4. Jh.
PGM IV, 2705-2707
Schutz (unspezifiziert)
SAP-G-V-Z-012
4./5. Jh.
PGM 1, 263-276, 279-280, 334-338
Schutzmittel der Handlung
SAP-G-V-Z-006
Zu zwei Artefakten aus einer demotischen Anleitung und sechs Artefakten aus fünf grie¬
chischen Anleitungen wird keine Funktion angegeben. Die sechs Sammelschriften wer¬
den in das 273. Jh. | 3. Jh. bis 5. Jh. | 576. Jh. datiert. Sämtliche Artefakte sind jeweils in
eine ÜP eingebunden, deren Funktionen überliefert, bzw. in einem Fall rekonstruierbar
sind: 3x Offenbarung, 2x Liebe/Herbeiführung, Ix ein Schadenzauber (anhand des In¬
halts rekonstruiert).
Siehe Tabelle 9.25. Funktionen der übergeordneten Praxen bei funktionsunbezeichne-
ten Artefakten der Beschriftungsgruppe Z.
121
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Tabelle 9.25. Funktionen der übergeordneten Praxen bei funktionsunbezeichneten Artefak¬
ten der Beschriftungsgruppe Z
Sammelschrift
Datierung
Referenz Hauptpraxis
Funktionen ÜP
Katalognummer
5. Jh. | 576. Jh.
PGM CXXIV, 14-16
(rek: Schadenzauber)
SAP-G-V-Z-009
273. Jh. | 3. Jh.
P. Leiden 1 383 Verso Kol. XVII, 2,
5-6, 8
Liebe (Herbeiführung)
SAP-D-V-Z-002 (Fl)
4. Jh.
PGM IV, 1877-1893, 1898-1927
Liebe (Herbeiführung)
SAP-G-V-Z-004
273. Jh. | 3. Jh.
P. Leiden 1 383 Verso Kol. XVII, 2, 6-8
Liebe (Herbeiführung)
SAP-D-V-Z-001
4. Jh.
PGM III, 290-297
Offenbarung (im Wachzu¬
stand)
SAP-G-X-Z-002 Ml-2/2
4. Jh.
PGM III, 295-300
Offenbarung (im Wachzu¬
stand)
SAP-G-X-Z-001 Ml-3/3
3. Jh.
PGM LXII, 40-42
Offenbarung (Schale und
Medium)
SAP-G-V-Z-007
4. Jh.
PGM II, 26-27
Offenbarung (Traum)
SAP-G-V-Z-002
9.3.3.1. Funktion und Materialität der Schriftträger
Zu neun funktionsbezeichneten Artefakten sind Angaben zum Schriftträger überliefert.
Keiner wiederholt auftretenden Funktion kann derselbe Schriftträger mehrfach zugewie¬
sen werden. Eine Verbindung zwischen Materialität des Schriftträgers und Funktion des
Artefakts ist nicht ersichtlich, allerdings stehen auch nur wenige Anleitungen zur Unter¬
suchung zur Verfügung.
Siehe Tabelle 9.26. für eine Übersicht über die Funktion und Materialität der Artefakte
der Beschriftungsgruppe Z.
Tabelle 9.26. Funktion und Materialität der Artefakte der Beschriftungsgruppe Z
Sammelschrift
Datierung
Katalognummer
Funktion Artefakt
Material
273. Jh. | 4. Jh.
SAP-G-V-Z-001 Ml-2/2
mehrere Funktionen - Gunst,
Freundschaft und Bewunderung
Beifuß* oder Pasitheawurzel*
273. Jh. | 3. Jh.
SAP-D-V-Z-002 (F2+3)
mehrere Funktionen - Träume zu
erhalten, Träume zu senden
Schilfblatt
4. Jh.
SAP-G-V-Z-003
Gedächtnismittel
Fünffingerkraut
4. Jh.
SAP-G-V-Z-011
Gunst
Silber
3. Jh.
SAP-G-V-Z-005
Heilung (Brust)
Leinen
3. Jh.
SAP-G-V-Z-008
Heilung (Fieber)
Oliven-/Ölblatt
3. Jh.
SAP-G-V-Z-010
Heilung (Skorpionstich)
Papyrus
4. Jh.
SAP-G-V-Z-012
Schutz (unspezifiziert)
Silber
475. Jh.
SAP-G-V-Z-006
Schutzmittel der Handlung
Lorbeer
9.3.4. Bezeichnung der einzelnen Beschriftungselemente innerhalb der Gruppe Z
In zwei demotischen und elf griechischen Anleitungen wird die Beschriftung näher be¬
zeichnet. In den beiden demotischen Anleitungen werden für die Zauberzeichen der Ter¬
minus dieser Name (pfy rn) verwendet. In einer der beiden Anleitungen wird an späterer
Stelle Rückbezug auf die Zeichen genommen, dort werden sie als dies (pfy) bezeichnet.
In neun der griechischen Anleitungen werden die Zeichen mit dem üblichen terminus
technicus xapoucrfipe«; bezeichnet, der in einem einzigen Fall durch das Adjektiv pixmKoq
122
9 - Beschriftung der Artefakte: Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe Z
näher qualifiziert wird. Zweimal wird die Anzahl der aufzuschreibenden Zeichen mit an¬
gegeben.
In einer griechischen Anleitung aus dem 4. Jh. werden die Zeichen als xo oripeiov xooxo
bezeichnet. Dies ist interessant, da in der frühesten überlieferten Erwähnung von Zei¬
chen, die zu Schadenszwecken in ein Täfelchen geritzt wurden, ein sehr ähnlicher Ter¬
minus verwendet wird (of)paxa 0opo(p0opa):
Homer, Ilias, 6.168. Quelle: "Homer. The lliad with an English Translation by A.T. Murray, Ph.D. in two
volumes. Cambridge, MA., Harvard University Press; London 1924." Herkunft: www.perseus.tufts.edu
(Stand: April 2013)
[160] Now the wife of Proetus, fair Anteia, lusted madly for Bellerophon, to lie with him
in secret love, but could in no wise prevail upon wise-hearted Bellerophon, for that his
heart was upright. So she made a tale of lies, and spake to king Proetus: “Either die
thyself, Proetus, or slay Bellerophon, [165] seeing he was minded to lie with me in love
against my will. ’’ So she spake, and wrath gat hold upon the king to hear that word. To
slay him he forbare, for his soul had awe of that; but he sent him to Lycia, and gave him
baneful tokens, graving in a folded tablet many signs and deadly, [170] and bade
him show these to his own wife's father, that he might be slain.
(160) xcp Se yuvi) npoixoo (bieppvaxo 8i ’Ävxeia KpimxaSiri cpiXöxriu pvyppevai: äXkd
xov ob xi 7ieI0’ aya0d (ppoveovxa Sauppova BeMspocpövxriv. rj Se xpeooapevri npoixov
ßaoiAxja 7ipoor|68a: ‘xeOvcuriq cb ripovx’, p Kaicxave BsAXspocpovTriv, (165) öq p’ £0eA,ev
(piAoxrixi piyppevai ox>k £0eA,oi)or|. cbq cpaxo, xov Se ävaKxa yoAoq Xaßev ovov äk'oooe:
Kxetvai pev p’ aXAeive, Geßdaoaxo yap xo ye Oopco, 7i8p7ie 8e pvv Aokitiv 8e, 7iopev 8’ o
ye oppaxa )a>ypd ypavpaq ev 7i(vaKi jituktco 0opocp0öpa noXXä, (170) Sslqcxi 8’ pvcoyeiv
Ö) JI8V08pCp ÖCpp’ aTCOXOLXO.
Allerdings liegen zwischen dieser historischen Überlieferung und den frühesten archäo¬
logischen Funden mehrere Jahrhunderte. Hier stellt sich die spannende Frage, ob es
sich bei der Erwähnung um eine spätere Ergänzung handeln könnte 4 . Ansonsten würde
eine große Lücke zwischen historischer und archäologischer Überlieferung klaffen, die
- in Anbetracht der Tatsache, dass reichlich schrifttragende archäologische Zeugnisse
magischer Praktiken aus dem Zeitraum seit dem ca. 5. Jh. v. Chr. aus dem griechi¬
schen Kulturraum überliefert sind - schwierig zu erklären wäre. Wesentlich plausibler
erscheint es, dass die Vorstellung eines mittels (überwiegend) abstrakter Zeichen defi¬
nierten Machtraums, die seit dem späten 1. Jh. archäologisch und in Sammelschriften
nachweisbar ist, in einer nachchristlichen Version der Ilias Eingang in diesen Abschnitt
gefunden hat.
In einer anderen griechischen Anleitung aus dem 2.13. Jh. | 4. Jh. werden die Zauber¬
zeichen als to ovopa xooxo bezeichnet 5 . Die bisher herausgearbeitete Verwendung des
Terminus ovopa (s.o.) kann entsprechend erweitert werden.
4 Siehe zu der Fragestellung einer ägyptischen Homerrezeption J. F. Quack, Gibt es eine ägyptische Homer-Rezepti¬
on?, in: Luther (Hrsg.), Odyssee-Rezeptionen (Frankfurt 2005), 55-72.
5 SAP-G-V-Z-001 M1 -2/2 (PGM XII, 397-400).
123
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Siehe Tabelle 9.27. für die eindeutig einer einzelnen Bezeichnung zuzuordnenden Be¬
schriftungselemente.
Tabelle 9.27. Eindeutig einer einzelnen Bezeichnung zuzuordnende Beschriftungselemen¬
te
Bezeichnung
Beschriftungselement
ovopa
p3y
p3y rn
XapaKifjpsc;
appsTov
Zauberzeichen
1
1
2
10
1
Siehe Tabelle 9.28. für die Zusammenstellung sämtlicher Bezeichnungen der Beschrif¬
tungen der Gruppe Z.
Tabelle 9.28. Bezeichnungen der Beschriftungen der Gruppe Z
Sammelschrift
Datierung
Finale Bezeichnung
Referenz Anleitung
Bezeichnung Beschriftung
2./3. Jh. | 3. Jh.
SAP-D-V-Z-002 (F2+3)
P. Leiden 1 383 Verso Kol.
XVII, 1-4
p3y
2 . 13 . Jh. | 3. Jh.
SAP-D-V-Z-001
P. Leiden 1 383 Verso Kol.
XVII, 2, 6-8
p3y m
273. Jh. | 3. Jh.
SAP-D-V-Z-002 (Fl)
P. Leiden 1 383 Verso Kol.
XVII, 2, 5-6, 8
p3y m
3. Jh.
SAP-G-V-Z-007
PGM LXI 1,40-42
oi x^[a]Kxfjpsc; ouxoi
273. Jh. | 4. Jh.
SAP-G-V-Z-001 Ml-2/2
PGM XII, 397-400
xö ovopa xoöxo
4. Jh.
SAP-G-V-Z-013
PGM IV, 1252-1264
xö oppsTov xoöxo
4. Jh.
SAP-G-V-Z-002
PGM II, 26-27
xö[v] xapaKxfjpa
4. Jh.
SAP-G-V-Z-003
PGM II, 40-42
xov imoKipsvov xapaKxfjpa
475. Jh.
SAP-G-V-Z-006
PGM 1, 263-276, 279-280,
334-338
xoik; C pDoxiKotic; x[a]paKxfjpac;,
oi xapaKxfjpsc;, xov psn npcoxov
XapaKxfjpa
4. Jh.
SAP-G-X-Z-002 Ml-2/2
PGM III, 290-297
xoik; xapaK[x]fjpac; [x]ouxouc;
3. Jh.
SAP-G-V-Z-010
PGM VII, 193-196
xouc; x^paKxfjp, oi xap, X a P ia '
4. Jh.
SAP-G-X-Z-001 Ml-3/3
PGM III, 295-300
xouc; xapaKxrjpac; xotjxodc;
4. Jh.
SAP-G-V-Z-004
PGM IV, 1877-1893, 1898-
1927
xoik; x^paKxfjpac; xoijxodc;
5. Jh. | 576. Jh.
SAP-G-V-Z-009
PGM CXXIV, 14-16
xoik; xapaKxöpoc;
4. Jh.
SAP-G-V-Z-011
PGM XXXVI, 275-281
(ÜP7HG?)
XapaKxfjpoi
9.3.5. Autark zu verwendende Artefakte mit Z-Gruppen-Beschriftung
Fünf Artefakte werden autark verwendet. Die dazugehörigen Anleitungen - eine demo¬
tische und vier griechische - finden sich in drei unterschiedlichen Sammelschriften aus
dem 2.13. Jh. | 3. Jh., 3. Jh. und 2.13. Jh. | 4. Jh. Drei Artefakte werden zu Heilzwecken
hergestellt, die beiden anderen erfüllen mehrere Funktionen: Gunst, Freundschaft und
Bewunderung in dem einen Fall, das Senden oder Erhalten von Träumen in dem ande¬
ren.
Autark zu verwendende Artefakte sind mit Zauberzeichen der Gruppen Gl "Kringel", G4
"geschlossene Elemente" und G6 "Elemente" beschriftet, die auch in der Beschriftung
nicht autark verwendeter Artefakte auftreten. Eine typische Beschriftung für die autarken
124
9 - Beschriftung der Artefakte: Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe Z
Artefakte kann nicht nachgewiesen werden, aber es sind auch nur wenige Anleitungen
überliefert, so dass eine Übertragung der Ergebnisse auf eine größere Gesamtheit nicht
sinnvoll ist.
9.3.6. Zusammenfassung der Gruppe Z
Beschriftungen der Gruppe Z sind aus 16 Anleitungen für 18 Artefakte belegt, die in zehn
Sammelschriften aus dem 2./3. Jh. | 3. Jh. bis 5. Jh. | 5./6. Jh überliefert sind. 15 der
Artefakte werden in griechischen, drei in demotischen Anleitungen beschrieben.
Zauberzeichen können formal in neun Hauptgruppen unterteilt werden, von denen eini¬
ge in weitere Untergruppen aufgegliedert werden können. In der Beschriftungsgruppe
Z sind Zeichen der Gruppen Gl Kringel, G2 Kugeln, G4 geschlossene Elemente, G5
separate Striche und G6 Elemente vertreten. Mehrere Zeichen sind nicht eindeutig zu
lesen und werden in die Gruppe Gu unklare Zuordnung einsortiert.
9.3.6.1. Wie sieht das individuelle und vergesellschaftete Vorkommen der Zauberzeichen
aus?
Detaillierte Untersuchungen können an dieser Stelle aufgrund der geringen Anzahl voll¬
ständig rekonstruierbarer Gruppe-Z-Beschriftungen nur begrenzt Informationen liefern.
Festgehalten werden kann, dass in geringem Umfang - dabei jedoch über einen großen
Zeitraum - Artefakte ausschließlich mit Zauberzeichen beschriftet werden sollten. Diese
wurden sowohl gruppenspezifisch als auch gruppenübergreifend verwendet. Häufiger
tritt eine gruppenübergreifende Beschriftung auf.
Zauberzeichen der Gruppe 6 "Elemente" überwiegen deutlich, sowohl in Bezug auf die
Anzahl der verwendeten Zeichen, als auch in Bezug auf die Anzahl der mit ihnen be¬
schrifteten Artefakte (15). Zeichen der Gruppe 1 "Kringel" und Gruppe 4 "geschlossene
Elemente" kommen in jeweils zehn Beschriftungen vor. Gruppe 1 ist über den längsten
Zeitraum nachweisbar (2./3. Jh. | 3. Jh. bis 5. Jh. | 5./6. Jh.), für die größte Gruppe 6 hin¬
gegen enden die Belege für die Beschriftungsgruppe Z rund 100 Jahre früher (2./3. Jh.
| 3. Jh. bis 4./5. Jh.). Beide Gruppen treten - ebenso wie auch Gruppe G4 - mit Zeichen
sämtlicher anderer Gruppen vergesellschaftet auf. Die Gruppen G2 und G5 werden mit
allen anderen außer untereinander kombiniert, zu beachten ist dabei, dass für die Grup¬
pe G2 lediglich ein einzelner Beleg vorliegt.
Die Verwendung ausschließlich einer einzigen Zauberzeichengruppe ist für sechs Arte¬
fakte belegt, die Anleitungen dazu werden zwischen das 2./3. Jh. | 4. Jh. und 5. Jh. | 5./6.
Jh. datiert. Es sind Zeichen der Gruppen Gl, G4 und G6, die in elementgruppenspezi¬
fischen Beschriftungen nachweisbar sind. Zauberzeichen aus sämtlichen Zeichengrup¬
pengruppen treten elementgruppenübergreifend auf. Siehe oben Tabelle 9.21. und die
folgende Tabelle 9.29. zur Übersicht.
125
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Tabelle 9.29. Vorkommen derZauberzeichengruppen in Gruppe Z
Gruppe 1
Kringel
Gruppe 2
Kugeln
Gruppe 4
geschlossene
Elemente
Gruppe 5 sepa¬
rate Striche
Gruppe 6
Elemente
Gruppe 9
unklar
Häufigkeit
29
1
30
5
116
26
Anzahl Sam¬
melschriften
273. Jh. | 3. Jh.
bis 5. Jh. | 576.
Jh.
4. Jh.
273. Jh. | 3. Jh.
bis 4. Jh
4. Jh.
273. Jh. | 3. Jh.
bis 475. Jh.
-
Datierung
8
1
6
2
9
-
Welche Schriftträger wurden verwendet, und lassen sich Verbindungen zwischen Be-
schriftungselement/en und Schriftträger herstellen?
Von insgesamt 16 unterschiedlichen Schriftträgern sind nur Silber und Papyrus mehr
als einmal belegt: Silber dreimal und Papyrus zweimal. Die Silberlamellae sind grup-
penübergreifend beschriftet, einer der beiden Papyri ebenfalls, der andere jedoch grup¬
penspezifisch. Für weitere Untersuchungen der individuellen Zauberzeichengruppen in
Verbindung mit den Schriftträgern sind nicht genügend Anleitungen mit entsprechenden
Artefakten überliefert.
Welche Funktionen werden genannt, und treten bestimmte Beschriftungselemente aus¬
schliesslich im Kontext bestimmter Funktionen auf?
Zehn Artefakte aus Sammelschriften des 2./3. Jh. | 3. Jh. bis 4./5. Jh. sind funktions¬
bezeichnet, acht hingen aus Sammelschriften des 2./3. Jh. | 3. Jh. bis 5. Jh. | 5./6. Jh.
funktionsunbezeichnet. Beide Verwendungsweisen sind also früh belegt, die funktions-
unbezeichnete etwas länger als die funktionsbezeichnete.
Die häufigsten genannten Funktionen sind Schutz und Heilung, die je dreimal Vorkom¬
men, Gunst zweimal. Weitere Funktionen sind das Senden und Erhalten von Träumen,
ein Gedächtnismittel und einmal Freundschaft und Bewunderung.
Sieben funktionsbezeichneten Artefakten wird ein Schriftträger zugewiesen. Keiner wie¬
derholt auftretenden Funktion kann derselbe Schriftträger mehrfach zugewiesen werden.
Eine Verbindung zwischen Materialität des Schriftträgers und Funktion des Artefakts ist
nicht nachweisbar allerdings stehen auch nur wenige Anleitungen zur Untersuchung zur
Verfügung.
Wie werden einzelne Beschriftungselemente bezeichnet, und wurden die Bezeichnungen
elementspezifisch oder elementübergreifend verwendet?
In den beiden demotischen Anleitungen aus dem 2./3. Jh. | 3. Jh. wird der Terminus die¬
ser Name (p3y m) zur Bezeichnung der Zauberzeichen verwendet. Einmal wird zudem
mit dies (ply) Rückbezug auf die Zeichen genommen. In einer griechischen Anleitung
aus dem 2.13. Jh. | 4. Jh. werden die Zauberzeichen als to ovopa touto bezeichnet, fast
126
9 - Beschriftung der Artefakte: Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe Z
identisch mit der Bezeichnung in den demotischen Anleitungen. In einer weiteren grie¬
chischen Anleitung aus dem 4. Jh. werden die Zeichen als xö crnpeiov xouxo bezeichnet.
Eine Parallele dazu findet sich in der Ilias, 6.168, wobei sich hier die Frage nach dem
Alter dieser Passage stellt. In den übrigen neun griechischen Anleitungen werden die
Zauberzeichen mit dem üblichen terminus technicus xapaKxrjpec; bezeichnet, der in einem
einzigen Fall durch das Adjektiv puoxiKoq näher qualifiziert wird. Die Anzahl der aufzu¬
schreibenden Zeichen wird zweimal angegeben.
Wie werden autark zu verwendende Artefakte beschriftet, und unterscheidet sich ihre
Beschriftung von der Beschriftung der übrigen Artefakte?
Autark verwendete Artefakte sind in demotischen und griechischen Anleitungen aus dem
2./3. Jh. | 3. Jh., dem 3. Jh. und 2./3. Jh. | 4. Jh. überliefert. Dreimal ist eine Heilfunkti¬
on angegeben, die anderen beiden erfüllen mehrere Funktionen, zu denen einmal das
Senden und Empfangen von Träumen zählt, das andere Mal der Gewinn von Gunst,
Beliebtheit und Freundschaft. Eine typische Beschriftung für autarke Artefakte ist nicht
nachweisbar, ebenso auch keine bevorzugte Wahl eines Schriftträgers.
127
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
9.4. Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe SZ
9.4.i. Übersicht Gruppe SZ
In der Gruppe "SZ" werden Beschriftungen untersucht, die mindestens ein Element der
Gruppe S und mindestens ein Element der Gruppe Z enthalten. Zu den Elementgruppen
der S-Gruppe gehören: vox magica, voces magicae, Name, Namen, Vokale, Forderung,
Anrufung, individuelle Angaben, Identitätssatz Homerverse. Zu den Elementgruppen der
Z-Gruppe sind zu zählen: Gl-Kringel, G2-Kugeln, G3-Punkte, G4-geschlossene Ele¬
mente, G5-separate Striche, G6-Elemente, G8-Hieroglyphen, G9-unklar. Elemente der
Gruppe G7-kleine Elemente sind in den hier besprochenen Beschriftungen nicht vertre¬
ten.
Bei der Detailuntersuchung wird für die Elemente der Z-Gruppe die gleiche quantitative
Differenzierung vorgenommen wie bei der S-Gruppe, das heißt, wenn ein einzelnes Zei¬
chen verwendet wird, wird die bisherige Abkürzung, z.B. "Gl", verwendet, wenn jedoch
mehrere Zeichen der gleichen Gruppe verwendet werden, so wird dies mit einem zu¬
sätzlichen "+" gekennzeichnet, z.B. "G1+". Die Kennzeichnung der Z-Gruppe wird damit
der Kennzeichnung der S-Gruppe angepasst, in der zwischen der Verwendung einer
einzelnen vox magica und voces magicae differenziert wird.
Aus sieben Sammelschriften des 2.13. Jh. | 3. Jh. bis 6. Jh. oder früher können 15 An¬
leitungen zu Artefaktbeschriftungen mit dieser Konstellation eindeutig rekonstruiert wer¬
den. Zwölf der Anleitungen wurden in Griechisch, zwei in Demotisch und eine in Koptisch
verfasst.
9.4.1. Individuelles und vergesellschaftetes Vorkommen der Beschriftungsele¬
mente der Gruppe SZ
Bei der Vergesellschaftung von Beschriftungselementen der S- und der Z-Gruppe
werden Elemente der jeweiligen Gruppe sowohl elementgruppenspezifisch, als auch
elementgruppenübergreifend verwendet. Dies bedeutet, dass Zeichen einer einzelnen
Zauberzeichengruppe mit mehreren S-Elementgruppen ebenso vergesellschaftet Vor¬
kommen können, wie ein einzelnes S-Element mit unterschiedlichen Zauberzeichen¬
gruppen auftreten kann. Dabei kann weiterhin differenziert werden, dass ein einzelnes
Zauberzeichen mit einem einzelnen S-Element auftreten kann.
Aufgrund der wenigen Artefakte innerhalb der SZ-Gruppe werden die Ergebnisse
zahlenmäßig nicht aussagekräftig genug sein für eine Übertragung auf eine größere
Grundmenge. Die Differenzierung ist dennoch sinnvoll, insbesondere in Hinblick auf
weiterführende Studien zu den Zauberzeichen, da unterschiedliche Beschriftungsmus¬
ter Hinweise auf einen geographisch, chronologisch oder thematisch begrenzten Raum
geben könnten - oder auf einen Verfasser oder Urheber.
128
9 - Beschriftung der Artefakte: Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe SZ
Die kleinste Gruppe vergesellschafteter Elementgruppen besteht aus zwei Elementgrup¬
pen, sie tritt ein einziges Mal auf. Die größte Gruppe umfasst elf unterschiedliche Elem¬
entgruppen, die alle eindeutig zugeordnet werden können. Sie tritt ebenfalls einmalig auf.
9.4.1.1. Vorkommen und Vergesellschaftung der Beschriftungselemente der S- und der
Z-Gruppe
Die Beschriftungsmuster der SZ-Gruppe können in drei Hauptgruppen unterteilt werden,
die hier der Einfachheithalber als Gruppe 1, Gruppe 2 und Gruppe 3 bezeichnet werden.
Gruppe 2 kann darüber hinaus in zwei Untergruppen geteilt werden kann. Die Klassi¬
fizierung orientiert sich an der Anzahl der auftretenden Elementgruppen der S-Gruppe
einerseits, und der Z-Gruppe andererseits. Beschriftungen, die aus Elementen aus je¬
weils einer Elementgruppe der Gruppe S und einer Elementgruppe der Gruppe Z beste¬
hen, werden der Gruppe 1 zugeordnet (in Tabelle 9.30. blau markiert). Beschriftungen,
die aus Elementen aus jeweils einer Elementgruppe der einen Gruppe und mehreren
Elementgruppen der anderen Gruppe zusammengesetzt sind, werden der Gruppe 2
zugeordnet. Eine Beschriftung, bei der das einzeln auftretende Element der S-Gruppe
zuzuordnen ist, wird der Untergruppe S1 zugeordnet (in Tabelle 9.30. grün markiert). Ist
das einzelne Element ein Z-Element, erfolgt die Zuordnung in die Untergruppe ZI (in
Tabelle 9.30. gelb markiert). Beschriftungen, bei denen Elemente aus mehreren Elem¬
entgruppen der S-Gruppe zusammen mit Elementen aus mehreren Elementgruppen der
Z-Gruppe verwendet werden, werden Gruppe 3 zugeordnet (in Tabelle 9.30. orange
markiert). Die Gruppen werden der Reihe nach besprochen.
Gruppe 1 (Tabelle 9.30., blau markiert)
Das Beschriftungsmuster der Gruppe 1 tritt lediglich ein einzelnes Mal und nur in der
Form auf, bei der mehrere Zauberzeichen derselben Zeichengruppe mit mehreren vo-
ces magicae vergesellschaftet werden. Eine Beschriftung, die ausschließlich aus einem
einzelnen Zauberzeichen und einem einzelnen Element der S-Gruppe besteht, ist in den
Sammelschriften nicht belegt.
Gruppe 2
Gruppe 2 umfasst Beschriftungen, bei denen ein Beschriftungselement aus einer der
beiden Gruppen S und Z elementgruppenspezifisch auftritt, die Elemente der anderen
Gruppe hingegen elementgruppenübergreifend Vorkommen.
Untergruppe ZI (Tabelle 9.30., gelb markiert)
Vier Beschriftungen sind für die Gruppe ZI belegt. Die Anleitungen finden sich in
zwei Sammelschriften aus dem 3. und 4. Jh. In zwei Fällen soll ein einzelnes Zau¬
berzeichen der Gruppe G4 aufgeschrieben werden, in den beiden übrigen mehre¬
re Zeichen der Gruppe Gl.
129
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Die elementgruppenübergreifend verwendeten S-Elemente variieren. Am häufigs¬
ten soll eine Forderung aufgeschrieben werden (3x), einmal in Verbindung mit vo-
ces magicae, einmal mit Namen und einer Anrufung. Der dritte Fall ist interessant,
da hier die Forderung zusammen mit individuellen Angaben auftritt, ohne, dass
innerhalb der Forderung eine höhere Macht spezifiziert wird. Diese scheint allein
durch die Zauberzeichen dargestellt zu sein - oder wird im Rahmen der individuel¬
len Angaben bezeichnet.
Legt man die Elemente voces magicae, Name und Namen zu einer Gruppe zu¬
sammen, so treten auch sie dreimal auf, zweimal davon in Verbindung mit einer
Forderung, einmal zusammen mit individuellen Angaben. Dieser Fall wurde bereits
oben bei der Besprechung der Gruppe 1 erwähnt. Ein einzelnes Zauberzeichen
soll mit den beiden S-Elementen aufgeschrieben werden. Obwohl hier der Muster¬
klassifizierung mehrere S-Elemente zugrunde liegen, könnte das Zauberzeichen
in unmittelbarer Verbindung mit dem Namen stehen.
Untergruppe S1 (Tabelle 9.30., grün markiert)
Für die Untergruppe S1 sind sechs Beschriftungen aus drei Sammelschriften be¬
legt, Anleitungen aller drei hier untersuchten Sprachen sind vertreten. Es fällt auf,
dass die demotischen und griechischen Anleitungen in das 2./3. | 3. Jh. und 3. Jh.
datiert werden, die koptische hingegen einem wesentlich späteren Zeitraum, dem
6. Jh. oder früher, zugewiesen wird. In sämtlichen Fällen besteht das Element
der S-Gruppe entweder aus einer einzelnen vox magica, oder aus mehreren vo¬
ces magicae. Keine anderen S-Elemente treten als einziges Element in Vergesell¬
schaftung mit mehreren Zauberzeichentypen auf.
Gruppe 3 (Tabelle 9.30., orange markiert)
Beschriftungen der Gruppe 3 setzen sich aus Elementen aus mehreren Elementgruppen
aus jeder der beiden Beschriftungsgruppen S und Z zusammen. Dieses Beschriftungs¬
muster ist in vier Fällen aus drei Sammelschriften belegt, die in das 3. und 4. Jh. datiert
werden.
Für die verwendeten Elemente der Z-Gruppe kann festgehalten werden, dass die drei
Gruppen Gl, G4 und G6 in jeder der vier Beschriftungen auftreten, aus der S-Gruppe gilt
das gleiche für voces magicae.
130
9 - Beschriftung der Artefakte: Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe SZ
Tabelle 9.30. Vergesellschaftetes Vorkommen der Elemente aus der S- und Z-Gruppe
Abkürzungen: vm = vox magica, vm+ = voces magicae, N = Name, N+ = Namen, Vo =
Vokale, F = Forderung, ID = Identitätssatz, A = Anrufung, ind = individuelle Angaben
Gruppe
Z-Elemente
Anzahl
S-Elemente
Anzahl
Elemente gesamt
Finale Bezeich¬
nung
Sammelschrift
Datierung
Gruppe 1
1 (G1+, Gl-unklar)
1 (vm+)
2
SAP-G-V-GZ-003
5. Jh. | 5./6. Jh.
1 (G4)
2 (N, ind)
3
SAP-G-VUI-
GZ-003
3. Jh.
Gruppe 2:
1 (G4)
2 (vm+, F)
3
SAP-G-V-GZ-005
3. Jh.
ZI
1 (G1+)
2 (F, ind)
3
SAP-G-VUI-
GZ-005
3. Jh.
1 (G1+)
3 (N+, F, A)
4
SAP-G-V-GZ-004
4. Jh.
3 (G4, G5, G8+)
1 (vm)
4
SAP-D-V-GsZ-001
2./3. Jh. | 3. Jh.
3 (G4, G5, G8+)
1 (vm)
4
SAP-D-V-GsZ-002
2./3. Jh. | 3. Jh.
3 (G3, G4+, G6+)
1 (vm+)
4
SAP-G-V-GZ-006
3. Jh.
Gruppe 2:
3 (G1+, G4+, G6+)
1 (vm+)
4
SAP-K-X-KZ-001
6. Jh. oder früher
S1
2 (G4, G6+, G6-
unklar+)
1 (vm)
3
SAP-G-V-GZ-007
3. Jh.
3 (G1+, G4+, G6+,
Gl-unklar, G6-
1 (vm+)
4
SAP-G-V-GZ-002
3. Jh.
unklar)
Gruppe 3
3 (G1+, G4, G6+)
3 (N, vm+, ID)
6
SAP-G-V-GZ-001
Ml-2
4. Jh.
4 (G1+, G4+, G5,
G6+)
3 (vm+, F, ind)
7
SAP-G-VUI-
GZ-004
3. Jh.
4 (G1+, G2, G4,
G6+)
7 (N+, vm+, Vo, F,
ID, A, ind)
11
SAP-G-VUI-
GZ-002
4. Jh.
5 + unsicher (G1+,
G3, G4+, G5,
G6+, Gu+)
4 (N+, vm+, F, ind)
9+ unsicher
SAP-G-VUI-
GZ-001
3. Jh.
In Bezug auf die Häufigkeit der einzelnen Elementgruppen innerhalb der Gesamtmen¬
ge der Gruppen 1-3 bilden Zeichen der Gruppe 4 geschlossene Elemente die größte
Gruppe, sie kommen zwölfmal in den Beschriftungen der 15 Artefakte vor. Zeichen der
Gruppe 1 Kringel und voces magicae treten jeweils neunmal auf, Zeichen der Gruppe
6 Elemente achtmal, eine Forderung erscheint sechsmal. Individuelle Elemente sind
fünfmal nachgewiesen, Namen, eine einzelne vox magica und Zeichen der Gruppe 5 se¬
parate Striche je dreimal. Die Elemente Anrufung, Identitätssatz, Name sowie G3 Punkte
und G8 Hieroglyphen sollen je zweimal aufgeschrieben werden, Vokale und Zeichen
der Gruppe G2 Kugeln einmal. Homerverse sind in Verbindung mit Zauberzeichen nicht
nachweisbar.
Bei einer Zusammenlegung der vier S-Elemente vox magica, voces magicae, Name und
Namen würde diese Gruppe mit 17 Vorkommen die größte Elementgruppe darstellen.
Siehe Tabelle 9.31. zur Häufigkeitsverteilung der Elementgruppen der Gruppen S und Z.
131
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Tabelle 9.31. Häufigkeitsverteilung der Elemente aus der S- und Z-Gruppe
S-Elemente
Häufig¬
keit
Sammelschrift/en
Datierung
voces magicae
9
3. Jh. - 6. Jh. oder
früher
Forderung
6
3. Jh.und4. Jh.
individuelle
Elemente
5
3. Jh.und4. Jh.
Namen
3
3. Jh.und4. Jh.
vox magica
3
273. Jh. | 3. Jh. und
3. Jh.
Name
2
3. Jh.und4. Jh.
Anrufung
2
4. Jh.
Identitätssatz
2
4. Jh.
Vokale
1
4. Jh.
Homerverse
-
-
Z-Elemente
Häu¬
figkeit
Sammelschrift/en
Datierung
ZZ G4 geschlossene
Elemente
12
273. Jh. |3. Jh., 3. Jh., 4.
Jh. und 6. Jh. oder früher
ZZ Gl Kringel
9
3. Jh. - 6. Jh. oder früher
ZZ G6 Elemente
8
3. Jh., 4. Jh. und 6. Jh.
oder früher
ZZ Gu unklar
4
3. Jh. - 5. Jh. |5./6. Jh.
ZZ G5 separate
Striche
3
273. Jh. | 3. Jh. - 3. Jh.
ZZ G3 Punkte
2
3. Jh.
ZZ G8 Hieroglyphen
2
273. Jh. | 3. Jh.
ZZ G2 Kugeln
1
4. Jh.
Vergesellschaftetes Vorkommen der Beschriftungselemente innerhalb der S-Gruppe
Wie bereits bei der Untersuchung der S-Gruppe durchgeführt, so wird auch hier das
unterschiedliche Vergesellschaftungsvorkommen der S-Elemente untereinander doku¬
mentiert. Aufgrund der geringen Überlieferungsanzahl werden die einzelnen Tabellen
dafür zu einer einzigen Tabelle zusammengefasst.
Elemente aus bis zu sieben unterschiedlichen S-Elementgruppen können miteinander
kombiniert werden. Dieser Fall tritt einmal auf. Eine Kombination aus zwei S-Element¬
gruppen ist dreimal belegt, eine Dreierkombination dreimal und eine Viererkombination
einmal. Siehe Tabelle 9.32. zur Übersicht.
Tabelle 9.32. Gesamtvorkommen und kombiniertes Vorkommen der untersuchten Be¬
schriftungselemente der Gruppe S
Anzahl kombinierter
Gruppen
vm+
N
Vo
vm
N+
F
ind
ID
A
Kombination aus 2
Gruppen
1
1
-
-
-
2
2
-
-
Kombination aus 3
Gruppen
2
1
-
-
1
2
1
1
1
Kombination aus 4
Gruppen
1
-
-
-
1
1
1
-
-
Kombination aus 7
Gruppen
1
1
1
1
1
1
1
Einzelvorkommen
4
-
-
3
-
-
-
-
-
Gesamtvorkommen
9
2
1
3
3
6
5
2
2
Vergesellschaftetes Vorkommen der Beschriftungselemente innerhalb der Z-Gruppe
Bis zu fünf unterschiedliche Z-Elementgruppen können miteinander kombiniert werden,
hinzu könnten weitere Gruppen kommen, da in der entsprechenden Anleitung nicht
132
9 - Beschriftung der Artefakte: Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe SZ
sämtliche Zauberzeichen eindeutig zugeordnet werden können. Eine Kombination aus
zwei Z-Elementgruppen ist einmal belegt, eine Dreierkombination fünfmal und eine Vie¬
rerkombination zweimal. Siehe Tabelle 9.33. zur Übersicht.
Tabelle 9.33. Gesamtvorkommen und kombiniertes Vorkommen der untersuchten Be¬
schriftungselemente der Gruppe Z
Anzahl kombinierter
Gruppen
Gl
G2
G3
G4
G5
G6
G8
Gu
Gesamtvorkommen
9
1
2
12
3
8
2
4
Kombination aus 2
Gruppen
1
1
Kombination aus 3
Gruppen
2
1
6
2
4
2
1
Kombination aus 4
Gruppen
3
1
3
1
3
1
Kombination aus 5
Gruppen
1
1
1
1
1
9.4.2. Schriftträger der Gruppe SZ
Zu 13 der 15 hier besprochenen Artefakte wird ein Schriftträger angegeben, in einem
Fall werden zwei mögliche Materialien genannt (Gold und Silber). Eine Angabe ist unklar,
einmal wird kein Schriftträger angegeben. Insgesamt sind zehn unterschiedliche Mate¬
rialien überliefert, Haut, Blei und Lorbeerblätter werden als einzige mehrfach genannt.
Haut als Schriftträger ist aus drei unterschiedlichen griechischen Anleitungen aus der¬
selben Sammelschrift aus dem 3. Jh. überliefert, Blei aus zwei griechischen Anleitungen
aus zwei Sammelschriften des 3. und 4. Jh., Lorbeer aus zwei Anleitungen aus Sammel¬
schriften des 3. Jh. und 5. Jh. | 5./6. Jh. Aus den beiden demotischen Anleitungen sind
Leinen und eine Lampe als Schriftträger überliefert, in der koptischen ist keine Angabe
diesbezüglich enthalten. Siehe Tabelle 9.34. zur Übersicht über die überlieferten Schrift¬
träger.
Tabelle 9.34. Materialität der Schriftträger der Beschriftungsgruppe SZ
Sammelschrift
Datierung
Referenz Anleitung
Katalognummer
Artefakt Material
3. Jh.
PGM VI 1,396-404
SAP-G-VUI-GZ-001
Blei
4. Jh.
PGM IV, 0328-433
SAP-G-VUI-GZ-002
Blei
4. Jh.
PGM XIII, 1001-1011, 1052-1054
SAP-G-V-GZ-001 Ml-2
Gold
3. Jh.
PGM VII, 201-202
SAP-G-VUI-GZ-003
Haut
3. Jh.
PGM VII, 203-205
SAP-G-V-GZ-005 V2
Haut
3. Jh.
PGM VII, 206-207
SAP-G-V-GZ-007
Haut
6. Jh. oder früher
Ms. Copt. 136, 2-9
SAP-K-X-KZ-001
keine Angabe
2./3. Jh. | 3. Jh.
P. BM 10070, Kol. V, 5, 8-9, 10
SAP-D-V-GsZ-002
Leinen
5. Jh. | 5./6. Jh.
PGM CXXIIIa, 51-52
SAP-G-V-GZ-003
Lorbeer
3. Jh.
PGM VII, 802-815, 826-827, 842-844
SAP-G-V-GZ-002
Lorbeer
4. Jh.
PGM XXXVI, 256-264
SAP-G-V-GZ-004
Ostrakon
3. Jh.
PGM VII, 412-416
SAP-G-V-GZ-006
Papyrus
273. Jh. | 3. Jh.
P. BM 10070, Kol. VI, 1-4, 10, 11-27
SAP-D-V-GsZ-001
Ton Lampe
3. Jh.
PGM VII, 462-466
SAP-G-VU l-GZ-004
Zinn
3. Jh.
PGM VII, 390-393
SAP-G-VU l-GZ-005
unklar: Zehennägel?
133
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Haut wird zweimal mit Zeichen der Gruppe G4 geschlossene Elemente beschriftet. Ein¬
mal werden sie mit einem Namen und individuellen Angaben vergesellschaftet, das an¬
dere Mal mit voces magicae und einer Forderung. Das dritte Hautartefakt wird mit einer
vox magica und Zeichen der Gruppen G4 und G6 sowie mit nicht eindeutig zuzuordnen¬
den Zeichen beschriftet.
Beide Lorbeerblätter werden mit je einem einzelnen S-Element beschriftet: voces magi¬
cae. Das erste Blatt wird zusätzlich mit Zeichen der Gruppe Gl und nicht näher zuzuord¬
nenden Zeichen beschriftet, das zweite mit Zeichen der Gruppen Gl, G4 und G6 sowie
unsicherzu identifizierenden Zeichen.
Die beiden Bleiartefakte werden mit wesentlich mehr unterschiedlichen Elementgrup¬
pen als die Lorbeerblätter und auch als die Hautartefakte beschriftet. Die Beschriftung
des ersten Artefakts besteht aus elf unterschiedlichen Elementen: Zeichen der Gruppen
Gl, G2, G4 und G6 sowie Namen, voces magicae, Vokale, Forderung, Anrufung, Iden¬
titätssatz und individuellen Elementen. Hiermit liegt eine S-Elemente-Kombination aus
sieben unterschiedlichen Elementgruppen vor. Innerhalb der S-Gruppe selbst besteht
die umfangreichste Kombination aus sechs unterschiedlichen Elementgruppen. Das
zweite Bleiartefakt soll mit Zeichen der Gruppen Gl, G3, G4 und G6 beschriftet wer¬
den, hinzukommen Zeichen, die keiner Gruppe eindeutig zugeordnet werden können.
Die Zeichen werden vergesellschaftet mit Namen, voces magicae, einer Forderung und
individuellen Angaben.
In Tabelle 9.35 werden mehrfach genannte Schriftträger mit den verwendeten Beschrif¬
tungselementen aufgeführt. Während Haut als Schriftträger in einer einzigen Sammel¬
schrift aus dem 3. Jh. mit einer Beschriftung der SZ-Gruppe überliefert ist, wird Blei in
zwei Sammelschriften aus dem 3. und 4. Jh., Lorbeer sogar in zwei Sammelschriften aus
dem 3. und 5. Jh. | 5./6. Jh. genannt.
Tabelle 9.35. Materialität der Schriftträger (Mehrfachnennungen) u. Beschriftungselemente
Beschriftungsele¬
ment —►
Schriftträger (An¬
zahl) |
Gl
G2
G3
G4
G6
Gu
vm
vm+
N
N+
Vo
F
A
ID
ind
Haut (3)
-
-
-
3
1
1
1
1
1
-
-
1
-
-
1
Lorbeer (2)
2
-
-
1
1
2
-
2
-
-
-
-
-
-
-
Blei (2)
2
1
1
2
2
1
-
2
-
2
1
2
1
1
2
9.4.3. Funktionen
Zu acht der 15 Artefakte ist eine einzelne Funktion angegeben, zu einem weiteren wer¬
den mehrere Funktionen genannt. Die Artefakte sind in acht griechischen Anleitungen
aus vier Sammelschriften des 3. Jh. bis 5. Jh. | 5./6. Jh. überliefert. Dreimal wird Heilung
als Funktion genannt. Alle anderen Funktionsbezeichnungen treten einmalig auf. Siehe
Tabelle 9.36. für eine Übersicht über die überlieferten Funktionen.
134
9 - Beschriftung der Artefakte: Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe SZ
Tabelle 9.36. Funktionen der Artefakte der Beschriftungsgruppe SZ
Sammelschrift
Datierung
Referenz Anleitung
Funktion Artefakt
Katalognummer
3. Jh.
PGM VI 1,396-404
mehrere Funktionen - Fesseln,
Unterwerfen und Binden
SAP-G-VUI-GZ-001
4. Jh.
PGM XIII, 1001-1011, 1052-1054
Lösung einer Macht (Teilfunktion
der Rückseite)
SAP-G-V-GZ-001 Ml-2
3. Jh.
PGM VII, 201-202
Heilung (Migräne)
SAP-G-VU l-GZ-003
3. Jh.
PGM VII, 203-205
Heilung (Husten)
SAP-G-V-GZ-005 V2
3. Jh.
PGM VII, 206-207
Heilung (Husten)
SAP-G-V-GZ-007
5. Jh. | 5./6. Jh.
PGM CXXIIIa, 51-52
Schlafmittel
SAP-G-V-GZ-003
4. Jh.
PGM XXXVI, 256-264
Zerstörung von Zaubermitteln
SAP-G-V-GZ-004
3. Jh.
PGM VII, 390-393
Sieg (Läufer)
SAP-G-VU l-GZ-005
3. Jh.
PGM VII, 462-466
Liebe (allgemein)
SAP-G-VU l-GZ-004
Zu sechs Artefakten aus vier Sammelschriften des 2./3. Jh. | 3. Jh. bis 6. Jh. oder frü¬
her wird keine Funktion angegeben (3x Griechisch, 2x Demotisch, Ix Koptisch). Dabei
handelt es sich ausnahmslos um Artefakte, die in eine ÜP eingebunden sind. Dreimal ist
das Ziel der ÜP der Erhalt einer Offenbarung - darunter befinden sich die beiden demo¬
tischen Anleitungen, einmal eine Herbeiführung, einmal nächtliches Ausplaudern, und
einmal ist das Ziel unklar. Siehe Tabelle 9.37. für eine Übersicht über die überlieferten
Funktionen der übergeordneten Praxen funktionsunbezeichneter Artefakte.
Tabelle 9.37. Funktionen der übergeordneten Praxen bei funktionsunbezeichneten Artefak¬
ten der Beschriftungsgruppe SZ
Sammelschrift
Datierung
Referenz Hauptpraxis
Funktionen Hauptpraxis
Katalognummer
3. Jh.
PGM VII, 795-845
Offenbarung (Traum)
SAP-G-V-GZ-002
6. Jh. oder früher
Ms. Copt. 136, 1-9
Anfang fehlt
SAP-K-X-KZ-001
3. Jh.
PGM VII, 411-416
nächtliches Ausplaudern
SAP-G-V-GZ-006
2./3. Jh. | 3. Jh.
P. BM 10070, Kol. V, 3-34
Offenbarung (im Schlaf)
SAP-D-V-GsZ-002
2./3. Jh. | 3. Jh.
P. BM 10070, Kol. VI, 1 bis
VIII, 11 (pdmxiv, 150-231)
Offenbarung (diverse)
SAP-D-V-GsZ-001
4. Jh.
PGM IV, 0296-466
Liebe (Herbeiführung +
Bindung)
SAP-G-VU l-GZ-002
9.4.3.1. Funktion und Materialität der Schriftträger
Zu acht funktionsbezeichneten Artefakten sind Angaben zum Schriftträger überliefert.
Für alle drei Heilartefakte soll Haut beschriftet werden. Die Anleitungen finden sich in
derselben Sammelschrift 1 , sind sehr kurz und folgen unmittelbar aufeinander. Sie sind
Teil einer Gruppe mehrerer kurzer Anleitungen, und es scheint, dass sie entweder nach
dem Schriftträger, oder nach ihrer Funktion sortiert wurden, wobei es wahrscheinlicher
ist, dass die Sortierung aufgrund des Materials erfolgte, da weitere Heilpraktiken fol¬
gen, allerdings andere Schriftträger verwendet werden. Die übrigen fünf Artefakte sollen
fünf unterschiedliche Funktionen erfüllen und ihre Beschriftungen auf ebenso viele un¬
terschiedliche Schriftträger geschrieben werden. Siehe Tabelle 9.38. für eine Übersicht
über die Funktion und Materialität der Artefakte.
i PGM VII, 201-207.
135
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Tabelle 9.38. Funktion und Materialität der Artefakte der Beschriftungsgruppe SZ
Sammelschrift
Datierung
Referenz Anleitung
Funktion Artefakt
Material
3. Jh.
PGM VII, 396-404
mehrere Funktionen - Fesseln,
Unterwerfen und Binden
Blei
4. Jh.
PGM XIII, 1001-1011, 1052-1054
Lösung einer Macht (Teilfunktion
der Rückseite)
Gold
3. Jh.
PGM VII, 203-205
Heilung (Husten)
Haut
3. Jh.
PGM VII, 206-207
Heilung (Husten)
Haut
3. Jh.
PGM VII, 201-202
Heilung (Migräne)
Haut
5. Jh. | 576. Jh.
PGM CXXIIIa, 51-52
Schlafmittel
Lorbeer
4. Jh.
PGM XXXVI, 256-264
Zerstörung von Zaubermitteln
Ostrakon
3. Jh.
PGM VII, 462-466
Liebe (allgemein)
Zinn - kassiterion ok
Bei der Gegenüberstellung von Funktion und Beschriftungselementen wird deutlich,
dass es keine erkennbare Verbindung zwischen einem spezifischen Beschriftungsele¬
ment und einer einzelnen Funktion - oder einer einem Funktionskomplex - gibt. Siehe
Tabelle 9.39. zur Übersicht über die Funktionen und Beschriftungselemente.
Tabelle 9.39. Funktionen und Beschriftungselemente
Abkürzungen: vm+ = voces magicae, N+ = Namen, Vo = Vokale, F = Forderung, ind =
individuelles Beschriftungselement
Funktion
vm
vm+
G4
G6
Gl
F
ind
N
N+
G5
ID
A
G3
Gu
Katalognr.
mehrere Funktionen - Fesseln,
Unterwerfen und Binden
1
1
1
1
1
1
1
1
1
SAP-G-VUI-
GZ-001
Liebe (allgemein)
1
1
1
1
1
SAP-G-VUI-
GZ-004
Lösung einer Macht (Teilfunk¬
tion der Rückseite)
1
1
1
1
1
1
SAP-G-V-
GZ-001 Ml-2
Heilung (Husten)
1
1
1
SAP-G-V-
GZ-007
Heilung (Husten)
SAP-G-V-
GZ-005 V2
Schlafmittel
1
1
SAP-G-V-
GZ-003
Heilung (Migräne)
1
1
1
SAP-G-VUI-
GZ-003
Sieg (Läufer)
i
’
SAP-G-VUI-
GZ-005
Zerstörung von Zaubermitteln
1
’
□
1
1
SAP-G-V-
GZ-004
9.4.4. Bezeichnung der einzelnen Beschriftungselemente innerhalb der Gruppe SZ
In neun griechischen, zwei demotischen und einer koptischen Anleitung wird die Be¬
schriftung näher bezeichnet.
Die beiden Artefakte aus demotischen Anleitungen aus einer Sammelschrift des 2.13.
Jh. | 3. Jh. werden mit der gleichen Beschriftung versehen: eine einzelne vox magica
136
9 - Beschriftung der Artefakte: Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe SZ
zusammen mit fünf Zauberzeichen aus drei Gruppen. In der ersten Anleitung lautet die
Bezeichnung dieser Name und diese Zauberzeichen (sh p3y rn hn c n3y gh c l c gter) und
die Schriften (n3 sh.w). Hier wird zunächst eindeutig unterschieden zwischen einem auf¬
zuschreibenden Namen und den Zauberzeichen. Erst bei einem späteren Rückbezug
werden die unterschiedlichen Beschriftungselemente unter dem Oberbegriff Schriften
zusammengefasst. Die Verwendung des griechischen terminus technicus gh c l c gter ist
nur dieses eine mal in den demotischen Sammelschriften überliefert. Die in derselben
Sammelschrift an späterer Stelle folgende zweite demotische Anleitung verwendet für
die gleichen Beschriftungselemente lediglich die Bezeichnung die Schriften (n3 sh.w). Es
handelt sich in der Sammelschrift allerdings um eine längere Passage, in deren Verlauf
mehrere (Varianten) einer Offenbarungspraxis beschrieben werden, wobei die vorzu¬
nehmende Beschriftung in den beiden hier besprochenen Fällen die gleiche bleibt. Die
spätere Bezeichnung die Schriften (ih sh.w) kann entsprechend als Rückbezug interpre¬
tiert werden.
In der koptischen Anleitung aus dem 6. Jh. oder früher wird die Beschriftung als die Na¬
men (Fipäm), die anderen Namen (nkspmi) und die Zauberzeichen (n©x^p^ktmp) bezeich¬
net. Auch hier wird, rund 300 Jahre nach der demotischen Überlieferung, der griechische
terminus technicus mp^kthp für die Bezeichnung der Zauberzeichen verwendet. Es ist
der bisher einzige Beleg für die Verwendung des Terminus in einem koptischen Text.
In den neun griechischen Anleitungen wird die Beschriftung auf unterschiedliche Weise
bezeichnet. Fünfmal wird dabei zwischen Z-Gruppen- und S-Gruppen-Elementen un¬
terschieden. Dabei werden die Elemente der S-Gruppe dreimal als övopa oder ovopaxa
bezeichnet. An einmaligen Bezeichnungen sind überliefert Xwnv, ©<; wrÖKsixai, Xoyoc ; und
xd8e. Die Zauberzeichen werden in fünf Fällen bezeichnet, viermal mit dem verbreiteten
terminus technicus xapaicrfipe«;, zweimal davon in abgekürzten Formen: xaponctfip. und
xap-. Einmal werden die Zeichen näher qualifiziert: xotA,ai<xfipa<; xouq oKpOeyKxotx;.
Interessant für die Zauberzeichenforschung ist die Bezeichnung CcoSiov K al xö ovopa
auxou xoö Ccoöiou, denn hier wird einem Zeichen eindeutig ein Name zugewiesen. In der
zugehörigen Anleitung werden die zwölf Sternzeichen der Reihe nach aufgeführt, neben
jeder Bezeichnung (Widder, Jungfrau ...) wird rechts eine vox magica - in wenigen Fällen
zwei voces magicae - angeschlossen, gefolgt von Zeichen (abgesehen von dem ersten
Sternzeichen, zu dem kein Zeichen aufgeschrieben wurde) 2 . In den Sammelschriften
werden Zauberzeichen an keiner weiteren Stelle als CcoSiov bezeichnet, allerdings gibt es
einen umgekehrten Fall, in dem ein Bild einer s-förmig geschlungenen Schlange auf den
Boden um einen Dreifuß gezeichnet werden soll - die Schlange wurde in der Anleitung
aufgemalt, durchgestrichen und etwas größer noch einmal aufgezeichnet 3 , und diese
Schlange wird als ö 5e x a P a >< T hp ö mpi xöv xpnroSa bezeichnet. Für die Bezeichnung der
Sternzeichen-Zeichen als 0»5iov in Verbindung mit Zauberzeichen ist mir kein weiteres
2 Die Bezeichnung der Zeichen als ipoSiov ist hier wohl in Verbindung mit den Sternzeichen zu erklären.
3 PGM III, 196-197.
137
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Beispiel aus anderen Quellen bekannt, wohingegen der Terminus xapaKxfjpgq z. B. auch
in Anrufungen erscheint, die auf Lamellae oder Papyrus niedergeschrieben wurden 4 .
Individuelle Beschriftungselemente treten fünfmal in SZ-Gruppen-Beschriftungen in grie¬
chischen Anleitungen aus zwei Sammelschriften des 3. und 4. Jh. auf. Sie werden auf
unterschiedliche Weise bezeichnet: Kowa, häufig in abgekürzter Form koT geschrieben,
<')C av ßoü/Ji und ocu üß/.ac.
Siehe Tabelle 9.40. zur Übersicht über das Vorkommen der verschiedenen Bezeichnun¬
gen der Beschriftungselemente.
Tabelle 9.40. Vorkommen der verschiedenen Bezeichnungen der Beschriftungselemente
Bezeichnung:
övojia
ovopaxa
XapaKifjpsc;
Cco8iov
XVGIV
Xoyoq
p3y m
n) sh.w
NpMl
Häufigkeit
1
2
7
1
1
1
1
2
1
Siehe Tabelle 9.41. zur Übersicht über die eindeutig einer einzelnen Bezeichnung zuzu¬
ordnende Beschriftungselemente.
Tabelle 9.41. Eindeutig einer einzelnen Bezeichnung zuzuordnende Beschriftungselemente
Bezeichnung (Anzahl
Anleitungen) —►
Beschriftungs¬
elemente |
OVO|ifl
(1)
ovopaia
(2)
XapaKxfjpsc;
NGTC^p^KTHp
gh c l c gter (7)
ßcpöiov
0)
A.1JCIV
(1)
Xoyoc
(1)
p>y m
(1)
rh sh.w
(2)
np^ii
(i)
vox magica
1
-
-
-
-
-
1
2
-
voces magicae
1
2
-
-
1
1
-
-
1
Name
-
-
-
-
-
-
-
-
Namen
-
-
-
-
-
1
-
-
-
Vokale
-
-
-
-
-
1
-
-
-
Forderung
-
-
-
-
-
1
-
-
-
Anrufung
-
-
-
-
-
1
-
-
-
individuelle
Elemente
-
-
-
-
-
1
-
-
-
Identitätssatz
-
-
-
-
-
1
-
-
-
Homerverse
-
-
-
-
-
-
-
-
-
Zauberzeichen
-
-
7
1
-
1
-
2
-
Siehe Tabelle 9.42. zur Übersicht über die Bezeichnungen der Beschriftungen der Grup¬
pe SZ.
4 Z.B. auf einer Goldlamella aus Phthiotis (Thessalien, Griechenland), AO: Athen, Nationalmuseum, Inv. nr. 3413, mit
unterschiedlichen Datierungen: Kotansky (GMA41): 4.-5. Jh., SEG 35644: 2. Jh. Der Terminus tritt in Z. 48 auf; auch
auf einer Silberlamella aus Lykien (Türkei), AO: Museum Antalya, Inv. nr. unbekannt, von Jordan, Kotansky (1996) in
das 3.-4. Jh.? datiert, der Terminus wird hier in Z. 14-15 verwendet. Ein dritter Beleg findet sich auf einer Goldlamella
mit unbekanntem Fundort, die in Damaskus angekauft wurde und sich heute in Paris, Biblitheque Nationale, Cabinet
des Medailles mit unbekannter Inv. nr. befindet (GMA 57), Kotansky datiert sie in das 4.-5. Jh. Der Terminus erscheint
in Z. 13. Papyrus: PIFAO III 50, FO: unbekannt, AO: Kairo, Institut Francais d'Archeologie Orientale, Inv. nr. 335 (=
SM 19).
138
9 - Beschriftung der Artefakte: Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe SZ
Tabelle 9.42. Bezeichnungen der Beschriftungen der Gruppe SZ
Sammelschrift
Datierung
Katalognummer
Referenz Anleitung
Bezeichnung Beschriftung
273. Jh. | 3. Jh.
SAP-D-V-GsZ-001
P. BM 10070, Kol. VI, 1-4,
9/10, 11-27
die Schriften (n3 sh.w)
273. Jh. | 3. Jh.
SAP-D-V-GsZ-002
P. BM 10070, Kol. V, 5, 8-9, 10
dieser Name, diese Zauberzeichen, die
Schriften (p3y m; rüy gh c l c gter; n3 sh.w)
4. Jh.
SAP-G-V-GZ-001 Ml-2/2
PGM XIII, 1001-1011, 1052-
1054
xouc; i)7tok£1|18vod<q> yaXaKxfjpac;
xouc; acpGsyKTODc;, Augiv, stuAdgic;
3. Jh.
SAP-G-V-GZ-002
PGM VII, 802-815, 826-827,
842-844
Cco8iov Kai io ovopa auxou xou
Ccpöioo
3. Jh.
SAP-G-V-GZ-006
PGM VII, 412-416
KO'f oc; av Be^sic;, xd ovo^ 1
3. Jh.
SAP-G-V-GZ-007
PGM VII, 206-207
XapaKxfjpsc;
3. Jh.
SAP-G-VUI-GZ-001
PGM VI 1,396-404
dbc; rmoKeixai, ko^, dbc; av ßouAxi
4. Jh.
SAP-G-VU l-GZ-002
PGM IV, 0328-433
Xoyoc;
3. Jh.
SAP-G-VU l-GZ-003
PGM VII, 201-202
xd5s, ko'Y
3. Jh.
SAP-G-VU l-GZ-004
PGM VII, 462-466
yapaKxfjp/ (Strich durch Rho), xa
ovopaxa, ko'Y
3. Jh.
SAP-G-VU l-GZ-005
PGM VII, 390-393
xouc; xapaKxfjpac; xouxouc;, KO't’ oc;a
0sA,eic;
6. Jh. oder früher
SAP-K-X-KZ-001
Ms. Copt. 136, 2-9
die Namen; die anderen Namen; die
Zauberzeichen (iip^N; NKepMt;
Nex^P^KTHp)
9.4.5. Autark zu verwendende Artefakte mit SZ-Gruppen-Beschriftung
Acht Artefakte werden autark verwendet. Die dazugehörigen ausnahmslos griechischen
Anleitungen finden sich in drei unterschiedlichen Sammelschriften aus dem 3. Jh. und
273. Jh. bis 5. Jh. | 576. Jh.
Drei der Artefakte werden zu Heilzwecken verwendet, ein Artefakt erfüllt mehrere Funk¬
tionen: Fesseln, Unterwerfen und Binden. Die übrigen Funktionen treten jeweils einmal
in Verbindung mit einem autarken Artefakt auf: ein Schlafmittel, ein Mittel zur Zerstörung
von Zaubermitteln, Liebe (nicht näher spezifiziert) und Sieg für einen Läufer. Beschriftet
werden dreimal Haut für die Heilartefakte, Lorbeer für das Schlafmittel, ein Ostrakon für
die Zerstörung von Zaubermitteln, Blei zur Fesselung, Unterwerfung und Bindung und
Zinn zu Liebeszwecken. Die Beschriftung für den Läufer soll wahrscheinlich auf dessen
Zehennägeln erfolgen.
Vier der Artefakte sind mit mehren S-Elementgruppen zusammen mit Zeichen aus einer
einzelnen Zauberzeichengruppe beschriftet. Umgekehrt sind zweimal Zeichen aus meh¬
reren Zauberzeichengruppen mit nur einer S-Elementgruppe vergesellschaftet.
Fünf der Artefakte sind mit einer Forderung zu beschriften, vier mit voces magicae und
ebenso viele mit individuellen Angaben.
Die Beschriftung der autarken Artefakte unterscheidet sich von denen der in eine ÜP
139
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
eingebundenen Artefakte durch eine wesentlich häufigere Verwendung einer Forderung
und individueller Angaben. Bei den Zauberzeichen fällt der Unterschied bei der Gruppe
G6 Elemente etwas weniger prägnant, dennoch auffällig aus, lediglich 2x treten Zeichen
der Gruppe in der Beschriftung autarker Artefakte auf, fünfmal hingegen bei eingebun¬
denen Artefakten.
9.4.6. Zusammenfassung der Gruppe SZ
Aus sieben Sammelschriften können 15 Beschriftungsanweisungen mit vergesellschaf¬
teten Elementgruppen der beiden Gruppen S und Z rekonstruiert werden. Diese Art der
Beschriftung ist in allen drei hier bearbeiteten Sprachen überliefert, die Anleitungen wer¬
den zwischen das 2./3. Jh. | 3. Jh. und 6. Jh. oder früher datiert.
9.4.6.1. Wie sieht das individuelle und vergesellschaftete Vorkommen der Beschriftungs¬
elemente aus?
Beschriftungselemente der S- und Z-Gruppe können sowohl elementgruppenspezifisch,
als auch elementgruppenübergreifend verwendet werden. Ein Zeichen einer einzelnen
Zauberzeichengruppe kann entsprechend mit mehreren S-Elementgruppen vergesell¬
schaftet Vorkommen, ebenso kann eine einzelne S-Elementgruppe mit unterschiedli¬
chen Zauberzeichen auftreten.
Die kleinste Gruppe verwendeter Beschriftungselemente besteht aus zwei Elementgrup¬
pen, die größte Gruppe umfasst elf Elementgruppen. Im Gegensatz zur S-Gruppe, in der
maximal sechs unterschiedliche S-Elementgruppen zusammen auftreten, liegt aus der
SZ-Gruppe ein Beleg für die Verwendung von sieben unterschiedlichen S-Elementgrup-
pen vor.
Die Beschriftungsmuster der SZ-Gruppe können in drei Hauptgruppen unterteilt werden,
von denen Gruppe 2 wiederum in zwei Untergruppen geteilt werden kann. Die Klassi¬
fizierung orientiert sich an der Anzahl der auftretenden Elementgruppen der S-Gruppe
einerseits und der Z-Gruppe andererseits.
• Gruppe 1 enthält Beschriftungen, die aus einer Elementgruppe der Gruppe S
und einer Elementgruppe der Gruppe Z zusammengesetzt sind.
• Gruppe 2 enthält Beschriftungen, die aus jeweils einer Elementgruppe der einen
Gruppe und mehreren Elementen der anderen Gruppe bestehen. Es kann un¬
terschieden werden zwischen:
• Untergruppe S1: Die einzeln auftretende Elementgruppe ist der S-Grup-
pe zuzuordnen.
• Untergruppe ZI: Die einzeln auftretende Elementgruppe ist der Z-Grup-
pe zuzuordnen.
140
9 - Beschriftung der Artefakte: Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe SZ
• Gruppe 3 enthält Beschriftungen, bei denen mehrere Elementgruppen der S-
Gruppe zusammen mit mehreren Elementgruppen der Z-Gruppe verwendet
werden.
Eine Beschriftung der Gruppe 1 ist lediglich ein einziges Mal eindeutig belegt. Dabei ist
zu beachten, dass eine Beschriftung, die ausschließlich aus einem einzelnen Zauberzei¬
chen und einem einzelnen Element der S-Gruppe besteht, in den Sammelschriften nicht
belegt ist. Für Beschriftungen der übrigen Gruppen liegen jeweils mehrere Belege vor.
Insbesondere für die Gruppe S1 konnten verschiedene Merkmale herausgestellt werden:
• Sie bildet unter allen drei Gruppen die größte.
• Die sieben Artefakte umfassen den weitesten Überlieferungszeitraum der hier
besprochenen Beschriftungselementgruppe SZ (2./3. Jh. | 3. Jh., 3. Jh. und 6.
Jh. oder früher). Sämtliche anderen Gruppen sind auf das 3. und 4., oder sogar
nur das 3. Jh. begrenzt.
• Die Gruppe beinhaltet als einzige Anleitungen in allen drei hier untersuchten
Sprachen.
• Als S-Beschriftungselemente treten ausschließlich voces magicae oder eine
einzelne vox magica auf, d.h., dass kein anderes S-Element innerhalb der Grup¬
pe mit mehreren Zauberzeichengruppen vergesellschaftet auftritt.
In Bezug auf die Häufigkeit der einzelnen Beschriftungselemente beider Gruppen bilden
Zauberzeichen der Gruppe 4 geschlossene Elemente die größte Gruppe, sie kommen
zwölfmal in den Beschriftungen der 15 Artefakte vor. Zeichen der Gruppe 1 Kringel und
voces magicae treten jeweils neunmal auf, Zeichen der Gruppe 6 Elemente achtmal.
Bei einer Zusammenlegung der vier Elemente vox magica, voces magicae, Name und
Namen würde diese Gruppe mit 17 Vorkommen die größte Gruppe darstellen, wie auch
in der S-Gruppe.
Bei der Verwendung der Zauberzeichen konnten die Ergebnisse der Untersuchungen
der Z-Gruppe bestätigt werden: auch in der SZ-Gruppe werden Zauberzeichen häufiger
elementgruppenübergreifend als elementgruppenspezifisch verwendet. Für die S-Elem-
entgruppen weichen die Ergebnisse der beiden Untersuchungen der S-Gruppe und der
SZ-Gruppe voneinander ab. In der S-Gruppe treten die Elemente vox magica und voces
magicae insgesamt in 21 von 93 Beschriftungen als einziges S-Element auf (23%), in
der SZ-Gruppe jedoch in sieben von 15 (47%).
Siehe Tabelle 9.43 zur Übersicht über das Vorkommen und die Verteilung der S- und
Z-Elemente innerhalb der Gruppe SZ, s. auch Tabelle 9.44., in der die Elemente vox
magica und voces magicae zusammengelegt wurden, ebenso wie die Elemente Name
und Namen.
141
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Tabelle 9.43. Vorkommen und Verteilung der S- und Z-Elemente der Gruppe SZ
Katalognummer
Gl
G2
G3
G4
G5
G6
G8
Gu
vm
vm+
N
N+
Vo
F
A
ID
ind
SAP-D-V-GsZ-001
-
-
-
1
1
-
1
-
-
-
1
-
-
-
-
-
-
SAP-D-V-GsZ-002
-
-
-
1
1
-
1
-
-
-
1
-
-
-
-
-
-
SAP-G-V-GZ-001
1
-
-
1
-
1
-
-
1
-
-
1
-
-
1
-
-
SAP-G-V-GZ-002
1
-
-
1
-
1
-
1
-
-
-
1
-
-
-
-
-
SAP-G-V-GZ-003
1
1
1
SAP-G-V-GZ-004
1
1
-
-
-
1
-
1
-
SAP-G-V-GZ-005
-
-
-
1
1
-
1
-
-
-
SAP-G-V-GZ-006
-
-
1
1
-
1
-
-
-
-
-
1
-
-
-
-
-
SAP-G-V-GZ-007
-
-
-
1
-
1
-
1
-
-
1
-
-
-
-
-
-
SAP-G-VUI-GZ-001
1
-
1
1
-
1
-
1
-
1
-
1
-
1
-
-
1
SAP-G-VUI-GZ-002
1
1
-
1
-
1
-
-
-
1
-
1
1
1
1
1
1
SAP-G-VU l-GZ-003
-
-
-
1
-
-
-
-
1
-
-
-
-
-
-
-
1
SAP-G-VUI-GZ-004
1
-
-
1
1
1
-
-
-
-
-
1
-
1
-
-
1
SAP-G-VU l-GZ-005
1
1
1
SAP-K-X-KZ-001
1
-
-
1
-
1
-
-
-
-
-
1
-
-
-
-
-
In Tabelle 9.44. sind die einzelnen Elemente in einer Kombinationstabelle sortiert, dabei
wird deutlich, dass die engste Verbindung zwischen den beiden griechischen Artefakten
SAP-G-VUI-GZ-001 und SAP-G-VUI-GZ-002 aus zwei unterschiedlichen Sammelschrif¬
ten besteht. Interessant ist, dass das für die Beschriftung des koptischen Artefakt SAP-
K-X-KZ-001 das gleiche Beschriftungsmuster verwendet wurde wie für das griechische
Artefakt SAP-G-V-GZ-002. Inhaltlich weisen diese beiden Artefakte kaum Parallelen auf.
Bei den beiden o.g. griechischen bestehen jedoch Parallelen, in beiden Fällen handelt
es sich um Bindepraktiken, die Beschriftungen sollen auf Blei erfolgen.
Die Kombinierung selbst einer so geringen Anzahl an Objekten macht deutlich, dass trotz
inhaltlicher Differenzen Beschriftungsmuster ähnlich oder sogar identisch sein können.
Die geringe Anzahl an Beschriftungsanleitugnen ermöglicht jedoch kaum zuverlässige
Interpretationen. Die Übertragung der Untersuchungsmethode auf die wesentlich zahl¬
reicheren archäologischen Zeugnisse könnte jedoch Zusammenhänge sichtbar machen,
die bisher noch nicht untersucht wurden. Diese würden sich auf die Bereiche Tradierung,
Tradition oder auf einen geographisch oder chronologisch begrenzten Raum beziehen.
=> s. nächste Seite
Tabelle 9.44. Vorkommen und Verteilung der S- und Z-Elemente der Gruppe SZ (vm/vm+
142
9 - Beschriftung der Artefakte: Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe SZ
und N/N+jeweils zusammengelegt)
Katalog nr.
vm
vm+
G4
G6
Gl
F
ind
N
N+
G5
ID
A
G3
GH
G2
Gu
Vo
Sammelschrift
Datierung
SAP-G-VUI-
GZ-002
1
1
1
1
1
1
1
1
1
□
4. Jh.
SAP-G-VUI-
GZ-001
1
1
1
1
1
1
’
’
If
3. Jh.
SAP-G-VUI-
GZ-004
1
1
1
1
3. Jh.
SAP-G-V-
GZ-001 Ml-2
1
1
1
1
,
,
4. Jh.
SAP-K-X-
KZ-001
1
1
1
1
6. Jh. oder
früher
SAP-G-V-
GZ-002
1
1
i
’
3. Jh.
SAP-G-V-
GZ-006
1
1
-
r
’
3. Jh.
SAP-G-V-
GZ-007
1
1
1
3. Jh.
SAP-G-V-
GZ-005 V2
1
:
3. Jh.
SAP-D-V-
GsZ-002
1
:
:
2./3. Jh. | 3. Jh.
SAP-D-V-
GsZ-001
1
2./3. Jh. | 3. Jh.
SAP-G-V-
GZ-003
i
i
5. Jh. | 5./6. Jh.
SAP-G-VUI-
GZ-003
1
1
3. Jh.
SAP-G-VUI-
GZ-005
i
1
1
3. Jh.
SAP-G-V-
GZ-4
i
1
1
1
4. Jh.
9.4.6.2. Welche Schriftträger wurden verwendet, und lassen sich Verbindungen zwischen
Beschriftungselement/en und Schriftträger herstellen?
Zu 13 der 15 Artefakte der Gruppe SZ wird ein Schriftträger angegeben, insgesamt sind
zehn unterschiedliche Materialien überliefert, Haut, Blei und Lorbeerblätter werden als
einzige mehrfach genannt. Eine konkrete Verbindung zwischen einem oder mehreren
Schriftelementen und der Materialität eines Schriftträgers lässt sich nicht feststellen. Es
fällt jedoch auf, dass beide Bleiartefakte mit wesentlich mehr unterschiedlichen Elemen¬
ten als die Lorbeerblätter und die Hautartefakte beschriftet werden. Bleitäfelchen kön¬
nen mehr Platz für die Beschriftung bieten als Lorbeerblätter, jedoch nicht unbedingt als
Haut. Aus der Praxis lassen sich archäologisch sowohl sehr umfangreich als auch sehr
kurz beschriftete Bleitafeln nachweisen.
9.4.6.3. Welche Funktionen werden genannt, und treten bestimmte Beschriftungselemente
143
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
AUSSCHLIESSLICH IM KONTEXT BESTIMMTER FUNKTIONEN AUF?
Neun der 15 Artefakte sind funktionsbezeichnet und in acht griechischen Anleitungen
aus vier Sammelschriften des 3. Jh. bis 5. Jh. | 5./6. Jh. überliefert. Dreimal wird Heilung
als Funktion genannt, sämtliche anderen Funktionsbezeichnungen treten einmalig auf.
Den drei Heilartefakten können keine Beschriftungselemente explizit zugewiesen wer¬
den.
Zu acht funktionsbezeichneten Artefakten sind Angaben zum Schriftträger überliefert.
Für alle drei Heilartefakte soll Haut beschriftet werden, so dass hier - unter Berücksich¬
tigung der geringen Anzahl - festgehalten werden kann, dass unter den zehn unter¬
schiedlichen überlieferten Materialen lediglich eines zur Herstellung von Heilartefakten
verwendet werden sollte.
Sechs Artefakten aus drei griechischen, zwei demotischen und einer koptischen Anlei¬
tung sind funktionsunbezeichnet. Sämtliche Artefakte sind in eine ÜP eingebunden. Drei¬
mal ist das Ziel der ÜP der Erhalt einer Offenbarung, die übrigen Angaben zur Funktion
sind jeweils einmalig. Ein deutlicher Unterschied zwischen den Beschriftungselementen,
die für funktionsbezeichnete und funktionsunbezeichnete Artefakte der Beschriftungs¬
gruppe SZ verwendet werden sollen, kann nicht festgestellt werden. Von den mehrfach
auftretenden Beschriftungselementen ist lediglich das S-Element "Name" nur in Verbin¬
dung mit funktionsbezeichneten Artefakten nachweisbar, es kömmt allerdings auch nur
zweimal vor.
9.4.6.4. Wie werden einzelne Beschriftungselemente bezeichnet, und wurden die Bezeich¬
nungen ELEMENTSPEZIFISCH ODER ELEMENTÜBERGREIFEND VERWENDET?
Die beiden Termini övopa und ovöpaxa werden ausschließlich zur Bezeichnung von vo-
ces magicae oder einer einzelnen vox magica verwendet. Die Singularform bezeichnet
beide Elemente, die Pluralform nur voces magicae.
In einer demotischen und einer koptischen Anleitung wird der griechische terminus tech-
nicus xapoucxfipsc; zur Bezeichnung magischer Zeichen verwendet. Es handelt sich um
die einzigen bisher überlieferten Belege der Verwendung des Terminus in demotischen
und griechischen Sammelschriften.
Ein singulärer Beleg aus den Sammelschriften liegt in einer griechischen Anleitung für
die Verbindung von Zauberzeichen mit konkreten Sternzeichen vor. Dort werden sie al¬
lerdings nicht mit dem geläufigen Terminus xotpaKifjpsq, sondern als C(p8iov bezeichnet.
9.4.6.5. Wie werden autark zu verwendende Artefakte beschriftet, und unterscheidet sich
ihre Beschriftung von der Beschriftung der übrigen Artefakte?
Acht Artefakte - allesamt aus griechischen Anleitungen aus dem 3. Jh. und 2./3. Jh. bis
5. Jh. | 5./6. Jh. - sollen autark verwendet werden. Sämtliche bereits o.g. Heilartefakte
144
9 - Beschriftung der Artefakte: Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe SZ
gehören zu dieser Gruppe. Die Beschriftung autarker Artefakte unterscheidet sich von
der Beschriftung eingebundener Artefakte durch eine wesentlich häufigere Verwendung
der Beschriftungselemente "Forderung" und "individuelle Angaben". Bei den Zauberzei¬
chen fällt ein etwas geringerer Unterschied bei der Verwendung der Zeichen der Gruppe
G6 auf, die lediglich 2x für die Beschriftung autarker Artefakte verwendet werden, jedoch
fünfmal bei eingebundenen Artefakten.
145
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
9.5. Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe SB
9.5.i. Übersicht Gruppe SB
In der Gruppe "SB" werden Beschriftungen untersucht, die mindestens ein Element der
Gruppe S und mindestens ein Element der Gruppe B enthalten. Zu den auftretenden
Elementgruppen der S-Gruppe gehören: voces magicae, Name, Namen, Vokale, For¬
derung, Anrufung, individuelle Angaben, Identitätssatz. Eine einzelne vox magica und
Homerverse kommen innerhalb der SB-Gruppe nicht vor. Zu den Elementgruppen der
B-Gruppe sind zu zählen: figürliche Darstellungen, Tierdarstellungen und Darstellungen
von Körperteilen. Bei den figürlichen Darstellungen kann differenziert werden zwischen
namentlich bezeichneten Darstellungen (Osiris, Horus ...) und ausschließlich ikonogra-
phisch beschriebenen Darstellungen. Geometrische Elemente treten nicht auf.
Aus zehn Sammelschriften des 2./3. Jh. | 3. Jh. bis 4./5. Jh. können 18 Anleitungen
zu Artefaktbeschriftungen mit einer Beschriftung der SB-Gruppe eindeutig rekonstruiert
werden. 14 der Anleitungen wurden in Griechisch und vier in Demotisch verfasst. Kopti¬
sche Beschriftungen mit diesem Beschriftungsmuster sind in den Sammelschriften nicht
überliefert.
9.5.1. Individuelles und vergesellschaftetes Vorkommen der Beschriftungsele¬
mente der Gruppe SB
Bei der Vergesellschaftung von Beschriftungselementen der S- und der B-Gruppe kön¬
nen Elemente beider Gruppen jeweils sowohl elementgruppenspezifisch, als auch elem-
entgruppenübergreifend verwendet werden. Dies bedeutet, dass 1.) mehrere Element¬
gruppen der S-Gruppe mit mehreren Elementgruppen der B-Gruppe vergesellschaftet
auftreten können, 2.) eine einzelne B-Elementgruppe mit mehreren S-Elementgruppen
gemeinsam Vorkommen kann, 3.) eine einzelne S-Elementgruppe mit mehreren B-Elem-
entgruppen gemeinsam auftreten kann, und 4.) ein einzelnes S-Element mit einem ein¬
zelnen B-Element gemeinsam Vorkommen kann.
Die kleinste Gruppe verwendeter Beschriftungselemente besteht aus zwei Elementgrup¬
pen, sie tritt fünfmal auf. Die größte Gruppe hingegen umfasst sieben Elementgruppen,
die alle eindeutig zugeordnet werden können, und tritt einmalig auf.
9.5.1.1. Vorkommen und Vergesellschaftung der Beschriftungselemente der S- und der
B-Gruppe
Die Beschriftungsmuster der SB-Gruppe können - wie auch bei der SZ-Gruppe - in drei
146
9 - Beschriftung der Artefakte: Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe SB
Hauptgruppen unterteilt werden, von denen Gruppe 2 wiederum in zwei Untergruppen
geteilt werden kann. Die Klassifizierung orientiert sich an der Anzahl der auftretenden
Elementgruppen der S-Gruppe einerseits und der B-Gruppe andererseits. Beschriftun¬
gen, die aus jeweils einer Elementgruppe der Gruppe S und einer Elementgruppe der
Gruppe B bestehen, werden der Gruppe 1 zugeordnet (in Tabelle 9.45 blau markiert).
Beschriftungen, die aus jeweils einer Elementgruppe der einen Gruppe und mehreren
Elementgruppen der anderen Gruppe zusammengesetzt sind, werden der Gruppe 2
zugeordnet. Dabei wird eine Beschriftung, bei der die einzeln auftretende Elementgrup¬
pe der S-Gruppe zuzuordnen ist, der Untergruppe S1 zugewiesen (in Tabelle 9.45 grün
markiert). Ist die einzeln verwendete Elementgruppe der B-Gruppe zuzuordnen, erfolgt
eine Zuweisung zu der Untergruppe Bl (in Tabelle 9.45 gelb markiert). Beschriftungen,
bei denen mehrere Elementgruppen der S-Gruppe zusammen mit mehreren Element¬
gruppen der B-Gruppe verwendet werden, werden Gruppe 3 zugeteilt (in Tabelle 9.45
orange markiert). Die Gruppen werden der Reihe nach besprochen.
Gruppe 1 (Tabelle 9.45, blau markiert)
Das Beschriftungsmuster der Gruppe 1 besteht aus jeweils einer Elementgruppe der
Gruppe S und einer Elementgruppe der Gruppe B. Es ist aus einer demotischen und fünf
griechischen Anleitungen aus dem 2./3. Jh. | 3. Jh. bis 4./5. Jh. überliefert. Dabei variie¬
ren die verwendeten Elemente sowohl der S-Gruppe als auch der B-Gruppe.
Einem einzelnen anthropomorphen B-Element können voces magicae oder ein einzel¬
ner Name oder eine Vokalreihe hinzugesellt werden. In einem Fall wird die Darstellung
eines Auges mit einem Identitätssatz vergesellschaftet.
Bei dem einzelnen Namen handelt es sich um Abrasax, der mit der Darstellung eines
Harpokrates auf einem Lotos verbunden wird. Zwei voces magicae sind mit Hekate zu
verbinden, ein Horus mit Löwenkopf und ein Ouroboros werden ebenfalls mit voces
magicae vergesellschaftet. Eine andere Hekatedarstellung soll zusammen mit einer Vo¬
kalreihung graviert werden.
Gruppe 2
Gruppe 2 umfasst Beschriftungen, bei denen eine Elementgruppe aus einer der beiden
Gruppen S und Z elementgruppenspezifisch auftritt, die Elemente der anderen Gruppe
hingegen elementgruppenübergreifend Vorkommen. Dieses Beschriftungsmuster ist aus
neun griechischen und drei demotischen Anleitungen aus dem 2./3. Jh. | 3. Jh. und dem
4. Jh. überliefert.
Untergruppe S1 (Tabelle 9.45, grün markiert)
Das Beschriftungsmuster der Untergruppe S1 besteht aus einer Elementgruppe der
147
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Gruppe S und mehreren Elementgruppen der Gruppe B. Es ist aus zwei griechi¬
schen Anleitungen aus dem 2./3. Jh. | 3. Jh. und dem 4. Jh. überliefert. Die auf¬
tretenden Elementgruppen der S-Gruppe variieren, einmal sollen voces magicae,
das andere Mal Namen aufgeschrieben werden. Bei den Elementen der B-Gruppe
handelt es sich in beiden Fällen um eine Kombination aus anthropomorphen und
tierischen Darstellungen.
Untergruppe Bl (Tabelle 9.45, gelb markiert)
Die Untergruppe Bl bildet mit zehn Belegen die größte Gruppe innerhalb der SB-
Beschriftungen. Das Beschriftungsmuster besteht aus einer Elementgruppe der
Gruppe B und mehreren Elementgruppen der Gruppe S. Es ist aus drei demoti¬
schen und sieben griechischen Anleitungen aus dem 2./3. Jh. | 3. Jh., 3. Jh. und
dem 4. Jh. überliefert.
Aus der B-Gruppe sind in sieben Fällen anthropomorphe Darstellungen überliefert,
in zwei Fällen Tierdarstellungen. In einem Fall ist nicht eindeutig ersichtlich, ob Anu¬
bis als Schakal oder in anthropomorpher Form gezeichnet werden soll. Die mit der
einzeln auftretenden B-Elementgruppe vergesellschafteten S-Elemente sind unter¬
schiedlich zusammengesetzt.
Die am häufigsten auftretende S-Elementgruppe ist "Namen" (9), gefolgt von "vo¬
ces magicae" und "Forderung" (je 6), "Vokalen" (3) und "individuellen Angaben" (2).
Forderungen treten dabei entweder zusammen mit Namen oder voces magicae auf.
Jeder figürlichen Darstellung sind Namen oder voces magicae oder beide Elemente
beigegeben, doch nicht in jedem Fall können die angegebenen Namen oder voces
magicae konkret mit der oder den Darstellung/en in Verbindung gebracht werden.
In der demotischen Anleitung SAP-D-VUS-DB.t-001 z.B. sollen je drei Skarabäen,
Falken und Ziegen aufgezeichnet werden, zusammen mit deren Darstellung sind
jedoch lediglich acht Namen überliefert. Dabei muss erwähnt werden, dass in die¬
ser Anleitung die demotischen Namensangaben mit griechischen Worten glossiert
sind, doch jede demotische Schreibung endet mit einem Götterdeterminativ, sodaß
davon ausgegangen werden sollte, dass die voces magicae als Namen verstanden
wurden, und nicht als Zauberworte. Dementsprechend wurden sie hier auch der
Gruppe "Namen" zugeordnet. Doch selbst dann, wenn einer einzelnen Figur ein
einzelner Name zugewiesen wird, bleibt unklar, ob es sich dabei um eine Identifizie¬
rung oder eine Gruppierung handelt, wie z.B. bei SAP-G-V-GB.a-001. Dort ist eine
Harpokratesdarstellung zu zeichnen und der Name "Abrasax" aufzuschreiben. Es
scheint plausibel, dass die Gruppierung als Identifizierung zu verstehen ist, ande¬
rerseits könnte es sich auch um zwei unterschiedliche Darstellungsformen - Schrift
und Bild - zweier höherer Mächte handeln. Zur Ausschließung der zweiten Möglich¬
keit wäre eine tiefergehende Untersuchung notwendig 1 .
1 Eine umfangreiche Untersuchung der Vergesellschaftung eines einzelnen Namens mit einer einzelnen figürlichen
Darstellung im Kontext der Interaktion zwischen Mensch und höherer Macht fehlt bis heute. Umfangreiches Quellen-
148
9 - Beschriftung der Artefakte: Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe SB
Gruppe 3 (Tabelle 9.45, orange markiert)
Beschriftungen der Gruppe 3 setzen sich aus mehreren Elementgruppen aus jeder der
beiden Beschriftungsgruppen S und B zusammen. Dieses Beschriftungsmuster ist in ei¬
ner einzigen Anleitung aus einer Sammelschrift des 4. Jh. belegt. Dabei wird eine löwen¬
köpfige Männerfigur mit einer Schlange zusammen mit Namen, voces magicae, einer
Forderung, einer Anrufung und individuellen Angaben vergesellschaftet. Es handelt sich
um die einzige Beschriftung der SB-Gruppe, die eine Anrufung enthält.
Tabelle 9.45. Vergesellschaftetes Vorkommen der Elementgruppen aus der S- und B-Gruppe
Abkürzungen: vm+ = voces magicae, N = Name, N+ = Namen, Vo = Vokale, F = Forde¬
rung, A = Anrufung, ID = Identitätssatz, ind = individuelles Beschriftungselement
Gruppe
S-Elemente
Anzahl
B-Elemente
Anzahl
Elemente
gesamt
Katalognummer
Sammelschrift
Datierung
1 (ID)
1 (B.p)
2
SAP-D-V-DB. p-001
2./3. Jh. | 3. Jh.
1 (N)
1 (B.a)
2
SAP-G-V-GB.a-001
3. Jh.
Gruppe 1
1 (vm+)
1 (B.a)
2
SAP-G-V-GB.a-002
4. Jh.
1 (vm+)
1 (B.a)
2
SAP-G-V-GB.a-006
475. Jh.
1 (Vo)
1 (B.a)
2
SAP-G-V-GB.a-004
4. Jh.
1 (vm+)
Gruppe 2:
S1 1 (N+)
2 (B.a, B.t)
2 (B.a, B.t)
3 SAP-G-V-GB.at-001
SAP-G-V-GB.at-002
J Ml-2/2
4. Jh.
273. Jh. | 4. Jh.
2 (N+, F)
1 (B.t)
3
SAP-D-VUS-DB.t-001
273. Jh. | 3. Jh.
2 (N+, F)
1 (Ba)
3
SAP-D-X-DB.a-001
3. Jh.
2 (N+, F)
1 (unklar, ob B.a
oder B.t)
3
SAP-D-X-DB.a?t?-001
3. Jh.
Gruppe 2:
Bl
2 (N+, vm+)
1 (B.t)
3
SAP-G-V-GB.t-001
3. Jh.
3 (N+, vm+, Vo)
1 (Ba)
4
SAP-G-V-GB.a-003
4. Jh.
3 (N+, vm+, Vo)
1 (Ba)
4
SAP-G-V-GB.a-005
4. Jh.
3 (N+, vm+ Vo)
1 (Ba)
4
SAP-G-X-GKB.a-001
4. Jh.
3 (N+, vm+, F)
1 (Ba)
4
SAP-G-V-GB.a-007
4. Jh.
3 (N+, F, ind)
1 (Ba)
4
SAP-G-VUI-GB.a-002
4. Jh.
3 (vm+, F, ind)
1 (Ba)
4
SAP-G-VUI-GB.a-001
273. Jh. | 4. Jh.
Gruppe 3
5 (N+, vm+, F,
Anrufung, ind)
2 (B.a, B.t)
7
SAP-G-VUI-GB.at-001
4. Jh.
In Bezug auf die Häufigkeit der individuellen Elementgruppen der beiden Gruppen S
und B innerhalb der SB-Gruppen-Beschriftung wird deutlich, dass die größte Gruppe
vergesellschafteter B-Elemente aus zwei unterschiedlichen Elementgruppen besteht.
Innerhalb der S-Gruppe werden hingegen bis zu fünf unterschiedliche Elementgruppen
zusammen verwendet.
Das am häufigsten auftretende Beschriftungselement ist eine figürliche, anthropomor-
phe Darstellung (14, evtl. 15), gefolgt von Elementen der Elementgruppen Namen (11)
und voces magicae (10). Eine Forderung soll siebenmal aufgeschrieben werden, eine
material bieten hierzu insbesondere die Gemmen.
149
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Tierdarstellung fünfmal (evtl, sechsmal), Vokale viermal und individuelle Angaben drei¬
mal. Die übrigen Elementgruppen Identitätssatz, einzelner Name, Anrufung und die Dar¬
stellung eines einzelnen Körperteils werden jeweils einmalig genannt.
Bei der Zusammenlegung der S-Elementgruppen voces magicae, Name und Namen
würde diese Gruppe mit 19 Vorkommen die größte Elementgruppe darstellen. Siehe
Tabelle 9.46 zur Häufigkeitsverteilung der Elemente der Gruppen S und B.
Tabelle 9.46 Häufigkeitsverteilung der Elemente aus der S- und B-Gruppe
S-Elemente
Häufig¬
keit
Sammelschrift/en
Datierung / Anzahl
Namen
11
273. Jh. | 3. Jh. - 4.
Jh.(8)
voces magicae
10
273. Jh. | 3. Jh. -475.
Jh. (7)
Forderung
7
273. Jh. | 3. Jh. - 4.
Jh.(5)
individuelle
Elemente
3
273. Jh. | 4. Jh. und 4.
Jh. (2)
Anrufung
1
4. Jh. (1)
Identitätssatz
1
273. Jh. | 3. Jh. (1)
Name
1
3. Jh. (1)
B-Elemente
Häufig¬
keit
Sammelschrift/en
Datierung
anthropomorphe
Darstellung
14
273. Jh. | 3. Jh. - 4./5.
Jh. (8)
Tierdarstellung
5
273. Jh. | 3. Jh.-4.
Jh. (4)
Körperteile
1
273. Jh. | 3. Jh. (1)
9.5.2. Schriftträger der Gruppe SB
Zu sämtlichen Artefakten sind Angaben zum Schriftträger überliefert, in einem Fall wird
zusätzlich ein alternatives Material für die Beschriftung genannt. Insgesamt sind elf un¬
terschiedliche Materialien überliefert, Papyrus, Eisen, Leinen und Magnetstein werden
mehrfach genannt.
Papyrus ist in zwei demotischen und zwei griechischen Anleitungen aus vier unterschied¬
lichen Sammelschriften des 2 . 13 . Jh. | 3. Jh. bis 4. Jh. überliefert. In einer der demoti¬
schen Anleitungen wird eine alternative Beschriftung angegeben, sodaß Beschreibun¬
gen zu fünf Artefakten überliefert sind.
Eisen als Schriftträger ist in drei griechischen Anleitungen aus zwei Sammelschriften des
3. und 4. Jh. überliefert.
Leinen ist zweimal in einer demotischen und einer griechischen Anleitung aus zwei Sam¬
melschriften des 2./3. Jh. | 3. Jh. und 2 . 13 . Jh. | 4. Jh. überliefert, und Magnetstein in zwei
Anleitungen aus einer Sammelschrift des 4. Jh.
Siehe Tabelle 9.47 zur Übersicht über die überlieferten Schriftträger.
150
9 - Beschriftung der Artefakte: Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe SB
Tabelle 9.47 Materialität der Schriftträger der Beschriftungsgruppe SB
Sammelschrift
Datierung
Referenz Anleitung
Katalognummer
Artefakt Material
4. Jh.
PGM III
SAP-G-X-GKB.a-001
Boden
4. Jh.
PGM IV
SAP-G-V-GB.a-002
Eisen
3. Jh.
PGM LXI pdm Ixi P. BMI0588
SAP-G-V-GB.a-001
Eisen
4. Jh.
PGM IV
SAP-G-V-GB.at-001
Eisen
3. Jh.
PGM VII
SAP-G-V-G B .t-001
Hand (linke)
4. Jh.
PGM IV
SAP-G-VUI-GB.at-001
Haut
2./3. Jh. | 3. Jh.
P. Leiden 1 383 = pdm xiv
SAP-D-VUS-DB.t-001
Leinen
2./3. Jh. | 4. Jh.
P. Leiden 1 384 = PGM XII, pdm xii
SAP-G-VUI-GB.a-001
Leinen
3. Jh.
P. Louvre E 3229 = pdm suppl.
SAP-D-X-DB.t-001
Papyrus
3. Jh.
P. Louvre E 3229 = pdm suppl.
SAP-D-X-DB.a-001
Papyrus
4. Jh.
PGM IV
SAP-G-VUI-GB.a-002
Papyrus
4. Jh.
PGM XXXVI
SAP-G-V-GB.a-005
Papyrus
2./3. Jh. | 3. Jh.
P. Leiden 1 383 = pdm xiv
SAP-D-V-DB.p-001
Papyrus
273. Jh. | 4. Jh.
P. Leiden 1 384 = PGM XII, pdm xii
SAP-G-V-GB.at-002 M1-2/2
Stein - Ispis (luftblau), Gold
4. Jh.
PGM IV
SAP-G-V-GB.a-003
Stein - Magnetstein
4. Jh.
PGM IV
SAP-G-V-GB.a-004
Stein - Magnetstein
4./5. Jh.
PGM 1
SAP-G-V-GB.a-006
Stein (lang)
4. Jh.
PGM II
SAP-G-V-GB.a-007
Stofflappen
Papyrus wird mit sieben oder acht unterschiedlichen Elementgruppen beschriftet. In
einem Fall ist nicht klar, ob die Beschriftung aus einer anthropomorphen oder einer
Tierdarstellung bestehen soll. Die kleinste Beschriftungsgruppe besteht aus zwei un¬
terschiedlichen Elementgruppen, die größte aus vier. Papyrus kann mit den Element¬
gruppen Namen, voces magicae, einer Forderung, individuellen Angaben und einem
Identitätssatz aus der S-Gruppe, und mit anthropomorphen Darstellungen, einem Auge
und evtl, einer Tierdarstellung aus der B-Gruppe beschriftet werden.
Eisen kann mit vier unterschiedlichen Elementgruppen beschriftet werden. Eine Beschrif¬
tung beinhaltet dabei entweder zwei oder drei unterschiedliche Elementgruppen. Über¬
lieferte Elementgruppen sind für die S-Gruppe voces magicae und ein einzelner Name,
für die B-Gruppe anthropomorphe Darstellungen und eine Tierdarstellung.
Für Leinen als Schriftträger sind insgesamt sechs unterschiedliche Elementgruppen
überliefert. Das eine Artefakt soll mit drei, das andere mit vier unterschiedlichen Elem¬
entgruppen beschriftet werden. Aus der S-Gruppe sind die Elementgruppen Namen,
voces magicae, Forderung und individuelle Angaben überliefert, aus der B-Gruppe an¬
thropomorphe Darstellungen.
Für die beiden Magnetsteine werden insgesamt vier unterschiedliche Elementgruppen
angegeben. Der erste wird mit sämtlichen Gruppen graviert: Namen, voces magicae,
Vokale und eine anthropomorphe Darstellung. Für die Beschriftung des zweiten Steins
werden lediglich zwei genannt: Vokale und eine anthropomorphe Darstellung.
Während Forderungen als Beschriftungselement sowohl auf Papyrus, als auch auf Lei¬
nen überliefert sind, sind sie für Eisen(ringe) bisher nicht nachweisbar. In Tabelle 9.48
151
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
werden mehrfach genannte Schriftträger mit den verwendeten Elementgruppen aufge¬
führt.
Tabelle 9.48 Materialität der Schriftträger (Mehrfachnennungen) u. Beschriftungselemente
Katalognr.
Datierung
Sammelschrift
Material
N+
vm+
F
Vo
ind
N
ID
A
B.a
B.t
B-P
4. Jh.
SAP-G-V-GB.a-005
Papyrus
1
1
1
1
4. Jh.
SAP-G-VUI-GB.a-002
Papyrus
1
1
1
1
3. Jh.
SAP-D-X-DB.a-001
Papyrus
1
1
1
3. Jh.
SAP-D-X-
DB.a?t?-001
Papyrus
1
1
?
?
2 . 13 . Jh. | 3. Jh.
SAP-D-V-DB.p-001
Papyrus
1
1
3. Jh.
SAP-G-V-GB.a-001
Eisen
1
1
4. Jh.
SAP-G-V-GB.a-002
Eisen
1
1
4. Jh.
SAP-G-V-G B .at-001
Eisen
1
1
1
2 . 13 . Jh. | 3. Jh.
SAP-D-VUS-DB.t-001
Leinen
1
1
1
2./3. Jh. | 4. Jh.
SAP-G-VUI-GB.a-001
Leinen
1
1
1
1
4. Jh.
SAP-G-V-GB.a-003
Magnetstein
1
1
1
1
4. Jh.
SAP-G-V-GB.a-004
Magnetstein
1
1
9.5.3. Funktionen
Zu fünf Artefakten ist eine einzelne Funktion angegeben, zu drei weiteren werden mehre¬
re Funktionen genannt. Die Artefakte sind in sieben griechischen und einer demotischen
Anleitung aus fünf Sammelschriften des 2 . 13 . Jh. | 4. Jh. bis 4. Jh. überliefert. Keine
Handlung ist eindeutig mehrfach überliefert. In einem Fall wird die Funktion eines autark
zu verwendenden Artefakts rekonstruiert. Eventuell ist bei einer Mehrfachfunktionsbe¬
zeichnung an ein Schutzmittel während der Praxis zu denken - in diesem Fall wäre diese
Funktion zweimal überliefert. In Tabelle 9.49 werden sämtliche Funktionen aufgeführt.
Tabelle 9.49 Funktionen der Artefakte der Beschriftungsgruppe SB
Sammelschrift
Datierung
Referenz Quelle
Funktion Artefakt
Katalognummer
2./3. Jh. | 4. Jh.
PGM XII, pdm xii = P. Leiden 1 384
Erfolg und Glück für den Träger
SAP-G-V-GB.at-002
4. Jh.
PGM IV
Gefügigmachen einer Seele, Traumsend¬
ung
SAP-G-V-GB.a-003
3. Jh.
PGM LXI pdm Ixi P. BMI0588
1. ) während der Praxis von dem Praktizie¬
renden zu tragen, ohne nähere Erklärung,
2. ) Lösung der verzauberten Frau
SAP-G-V-GB.a-001
4. Jh.
PGM IV
Erfüllung einer Angelegenheit
SAP-G-VUI-GB.a-002
2 . 13 . Jh. | 3. Jh.
PGM XIV, pdm xiv P. Leiden 1 383
Liebe (Herbeiführung)
SAP-D-VUS-DB.t-001
3. Jh.
PGM VII
rekonstruiert: Offenbarung
SAP-G-V-GB.t-001
4. Jh.
PGM IV
Schutzmittel der Handlung
SAP-G-V-GB.a-004
4. Jh.
PGM IV
Siegeln von Pillen
SAP-G-V-GB.a-002
Zu zehn Artefakten aus zwei demotischen und acht griechischen Anleitungen aus acht
Sammelschriften des 2 . 13 . Jh. | 3. Jh. bis 4./5. Jh. wird keine Funktion angegeben. Sämt¬
liche Artefakte sind in eine ÜP eingebunden.
Zweimal ist das Ziel der ÜP eine Traumsendung (einmal wird zu dem Artefakt eine alter-
152
9 - Beschriftung der Artefakte: Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe SB
native Beschriftung angegeben), ebenfalls zweimal die Herbeiführung einer Frau sowie
eine Offenbarung. Je einmal wird als Ziel angegeben das Siegeln von Schädeln, die
Heilung eines Auges sowie die Herbeirufung eines Beisitzers. Die Heilung sowie eine
Traumsendung sind Ziele der demotischen ÜPs.
Siehe Tabelle 9.50 für eine Übersicht über die überlieferten Funktionen der übergeord¬
neten Praxen funktionsunbezeichneter Artefakte.
Tabelle 9.50 Funktionen der übergeordneten Praxen bei funktionsunbezeichneten Artefak¬
ten der Beschriftungsgruppe SB
Sammelschrift
Datierung
Referenz Hauptpraxis
Funktionen Hauptpraxis
Katalognummer
475. Jh.
PGM 1,42-194
Beisitzer
SAP-G-V-GB.a-006
273. Jh. | 3. Jh.
P. Leiden 1 383 = pdm xiv, Verso Kol.
XX, 1-7 (pdm xiv, 1097-1103)
Heilung (Auge)
SAP-D-V-DB.p-001
4. Jh.
PGM IV, 2006-2125
Liebe (Herbeiführung)
SAP-G-VUI-GB.at-001
4. Jh.
PGM XXXVI, 69-101
Liebe (Herbeiführung)
SAP-G-V-GB.a-005
4. Jh.
PGM II, 64-184
Offenbarung (im Wachzustand)
SAP-G-V-GB.a-007
4. Jh.
PGM III, 494-731
Offenbarung (Medium)
SAP-G-X-GKB.a-001
273. Jh. | 4. Jh.
P. Leiden 1 384 = PGM XII, pdm xii,
121-143
Traum senden
SAP-G-VUI-GB.a-001
3. Jh.
P. Louvre E 3229, Kol. 4, 15-30 (pdm
suppl. 101-116)
Traum senden
SAP-D-X-DB.a-001
3. Jh.
P. Louvre E 3229, Kol. 4, 15-30 (pdm
suppl. 101-116)
Traum senden
SAP-D-X-DB .t-001
4. Jh.
PGM IV, 2125-2139
Siegeln von Schädeln
SAP-G-V-GB.at-001
Funktion und Materialität der Schriftträger
Zu sämtlichen acht funktionsbezeichneten Artefakten sind Angaben zum Schriftträger
überliefert. Darunter befinden sich zwei der drei Eisenartefakte sowie die beiden Ma¬
gnetsteine. Der eine Eisenring ist für das Siegeln von Pillen zu verwenden, der zweite
erfüllt die beiden Funktionen 1.) während der Praxis von dem Praktizierenden zu tragen,
ohne nähere Erklärung, wahrscheinlich als Schutzmittel, 2.) Lösung der verzauberten
Frau. Einer der beiden Magnetsteine dient als Schutzmittel der Handlung, der zweite
wird für das Gefügigmachen einer Seele und zur Traumsendung verwendet. Siehe Ta¬
belle 9.51 für eine Übersicht über sämtliche Funktionen und Schriftträger.
Tabelle 9.51 Funktion und Materialität der Artefakte der Beschriftungsgruppe SB
Sammelschrift
Datierung
Referenz Anleitung
Funktion Artefakt
Schriftträger
4. Jh.
PGM IV
Siegeln von Pillen
Eisen
3. Jh.
PGM LXI pdm Ixi P. BMI0588
mehrere Funktionen -1.) während der
Praxis von dem Praktizierenden zu
tragen, ohne nähere Erklärun, 2.) Lösung
der verzauberten Frau
Eisen
3. Jh.
PGM VII
rek.: Offenbarung
Hand (linke)
273. Jh. | 3. Jh.
P. Leiden 1 383 = pdm xiv
Liebe (Herbeiführung)
Leinen
4. Jh.
PGM IV
Erfüllung einer Angelegenheit
Papyrus
273. Jh. | 4. Jh.
P. Leiden 1 384 = PGM XII, pdm
xii
mehrere Funktionen - Erfolg und Glück
für den Träger
Stein - Jaspis (luftblau)
4. Jh.
PGM IV
Schutzmittel der Handlung
Stein - Magnetstein
4. Jh.
PGM IV
mehrere Funktionen - Gefügigmachen
einer Seele, Traumsendung
Stein - Magnetstein
153
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Die Gegenüberstellung von Funktion und Beschriftungselementen zeigt, dass es keine
unmittelbare Verbindung zwischen einer spezifischen Elementgruppe und einer einzel¬
nen Funktion - oder einem Funktionskomplex - gibt. Siehe Tabelle 9.52 zur Übersicht
über die Funktionen und Elementgruppen.
Tabelle 9.52 Funktionen und Beschriftungselemente
Abkürzungen: vm+ = voces magicae, N+ = Namen, Vo = Vokale, F = Forderung, ind = individuelle
Angaben
Katalognummer
Funktion Artefakt
N+
vm+
F
Vo
ind
N
ID
A
B.a
B.t
B.p
SAP-G-V-GB.a-001
mehrere Funktionen -1.)
während der Praxis von dem
Praktizierenden zu tragen, ohne
nähere Erklärun, 2.) Lösung der
verzauberten Frau
■
1
SAP-G-V-GB.at-002
Ml-2/2
mehrere Funktionen - Erfolg und
Glück für den Träger
1
1
SAP-G-V-GB.a-003
mehrere Funktionen - Gefügig¬
machen einer Seele, Traum¬
sendung
1
1
1
1
1
SAP-G-VU l-GB.a-002
Erfüllung einer Angelegenheit
1
r
1
SAP-D-VUS-DB.t-001
Liebe (Flerbeiführung)
1
i
1
SAP-G-V-GB.t-001
rek.: Offenbarung
1
i
1
SAP-G-V-GB.a-004
Schutzmittel der Handlung
1
SAP-G-V-GB.a-002
Siegeln von Pillen
1
9.5.4. Bezeichnung der einzelnen Beschriftungselemente innerhalb der Gruppe SB
Sämtliche Beschriftungen werden näher bezeichnet. In den drei demotischen Anleitun¬
gen werden dazu weniger Termini verwendet als in den griechischen, und es wird weni¬
ger deutlich zwischen den unterschiedlichen Beschriftungselementen differenziert. Sie
werden überwiegend als Ganzes betrachtet und als diese Schriften (nfy sh.w) und diese
(rüy) bezeichnet. Ein einmalig in den demotischen Anleitungen auftretender Terminus ist
die Beschriftung (Ü sh), mit dem die vorzunehmende und in der Anleitung abgebildete
Zeichnung eines Auges bezeichnet wird.
In den 14 griechischen Anleitungen wird die Beschriftung auf unterschiedliche Weise
bezeichnet. Dabei wird regelmäßig zwischen Schrift- und Bildelementen unterschieden.
Während für die Schriftelemente die bereits bekannten Termini övopa, ovopaxa, 'koyoq,
ypowpopeva und xabxa sowie einige einmalige Bezeichnungen verwendet werden (s.u.),
werden die figürlichen Darstellungen entweder namentlich genannt, ihre Darstellungs¬
weise wird beschrieben oder der Terminus C®Siov wird verwendet. Die namentliche Nen¬
nung einer höheren Macht aus den "klassischen" Götterfamilien, wie z.B. Harpokrates,
Flekate oder Aphrodite, findet sich selten in Verbindung mit dem Terminus CcpSiov 2 .
2 SAP-G-VUl-GB.a-002, SAP-G-VU0-GB.a-OO1. Siehe auch SAP-G-XY0-GB.a-OO2, dort wird eine vorzunehmende
Zeichnung des Akephalos mit dem Terminus ^cü5iov bezeichnet.
154
9 - Beschriftung der Artefakte: Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe SB
Bezeichnung: tö ovouu / xd övöpaxa
Die Singularform wird in fünf Anleitungen aus 4 Sammelschriften des 273. Jh. | 4. Jh.
bis 475. Jh. verwendet, die Pluralform in fünf Anleitungen aus drei Sammelschriften des
273. Jh. | 4. Jh. bis 4. Jh. In einer der fünf Anleitungen treten beide Formen gemeinsam
auf.
Die Pluralform wird einmal abgekürzt geschrieben (xd □), ungewöhnlich ist dabei die Ver¬
wendung lediglich eines Quadrats 3 , dessen untere Linie zudem nach oben gewölbt ist.
Die Singularform wird ebenfalls einmal abgekürzt, mit dem gleichen Zeichen, mit dem
auch die Pluralform abgekürzt wurde (□). Die beiden zugehörigen Anleitungen finden
sich in derselben Sammelschrift P. Leiden I 384 = PGM XII, pdm xii. Zu einer Anleitung,
in der die Singularform verwendet wird, liegt keine Photographie vor, daher kann nicht
bestimmt werden, ob der Terminus dort abgekürzt oder ausgeschrieben verwendet wur¬
de 4 .
In einem Fall wird die Singularform ergänzt und der aufzuschreibende Name näher qua¬
lifiziert: xö piya Kal ayiov Kal raxa raxvxcov, xö övopa ’läco ZaßacoS (großer und heiliger und
allwirkender Name laö Sabaöth). Die Pluralform wird in einem Fäll als Gottesname bez¬
eichnet: xd övöpaxa (□) xoö 08od.
Bezeichnete Beschriftungselemente
Mit dem Terminus övopa werden in den unterschiedlichen Anleitungen eindeutig bezeich¬
net: ein einzelner Name, voces magicae (2x), Vokale (die zusätzlich bezeichnet werden
als xö siKooaypappaxov xö cpooväsv) sowie Namen.
Mit dem Plural övöpaxa werden einmal Namen zusammen mit voces magicae und Voka¬
len bezeichnet, einmal ausschließlich voces magicae, einmal Namen (die zuvor einzeln
aufgeführt und dabei im Singular bezeichnet wurden). In zwei Fällen ist unklar, ob die
Forderung in die Verwendung des Begriffs eingeschlossen wurde, oder ob sie separat
bezeichnet wurde und mit övöpaxa ausschließlich die aufzuschreibenden Namen und
voces magicae gemeint waren.
Bezeichnung: xa ypacpöpeva
Der Terminus xa ypaxpopeva ist in einer griechischen Anleitung aus einer Sammelschrift
des 4. Jh. überliefert.
Bezeichnete Beschriftungselemente
3 Siehe auch unter => Beschriftung => SZB-Gruppe.
4 Siehe SAP-G-V-GB.a-001.
155
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Mit dem Terminus xd ypa(p6peva wird eine Beschriftung bezeichnet, die voces magicae,
Namen, eine Forderung sowie eine figürliche Zeichnung enthält. Zuvor wird der Termi¬
nus övopaxa fürvoces magicae und Namen, der Terminus CcpSrov für die Figur verwendet.
ypa(pö(x8va bezeichnet hier die gesamte Beschriftung.
Bezeichnung: A,oyoq
Der Terminus Xoyoq tritt in vier griechischen Anleitungen aus zwei Sammelschriften des
4. Jh. auf. In einer Anleitung wird die abgekürzte Form A verwendet.
Bezeichnete Beschriftungselemente
Mit dem Terminus Xoyoq werden unterschiedliche Beschriftungselemente bezeichnet. In
einem Fall wird damit eine Vokalreihung bezeichnet, für die zuvor bereits die Termini xo
dk'ocTuypdLiuuTov xo (poovdev und xo xmoKevpevov dvouu verwendet wurden. In dem zweiten
Fall bezeichnet A,6yoq eindeutig eine Forderung, die individuell ergänzt werden kann,
sowie Namen. In der dritten Anleitung beinhaltet die als Xoyoq bezeichnete Beschriftung
eine Anrufung, eine Forderung, Namen, voces magicae sowie individuelle Angaben. Der
letzte Beleg ist interessant, es handelt sich um eine griechische Anleitung zur Beschrif¬
tung eines Artefakts in Griechisch und Koptisch. Der koptische Teil wird als 6 e' Xoyoq
bezeichnet und besteht wohl aus voces magicae.
Bezeichnung: ^coSiov
Der Terminus 0f>8iov tritt in fünf griechischen Anleitungen aus einer Sammelschrift des
2./3. Jh. | 4. Jh. und drei Sammelschriften des 4. Jh. auf. Es werden keine abgekürzten
Formen verwendet.
Bezeichnete Beschriftungselemente
Mit dem Terminus OpStov werden innerhalb der SB-Gruppe figürliche, anthropomorphe
Darstellungen bezeichnet. In einem Fall wird die Figur zusätzlich als Akephalos, in ei¬
nem anderen als Osiris bezeichnet.
Individuelle Beschriftungselemente
Individuelle Beschriftungselemente treten dreimal in SB-Gruppen-Beschriftungen in grie¬
chischen Anleitungen aus zwei Sammelschriften des 2./3. Jh. | 4. Jh. und 4. Jh. auf. Sie
werden auf unterschiedliche Weise bezeichnet: öqo. ßaXsiq und xo Sevva jrpäypa (xo y tp).
In Tabelle 9.53 werden die eindeutig zuzuordnenden Bezeichnungen der einzelnen Be-
156
9 - Beschriftung der Artefakte: Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe SB
schriftungselemente aufgeführt.
Tabelle 9.53 Bezeichnungen der einzelnen Beschriftungselemente der Beschriftungsgrup¬
pe SB
Bezeichnung (Anzahl
Anleitungen) —>
Beschriftungs¬
elemente |
ovo(xa
(5)
övö(j.aTa
(5)
ypacpopsva
(i)
CcpSiov
'(5)
Xöyoc,
(4)
nSy (2)
rßy
sh.w (1)
t> sh (1)
vox magica
voces magicae
2
2
1
2
Name
1
Namen
1
2
1
2
1
1
Vokale
1
1
1
Forderung
1
2
1
1
Anrufung
1
individuelle
Elemente
2
Identitätssatz
1
Homerverse
figürliche
Darstellungen
1
5
1
1
1
Siehe Tabelle 9.54 zur Übersicht über die Bezeichnungen der Beschriftungen der Grup¬
pe SB.
Tabelle 9.54 Bezeichnungen der Beschriftungen der Gruppe SB
Sammelschrift
Datierung
Katalognummer
Bezeichnung
Beschriftung
273. Jh. | 3. Jh.
SAP-D-V-DB.p-001
diese (nly), die Beschriftungen (n3 sh.w)
273. Jh. | 3. Jh.
SAP-D-VUS-DB.t-001
diese (n3y)
3. Jh.
SAP-D-X-DB.a?t?-001
diese Schriften (n3y sh.w)
3. Jh.
SAP-D-X-DB.a-001
diese Schriften (ihy sh.w)
3. Jh.
SAP-G-V-GB.a-001
io övopa (keine Photographie, unklar ob abgekürzt geschrieben), Har-
pokrates
4. Jh.
SAP-G-V-GB.a-002
io övopa, Hekate
4. Jh.
SAP-G-V-GB.a-003
Ta ovopaTa TaÜTa, TaÜTa, Aphrodite, Psyche, Eros
4. Jh.
SAP-G-V-GB.a-004
TO siKooaypdppaTOV to cpcovasv; to U7i:oKs{psvov övopa to ypacpopsvov,
Xoyoq, Hekate
4. Jh.
SAP-G-V-GB.a-005
Ta U7i:oKipsva ovopaTa: to Ccoöiov: Ta ypacpopsva TaÜTa: fiuürliche
Darstellung mit Hahnenkopf, in der rechten Hand eine Geißel haltend, in
der linken eine kleine menschliche Figur.
475. Jh.
SAP-G-V-GB.a-006
to övopa toüto, Helioros, Ouroboros
4. Jh.
SAP-G-V-GB.a-007
toüto 5s to (ppöiov, Akephalos
4. Jh.
SAP-G-V-G B .at-001
Ta ovopaTa TaÜTa, kopfloser Löwe (Xecov cxKE<paÄos), Skelett (gkeäetov),
eulenäugige Katze, die das Gorgonenhaupt umfasst (yXauKcomv cdXoupov
tö yopyovEiov EvSsSpayuEvriv Kapa)
157
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
273. Jh. | 4. Jh.
SAP-G-V-GB.at-002
ai ypacpai eiqiv evKexapaypevai, yAxxpevxa, xo övopa (□); xo jisya Kai
ayiov Kai mxa 7idvxcov, xo ovopa ’laco 2aßaco0 (großer und heiliger und
allwirkender Name Iaö Sabaöth); xd öv[o]paxa, die Inschriften (ai ypacpai)
Selene? Isis?
3. Jh.
SAP-G-V-GB.t-001
aKoXouöa xob ißscoc; - Beischrift des Ibis
273. Jh. | 4. Jh.
SAP-G-VUI-GB.a-001
die menschengestaltige Figur xd dv 0 pco 7 ioi 8 i 58 c; Ccpdiov; xd övopaxa (□)
xoh 0sob, oqa 0eXeic; iSsiv xov <5s!va> Kai obc;, xoböe; menschengestaltige
Figur mit Flügeln
4. Jh.
SAP-G-VUI-GB.a-002
xd ^cpöiov, xov Xoyov xobxov (Ä), Xoyoq (Ä), xd öeTva ftpaypa (xd 4 iß),
S 7 isvxsiXapsvou oou xd öiaKovfjoai 001 Befehl, dir zu dienen Osiris (Pre-
isendanz übersetzt “Figur”, der Terminus wird allerdings nicht im Tetx
verwendet)
4. Jh.
SAP-G-VUI-GB.at-001
xd ^cpöiov, xov Xoyov xobxov, xd öeTva ftpaypa (xd 4 rß); löwenköpfiges
Männerbild mit einem Gürtel, in der Rechten einen Stab haltend, an dem
eine Schlange sein soll; um seine ganze linke Hand aber winde sich eine
Schlange
4. Jh.
SAP-G-X-GKB.a-001
xov s r Xoyov, Harpokrates
9.5.5. Autark zu verwendende Artefakte mit SB-Gruppen-Beschriftung
Lediglich drei der 18 Artefakte werden autark verwendet. Zwei der Anleitungen wurden
in Griechisch verfasst und finden sich in zwei Sammelschriften aus dem 2./3. Jh. | 4. Jh.
und 4. Jh. Die dritte Anleitung ist in Demotisch geschrieben und wird in das 2.13. Jh. | 3.
Jh. datiert.
Eins der beiden griechischen Artefakte ist eindeutig funktionsbezeichnet, es soll seinem
Träger Erfolg und Glück bringen. Die Beschriftung soll auf einem luftblauen Jaspis oder
alternativ in Gold erfolgen. Sie besteht aus Namen, einer Selene oder Isis - die genaue
Lesung ist unklar - sowie aus einem die weibliche Figur einrahmenden Ouroboros. Für
das zweite griechische Artefakt kann die Funktion der Offenbarung rekonstruiert werden.
Das demotische Artefakt soll den Zweck der Herbeiführung einer Person erfüllen.
9.5.6. Zusammenfassung der Gruppe SB
Aus zehn Sammelschriften des 2./3. Jh. | 3. Jh. bis 4./5. Jh. können 18 Anleitungen
zu Artefaktbeschriftungen mit einer Beschriftung der SB-Gruppe eindeutig rekonstruiert
werden. 14 der Anleitungen wurden in Griechisch, vier in Demotisch verfasst. Koptische
Beschriftungen mit diesem Beschriftungsmuster sind in den Sammelschriften nicht ein¬
deutig überliefert.
9.5.6.1. Wie sieht das individuelle und vergesellschaftete Vorkommen der Beschriftungs¬
elemente aus?
Bei der Vergesellschaftung von Beschriftungselementen der S- und B-Gruppe können
Elemente der jeweiligen Gruppe sowohl elementgruppenspezifisch, als auch element-
158
9 - Beschriftung der Artefakte: Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe SB
gruppenübergreifend verwendet werden. Dies bedeutet, dass 1.) mehrere Element¬
gruppen der S-Gruppe mit mehreren Elementgruppen der B-Gruppe vergesellschaftet
auftreten können, 2.) eine einzelne B-Elementgruppe mit mehreren S-Elementgruppen
Vorkommen kann, 3.) eine einzelne S-Elementgruppe mit mehreren B-Elementgruppen
gemeinsam auftreten kann, und 4.) eine einzelne Elementgruppe der S-Gruppe mit einer
einzelnen Elementgruppe der B-Gruppe gemeinsam Vorkommen kann.
Die kleinste Gruppe vergesellschafteter Elementgruppen besteht aus zwei Elementgrup¬
pen, sie tritt fünfmal auf. Die größte Gruppe hingegen umfasst sieben Elementgruppen,
die alle eindeutig zugeordnet werden können, und tritt einmalig auf.
Die Beschriftungsmuster der SB-Gruppe können - wie auch bei der SZ-Gruppe - in drei
Hauptgruppen unterteilt werden, von denen Gruppe 2 wiederum in zwei Untergruppen
geteilt werden kann.
In Bezug auf die Häufigkeit der einzelnen Elementgruppen der beiden Gruppen S und
B ist deutlich geworden, dass die größte Gruppe vergesellschafteter B-Elementgruppen
aus zwei unterschiedlichen Elementgruppen besteht. Innerhalb der S-Gruppe werden
bis zu fünf unterschiedliche Elementgruppen zusammen verwendet.
Die am häufigsten auftretende Elementgruppe ist eine figürliche, anthropomorphe Dar¬
stellung (14), gefolgt von Namen (11) und voces magicae (10). Eine Forderung soll sie¬
benmal aufgeschrieben werden, eine Tierdarstellung fünfmal, Vokale viermal und indi¬
viduelle Angaben dreimal. Die übrigen Elementgruppen Identitätssatz, einzelner Name,
Anrufung und die Darstellung eines einzelnen Körperteils werden jeweils einmalig ge¬
nannt.
Bei der Zusammenlegung der S-Elementgruppen voces magicae, Name und Namen
würde diese Gruppe mit 19 Vorkommen die größte Gruppe darstellen.
Siehe Tabelle 9.55 zur Übersicht über das Vorkommen und die Verteilung der S- und B-
Elementgruppen innerhalb der Gruppe SB.
Tabelle 9.55 Vorkommen und Verteilung der S- und B-Elementgruppen der Gruppe SB
Katalognr.
N+
vm+
F
Vo
ind
N
ID
A
B.a
B.t
B.p
Sammelschrift
Datierung
SAP-G-VUI-GB.at-001
1
1
1
1
1
i
1
4. Jh.
SAP-G-V-GB.a-005
1
1
1
i
4. Jh.
SAP-G-X-GKB.a-001
1
i
i
i
4. Jh.
SAP-G-V-GB.a-007
i
i
4. Jh.
SAP-G-V-GB.a-003
i
i
4. Jh.
SAP-G-V-GB.t-001
i
1
i
3. Jh.
SAP-G-VUI-GB.a-002
i
n
n
4. Jh.
SAP-D-X-DB.a?t?-001
1
1
?
?
3. Jh.
SAP-D-X-DB.a-001
1
1
3. Jh.
SAP-D-VUS-DB.t-001
1
1
1
2./3. Jh. | 3. Jh.
SAP-G-V-GB.at-002
1
i
1
2./3. Jh. | 4. Jh.
SAP-G-VUI-GB.a-001
1
1
2./3. Jh. | 4. Jh.
SAP-G-V-GB.at-001
1
i
1
4. Jh.
SAP-G-V-GB.a-002
1
i
4. Jh.
159
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
SAP-G-V-GB.a-006
1
1
4./5. Jh.
SAP-G-V-GB.a-004
1
4. Jh.
SAP-G-V-GB.a-001
3. Jh.
SAP- D-V-D B. p-001
1 1
2./3. Jh. | 3. Jh.
9.5.6.2. Welche Schriftträger wurden verwendet, und lassen sich Verbindungen zwischen
Beschriftungselement/en und Schriftträger herstellen?
Zu sämtlichen Artefakten sind Angaben zum Schriftträger überliefert, in einem Fall wird
zusätzlich ein alternatives Material für die Beschriftung genannt. Insgesamt sind elf un¬
terschiedliche Materialien überliefert, Papyrus, Eisen, Leinen und Magnetstein werden
mehrfach genannt. Papyrus ist in zwei demotischen und zwei griechischen Anleitungen
aus vier unterschiedlichen Sammelschriften des 2./3. Jh. | 3. Jh. bis 4. Jh. überliefert. In
einer der demotischen Anleitungen wird eine alternative Beschriftung angegeben, so-
daß Beschreibungen zu fünf Artefakten überliefert sind. Eisen als Schriftträger ist in drei
griechischen Anleitungen aus zwei Sammelschriften des 3. und 4. Jh. überliefert. Leinen
ist zweimal in einer demotischen und einer griechischen Anleitung aus zwei Sammel¬
schriften des 2./3. Jh. | 3. Jh. und 2./3. Jh. | 4. Jh. überliefert, und Magnetstein in zwei
Anleitungen aus einer Sammelschrift des 4. Jh.
Während Forderungen als Beschriftungselement sowohl auf Papyrus, als auch auf Lei¬
nen überliefert sind, sind sie für Eisen(ringe) - wohl aufgrund der Größe - bisher nicht
nachweisbar.
9.5.6.3. Welche Funktionen werden genannt, und treten bestimmte Beschriftungselemente
ausschliesslich im Kontext bestimmter Funktionen auf?
Zu fünf Artefakten ist eine einzelne Funktion angegeben, zu drei weiteren werden meh¬
rere Funktionen genannt. Die Artefakte sind in sieben griechischen und einer demoti¬
schen Anleitung aus fünf Sammelschriften des 2./3. Jh. | 4. Jh. bis 4. Jh. überliefert.
Keine Handlung ist eindeutig mehrfach überliefert. In einem Fall wird die Funktion eines
autark zu verwendenden Artefakts rekonstruiert. Eventuell ist bei einer Mehrfachfunkti¬
onsbezeichnung an ein Schutzmittel während der Praxis zu denken - in diesem Fall wäre
diese Funktion zweimal überliefert.
Zu zehn Artefakten aus zwei demotischen und acht griechischen Anleitungen aus acht
Sammelschriften des 2.12. Jh. | 3. Jh. bis 4./5. Jh. wird keine Funktion angegeben. Sämt¬
liche Artefakte sind in eine ÜP eingebunden. Zweimal ist das Ziel der ÜP eine Traumsen¬
dung (einmal wird zu dem Artefakt eine alternative Beschriftung angegeben), ebenfalls
zweimal die Herbeiführung einer Frau sowie eine Offenbarung. Je einmal wird als Ziel
angegeben das Siegeln von Schädeln, die Heilung eines Auges sowie die Herbeirufung
eines Beisitzers. Die Heilung sowie eine Traumsendung sind Ziele der demotischen ÜPs.
160
9 - Beschriftung der Artefakte: Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe SB
Funktion und Materialität der Schriftträger
Zu sämtlichen acht funktionsbezeichneten Artefakten sind Angaben zum Schriftträger
überliefert. Darunter befinden sich zwei der drei Eisenartefakte sowie die beiden Ma¬
gnetsteine. Der eine Eisenring ist für das Siegeln von Pillen zu verwenden, der zweite
erfüllt die beiden Funktionen 1.) während der Praxis von dem Praktizierenden zu tragen,
ohne nähere Erklärung, wahrscheinlich als Schutzmittel, 2.) Lösung der verzauberten
Frau. Einer der beiden Magnetsteine dient als Schutzmittel der Handlung, der zweite
wird für das Gefügigmachen einer Seele und zur Traumsendung verwendet.
9.5.6.4. Wie werden einzelne Beschriftungselemente bezeichnet, und wurden die Bezeich¬
nungen ELEMENTSPEZIFISCH ODER ELEMENTÜBERGREIFEND VERWENDET?
Die beiden Termini övofxa und ov6|xaxa werden zur Bezeichnung von voces magicae,
Name/Namen und Vokalen verwendet. Die Singularform bezeichnet sowohl mehrere
voces magicae als auch Namen. Der Terminus Cwöiov bezeichnet ausnahmslos figür¬
liche Darstellungen. Xoyoq bezeichnet voces magicae, Namen, Vokale, Forderungen,
eine Anrufung sowie individuelle Elemente. Auch yparpopeva wird übergreifend für voces
magicae, Namen und eine Forderung verwendet. Die in den demotischen Anleitungen
verwendeten Termini n>y und n?y sh.w werden auf Namen und Forderungen bezogen, in
einem Fall zusätzlich auf einen Identitätssatz. Der Terminus rß sh.w hingegen ist eindeu¬
tig auf eine Zeichnung bezogen.
9.5.6.5. Wie werden autark zu verwendende Artefakte beschriftet, und unterscheidet sich
ihre Beschriftung von der Beschriftung der übrigen Artefakte?
Lediglich drei von 18 Artefakten werden autark verwendet. Zwei der dazugehörigen An¬
leitungen wurden in Griechisch verfasst und finden sich in zwei Sammelschriften aus
dem 2.13. Jh. | 4. Jh. und 4. Jh. Die dritte Anleitung ist in Demotisch geschrieben und
wird in das 2.13. Jh. | 3. Jh. datiert. Eins der beiden griechischen Artefakte soll seinem
Träger Erfolg und Glück bringen. Die Funktion des zweiten kann als Offenbarung rekon¬
struiert werden. Das demotische Artefakt soll den Zweck der Herbeiführung einer Person
erfüllen.
161
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
9.6. Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe ZB
9.6.1. Gesamtdarstellung der Gruppe ZB
In der Gruppe "ZB" werden Beschriftungen untersucht, die mindestens ein Element der
Gruppe Z und mindestens ein Element der Gruppe B enthalten. Zu den verwendeten
Elementen der Z-Gruppe gehören Zauberzeichen der Gruppen Gl Kringel, G4 geschlos¬
sene Elemente, G6 Elemente und G7 kleine Elemente. Zu den Elementen der B-Gruppe
figürliche und ein Kreis.
Aus zwei Sammelschriften des 3. und 4. Jh. sind zwei griechische Anleitungen zur Be¬
schriftung zweier Artefakte mit einer Kombination aus den Elementgruppe Z und B ein¬
deutig überliefert. In einem Fall sollen Zauberzeichen der Gruppen Gl, G4, G6 zusam¬
men mit einem sie umgebenden Kreis mit Kreide auf den Boden geschrieben werden.
Die Beschriftung erfolgt im Rahmen einer untergeordneten Praxis mit dem Ziel, den
Praktizierenden während der Durchführung der übergeordneten Praxis zu beschützen.
Die Beschriftung selbst nimmt dabei die Rolle eines => Elements (s. Definitionen) unter
mehreren innerhalb der Handlungsgruppe ein.
Die zweite Beschriftung erfolgt auf einem Stück Blei und setzt sich zusammen aus Zei¬
chen der Gruppen Gl, G4, G6 und G7, einer figürlichen Darstellung, wahrscheinlich drei
Vögeln und einem dreibeinigen Etwas, das möglicherweise eine weitere Figur darstellen
soll. Es handelt sich um ein autark zu verwendendes Artefakt, dem die Funktion der Zer¬
störung von Zaubermitteln zugeschrieben wird.
Beide Artefakte sollen mit Zeichen der Gruppen Gl, G4 und G6 beschriftet werden.
Lediglich ein Zeichen der Gruppe G7 kleine Elemente tritt lediglich in einer der beiden
Beschriftungen auf. Keine Zauberzeichengruppe erscheint gruppenspezifisch.
Die Elemente der Bodenbeschriftung werden als xapoucrnpa; und kukAxo bezeichnet. Der
Terminus yapaicrfipec; kann dabei eindeutig auf die Z-Elemente bezogen werden.
Die Beschriftung des Bleiartefakts wird mit den beiden Termini C®Siov povoranow und
xd ypowpopeva nepl xo 0»S lov xaöxa bezeichnet. Auch hier können die jede Bezeichnung
eindeutig einem Beschriftungselement zugewiesen werden. Die Zauberzeichen werden
dabei nicht mit dem üblichen Terminus yapaKxfipec; bezeichnet, sondern schlicht als xd
ypoKpöpeva.
In den beiden Tabellen 9.56 und 9.57 werden sämtliche besprochenen Merkmale auf¬
geführt.
=> s. nächste Seite
162
9 - Beschriftung der Artefakte: Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe ZB
Tabelle 9.56 Beschriftungselemente der Beschriftungsgruppe ZB und deren Bezeichnung
Katalog nr.
Gruppe
1
Gruppe
4
Gruppe
5
Gruppe
6
Gruppe
7
Gruppe
unklar
B.g, B.a, B.t
Bezeichnung
Beschriftung
SAP-G-V-ZB.g-001
1
1
1
11
Kreis
XapaKifjpsc;,
kukAxö
SAP-G-V-ZB.
at-001
4
4
1
12
1
2
fig. Darstellung
(anthropo-
morph), Vögel,
"Etwas" auf
drei Beinen?
Cco5iov
povo7roicri)v;
xa ypacpopsva
7ispi xo CcoSiov
xauxa
Tabelle 9.57 Materialität und Funktion der Beschriftungsgruppe ZB
Katalog nr.
Sammelschrift
Datierung
Funktion ÜP
Funktion Artefakt
Material
SAP-G-V-ZB.g-001
3. Jh.
Schutzmittel der Handlung
keine Angabe
Boden
SAP-G-V-ZB.at-001
4. Jh.
—
Zerstörung von Zaubermitteln
Blei
9.6.2. Zusammenfassung der Gruppe ZB
Die beiden Artefakte - bzw. in diesem Fall die Bodenbeschriftung und das Bleiartefakt -
haben in Bezug auf ihre Funktion, auf die Schriftträger und auf die Gruppe-B-Elemente
keine Gemeinsamkeiten. Das eine Artefakt ist zudem funktionsbezeichnet und wird au¬
tark verwendet, das andere ist funktionsunbezeichnet und in eine ÜP eingebunden. Die
Beschriftungen sind allein aufgrund der Kombination ihrer Beschriftungselemente mitei¬
nander verbunden. Einige der G6-Zeichen sind zudem bei beiden Beschriftungen formal
identisch mit griechischen Buchstaben, und in beiden Beschriftungen wird ein Zeichen
mit einem Supralinearstrich versehen. Dies zeigt, das Zauberzeichen derselben Grup¬
pen in vollkommen unterschiedlichen Kontexten auftreten.
163
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
9.7. Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe SZB
9.7.i. Übersicht Gruppe SZB
Beschriftungen der Gruppe "SZB" enthalten mindestens ein Element der Gruppe S, min¬
destens ein Element der Gruppe Z und mindestens ein Element der Gruppe B. An Elem¬
entgruppen der S-Gruppe treten auf: voces magicae, Namen, Vokale, Forderung und
individuelle Angaben. An Elementgruppen der Z-Gruppe kommen vor: Gl-Kringel, G2-
Kugeln, G3-Punkte, G4-geschlossene Elemente und G6-Elemente. Aus der B-Gruppe
werden die geometrischen Elemente Kreis, Dreieck, Quadrat und Rechteck sowie das
Element der figürlichen Darstellung (Ouroboros) verwendet. Die B-Elemente überneh¬
men in sämtlichen Beschriftungen eine rahmende Funktion.
Zu einer Anleitung liegt weder eine Photographie, noch eine Umzeichnung vor 1 , so dass
die zu verwendenden Zauberzeichen nicht eindeutig rekonstruiert werden können.
Aus jeder der drei Beschriftungsgruppen S, Z und B treten fünf unterschiedliche Elem¬
entgruppen in unterschiedlichen Vergesellschaftungsvarianten in Beschriftungen der
SZB-Gruppe auf.
Aus vier Sammelschriften des 3. Jh. bis 6. Jh. oder früher können sechs Anleitungen
zu Artefaktbeschriftungen der Gruppe SZB eindeutig rekonstruiert werden. Sämtliche
Anleitungen wurden in Griechisch verfasst. Aufgrund der geringen Anzahl überlieferter
Anleitungen wird, wie bereits bei der Untersuchung der Gruppe Z, auf eine Zusammen¬
fassung nach jedem Abschnitt verzichtet. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen
finden sich am Ende des Kapitels vor den Tabellen.
9.7.1. Individuelles und vergesellschaftetes Vorkommen der Beschriftungsele¬
mente der Gruppe SZB
S-Elemente treten innerhalb SZB-Beschriftungen ausschließlich in vergesellschafteter
Form auf. Die minimale Anzahl an S-Elementgruppen innerhalb der SZB-Gruppen-Be-
schriftungen beträgt dabei zwei, die maximale Anzahl sechs.
Innerhalb der Gruppe der S-Elemente treten voces magicae am häufigsten auf (5), ge¬
folgt von Namen und Vokalen (je 4). Eine Forderung (3) sowie individuelle Angaben sind
dreimal überliefert. Ein einzelner Name, eine einzelne vox magica, Identitätssätze, Anru¬
fungen und Homerverse treten in der SZB-Gruppe nicht auf.
Z-Elemente treten ebenfalls ausschließlich in vergesellschafteter Form auf. Zauber¬
zeichen der beiden Gruppen Gl und G6 werden in sämtlichen sechs Beschriftungen
verwendet. Damit ist jede der beiden Gruppen häufiger in SZB-Beschriftungen überlie¬
fert als die am häufigsten auftretende Elementgruppe der S-Gruppe innerhalb der SZB-
Gruppe: voces magicae. Zeichen der Gruppe G4 treten fünfmal auf, die Gruppen G2 und
i SAP-G-VUI-GZB.g-002 (Ms. Copt. 136, 124-132).
164
9 - Beschriftung der Artefakte: Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe SZB
G3 sind in je einer Beschriftung nachgewiesen. Zeichen der Gruppen G5, G7 und G8
treten nicht in SZB-Beschriftungen auf.
Aus der B-Gruppe werden die Elemente Kreis, Rechteck und Ouroboros einzeln ver¬
wendet. Ein Quadrat und ein Dreieck werden in einer Beschriftung vergesellschaftet.
Rechtecke treten am häufigsten als B-Element innerhalb der SZB-Gruppe auf, insge¬
samt dreimal. Anthropomorphe Darstellungen sind für Beschriftungen der SZB-Gruppe
nicht eindeutig belegt.
Die kleinste Anzahl unterschiedlicher Elementgruppen, aus der eine Beschriftung der
SZB-Gruppe zusammengesetzt sein kann, beträgt sechs, die größte Anzahl zehn. In
Tabelle 9.58 wird das Gesamtvorkommen der Elementgruppen der SZB-Gruppe darge¬
stellt.
Tabelle 9.58 Gesamtvorkommen der Elementgruppen der SZB-Gruppe (sortiert nach Häu¬
figkeit)
Gl
G6
G4
vm+
N+
Vo
F
□
ind
G2
G3
O
□
A
Ouro¬
boros
6
6
5
5
4
4
3
3
3
1
1
1
1
1
1
9.7.1.1. Vorkommen und Vergesellschaftung der Beschriftungselemente der S-, Z- und
B-Gruppe
Eine Beschriftung der SZB-Gruppe besteht aus mindestens sechs und maximal zehn
unterschiedlichen Elementgruppen. Die Kombinationen aus sechs und sieben Element¬
gruppen tritt je zweimal auf, die Kombination aus neun und zehn Elementgruppen je
einmal.
Bei einer Untersuchung der einzelnen Beschriftungsgruppen S, Z und B und der Anwen¬
dung der gleichen Kategorisierung wie bei den Beschriftungen, die aus einer Kombina¬
tion aus zwei Beschriftungsgruppen zusammengesetzt sind (SZ, SB), stellt sich heraus,
dass keine Gruppe 1 Beschriftungen überliefert sind, bei denen je ein Element aus je¬
der Gruppe verwendet worden wäre. Auch aus Gruppe 2 sind nur Beschriftungsmuster
belegt, die ein einzelnes B-Element enthalten (Gruppe 2: Bl), eine einzelne Element¬
gruppe ist weder für die S-Gruppe, noch für die Z-Gruppe überliefert. Die Kombination
aus mehreren S-Elementgruppen und mehreren Z-Elementgruppen mit jeweils einer B-
Elementgruppe ist hingegen fünfmal belegt. Innerhalb dieses Beschriftungsmusters tritt
auch die größte Kombination aus zehn Elementgruppen auf. Aus Gruppe 3, in der aus
sämtlichen drei Beschriftungsgruppen S, Z und B jeweils mind. zwei unterschiedliche
Elementgruppen vertreten sein müssen, ist eine Beschriftung überliefert.
In Tabelle 9.59 wird die Vergesellschaftung der einzelnen Elementgruppen dargestellt.
165
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Tabelle 9.59 Vergesellschaftetes Vorkommen der Elementgruppen aus der SZB-Gruppe
Abkürzungen: vm+ = voces magicae, N+ = Namen, Vo = Vokale, F = Forderung, ind =
individuelle Angaben
Gruppe
S-Elemente
Anzahl
Z-Elemente
Anzahl
B-Elemente
Anzahl
Elemente
gesamt
Finale
Bezeichnung
Sammel¬
schrift
Datierung
Gruppe 1
-
-
-
-
Gruppe 2:
ZI
-
-
-
-
-
-
Gruppe 2:
S1
-
-
-
-
-
-
2 (Vo, ind)
3 (Gl, G4, G6)
1 (B.g)
6
SAP-G-VUI-
GZB.g-002
6. Jh. oder
früher
2 (vm+, F)
4 (Gl, G3, G4,
G6)
1 (B.g)
7
SAP-G-V-
GZB.g-001
3. Jh.
Gruppe 2:
Bl
3 (vm+, N+,
Vo)
3(G1,G4, G6)
1 (B.g)
7
SAP-G-V-
GZB.g-002
Ml-2/2
475. Jh.
5 (vm+, N+,
Vo, F, ind)
3(G1,G4, G6)
1 (B.t)
9
SAP-G-VUI-
GZB.t-001
Ml-4/4
3. Jh.
5 (vm+, N+,
Vo, F, ind)
4(G1,G2, G4,
G6)
1 (B.g)
10
SAP-G-VUI-
GZB.g-001
4. Jh. | 4. Jh.?
Gruppe 3
2 (vm+, N+)
2(G1,G6)
2 (B.g, B.g)
6
SAP-G-V-
GZB.g-003
3. Jh.
Siehe Tabelle 9.60 zur Übersicht über das Vorkommen und die Verteilung der S-, Z- und
B-Elemente innerhalb der SZB-Gruppe.
Tabelle 9.60 Vorkommen und Verteilung der S-, Z- und B-Elementgruppen der SZB-Be-
schriftungsgruppe
Abkürzungen: vm+ = voces magicae, N+ = Namen, Vo = Vokale, F = Forderung, ind =
individuelle Angaben
Katalognr.
Gl
G6
G4
vm+
N+
Vo
F
□
ind
G2
G3
O
□
A
Ouro-
boros
Sammelschrift
Datierung
SAP-G-VUI-
GZB.t-001
Ml-4/4
5
1
2
1
1
1
1
-
■
3. Jh.
SAP-G-VUI-
GZB.g-001
1
8
3
1
1
,
1
1
1
4. Jh. | 4. Jh.?
SAP-G-V-
GZB.g-002
Ml-2/2
12
15
4
1
1
1
■
475. Jh.
SAP-G-V-
GZB.g-001
5
11
2
1
r
3. Jh.
SAP-G-VUI-
GZB.g-002
15
2
2
r
1
i
6. Jh. oder
früher
SAP-G-V-
GZB.g-003
4
2
,
1
1
1
3. Jh.
Summe ZZ
6
(42)
6
(39)
5
(14)
5
4
4
3
3
2
1
1
1
1
1
1
3. Jh.
166
9 - Beschriftung der Artefakte: Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe SZB
9.7.2. Schriftträger der Gruppe SZB
Zu sämtlichen sechs Artefakten liegen Angaben zu einem Schriftträger vor. In einem Fall
wird eine Alternative angegeben, in einem weiteren gleich drei. Das führt dazu, dass
insgesamt zehn Schriftträgerangaben zu sechs Artefakten vorliegen.
Zinn wird am häufigsten genannt und ist das einzige Material, dass für eine SZB-Be-
schriftung sowohl in griechischen als auch in einer koptischen Anleitung vorgegeben
wird (3). Gold, Silber und Papyrus sind je zweimal als Schriftträger überliefert, Blei ein¬
mal. Aus demotischen Anleitungen sind keine Anleitungen zur Beschriftung eines Arte¬
fakts mit Elementen der SZB-Gruppe eindeutig nachweisbar.
Es fällt auf, dass die Wahl des Schriftträgers für eine Beschriftung der SZB-Gruppe we¬
niger vielfältig ausfällt und dass trotz der geringen Anzahl überlieferter Anleitungen die
wertvollsten Materialien - abgesehen von Edelsteinen - enthalten sind. In Verbindung
mit den in der Regel in rahmender Funktion verwendeten B-Elementen könnte dies eine
gehobene Wertschätzung gegenüber dem Artefakt im Allgemeinen und der Beschriftung
im Besonderen zum Ausdruck bringen. Oder anders herum gesagt: Der Wert eines Arte¬
fakts kann möglicherweise nicht nur durch die Wahl des Materials, sondern auch durch
die Hinzufügung spezieller graphischer Elemente, die der Rahmung dienen, hervorge¬
hoben, oder sogar gesteigert werden. Hier bleibt zu untersuchen, mit welchen Materiali¬
en rahmende Beschriftungselemente in derSB-Gruppe kontextualisiert werden. Bei dem
einzigen Beleg für die ZB-Gruppe handelt es sich um einen Kreidekreis, der auf den Bo¬
den gezeichnet wird. Es sei darauf hingewiesen, dass innerhalb der hier besprochenen
SZB-Gruppe ausschließlich rahmende Darstellungen auftreten, sodaß eine potentielle
höhere Wertschätzung der hier besprochenen Artefakte nicht mit einer elaborierteren
Beschriftung in Form künstlerisch wertvoller Zeichnungen in Verbindung gebracht wer¬
den kann. Auch die verwendeten Beschriftungselemente bieten kein Argument dafür,
dass das Artefakt durch sie wertvoller wird, sie treten allesamt auch in Verbindung mit
anderen, weniger wertvollen Materialien auf. Siehe Tabelle 9.61 für eine Übersicht über
die Schriftträger der Beschriftungsgruppe SZB.
Tabelle 9.61 Schriftträger der Beschriftungsgruppe SZB
Sammelschrift
Datierung
Referenz Anleitung
Katalognummer
Artefakt Material
3. Jh.
PGM VII, 925-939
SAP-G-V-GZB.g-001
Blei
3. Jh.
PGM VII, 579-590
SAP-G-VUI-GZB.t-001 M1-4/4
Gold, Silber, Zinn, Papyrus
475. Jh.
PGM X, 24-35
SAP-G-V-GZB.g-002 Ml-2/2
Gold, Silber
4. Jh. | 4. Jh.?
PGM V, 304-357 (plus Zeichnung)
SAP-G-VUI-GZB.g-001
Papyrus
6. Jh. oder früher
Ms. Copt. 136, 124-132
SAP-G-VUI-GZB.g-002
Zinn
3. Jh.
PGM VII, 215-218
SAP-G-V-GZB.g-003
Zinn
9.7.2.1. Beschriftung der Schriftträger
Zinn wird mit sämtlichen in der SZB-Gruppe auftretenden Beschriftungselementen der S-
Gruppe beschriftet: voces magicae, Namen, Forderung, Vokale, individuelle Elemente.
167
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Aus der Z-Gruppe werden keine G2- und keine G3-Zeichen für Zinn verwendet. Aus der
B-Gruppe finden sich sämtliche Elemente bis auf einen Kreis mit Zinn als Schriftträger
kontextualisiert. Zinn wird mit fünf, sechs und neun unterschiedlichen Beschriftungsele¬
menten der SZB-Gruppe beschriftet.
Gold wird ebenfalls mit sämtlichen in der SZB-Gruppe auftretenden Beschriftungsele¬
menten der S-Gruppe beschriftet, auch die auftretenden Elemente der Z-Gruppe sind
identisch mit denen der Zinn-Beschriftungen. Aus der B-Gruppe sind für Gold die Ele¬
mente Rechteck und Ouroboros nachweisbar. Gold wird mit sieben und neun unter¬
schiedlichen Beschriftungselementen der SZB-Gruppe beschriftet.
Die Beschriftung von Silber ist identisch mit der von Gold, da Silber in beiden Fällen als
alternativer Schriftträger zu Gold angegeben wird.
Papyrus wird in beiden Fällen mit sämtlichen fünf Elementen der S-Gruppe beschriftet.
Aus der Gruppe der Zauberzeichen treten die Gruppen Gl, G4 und G6 ebenfalls auf bei¬
den Artefakten auf, auf einem tritt zusätzliches ein einzelnes G2-Zeichen auf. Ein Kreis
und ein Ouroboros werden bei Papyrusbeschriftungen als rahmende Elemente verwen¬
det. Neun und zehn unterschiedliche Beschriftungselemente treten in Verbindung mit
Papyrus als Schriftträger auf.
Das Beschriftung des Bleiartefakts besteht aus voces magicae und einer Forderung aus
der S-Gruppe und Zauberzeichen der Gruppen Gl, G4, G6 und G3 aus der Z-Gruppe.
Gerahmt wird die Beschriftung von einem Rechteck.
Siehe Tabelle 9.62 für eine Übersicht über die Kontextualisierung von Schriftträgern und
Beschriftungselementen.
Tabelle 9.62 Kontextualisierung der Schriftträger und Elementgruppen der SZB-Gruppe
Schriftträger (Anzahl) —►
Beschriftungselement
(Anzahl in Gruppe S) j.
Zinn (3)
Gold (2)
Silber (2)
Papyrus (2)
Blei (1)
voces magicae
2
2
2
2
1
Namen
2
2
2
2
-
Forderung
1
1
1
2
1
Vokale
2
2
2
2
-
individuelle Elemente
1
1
1
2
-
Gl
3
2
2
2
1
G6
3
2
2
2
1
G4
2
2
2
2
1
G2
-
-
-
1
-
G3
-
-
-
-
1
Kreis
-
-
-
1
-
Dreieck
1
-
-
-
-
Quadrat
1
-
-
-
-
Rechteck
1
1
1
-
1
Ouroboros
1
1
1
1
-
Anzahl Sammelschriften
2
2
2
2
1
Datierung
3. Jh. und 6. Jh.
3. Jh. und 4./5.
3. Jh. und 4./5.
3. Jh. und 4. Jh.
3. Jh.
oder früher
Jh.
Jh.
| 4. Jh.?
168
9 - Beschriftung der Artefakte: Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe SZB
9.7.3. Funktionen
Fünf der sechs Artefakte sind funktionsbezeichnet, und alle fünf werden autark verwen¬
det. Ein derartig hoher Anteil an autarken Artefakten innerhalb einer Beschriftungsgrup¬
pe ist ungewöhnlich und könnte ein weiterer Beleg für die Wertschätzung und damit den
Wert des Artefakts betrachtet werden.
Zornbannung ist die einzige Funktion, die mehrfach auftritt (2). Zu zwei Artefakten wer¬
den mehrere Funktionen angegeben. Eines soll zur Bannung von Zorn und Feindse¬
ligkeit, zum Verstummen von Gegnern und für Sieg (wohl zu Verstehen als Sieg über
Gegner bei nicht-sportlichen Aktivitäten, z.B. vor Gericht) verwendet werden; das andere
dient dem Gewinn von Liebe, Gunst, Erfolg und Freunden. Ein Artefakt wird zum Schutz
vor Dämonen, Gespenstern, Krankheit und Leiden hergestellt, ein weiteres zur Heilung
von Magen- u. Kopfschmerzen, und das fünfte zur Zornbannung. Keine der Funktio¬
nen ist ungewöhnlich, im Gegenteil: Schutz, Heilung, Liebe und Gunst gehören zu den
großen Themenkomplexen, von denen archäologische, historische und papyrologische
Quellen erzählen. In Tabelle 9.63 werden sämtliche Funktionen aufgeführt.
Tabelle 9.63 Funktionen der Artefakte der Beschriftungsgruppe SZB
Sammelschrift
Datierung
Referenz Quelle
Funktion Artefakt
Katalognummer
3. Jh.
PGM VII, 215-218
mehrere Funktionen - Gewinn von Liebe,
Gunst, Erfolg und Freunden
SAP-G-V-GZB.g-003
3. Jh.
PGM VII, 925-939
mehrere Funktionen - Zorn u. Feindselig¬
keit bannen, Verstummen Gegner; Sieg
(wohl vor Gericht)
SAP-G-V-GZB.g-001
6. Jh. oder früher
Ms. Copt. 136, 124-132
Heilung bei od. Schutz vor Magen- u.
Kopfschmerzen
SAP-G-VUI-GZB.g-002
3. Jh.
PGM VII, 579-590
Schutz (Dämonen, Gespenster,
Krankheit, Leiden)
SAP-G-VUI-GZB.t-001
4./5. Jh.
PGM X, 24-35
Zornbannung
SAP-G-V-GZB.g-002
Das funktionsunbezeichnete Artefakt ist in eine ÜP eingebunden, deren Ziel die Ban¬
nung eines Menschen ist.
9.7.3.1. Funktion und Materialität der Schriftträger
Die einzige mehrfach verwendete Funktion, die der Zornbannung, erscheint interessan¬
terweise auf zwei gänzlich gegensätzlichen Materialien: Blei und Gold, für Gold kann
alternativ auch Silber verwendet werden. Es stellt sich die Frage, ob die Wahl des Ma¬
terials einen Hinweis auf die Intention des Verwenders geben kann: Zornbannung zum
eigenen Schutz oder Zornbannung als Kontrollinstrument. Das Goldtäfelchen wird ohne
Forderung, ausschließlich mit Zauberzeichen und voces magicae beschriftet, die von
einem Rechteck gerahmt werden. Die entsprechende Funktion wird zu Beginn der Anlei¬
tung angegeben und näher erläutert:
Groll bannendes Mittel, wirkt gegen alle, denn es wirkt gegen Feinde und An¬
kläger und Räuber und gegen Angang von Schreckgespenstern und Traumge-
169
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
spenstern.
©upoKotToxov TTpös Tro(VTa$ ttoigöv ttoieT yäp TTpog sxöpous Kai KaTTiyopag Kai
Ai]aTä5 Kai cpößous Kai cpavTaapous övsipcov.
Das Bleiartefakt soll u.a. mit einer Forderung beschriftet werden:
Banne den Zorn des NN und aller Feindseligkeit und ihre Zungen, auf daß sie
nicht reden können zum Schaden des NN!
kcctexe tt]v öpygv toü ^ Kai ttövtcov töv 0upöv Kai Tag yAcbaoag, 'i'va pf]
8uvr)0coaiv AaAsTv tcö
In beiden Anleitungen werden - u.a. - Ankläger als potentielle Zielpersonen genannt,
doch während die Goldtafel dazu gedacht ist, eine Person vor Angriffen zu schützen
und dabei einen defensiven Charakter aufweist, ist der Inhalt der Bleitafel aggressiver
Natur. Die defensive Haltung bei der Verwendung der Goldtafel wird durch das Fehlen
einer Personalisierungsmöglichkeit der Zielperson verdeutlicht, die weder in schriftlicher,
noch in mündlicher Form einen Teil der Praxis darstellt. Die Beschriftung der Bleitafel
hingegen enthält eine solche Personalisierungsformel, wodurch die Möglichkeit besteht,
gezielt ausgewählte Personen zu manipulieren. Während die Praxis für die Goldtafel
darauf ausgelegt ist, auf unspezifizierte Weise ihren Besitzer oder ihre Besitzerin zu
schützen, ist die Praxis der Bleitafel auf konkrete Weise darauf ausgerichtet, zukünftigen
Schaden durch gezieltes Handeln gegen einen vermeintlichen Gegner zu verhindern.
Ob die Wahl des Schriftträgers tatsächlich mit den unterschiedlichen Ansätzen in Verbin¬
dung zu bringen ist, bleibt zu untersuchen.
Das zweite Goldartefakt soll dem Schutz dienen, zu diesem Zweck kann alternativ auch
Silber, Papyrus oder Zinn verwendet werden. Zinn dient ebenfalls als Schriftträger für
ein Artefakt zum Gewinn von Liebe, Gunst, Erfolg und Freunden und für ein anderes zur
Heilung von Magen- und Kopfschmerzen. Die Beschriftung des funktionsunbezeichne-
ten Artefakts erfolgt auf Papyrus.
Siehe Tabelle 9.64 zur Übersicht über die Funktionen und Beschriftungselemente.
Tabelle 9.64 Funktionen und Materialität der Schriftträger
Sammelschrift
Datierung
Katalognummer
Funktion angegeben
Artefakt
Material
3. Jh.
SAP-G-V-GZB.g-001
Zorn u. Feindseligkeit bannen, Verstummen Gegner;
Sieg (wohl vor Gericht)
Blei
4./5. Jh.
SAP-G-V-GZB.g-002
Zornbannung
Gold, Silber
3. Jh.
SAP-G-V-GZB.g-003
Gewinn von Liebe, Gunst, Erfolg und Freunden
Zinn
4. Jh. | 4. Jh.?
SAP-G-VUI-GZB.g-001
keine Angabe
Papyrus
6. Jh. oder früher
SAP-G-VUI-GZB.g-002
Heilung bei od. Schutz vor Magen- u. Kopfschmerzen
Zinn
3. Jh.
SAP-G-VUI-GZB.t-001
Schutz (Dämonen, Gespenster, Krankheit, Leiden)
Gold, Silber,
Zinn, Papyrus
170
9 - Beschriftung der Artefakte: Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe SZB
Die Gegenüberstellung von Funktion und Beschriftungselementen zeigt, dass es hier
keine Verbindung zwischen einem spezifischen Beschriftungselement und einer einzel¬
nen Funktion - oder einer einem Funktionskomplex - gibt. Das autark zu verwendende
Artefakt zum Schutz gegen Dämonen u.a. ist fast gänzlich mit den gleichen Elementen
zu beschriften wie das funktionsunbezeichnete, in eine ÜP eingebundene Artefakt. Sie¬
he Tabelle 9.65 zur Übersicht über die Funktionen und Beschriftungselemente.
Tabelle 9.65 Funktionen und Beschriftungselemente
Abkürzungen: vm+ = voces magicae, N+ = Namen, Vo = Vokale, F = Forderung, ind =
individuelle Angaben
Funktion
Gl
G6
G4
vm+
N+
Vo
F
□
ind
G2
G3
O
□
A
Ouro-
boros
Schutz (Dämonen, Gespen¬
ster, Krankheit, Leiden)
5
1
2
1
1
-
keine Angabe; Funktion ÜP:
Bannung eines Menschen
1
8
3
1
,
,
,
1
Zornbannung
12
15
4
1
1
Zorn und Feindseligkeit
bannend, Verstummen von
Gegnern; Sieg
5
ii
2
1
f
1
1
Heilung von Magen- u.
Kopfschmerzen
15
2
3
n
1
Gewinn von Liebe, Gunst,
Erfolg und Freunden
4
2
,
,
1
1
9.7.4. Bezeichnung der einzelnen Beschriftungselemente innerhalb der Gruppe
SZB
Fünf der sechs Beschriftungen werden näher bezeichnet. Die zugehörigen Anleitungen
finden sich in drei griechischen und einer bilinguen koptisch-griechischen Sammelschrift
des 3. - 6. Jh. oder früher. Von der Beschriftung des Artefakts aus der bilinguen Anleitung
werden allerdings lediglich die individuellen Angaben bezeichnet, und dies geschieht
ausschließlich innerhalb der Zeichnung des Artefakts.
Nicht in jeder der hier besprochenen Anleitungen wird das geometrische, rahmende
Element explizit bezeichnet. Dass ein solches dennoch aufgezeichnet werden sollte,
lässt sich aus den sämtlichen Anleitungen beigefügten Zeichnungen entnehmen, die
das Artefakt darstellen und die genaue Verödung der einzelnen Beschriftungselemente
angeben. In den unbezeichneten Fällen kann argumentiert werden, dass die geomet¬
rischen Elemente lediglich zu Veranschaulichungszwecken dargestellt wurden, damit
klar ist, welche Form das Artefakt haben soll. Dies ist durchaus möglich. Es sind jedoch
zahlreiche Artefakte archäologisch überliefert, deren Beschriftung von geometrischen
Elementen eingefasst wurde 2 . Die Rahmung mit einem Dreieck, das innerhalb eines
2 Kreis als Umfassung: drei Pergamonsteine (s. Photographien bei Dzwiza (2011)); Rechteckige Rahmung: Ein sehr
schönes Beispiel ist eine Trierer Bleitafel im Rheinischen Landesmuseum Trier, Fundnr.: 530, Inv.nr.: 1909,930, die in
Latein und mit Zauberzeichen beschriftet ist und in das 2 . 13 . Jh. datiert wird. Die obersten drei Reihen bestehen aus
Zauberzeichen, die mit einem Rechteck gerahmt sind, darunter folgen vier Zeilen mit der Forderung, die ebenfalls
171
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Quadrats gezeichnet ist, kann zudem nicht als Darstellung der äußeren Form eines Ar¬
tefakts gedacht gewesen sein. Für die Zeichnung des Kreises muss ein Ring verwendet
werden, das Prozedere ist kompliziert und wird in der Anleitung ausführlich beschrieben.
Nicht in jedem Fall kann eine rein deskriptive Funktion jedoch gänzlich ausgeschlossen
werden. Hier wurde aufgrund der hohen Wahrscheinlichkeit für die Verwendung als Be¬
schriftungselement entschieden.
9.7.4.1. Bezeichnung: tö övopa / xd ovopaxa
Die beiden Termini sind in vier griechischen Anleitungen aus drei Sammelschriften des 3.
Jh., 4. Jh.? und 4./5. Jh. überliefert. Der Singular tritt 2x auf, der Plural 3x. Einmal werden
Singular und Plural gemeinsam zur Bezeichnung der Beschriftung verwendet.
In drei Anleitungen wird eine abgekürzte Form zur Bezeichnung des Plurals verwendet,
erkennbar durch die Form des Artikels (□□, □). Ungewöhnlich ist dabei die Schrei¬
bung eines einzelnen Quadrats, das ansonsten für den Singular verwendet wird. Die
Schreibung lautet jedoch klar xd wtoKsipeva a. Ob es sich hierbei um einen Flüchtigkeits¬
fehler oder ein Missverständnis handelt, oder ob die Schreibung genauso beabsichtigt
war, lässt sich nicht mit Sicherheit rekonstruieren. Aufzuschreiben sind deutlich mehrere
voces magicae, sodaß es wahrscheinlich erscheint, dass der Plural gemeint war.
Die Singularform wird in einem Fall auf seltene und aufschlussreiche Weise ergänzt:
eotiv ydp Suvapecos övoga toü peyaAou üü (für 0 eoü) Kai aippayig Es ist der Name
der Kraft des großen Gottes und sein * * 3 Siegel. Die Stelle ist aus mehreren Gründen
aufschluss-, bzw. potentiell hilfreich. 1.) Bezeichnet wird damit eindeutig eine Sequenz
aus voces magicae und Namen - so werden die Elemente bisher klassifiziert. 2.) Diese
Sequenz wird einmal in der Anleitung aufgeschrieben, und einmal in der Zeichnung des
Artefakts wiederholt. Dabei weichen beide Passagen an mehreren Stellen voneinander
ab, z.B. fehlt einmal eine längere Vokalsequenz vollständig:
Innerhalb des Ouroboros, wie in der Anleitung angegeben:
KpriqMS- I x<pupis- lasco taco asq taco oco aicov, iaeco ßacppevslpouv oBiAapixpicpi-
£
aEUEai 9ipKipaXi0a[.]vuoiia i VEp 9 aßcolEai
Innerhalb des Ouroboros, wie in der Zeichnung dargestellt
Kurvig X9 u P l iaco ßoc9pEVEluouvo0iAapiKpi9iaEUEai9ipKipalAi0ovuoiaEVEp9aßco
EOCl
gerahmt ist. Die letzten drei Zeilen der Forderung sind jedoch nicht gerahmt. Eine andere Trierer Tafel, ebenfalls im
RLM aufbewahrt, Fundnr.: 530, Inv.nr.: 1909, 929, wird ähnlich datiert und ist auf einer Seite ausschließlich mit Zau¬
berzeichen, auf der anderen in Latein beschriftet. Die Zauberzeichen werden von einem Quadrat gerahmt. Beide Ta¬
feln wurden im Schutt im unterirdischen Bereich des Amphitheaters gefunden. Erstpublikation: Wünsch, Die laminae
litteratae des Trierer Amphitheaters, in: Bonner Jahrbücher 119 (1910), Nr. 24 und 25. Taf. II, Fig. 4 und Taf. III, Fig. 2.
3 Die deutsche Übersetzung ist mehrdeutig. Das Siegel ist nicht auf die erwähnte Gottheit zu beziehen, sondern entwe¬
der auf den Namen, oder auf die Kraft. Beides ist theoretisch möglich, der engere Bezug besteht zu Kraft.
172
9 - Beschriftung der Artefakte: Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe SZB
Diese doppelte und voneinander abweichende Darstellung des aufzuschreibenden Na¬
mens wirft mehr Fragen auf, als an dieser Stelle diskutiert werden können. Sie macht
in jedem Fall deutlich, dass voneinander abweichende Schreibungen des gleichen Na¬
mens nicht unbedingt mit mangelnder Sorgfalt oder Inkompetenz des Schreibers zu tun
haben müssen. Im Gegenteil, in dem vorliegenden Fall könnte es sich auch um einen
Beleg für eine besonders exakt durchgeführte Kopie einer - oder zweier? - Vorlagen han¬
deln. Andererseits könnte diese Stelle allerdings auch zu Gunsten genau der Argumen¬
te, die sie möglicherweise widerlegen könnte, herangezogen werden. Die Diskussion ist
offen und soll an dieser Stelle nicht vertieft werden.
3. ) Eine namentlich bezeichnete Dynamis stellt hier zusammen mit ihrem Siegel die
Grundelemente der Beschriftung eines Schutzmittels dar. Der Terminus Dynamis wird
in den griechischen Sammelschriften ansonsten nicht in Zusammenhang mit einer Be¬
schriftung verwendet, aber aus koptischen Anleitungen sind mehrere Belege überliefert
(s. z. B. Hay 10391 ) 4 . Es stellt sich die Frage, ob hier die Gesamtkomposition, bestehend
aus Schrift, Zeichen und Bild, als Siegel, oder aber als Phylakterion - so wird das Artefakt
in der Anleitung bezeichnet - verstanden wurde - und ob beide Begriffe in diesem Fall
das Gleiche bezeichnen. In späteren koptischen Anleitungen findet sich wiederholt die
Anweisung, "die Phylakteria" aufzuschreiben 5 , dabei ist in sämtlichen Fällen eine Kom¬
position aus fig. Zeichnung, Zauberzeichen und Text beigegeben, jedoch ist den Anwei¬
sungen nicht immer eindeutig zu entnehmen, ob diese drei Elemente auch Elemente der
Beschriftung darstellen. In koptischen Anleitungen finden sich aber auch Anweisungen,
die Namen und Dynamis der 24 Presbyter aufzuschreiben, wobei keine der Anleitungen
Namen oder Dynamis wiedergibt 6 .
Der Terminus Siegel tritt hingegen ausgiebig im zweiten Buch des leu auf. Dort bezeich¬
net er regelhaft abstrakte Zeichen, mit denen Jesus seine Jünger siegelt oder sie lehrt,
wie sie sich selbst damit siegeln können 7 . Die individuellen Siegel stehen in unmittelba¬
rer Verbindung zu unterschiedlichen Namen höherer Mächte.
4. ) Hier wird ein Blick in die Vorstellungswelt des Urhebers der Anleitung gewährt und
eine Erklärung für eine Gruppe aus voces magicae, Vokalen und Namen gegeben. Da¬
mit können die bisherigen Quellen zur Erforschung der voces magicae um ein Zitat aus
einer Anleitung zur Herstellung eines Schutzartefakts bereichert werden.
4 Dynamis kommt wohl zur Bezeichnung einer Anleitung in einer griechischen Sammelschrift vor: ’Apktikti Suvapig
pavTcx TToiouaa Alles wirkende Macht des Bärengestirns.
5 s. z. B. London OM Copt. 6794 => SAP-K-XY-001; JdE 45060, Kairo, Ägyptisches Museum => SAP-K-VUY-010; Hay
10391 => SAP-K-VUY-012.
6 Siehe z.B. SAP-K-VU0-OO2, SAP-K-VU0-OO3, SAP-K-VU0-OO4, SAP-K-X0-OO1.
7 Das Zeichen des achtstrahligen Sterns mit Kringeln an den Enden ist auch als Zauberzeichen bekannt. Die übrigen
Zeichen weisen jedoch nur bedingt formale Parallelen zu Zauberzeichen auf. Die Vorstellung zu der Funktion und
Verwendung der Siegelzeichen, wie sie im zweiten Buch leu ersichtlich wird, weist jedoch deutliche Parallelen zu
der späteren (nach dem 7. Jh.) Verwendung der Zauberzeichen in koptischen Texten auf und könnte eine mögliche
Grundlage zu dieser Entwicklung darstellen.
173
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Bezeichnete Beschriftungselemente
Mit dem Terminus ovopa werden einmal eindeutig voces magicae zusammen mit einem
einzelnen Namen, ein anderes Mal voces magicae, Namen und Vokale bezeichnet. Mit
dem Plural övopaxa werden einmal voces magicae zusammen mit Vokalen, ein anderes
Mal voces magicae, Namen und Vokale bezeichnet. Für die letztere Gruppierung wird
innerhalb derselben Anleitung einmal der Singular und einmal der Plural verwendet.
9.7.4.2. Bezeichnung: xapaKxpp / xapaicrfipe«;
Der Terminus ist in vier griechischen Anleitungen aus drei Sammelschriften des 3. Jh.,
4. Jh.? und 4./5. Jh. überliefert. Der Singular tritt Ix auf, der Plural 4x. Einmal werden
Singular und Plural gemeinsam zur Bezeichnung der Beschriftung verwendet. In einer
Anleitung wird der Plural zweimal in unterschiedlicher Form abgekürzt wiedergegeben:
X<xpaK T und xapouccnpo).
Bezeichnete Beschriftungselemente
Sämtliche Pluralformen werden eindeutig zur Bezeichnung der Zauberzeichen verwen¬
det. Die einmalig auftretende Singularform bezeichnet möglicherweise nicht die Zau¬
berzeichen, sondern die gesamte Beschriftung, bzw. die Gesamtkomposition. Allerdings
besteht hier bei der Verwendung des Terminus eine interessante Parallele: In PGM III,
196-197 wird eine s-förmig zu zeichnende Schlange mit dem Singular xapaicnip bezeich¬
net. In der hier besprochenen Anleitung ist die Zeichnung eines Uoroboros Bestandteil
der Beschriftung. Möglicherweise kann also auch für die Bezeichnung einer figürlichen
Darstellung die Singularform xapaicnip verwendet werden. Dies könnte bedeuten, dass
die Darstellung weniger als Zeichnung, sondern als machtinhärente Abbildung verstan¬
den wurde.
9.7.4.3. Bezeichnung: xd yponpopsva
Der Terminus xd ypacpöpeva in einer griechischen Anleitung aus dem 4. Jh.? in der abge¬
kürzten Form ypa(po~ überliefert.
Bezeichnete Beschriftungselemente
Mit dem Terminus xd ypacpopsva wird die Beschriftung innerhalb eines Kreises bezeich¬
net, dabei handelt es sich um voces magicae, Namen und eine individuell zu formulie¬
rende Forderung.
174
9 - Beschriftung der Artefakte: Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe SZB
9.7.4.4. Bezeichnung: oxniaa
Der Terminus ayfipawird in einer griechischen Anleitung aus dem 4. Jh. verwendet.
Bezeichnete Beschriftungselemente
Mit dem Terminus oxfipa wird wahrscheinlich die Gesamtkomposition der Beschriftung
bezeichnet.
9.7.4.5. Bezeichnung: tö v 0 ötav
In einer griechischen Anleitung wird xbv v0 ötav dazu verwendet, voces magicae und
einen Namen zu bezeichnen, die als Palindrom aufzuschreiben sind. Dieselbe Beschrif¬
tung wird in der Anleitung an früherer Stelle mit dem Terminus ovopa bezeichnet.
9.7.4.6. Individuelle Beschriftungselemente
Individuelle Beschriftungselemente treten in drei Beschriftungen in griechischen Anlei¬
tungen aus drei Sammelschriften des 3. Jh., 4. Jh.? und 6. Jh. oder früher auf und
werden auf unterschiedliche Weise bezeichnet. Dazu gehören: ö Betau; pfi yeveoSai, xö
/> jipäypa, Koiva (in zwei griechischen Anleitungen ausgeschrieben, in der Anleitung der
bilinguen koptisch-griechischen Sammelschrift in abgekürzter Form koi geschrieben), ö
ßoutapai. Ungewöhnlich ist die Verwendung 4 für die Bezeichnung einer individuell zu
formulierenden Angelegenheit.
Siehe Tabelle 9.66 für eine Zusammenstellung sämtlicher Bezeichnungen der Beschrif¬
tungen innerhalb der SZB-Gruppe.
Tabelle 9.66 Bezeichnungen der Beschriftungen der Gruppe SZB
Sammelschrift
Datierung
Katalognummer
Quelle Anleitung
Bezeichnung Beschriftung
3. Jh.
SAP-G-V-GZB.g-001
PGM VII, 925-939
xd imoKsijisva övojiaxa Kai xoöc;
yapaKxfjpac;
4./5. Jh.
SAP-G-V-GZB.g-002
PGM X, 24-35
xa övojiaxa; xoöc; yapaKxfjpac;
3. Jh.
SAP-G-V-GZB.g-003
PGM VII, 215-218 (Preisend-
anz zählt falsch)
—
4. Jh. | 4. Jh.?
SAP-G-VUI-GZB.g-001
PGM V, 304-357 (plus Zeich¬
nung)
xö övojia; xoüc; yapaKxfjpac;, ö OsXsic;
jirj ysvsoOai; xöv vO öXov, xö ösTva
7ipäyjia, ö ßoöXojxai, Koiva, öxi, xcov
yapaKxöpojv, xd ypacpöjisva xaöxa,
xaöxa tmoKaxo)
6. Jh. oder früher
SAP-G-VUI-GZB.g-002
Ms. Copt. 136, 124-132
koi/
3. Jh.
SAP-G-VUI-GZB.t-001
PGM VII, 579-590
xa[ö]xa xd övojiaxa, xöv yapaKxfjpa, oi
yapaKxfjpsc;, oikoq, obc; imÖKsixai, xö ös
ayfjjia, Koiva
175
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
9.7.5. Autark zu verwendende Artefakte mit SZB-Gruppen-Beschriftung
Fünf der sechs Artefakte werden autark verwendet. Sie sind allesamt funktionsbezeich¬
net und wurden hier außer der Reihe bereits unter "Funktionen" besprochen.
Die Beschriftung der autark zu verwendenden Artefakte unterscheidet sich nicht auf¬
fallend von der Beschriftung des eingebundenen Artefakts, da letzteres mit sämtlichen
innerhalb der SZB-Gruppe auftretenden S-Elementen und den drei großen Z-Gruppen
Gl, G4 und G6 zu beschriften ist. Einzig die Wahl des geometrischen Elements ist, da es
sich um ein einzelnes Artefakt handelt, auf eine Form - einen Kreis - beschränkt.
9.7.6. Zusammenfassung der Gruppe SZB
Sechs Beschriftungen der SZB-Gruppe sind aus vier Sammelschriften des 3. Jh. bis 6.
Jh. oder früher belegt.
9.7.6.1. Wie sieht das individuelle und vergesellschaftete Vorkommen der Beschriftungs¬
elemente aus?
Insgesamt treten 15 unterschiedliche Beschriftungselemente in der SZB-Gruppe auf,
je fünf aus jeder Gruppe. Innerhalb der S-Gruppe sind die beiden am häufigsten ver¬
wendeten Elemente voces magicae und Namen, die auch innerhalb der S-Gruppen-
Beschriftungen die ersten beiden Plätze einnehmen. In vier von sechs Beschriftungen
werden sie gemeinsam verwendet. Es fällt auf, dass weder ein einzelner Name, noch
eine einzelne vox magica als Beschriftungselemente in der SZB-Gruppe Vorkommen.
Innerhalb der Z-Gruppe sind die beiden Gruppen Gl und G6 in sämtlichen sechs Be¬
schriftungen vertreten, die Gruppe G4 kommt fünfmal vor. Sämtliche drei Gruppen do¬
minieren auch in den Beschriftungsgruppen Z und SZ. In der SZ-Gruppe überwiegt die
Verwendung der Gruppe G4, gefolgt von Gl und G6, in der Z-Gruppe werden Zeichen
der Gruppe G6 am häufigsten verwendet.
Ein Kreis tritt einmal in der Beschriftungsgruppe ZB auf. Die Gruppe SB wird weiter un¬
ten untersucht.
Verschiedene Elemente treten in Beschriftungen der SZB-Gruppe nicht auf, dazu ge¬
hören aus der Gruppe S: vox magica, Name, Anrufung, Identitätssatz und Homerverse.
Aus der Gruppe Z finden sich keine Zeichen der Gruppen G5, G7 und G8, und aus der
Gruppe B sind keine anthropomorphen Darstellungen nachweisbar.
Ausschließlich Elemente der B-Gruppe werden elementgruppenspezifisch verwendet.
Eine Beschriftung der SZB-Gruppe ist aus mindestens sechs und maximal zehn unter¬
schiedlichen Beschriftungselementen zusammengesetzt.
Siehe Tabelle 9.67 zur Übersicht über das Vorkommen und die Verteilung der Element-
176
9 - Beschriftung der Artefakte: Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe SZB
gruppen der Gruppe S.
Tabelle 9.67 Vorkommen und Verteilung der Elementgruppen innerhalb der einzelnen
Gruppen S, Z und B
Anzahl Elementgrup¬
pen der S oder Z oder
B-Gruppe
1
2
3
4
5
total
Datierung
voces magicae
-
2
1
-
2
5
3. Jh. - 4./5. Jh.
Namen
-
1
1
-
2
4
3. Jh. - 4./5. Jh.
Forderung
-
1
-
-
2
3
3. Jh.-4. Jh. | 4. Jh.?
Vokale
1
-
1
-
2
3
3. Jh. - 6. Jh. oder früher
individuelle Elemente
-
-
-
-
2
2
3. Jh.-4. Jh. | 4. Jh.?
Gl
-
1
3
2
-
6
3. Jh. - 6. Jh. oder früher
G6
-
1
3
2
-
6
3. Jh. - 6. Jh. oder früher
G4
-
-
3
2
-
5
3. Jh. - 6. Jh. oder früher
G2
-
-
-
1
-
1
4. Jh. | 4. Jh.?
G3
-
-
-
1
-
1
3. Jh.
Kreis
1
-
-
-
-
1
4. Jh. | 4. Jh.?
Dreieck
-
1
-
-
-
1
3. Jh.
Quadrat
-
1
-
-
-
1
3. Jh.
Rechteck
3
-
-
-
-
1
3. Jh. - 6. Jh. oder früher
Ouroboros
1
-
-
-
-
1
3. Jh.
In Tabelle 9.68 wird das vergesellschaftete Vorkommen und die Verteilung der Element¬
gruppen der SZB-Gruppe dargestellt.
Tabelle 9.68 Vergesellschaftetes Vorkommen und Verteilung der Elementgruppen
Anzahl Elementgruppen / Häu¬
figkeit — ►
5/1
6/1
7/2
9/1
10/1
Datierung
voces magicae
-
1
2
1
1
3. Jh.-475. Jh.
Namen
-
1
1
1
1
3. Jh.-475. Jh.
Forderung
-
-
1
1
1
3. Jh.-4. Jh. |4. Jh.?
Vokale
1
-
1
1
1
3. Jh. - 6. Jh. oder früher
individuelle Elemente
-
-
-
1
1
3. Jh. -4. Jh. | 4. Jh.?
Gl
1
1
2
1
1
3. Jh. - 6. Jh. oder früher
G6
1
1
2
1
1
3. Jh. - 6. Jh. oder früher
G4
1
-
2
1
1
3. Jh. - 6. Jh. oder früher
G2
-
-
-
-
1
4. Jh. | 4. Jh.?
G3
-
-
1
-
-
3. Jh.
Kreis
-
-
-
-
1
4. Jh. | 4. Jh.?
Dreieck
-
1
-
-
-
3. Jh.
Quadrat
-
1
-
-
-
3. Jh.
Rechteck
1
-
2
-
-
3. Jh. - 6. Jh. oder früher
Ouroboros
-
-
-
1
-
3. Jh.
9.7.6.2. Welche Schriftträger wurden verwendet, und lassen sich Verbindungen zwischen
Beschriftungselement/en und Schriftträger herstellen?
Insgesamt sind zehn unterschiedliche Schriftträgerangaben zu den sechs Artefakten
überliefert. Das liegt daran, dass in einigen Fällen mehrere alternative Angaben gemacht
werden. Zinn wird am häufigsten genannt und ist das einzige Material, dass für eine
SZB-Beschriftung sowohl in griechischen als auch in einer koptischen Anleitung vorge-
177
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
geben wird (3). Je zweimal als Schriftträger überliefert sind Gold, Silber und Papyrus,
Blei wird einmal angegeben. Aus demotischen Anleitungen sind keine Anleitungen zur
Beschriftung eines Artefakts mit Elementen der SZB-Gruppe eindeutig nachweisbar.
9.7.6.3. Welche Funktionen werden genannt, und treten bestimmte Beschriftungselemente
AUSSCHLIESSLICH IM KONTEXT BESTIMMTER FUNKTIONEN AUF?
Fünf der sechs Artefakte sind funktionsbezeichnet, alle fünf werden autark verwendet.
Ihre Beschriftung unterscheidet sich nicht auffallend von der Beschriftung des eingebun¬
denen Artefakts. Zornbannung ist die einzige Funktion, die mehrfach auftritt (2).
9.7.6.4. Wie werden einzelne Beschriftungselemente bezeichnet, und wurden die Bezeich¬
nungen ELEMENTSPEZIFISCH ODER ELEMENTÜBERGREIFEND VERWENDET?
Zur Bezeichnung der Beschriftung werden die Termini xo övopa / ra övopaxa, xapaicrrip /
XapaKxfjpsq, Ta ypacpopeva, oxrjpa und o v0 b/.ov verwendet. Der Terminus xapaicrfipec; tritt
in sämtlichen Anleitungen auf, in denen die Beschriftung bezeichnet wird, die Singular¬
form hingegen in einer einzigen. Die Singularform övopa wird zweimal verwendet, die
Pluralform övopaxa ist dreimalig überliefert, ypacpöpeva, ayfjpa und xo v0 öA,ov kommen je
einmalig vor.
Siehe Tabelle 9.69 zur Übersicht über das Vorkommen der verschiedenen Bezeichnun¬
gen der Beschriftungselemente.
Tabelle 9.69 Vorkommen der verschiedenen Bezeichnungen der Beschriftungselemente
Bezeichnung
övopa
övopaxa
XapaKiiip
XapaKxfjpsq
ypacpöpsva
axfipa
xö V0 öXov
Häufigkeit
2
3
1
4
1
1
1
Anzahl Sammels¬
chriften
2
3
1
3
1
1
1
Datierung
3. Jh.,4.
Jh.?
3. Jh.,4.
Jh.?, 4./5.
Jh.
3. Jh.
3. Jh.,4. Jh.?,
4./5. Jh.
4. Jh.?
3. Jh.
4. Jh.?
Nicht in sämtlichen Fällen kann den individuellen Termini ein individuelles Beschriftungs¬
element zugewiesen werden. In den Fällen, da dies möglich ist, werden mit dem Termi¬
nus yapaKxfipeq regelmäßig Zauberzeichen bezeichnet, övopa wird zur Bezeichnung von
voces magicae, Namen, einem einzelnen Namen und Vokalen verwendet. Der Plural
övöpaxa bezeichnet - mit Ausnahme eines einzeln auftretenden Namens - die gleichen
Elemente, xö v0 olov wird parallel zu övopa verwendet und bezeichnet dieselben Be¬
schriftungselemente: voces magicae und einen einzelnen Namen, die zusammen als
Palindrom geschrieben werden sollen. Bei der Anleitung aus der bilinguen koptisch¬
griechischen Sammelschrift wird die individuell vorzunehmende Angabe erst in der bei¬
gefügten Zeichnung des Artefakts angegeben, in der Anleitung selbst wird sie nicht er¬
wähnt. Erst anhand der Photographie konnte festgestellt werden, dass ein individuelles
Element einen Teil der Beschriftung darstellte, in der bisherigen Publikation war dies
178
9 - Beschriftung der Artefakte: Artefakte mit Beschriftungen der Gruppe SZB
nicht angegeben. Siehe Tabelle 9.70 zur Übersicht über die eindeutig einer einzelnen
Bezeichnung zuzuordnenden Elementgruppen.
Tabelle 9.70 Eindeutig einer einzelnen Bezeichnung zuzuordnende Elementgruppen
Bezeichnung (Anzahl) —>
Beschriftungselement (Anzahl in Gruppe S) j
övojia
ovopaxa
XapaKifjpsc;
TOV V0 öXov
Zauberzeichen
4
voces magicae
voces magicae + Vokale
1
voces magicae + Name
1
1
voces magicae + Vokale + Namen
1
1
Anzahl Sammelschriften
2
1
3
1
Datierung
3. Jh.,4.
Jh.?
3. Jh.
3. Jh.,4.
Jh.?, 475. Jh.
4. Jh.?
9.7.6.5. Wie werden autark zu verwendende Artefakte beschriftet, und unterscheidet sich
ihre Beschriftung von der Beschriftung der übrigen Artefakte?
Fünf Artefakte werden autark verwendet. Sie sind allesamt funktionsbezeichnet, wobei
Zornbannung ist die einzige Funktion ist, die mehrfach vorkommt (2). Zu zwei Artefakten
wird mehr als eine Funktion angegeben. Die Beschriftung der autark zu verwendenden
Artefakte weicht nicht auffällig von der Beschriftung des - einzigen - eingebundenen
Artefakts ab.
179
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
9.8. Nicht eindeutig zu rekonstruierende Beschriftungsangaben
9.8.1. YA-Katalogdatensätze
152 der 268 bearbeiteten Beschriftungsangaben können vollständig oder fast vollständig
rekonstruiert werden, d.h., dass sämtliche Beschriftungselemente bekannt sind. Die An¬
gaben zu 66 Beschriftungen sind entweder unvollständig erhalten oder gänzlich zerstört.
Zu 30 Artefakten sind die Beschriftungsangaben jedoch vollständig erhalten, können
aber dennoch nicht eindeutig interpretiert werden, da mehrere Elemente zu einer Be¬
schriftungsbezeichnung in Frage kommen. Diese Artefakte werden im Katalog mit dem
Kürzel "YA" versehen. Die entsprechenden Anleitungen finden sich in 21 griechischen,
sieben demotischen und einer koptischen Anleitung aus 13 Sammelschriften des 2./3.
Jh. - 5./6. Jh.(?). In einer demotischen Anleitung werden zwei Artefakte beschrieben.
Das Kernproblem bei den Angaben zu diesen 30 Artefakten liegt darin, dass einem zur
Bezeichnung der Beschriftung verwendeten Begriff mehrere potentielle Beschriftungs¬
elemente gegenüberstehen, und dass einige dieser Elemente in anderen Anleitungen
nicht mit diesem Begriff in Verbindung gebracht werden können. Dieses Problem er¬
streckt sich über alle drei hier untersuchten Sprachen. Zu den Begriffen zählen in den
griechischen Anleitungen die beiden Termini övopa und ovopaxa, in den demotischen
die Begriffe m (der Name) und n3 m (die Namen). In den koptischen Anleitungen ist es
der Terminus p\N (Name).
Bisher konnte gezeigt werden, dass mit den Begriffen övopa und ovopaxa in einigen
Anleitungen die Beschriftungselemente vox magica, voces magicae, Name und Namen
bezeichnet wurden, in einem Einzelfall auch Zauberzeichen. Andere Elemente, wie z.B.
eine Forderung, wurden damit nicht bezeichnet. Bei den YA-Anleitungen stellt dieses
potentiell zusätzliche Beschriftungselement das Hauptproblem dar, da es zwar regelmä¬
ßig in ihnen enthalten ist, anhand der Angaben jedoch nicht klar getrennt werden kann
zwischen zu sprechendem und zu schreibendem Text.
Zwei Erklärungsansätze sind denkbar. Bei dem ersten werden die Begriffe övopa,
ovopaxa, rn und p^n von dem jeweiligen Verfasser eng gefasst, d.h., auch ohne aus¬
drückliche Erklärung sollten die Termini explizit auf die angegebenen Namen oder voces
magicae bezogen werden, der übrige Text war zu sprechen. Der zweite Erklärungs¬
ansatz basiert auf einem weiter gefassten Verständnis der beiden Termini, sodass der
gesamte Text, inklusive Forderung, aufgeschrieben werden sollte.
Als Erklärung für die beiden unterschiedlichen Verwendungen der Termini - eng und
weit gefasst - käme eine chronologische Entwicklung, ein geographischer Schwerpunkt,
die Verbindung mit speziellen Inhalten, individuelle Präferenzen des Verfassers, beab¬
sichtigte Unklarheit, unbeabsichtigte Unklarheit, Unaufmerksamkeit oder Desinteresse
in Frage 1 .
1 Die Möglichkeit einer wortgetreuen Kopie kann hier nicht als Argument herangezogen werden, da sie das Verhalten
des Verfassers lediglich dokumentiert, und nicht erklärt.
180
9 - Beschriftung der Artefakte: Nicht eindeutig zu rekonstruierende Beschriftungsangaben
Zwei dieser Ansätze können ausgeschlossen werden: 1.) Der chronologische Rahmen
der YA-Anleitungen umfasst das 2./3. Jh. - 5./6. Jh.(?) und damit den größten Teil des
Bearbeitungszeitraums. 2.) Die Inhalte der YA-Anleitungen gleichen den Inhalten der
klar nachzuvollziehenden Anleitungen.
Das geographische Argument ist schwierig zu be- oder zu widerlegen. YA-Anleitungen
treten zwar zusammen mit eindeutig zu interpretierenden Anleitungen innerhalb der¬
selben Sammelschriften auf, hier könnte jedoch eingewendet werden, dass es sich bei
einer Sammelschrift um eine Kompilation verschiedener Anleitungen unterschiedlicher
Herkunft handeln kann.
Es bleiben weiterhin die Möglichkeiten der individuellen Präferenzen des Verfassers,
der beabsichtigten oder unbeabsichtigten Unklarheit, der Unaufmerksamkeit sowie des
Desinteresses. Diese Erklärungsansätze lassen sich derzeit weder durch Fakten be¬
stätigen, noch widerlegen, da kein weiteres Vergleichsmaterial vorliegt, Kommentie¬
rungen von Anleitungen nur in der Form überliefert sind, dass sie als "sehr gut" oder
"erprobt" qualifiziert werden, und auch keine Sekundärquellen erhalten sind, die sich
mit der unterschiedlichen Verwendung der Begriffe oder dem formalen Aufbau einer An¬
leitung auseinandersetzen. Das Motiv der beabsichtigten Unklarheit ist zwar nachweis¬
bar, z.B. anhand verschlüsselter Anleitungen 2 , einzelner verschlüsselter Angaben 3 oder
durch Erwähnung der Methode selbst 4 , doch ob dieses Motiv auch in Form unpräziser
Beschriftungsangaben bewusst angewendet wurde, lässt sich nicht belegen und muss
hypothetischer Natur bleiben.
Eine grundsätzlich weiter gefasste Verwendung der griechischen Termini övopa und
övöpaxa mit der Bedeutung "Worte", wie sie durch die Übersetzungen durch Preisendanz
und späterer Bearbeiter suggeriert wird, ist in der Mehrheit der Anleitungen nicht beleg¬
bar und nur in den wenigen YA-Anleitungen potentiell greifbar. In der Regel werden bei¬
de Begriffe eng gefasst und explizit für die Bezeichnung von Namen und voces magicae
verwendet. Ob eine weiter gefasste Verwendung der beiden Begriffe Auskunft über das
soziale - oder intellektuelle - Umfeld des Verfassers geben kann, bedarf einer eingehen¬
den Untersuchung der Termini in anderen Quellen innerhalb des chronologischen und
geographischen Rahmens der entsprechenden Sammelschriften.
Interessant ist in jedem Fall die Verwendung der Begriffe m (der Name) und p\n (Name)
in den demotischen und koptischen Anleitungen, die - ebenso wie ihre griechischen Pen¬
dants - teilweise eindeutig einem Beschriftungselement zugewiesen werden können,
aber teilweise ebenso in YA-Kontexten auftreten.
Siehe Tabelle 9.71 für eine Übersicht über die Bezeichnungen der Beschriftung inner¬
halb der YA-Datensätze.
2 z.B. SAP-G-XI-G-002.
3 z.B. SAP-D-XYAS-D-002, SAP-G-V-G-024.
4 Siehe P. Leiden I 384, Leiden, Ryksmuseum van Oudheden = PGM XII, pdm xii, 401 ff.
181
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
9.8.1.1. Beispiele
SAP-G-VUYA-B.a-001 (PGM XII, 144-146, (150-151?))
"Mit aller Genauigkeit mal auf einen Lappen aus Byssos mit Wachtelblut den Gott Her¬
mes, aufrecht, mit einem Ibisgesicht. Dann schreib mit Myrrhe auch den Namen bei und
sprich die Worte (ETriypayov Kai tö övopa Kai EiriAeys töv [Ao]yov): "Komm zu mir
hierher, sofort, der du die Macht hast. Ich rufe dich an, den über die Geister gesetzten
Gott der Götter, mir zu zeigen im Schlaf das (betr.). Ich beschwöre dich bei deinem Vater
Osiris und bei Isis, deiner Mutter, mir zu zeigen eine Gestalt von dir, und offenbare mir,
worüber ich will.
Dein Name (övopa aoi): "r|iioua0i, ippTyrrvoua vspTrip 5 , Sioxaaßapa, Zapayco, den sie
nennen Balcham. Weissage mir überdas betreffende, über alles, <worüber> ich frage."" 6
SAP-G-VUYA-Z-002 (PGM VII, 919-924)
"Wunderbares Siegesmittel des Hermes, das du in den Sandalen tragen mußt. Nimm ein
Goldblättchen und schreib darauf mit ehernem Griffel und tu’s um, wem du willst, und
sieh zu, was es wirkt an einem Schiff, einem Pferd; du wirst staunen. Die Charaktere
aber sind: "(Zauberzeichen, Symbol für Sonne) Thöouth, gib Sieg, Stärke, Macht dem
Träger!"" 7
SAP-G-VUYA-G-003 (PGM IV, 2363-2368)
"Zauberpraktik. Nimm gelbes Wachs und Extrakte von Luft- und Mondkraut, mische das
und bild eine unten hohle Hermesfigur, die in der Linken einen Heroldstab hält und in
der Rechten eine Tasche. Schreib auf hieratisches Papier diese Namen (toi övöpaTa
TaüTa), und du wirst sehn, daß er unaufhörlich wirkt: „xcnoxev ouTißiApepvoucoS ot-
paui'x gib Erwerb und Erfolg diesem Orte, weil Psentebeth hier wohnt.“ Das leg hinein
und verschließ die Öffnung mit dem gleichen Wachs, stell es (das Bild) in eine Wand,
unsichtbar, bekränze ihn (den Hermes) von außen, opfere ihm einen Hahn und spend
ihm ägyptischen Wein und zünd für ihn einen nicht rot gefärbten Leuchter an." 8
SAP-D-XYAS-D-001 (pdm xii, 50-61, PGM XII, 445-448)
"(1) A spell for separating one person from another. (2) Dung of... (3)... (4) ...and you
put it [in (?)] a document, (5) and you write on a document of papyrus these great (?)
names (n5y m wr(?)) (6) together with the name of the man (p) m n p3 rmt), and you bury it
underthe doorsill of the house. Here are the names (ri m) (7) ...and you recite them over
(?) it also, 7 times. (8) "yö(?)erbeth yö(?)yeth yö(?) bolxoseth (9) yö(?)paxerbeth yö(?)
patathnax (10) leemeng.re yöosesrö (11) yöxlontoeps Separate A born of B from C born
5 Anmerkung J. F. Quack: p3 sri n p3 ncr rß ncr.w? Siehe Habilitationsschrift J. F. Quack (erscheint voraussichtlich
2014), Kapitel 2.2.13. Rezeption der Dekane in der griechisch-römischen Welt.
6 Übersetzung: Preisendanz (1974) 2 , 67-68.
7 Übersetzung: Preisendanz (1974) 2 , 40.
8 Übersetzung: Preisendanz (1973) 2 , 147.
182
9 - Beschriftung der Artefakte: Nicht eindeutig zu rekonstruierende Beschriftungsangaben
of D!" (12) It is .... "Separate Isis from ...!" Formula: 7 times." 9
SAP-K-XYA-001 (P. Mich. inv. 593 a, 1-9)
"Concerning the Three, Three. Take a sheet (of papyrus) and write upon it (the signs?)
and the names (nep^H). He will recover. In the name of Jesus Christ. Amen. Blessed art
thou, O Lord, that sittest above the Cherubim.that stand in his presence. Blessed art
thou.tojudge the quick and the dead ... and seven archangels.Suruel and Trimu-
el.mayestthou bring outof every room (?).Run! Straightaway! Quickly! Quickly!" 10
SAP-G-VUYA-G-008 (PGM X, 36-40; 41-50)
"Anders. Unterwerfungsmittel des Apollon. Nimm eine bleierne Tafel <oder Platte> von
einem Maultiergespann, schreib die untenstehenden Namen (tcx üttokeihevcc □□ (für
övopaTa)) auf sie und leg die Zunge eines Frosches hinein. Sprich, wenn das Blatt
mit der Froschzunge in deine rechte Sandale gelegt wird: "Wie diese heiligen Namen
getreten werden, ebenso sei auch der NN (nach Belieben), der Bedränger (niederge¬
halten)". (In vier Reihen; "Abrasax", daneben ein Stiefel, darunter die sieben Vokale in
sieben Abänderungen. ZW, Engelnamen: "Michael, Raphael, Gabriel, Suriel, Zaziel, Ba-
dakiel, Syliel", Gottesn. "laö Sabaöth Adonai"). "Unterwirf mir den NN, jetzt jetzt, schnell
schnell!"" 11
Bei diesem letzten Beispiel ist das Problem durch eine Zeichnung des herzustellenden
Artefakts gegeben, da in ihr auch eine Forderung enthalten ist, die von derjenigen, die in
der Ableitung als zu sprechen angegeben wird, abweicht.
Tabelle 9.71 Bezeichnungen der Beschriftung innerhalb der YA-Anleitungen
Sammelschrift
Datierung
Katalognummer
Anleitung
Beschriftung Bezeichnung
273. Jh. | 3. Jh.
SAP-D-VU YA-Gs-001
P. Leiden 1 383 Verso,
Kol. 10.1-12
n^y m.w (diese Namen)
273. Jh. | 3. Jh.
SAP-D-VUYA-Gs-002
VI 12
P. Leiden 1 383 Kol.
XXVII, 21-32
p^y rn (dieser Name)
273. Jh. | 3. Jh.
SAP-D-VUYA-Gs-003
V2/2
P. Leiden 1 383 Kol.
XXVII, 21-32
p3y m (dieser Name)
273. Jh. | 4. Jh.
SAP-D-XYA-G-001
P. Leiden 1 384, Kol. III,
1-11? 1-32? (pdmxii, 76-
107, PGM XII, 453-465)
n:> m (die Namen), p3 m (der
Name)
273. Jh. | 4. Jh.
SAP-D-XYAS-D-001
P. Leiden 1 384, Kol. IV,
1-12 (pdm xii, 50-61,
PGM XII, 445-448)
n^y m wr(?) (diese großen (?)
Namen)
9 Übersetzung: Johnson (1975), 39.
10 Übersetzung: Worrell (1935), 192-194, no. 7.
11 Übersetzung: Preisendanz (1974)2, 53.
183
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
3. Jh.
SAP-D-XYAS-D-002
P. Louvre E 3229, Kol.
2, 10-29, Kol. 3, 1 (pdm
suppl. 40-60) (unklar)
nly m.w (diese Namen)
2./3. Jh. | 4. Jh.
SAP-D-XYAS-D-003
P. Leiden 1 384, Kol. IV,
13-19 (pdm xii, 62-68,
PGM XII, 449-452)
rß m (die Namen)
273. Jh. | 4. Jh.
SAP-D-XYAS-DG-001
P. Leiden 1 384, Kol. II,
(pdm xii, 119-134, PGM
XII, 469-470, 471-473)
[rß] m [n] mtre () [der/die]
wahre/n Name/n, rßy mdw.t
(diese Worte)
3. Jh.
SAP-G-VU 0YA-
GZ-001
PGM VII, 417-422
xd ovopaxa; xonxonc; xonc;
yapaKxfjpac;; Koiva, dbc; av 08 A.sk;
2./3. Jh. | 4. Jh.
SAP-G-VU YA-B. a-001
PGM XII, 144-146, (150-
151?)
xö ovopa, 0söcf Eppfjq
4. Jh.
SAP-G-VU YA-G-001
PGM IV, 1846-1852
xd xivöc; xd ovopa
4. Jh.
SAP-G-VUYA-G-002
PGM IV, 2694-2704
xd ovopa xonxo; ypappaxa V
4. Jh.
SAP-G-VUYA-G-003
PGM IV, 2363-2368
xd ovopaxa xanxa
4. Jh.
SAP-G-VUYA-G-004
PGM IV, 3142-3143,
3151-3153, 3156-3164;
unklar: 3154-3156, 3165-
3170
xd ypacpöpsva ovopaxa xanxa;
syysypappsva ovopaxa
3. Jh.
SAP-G-VUYA-G-005
PGM VII, 300a-310
xd ayia ovopaxa
5. Jh. | 576. Jh.
SAP-G-VUYA-G-006
PGM CXXIIIa, 11-23
□ (ovopa/ ovopaxa)
4. Jh. | 4. Jh.?
SAP-G-VUYA-G-007
PGM V, 207-212
xonxo xd ovopa
4./5. Jh.
SAP-G-VUYA-G-008
PGM X, 36-40; 41-50
xd imoKsipsva ovopaxa
374. Jh.
SAP-G-VUYA-G-009
PGM LXX, 20-25
xd ovopa xon (endet dort; keine
Lakuna o.ä., einfach nicht mehr
geschrieben)
4. Jh.
SAP-G-VUYA-
GB.a-001
PGM XXXVI, 1-34
xd wroKipsvov 0f)5io[v]; xa
ovopaxa
4. Jh.
SAP-G-VUYA-
GB.a-002
PGM XXXVI, 231-255
xd imoKsipsva ovopaxa Kai xd
Ccoöiov; unklar: xd aXXa, Koiva
273. Jh. | 4. Jh.
SAP-G-VUYA-
GB.a-003
PGM XII, 376-396
xd imoKipsvov Ccodiov; xd C
ovopaxa 0soh; xd 5s ovopaxa
Ka[x]aypacpöpsva
4. Jh.
SAP-G-VUYA-
GB.a-004
PGM XXXVI, 102-105,
115-133; unklar: 105-114
xd n7io<Ksi>psva ovopaxa; xd
Ccoöiov; xd ypacpöpsva ovopaxa
4. Jh.
SAP-G-VUYA-
GB.a-005
PGM XXXVI, 35-68
xd ovopaxa; ocppayT5a oh 0p8ion;
xd ypacpöpsva ovopaxa xanxa
3. Jh.
SAP-G-VU YA-G B .t-001
PGM VII, 940-968
xd ovopaxa xanxa ohv xfj oxii^ri
4. Jh.
SAP-G-VU YA-GZ-001
PGM XXXVI, 189-210
rj' yapiKxfjpac;
4./5. Jh. | 5. Jh.
SAP-G-VU YA-Z-001
PGMXIa, 1-11,37
xonc; yapaKxfjpac; xonxonc;
3. Jh.
SAP-G-VUYA-Z-002
PGM VII, 919-924
oi yapaKxfjpsc;
273. Jh.
SAP-G-XYA-G-001
P. Duke inv. 729, 1-12
xd imoKipsva ovopaxa, Kai yap
a7röppri[xa.], övöjpa saxiv xflc;
Acppoöixric;
5./6. Jh. ?
SAP-K-XYA-001
P. Mich. inv. 593 a, 1-9
tiep^N (die Namen)
184
9 - Beschriftung der Artefakte: P-M-Z-N-Schema
9.9. P-M-Z-N-Schema
9.9.i. Übersicht
Das "P-M-Z-N-Schema" bezeichnet die Elemente P = Praktizierender, M = höhere
Macht, Z = Zielperson und N = Nutznießer innerhalb der Beschriftung eines Artefakts
und gibt Auskunft über deren Verwendung. Zielperson und Nutznießer werden dabei in
der Mehrheit der Fälle formularisch bezeichnet, in seltenen Fällen wird eine Abkürzung
auch für die Bezeichnung des Praktizierenden oder einer höheren Macht verwendet. Aus
koptischen Anleitungen sind keine Abkürzung für die Zielperson, den Nutznießer, den
Praktizierenden oder eine höhere Macht belegt. Im Folgenden werden die Elemente der
Reihe nach besprochen.
Für 223 Artefakte kann mindestens eins der vier Elemente sicher als Beschriftungsele¬
ment rekonstruiert werden. Zu beachten ist dabei, dass nicht alle 223 Beschriftungs¬
angaben vollständig erhalten sind und dass weitere P-M-Z-N-Nennungen vorhanden
gewesen sein könnten. Eine vollständige Rekonstruktion sämtlicher P-M-Z-N-Schema-
elemente ist für 187 Artefakte möglich. Zwar kann nur zu 152 Artefakten die Beschriftung
vollständig oder fast vollständig rekonstruiert werden, aber eine unvollständig überliefer¬
te voces magicae Sequenz oder eine zerstörte Anrufung z.B. haben keinen unmittelba¬
ren Einfluss auf den Erhaltungszustand der P-M-Z-N-Überlieferung.
P - Der Praktizierende
In 39 Beschriftungen aus zehn Sammelschriften tritt eine Nennung der 1. Pers. Sing. auf.
Drei der zugehörigen Anleitungen sind in Demotisch verfasst, 36 in Griechisch. Der chro¬
nologische Rahmen umfasst das 2./3. Jh. bis 4./5. Jh. In keiner koptischen Anleitung zur
Herstellung und Handhabung eines schrifttragenden Artefakts wird der Praktizierende
genannt, allerdings in einer griechischen, in der die Beschriftung aus einem koptischen
Identitätssatz besteht.
Die Nennung der 1. Pers. Sing, erfolgt in vier unterschiedlichen Kontexten: im Rahmen
einer Anrufung, innerhalb eines Identitätssatzes, bei der Bezeichnung der Zielperson
und bei der Bezeichnung des Nutznießers.
Bei einer Anrufung erfolgt die Nennung durch eine Verbform der 1. Pers. Sing. (z.B.
öpKi^co ge oder e^opKi^co ge Ich beschwöre Dich 1 ). Identitätssätze können in zwei Grup¬
pen geteilt werden. In der ersten identifiziert sich der Praktizierende mit einer höheren
Macht, die namentlich genannt wird (z.B. xrir Ktuoy Btuoy ... Ich bin Köu, Böu ... 2 ), in der
zweiten wird eine formularische Schreibweise verwendet (eii_ii ö ^ ich bin der NN 3 ). Bei
der Identifizierung mit der Zielperson und/oder dem Nutznießer tritt ein Personalprono¬
men der 1. Pers. Sing, zusammen mit einer formularischen Bezeichnung im Rahmen ei-
1 SAP-G-VUI-G-001, SAP-G-VUI-G-006.
2 SAP-G-X-K-001.
3 SAP-G-X0-GB.t-OO1.
185
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
ner Forderung auf (Identifizierung als Zielperson z.B. 56s poi eurruxiav, eTra<po<5i>aiav,
5o^av, x^piv ev tcö crraSicp. Gib mir Gelingen, Beliebtheit, Ruhm, Gunst im Stadion! 4 ;
Identifizierung als Nutznießer z.B. <piAe(tco i_ie f| ^ Tfß ^ epe, töv TTiouaa tö ttotöv
Lieben soll mich die NN, Tochter der NN, den NN, wenn sie genommen hat den Trank! 5 ).
In den Fällen, in denen eine Forderung ein Personalpronomen der 1. Pers. Sing, ent¬
hält, scheint es plausibel davon auszugehen, dass der Praktizierende für sich selbst die
Herstellung des Artefakts durchführen sollte und damit identisch mit der Zielperson oder
dem Nutznießer ist. Eine entsprechende Beschriftung könnte jedoch einfach modifiziert
und für eine dritte Person hergestellt werden, indem man das Personalpronomen weg¬
lassen würde.
M - Die höhere Macht
Für 220 Artefakte wird eine höhere Macht ausdrücklich als Bestandteil der Beschriftung
angegeben, doch nicht in jedem Fall wird die genaue Form der Bezeichnung dieser hö¬
heren Macht genannt. So kommt es, dass in mehreren Fällen die genaue Bezeichnung
der Macht unklar bleiben muss 6 . 189 der Anleitungen wurden in Griechisch verfasst, 23
in Demotisch, acht in Koptisch. Der chronologische Rahmen der 31 Sammelschriften
umfasst das 1 .12. Jh. bis 6.-7. Jh.
Eine höhere Macht, an die sich der Praktizierende wendet, kann auf unterschiedliche
Weise in einer Beschriftung bezeichnet werden: durch die Nennung eines oder mehrerer
Namen, einer oder mehrerer voces magicae, durch Vokale, mittels der Darstellung von
Zauberzeichen oder einer bildhaften Darstellung.
In zwei Fällen scheint es, dass die höhere Macht nicht, wie generell üblich, in der Anlei¬
tung vorgegeben wird, sondern individuell durch den Praktizierenden ausgewählt wer¬
den kann 7 .
Z - Die Zielperson
In 53 Beschriftungen wird eine Zielperson genannt. Neun der Anleitungen wurden in De¬
motisch, zwei in Koptisch und 42 in Griechisch verfasst. Die 14 Sammelschriften werden
zwischen das 2. Jh. und 6.-7. Jh. datiert.
In der Regel handelt es sich bei der Zielperson um eine einzelne Person, in seltenen
Fällen um zwei Personen, z.B. bei einer Trennungspraxis, in zwei Fällen jedoch um eine
Personengruppe 8 . 16x wird die Zielperson mit der 1. Pers. Sing, identifiziert, davon drei¬
mal formularisch. Hinzu kommen solche Beschriftungen, die teilweise oder vollständig
individuell gesta ltet werden können. In diesen Fällen ist unklar, inwieweit eine Zielperson
4 SAP-G-VUI-GZ-005.
5 SAP-G-V-G-024.
6 Im Katalog sowohl unter "0" als auch unter "Y" zu finden. Doch nicht jede 0- und Y-Bezeichnung ist auf Identifizie¬
rungsprobleme einer höheren Macht bezogen.
7 SAP-G-VUYA-G-001, SAP-G-VUI-G-008.
8 SAP-K-V-KZB.g-001 und SAP-G-V-G-063.
186
9 - Beschriftung der Artefakte: P-M-Z-N-Schema
in schriftlicher Form genannt wurde.
Die Bezeichnung der Zielperson erfolgt in den griechischen Anleitungen mittels der ein¬
maligen oder doppelten Verwendung des Symbols ^ für 5eTva. In den demotischen An¬
leitungen wird die Formulierung ausgeschrieben mn r:ms mn NN, die geboren hat NN.
Einmal jedoch wird mn mit der griechischen Form der Abkürzung geschrieben: ^ r:ms ^ 9 .
Es ist allerdings nicht eindeutig zu rekonstruieren, ob dieser Teil der Angaben zu spre¬
chen oder zu schreiben ist. 10 Eine weitere Nennung erfolgt in der Form ß mn die A/A/. 11
N - Der Nutznießer
19 Beschriftungen aus neun Sammelschriften des 2.13. Jh. | 3. Jh. bis 4. Jh. enthalten
die Nennung eines Nutznießers, 14 der Anleitungen wurden in Griechisch und fünf in
Demotisch verfasst. Aus koptischen Anleitungen ist die Verwendung des Nutznießers in
Beschriftungen nicht belegt. In 13 Fällen wird dabei eine Form der 1. Pers. Sing, ange¬
geben, zehnmal davon mit einer zusätzlichen formularischen Bezeichnung. Der Überlie¬
ferungszeitraum für N ist wesentlich kürzer als der Zeitraum für M oder Z, allerdings gibt
es eine Anleitung aus dem 5. Jh. | 5./6. Jh. und eine weitere aus dem 6./7. Jh., bei denen
unklar ist, ob der Nutznießer in der Beschriftung oder ausschließlich mündlich genannt
werden sollte.
Die Bezeichnungen für den Nutznießer gleichen den oben beschriebenen Abkürzungen,
die für die Zielperson verwendet wurden.
9.9.1. Individuelle Verwendung eines Elements und Kombinationen
Die Elemente P-M-Z-N treten in den Kombinationen P-M, P-M-Z, P-M-Z-N, M-Z und M-
Z-N auf. Einzig M ist als alleiniges Element belegt, es ist zudem das einzige Element,
9 SAP-D-VUYA-Gs-001 = P. Leiden I 383 Verso, Kol. 10.1-12 (pdm xiv, 1003-1014). Siehe zu der Verwendung des
griechischen Monogramms ^ Jacco Dieleman, What’s in a Sign? Translating Filiation in the Demotic Magical Papyri,
in: Arietta Papaconstantinou (Hrsg.), The Multilingual Experience in Egypt from the Ptolemies to theAbbasids, 2010,
127-52. Er kommt auf den Seiten 150-151 zu den folgenden Ergebnissen: "In the foregoing pages I examined the
adoption of the Greek monogram, meaning ösTva, as a variant writing for Egyptian mn into the unspecified filiation
formula mn rms mn in the two related bilingual magical manuals P.Leiden I 384 verso and P.Lond.-Leid. This Egyptian
formula served as the Standard filiation formula in medical and magical manuals of pharaonic date and remained in
use in the Demotic and Old-Coptic spells of Roman date (...) The Greek monogram was thus embedded in a fixed
phrase with a long history of use and scribal practice. With respect to the monogram itself, the investigation has re-
sulted in the following five conclusions. First, with the exception of the two bilingual manuals, the abbreviation sign
is unattested in Demotic manuscripts, but is otherwise commonly used in the Contemporary Greek magical manuals
from Egypt, in particular in the corresponding unspecified filiation formula 5sTva ov stsksv ri 5sTva (and its variants).
Second, since these Contemporary magic handbooks in Greek served the editors of the Demotic spells as source ma¬
terial, it is reasonable to assume that the Greek monogram was borrowed from the Greek manuals into the Demotic
spells at one stage during the editing process of Consulting and adapting source materials, a phenomenon I refer to
as ‘manuscript interference’. Third, in its new linguistic environment, the Greek sign retained its ideographic value, i.e.
denoting a personal name substitute, but, as a phonogram, blended into Egyptian speech signifying mn, the Egyptian
noun substitute of old. The occurrence of the sign in the Demotic spells is therefore a case of graphic, not linguistic
borrowing. Fourth, the act of borrowing must be regarded a double movement, back and forth, for the filiation formula
5sTva ov stsksv ri 5sTva itself constitutes an idiomatic borrowing from Egyptian magical texts in the first place, intro-
duced into the Greek spells at a certain moment in the Hellenistic or early Roman period. Fifth, the distribution pattern
of the abbreviation mark shows a concentration in three small clusters only, which is remarkably restrictive given the
high number of 68 preserved columns of Demotic on the two manuscripts. The observed pattern can therefore not be
a coincidence. On the contrary, it must be indicative of certain editorial choices and preferences."
10 SAP-D-VUYA-Gs-001.
11 Vergleiche Jacco Dieleman, What’s in a Sign? Translating Filiation in the Demotic Magical Papyri, in: Arietta Papacon¬
stantinou (Hrsg.), The Multilingual Experience in Egypt from the Ptolemies to theAbbasids, 2010, 127-152.
187
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
das in sämtlichen Kombinationen auftritt.
9.9.1.1. M ALS ALLEINIGES ELEMENT
136 Beschriftungen bestehen aus der alleinigen Nennung einer höheren Macht ohne
Angaben zu einem Praktizierenden, einer Zielperson odereinem Nutznießer. Lässt man
sämtliche Bezeichnungen, die ausschließlich aus einer vox magicae, voces magicae
oder Vokalen bestehen, unberücksichtigt, mit der Begründung, dass unklar ist, inwieweit
diese Elemente eine höhere Macht bezeichnen oder zu deren Anrufung oder Beeinflus¬
sung verwendet werden sollten, bleiben 88 Beschriftungen, die nach wie vor den gesam¬
ten Zeitraum des 1./2. Jh. bis 6.-7. Jh. umspannen. M als alleiniges Schema-Element ist
in Anleitungen aus allen drei Sprachen belegt. 121 Beschriftungsanweisungen wurden in
Griechisch, zehn in Demotisch und vier in Koptisch verfasst. Sieben der Beschriftungen
können durch individuelle Angaben ergänzt werden.
9.9.1.2. Kombination: P-M
Die Kombination aus der Nennung des Praktizierenden und der Nennung einer höheren
Macht - ohne Nennung einer Zielperson und/oder eines Nutznießers - ist in vier griechi¬
schen Beschriftungsanweisungen aus drei Sammelschriften des 3. und 4. Jh. belegt. Sie
tritt weder in demotischen, noch in koptischen Anleitungen auf. Eine Beschriftung kann
durch individuelle Angaben ergänzt werden.
9.9.1.3. Kombination: P-M-Z
Die Kombination aus der Nennung des Praktizierenden, einer höheren Macht und der
Zielperson ist 19x sicher belegt. Sie tritt in 18 griechischen und einer demotischen Anlei¬
tungen aus sechs Sammelschriften des 2./3. Jh. | 4. Jh. auf. Aus koptischen Anleitungen
ist dieses Schema nicht belegt. Sechs der Beschriftungen können durch individuelle
Angaben ergänzt werden.
9.9.1.4. Kombination: P-M-Z-N
In 14 Beschriftungen werden Angaben zum Praktizierenden, zur angerufenen höheren
Macht, zur Zielperson und zum Nutznießer gemacht. Die Beschriftungen sind in zwei
demotischen und 12 griechischen Anleitungen aus acht Sammelschriften des 2./3. Jh.
bis 4./5. Jh. überliefert. Auch dieses Schema ist aus koptischen Anleitungen nicht belegt.
Sechs der Beschriftungen können durch individuelle Angaben ergänzt werden.
9.9.1.5. Kombinationen: M-Z
188
9 - Beschriftung der Artefakte: P-M-Z-N-Schema
ln sechs griechischen, drei demotischen und einer koptischen Anleitung aus sechs Sam-
melschriften des 2. Jh. - 6. Jh. oder früher wird ein Artefakt mit Angabe der höheren
Macht und der Zielperson beschriftet.
9.9.1.6. Kombinationen: M-Z-N
Die Kombination aus der Nennung einer höheren Macht, der Zielperson und des Nutz¬
nießers ist in drei griechischen und einer demotischen Anleitung aus vier Sammelschrif¬
ten des 2./3. Jh. | 3. Jh. bis 4. Jh. überliefert.
9.9.2. Zusammenfassung
Bei 223 Beschriftungen kann mindestens eins der vier Schema-Elemente P = Praktizie¬
render, M = höhere Macht, Z = Zielperson und N = Nutznießer sicher rekonstruiert wer¬
den. Für 187 dieser Beschriftungen können sämtliche P-M-Z-N-Schemaelemente - doch
nicht notwendigerweise sämtliche Inhalte, da voces magicae z.B. unvollständig erhalten
sein können - rekonstruiert werden.
Die Bezeichnung einer angerufenen höheren Macht ist von dem 1 .12. Jh. bis in das 6.-7.
Jh. belegt, die Bezeichnung einer Zielperson seit dem 2. Jh., ebenfalls bis in das 6.-7. Jh.
Damit sind M und Z von den vier Schema-Elementen über den längsten Zeitraum nach¬
weisbar. Die Nennung eines Praktizierenden ist erst seit dem 2./3. Jh. und nur bis in das
4./5. Jh. überliefert, ebenso die Nennung eines Nutznießers - hier gibt es allerdings eine
Anleitung aus dem 5. Jh. | 5./6. Jh. und eine weitere aus dem 6./7. Jh., bei denen nicht
eindeutig bestimmt werden kann, ob die Bezeichnung eines Nutznießers schriftlich oder
mündlich erfolgen sollte. Unter den 223 Beschriftungen ist M am häufigsten überliefert
(220), gefolgt von Z (53), P (33) und N (19).
P, Z und N werden in den griechischen Texten regelmäßig mittels der einmaligen oder
doppelten Verwendung des Symbols ^ für 5eTvcc abgekürzt. In einem demotischen Text
ist diese Verwendung ebenfalls belegt, die übliche Formel ist jedoch mn r ms mn NN, die
geboren hat NN. Aus koptischen Anleitungen ist keine Verwendung einer abgekürzten
Schreibweise überliefert, sicher auszuschließen ist sie jedoch nicht, da bei sechs Anlei¬
tungen die Angaben diesbezüglich unklar sind.
Kombiniert werden die Schema-Elemente P-M, P-M-Z, P-M-Z-N, M-Z und M-Z-N. M ist
das einzige Element, das in sämtlichen Kombinationen auftritt, es wird zudem als einzi¬
ges auch alleine verwendet.
Sämtliche Kombinationen sind in griechischen Anleitungen belegt, und bis auf die Kom¬
bination P-M- auch in den demotischen Anleitungen. Anders sieht es bei den koptischen
Anleitungen aus, hier fehlt ein klarer Nachweis für die Verwendung der Elemente P und
189
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
N. Entsprechend treten auch keine Kombinationen, die diese beiden Elemente enthal¬
ten, in koptischen Anleitungen auf.
Siehe Tabelle 9.71 für eine Übersicht über die einzelnen Elemente, die eindeutig als
Bestandteil der Beschriftung rekonstruiert werden können.
Tabelle 9.71 Gesamtvorkommen der einzelnen Elemente des P-M-Z-N-Schemas
Element
Anleitungen
Sammelschriften
Datierung
P
39: G (36), D (3)
10
2 . 12 . Jh. bis 4./5. Jh.
M
220: G (189), D (23), K (8)
28
1 . 12 . Jh. bis 6.-7. Jh.
Z
53: G (42), D (9), K (2)
14
2. Jh. und 6.-7. Jh.
N
19: G (14), D (5)
9
2 . 12 . Jh. bis 4./5. Jh.
Tabelle 9.72 Individuelle Verwendung und Kombinationen der P-M-Z-N-Elemente in Be¬
schriftungen, zu denen sämtliche P-M-Z-N-Schemelemente rekonstruiert werden können
Kombinations¬
schema
Anleitungen
Sammelschriften
Datierung
M
136: G (122), D (10),
K (4)
22
1./2. Jh. bis 6.-7. Jh.
P-M
4: G (4)
3
3. und 4. Jh.
P-M-Z
19: G (18), D (1)
6
2 . 12 . Jh. | 4. Jh.
P-M-Z-N
14: G (12), D (2)
8
2./3. Jh. -4./5. Jh.
M-Z
10: G (6), D (3), K (1)
6
2. Jh. - 6. Jh. oder früher
M-Z-N
4: G (3), D (1)
4
2./3. Jh. | 3. Jh. bis 4. Jh.
190
9 - Beschriftung der Artefakte: Exkurs: Beschriftungselemente in umfangreichen Sammelschriften
9.10. Exkurs: Beschriftungselemente in umfangreichen Sammelschriften
Weisen die umfangreichen Sammelschriften spezielle Beschriftungsmuster beson¬
ders häufig auf, die eine chronologische Einordnung unterstützen oder auf individuelle
Schwerpunkte des Verfassers oder Kompilators hindeuten könnten? Um dieser Frage¬
stellung auf den Grund zu gehen, werden im Folgenden exemplarisch die Artefaktbe¬
schriftungen in Anleitungen aus fünf umfangreich erhaltenen Sammelschriften näher
untersucht und die Ergebnisse einander gegenübergestellt.
9.10.1. PGM VII (3. Jh.)
In der Sammelschrift PGM VII wird die Herstellung und Handhabung von 48 zu beschrif¬
tenden Artefakten beschrieben. Es werden Beschriftungselemente aus allen drei Grup¬
pen S, Z und B verwendet. Die am häufigsten auftretende Elementgruppe stellen voces
magicae dar, Identitätssätze, Homerverse, Zeichen der Gruppen G2, G7 und G8 sowie
Bildelemente der Gruppen Ba und Bp sind nicht belegt. Eine Beschriftung kann aus bis
zu neun unterschiedlichen Elementgruppen zusammengesetzt sein. Nicht alle Beschrif¬
tungen lassen sich vollständig rekonstruieren.
25 Artefakte werden autark verwendet, 21 sind in eine übergeordnete Praxis eingebun¬
den, bei zweien ist die Zuordnung unsicher. 31 Artefakte sind funktionsbezeichnet.
In Tabelle 9.73 wird das Vorkommen der Elementgruppen abgebildet, während in Tabelle
9.74 Elementgruppen, Schriftträger und die Funktionen der Artefakte gegenübergestellt
werden.
Tabelle 9.73 Gesamtübersicht über die Elementgruppen in PGM VII
Elementgruppe
Vorkommen
in Artefaktbe¬
schriftungen
voces magicae
21
Namen
12
Forderung
12
Vokale
3
Name
14 (7x in einer
Praxis)
individuelle
Angaben
10
vox magica
4
Identitätssatz
-
Anrufung
5
Homerverse
-
Element¬
gruppe
Vorkommen
in Artefaktbe¬
schriftungen
Gl
9
G2
-
G3
3
G4
12
G5
2
G6
11
G7
-
G8
-
Gu
3
Element¬
gruppe
Vorkommen
in Artefaktbe¬
schriftungen
Ba
-
Bt
2
Bg
3
Bp
-
B unklar a?t?
-
191
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Tabelle 9.74 Elementgruppen, Schriftträger und Artefaktfunktion PGM VII (3. Jh.)
Katalognr.
P/H
Funktion Artefakt
Material
vm+ F G4 G6 Gl ind N+ A Vo BT N vm 1 BG G3 G5 Gu
Anzahl
Element¬
gruppen
SAP-G-VUI-
GZB.t-001
P
Schutz
Gold
1
1
1
1
1
1
1
1
1
7
SAP-G-VUI-
GZ-001
P
Fesseln,
Unterwerfen und
Binden
Blei
1
1
1
1
1
1
1
1
1
SAP-G-VUI-
GZ-004
P
Liebe (allgemein)
Zinn
1
1
1
1
1
1
1
SAP-G-V-
GZB.g-001
P
Zorn u. Feind¬
seligkeit bannen,
Verstummen
Gegner; Sieg
(wohl vor
Gericht)
Blei
1
1
1
1
1
1
1
7
6
SAP-G-V-
GZ-005
P
Heilung
Haut
1
1
1
SAP-G-VUI-
G-004
P
Offenbarung
Papyrus
1
1
1
1
1
1
SAP-G-XI-
G-001
H
keine Angabe
Lorbeer
1
1
1
1
1
5
4
4
4
SAP-G-
VU0YA-
GZ-001
P
Bindung
Zinn
1
1
1
SAP-G-V-
G-058
P
Heilung
Zinn
1
1
1
1
SAP-G-V-
G-024
P
Liebe (allgemein)
Papyrus
1
1
1
SAP-G-V-
GZ-002
H
keine Angabe
Lorbeer
1
1
1
1
SAP-G-V-
GZ-006
H
keine Angabe
Papyrus
1
1
1
1
SAP-G-V-
GZB.g-003
P
Gewinn von
Liebe, Gunst,
Erfolg und
Freunden
Zinn
1
1
1
1
1
5
SAP-G-VUI-
G-001
H
keine Angabe
Blei
1
1
1
1
4
SAP-G-VUI-
G-002
P
Schlaflosigkeit
Fledermaus
1
1
2
2
1
SAP-G-V-
G-060
H
keine Angabe
Zinn
1
1
1
SAP-G-V-
GB.t-001
P
rek.: Offen¬
barung
Hand (linke)
1
1
1
SAP-G-
VUYA-
GB.t-001
U
Zornbannung,
Unterwerfung
Papyrus
1
1
SAP-G-V-
G-011
H
Schutz
Lorbeer
1
SAP-G-
VUY-G-005
P
Heilung
Haut
1
1
SAP-G-
VUY-G-001
VI
H
keine Angabe
Blei
1
1
!
SAP-G-VUI-
GZ-005
P
Sieg (Läufer)
Zehen¬
nägel?
1
1
1
SAP-G-V-
G-017
P
Schlaflosigkeit
Muschel
1
1
1
SAP-G-V-
ZB.g-001
H
keine Angabe
Boden
1
1
1
1
1
SAP-G-V-
GZ-007
P
Heilung
Haut
1
1
1
SAP-G-V-
Z-005
P
Heilung
Leinen
1
1
■
SAP-G-VUI-
GZ-003
P
Heilung
Haut
1
1
1
SAP-G-V-
Z-008
P
Heilung
Oliven-/
Ölblatt
1
SAP-G-V-
Z-010
P
Heilung
Papyrus
1
1
jJ
192
9 - Beschriftung der Artefakte: Exkurs: Beschriftungselemente in umfangreichen Sammelschriften
9.10.2. PGM IV (4. Jh.)
In der Sammelschrift PGM IV wird die Herstellung und Handhabung von 62 zu beschrif¬
tenden Artefakten beschrieben. Es werden Beschriftungselemente aus allen drei Grup¬
pen S, Z und B verwendet. Eine Beschriftung kann aus bis zu elf unterschiedlichen
Elementgruppen zusammengesetzt sein. Die am häufigsten auftretende Elementgruppe
stellen voces magicae dar. Aus der S-Gruppe sind sämtliche Beschriftungselemente be¬
legt, aus der Z-Gruppe fehlt die eindeutige Verwendung der Gruppen G7 und G8, aus
der B-Gruppe der Gruppen Bg und Bp. Nicht alle Beschriftungen lassen sich vollständig
rekonstruieren.
Zwei Artefakte werden autark verwendet, 56 sind in eine übergeordnete Praxis einge¬
bunden, ein Artefakt kann sowohl autark als auch eingebunden verwendet werden und
bei drei Artefakten ist die Zuordnung unsicher. 22 Artefakte sind funktionsbezeichnet.
In Tabelle 9.75 wird das Vorkommen der Elementgruppen abgebildet, während in Tabelle
9.76 Elementgruppen, Schriftträger und die Funktionen der Artefakte gegenübergestellt
werden.
193
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Tabelle 9.75 Gesamtübersicht über die Elementgruppen in PGM IV (4. Jh.)
Elementgruppe
Vorkommen
in Artefaktbe¬
schriftungen
voces magicae
42 (16x in
einer Praxis)
Namen
15
Forderung
12
Vokale
13
Name
8
individuelle
Angaben
6
vox magica
6
Identitätssatz
7
Anrufung
5
Homerverse
2
Element¬
gruppe
Vorkommen
in Artefaktbe¬
schriftungen
Gl
2
G2
2
G3
-
G4
3
G5
1
G6
4
G7
-
G8
-
Gu
-
Element¬
gruppe
Vorkommen
in Artefaktbe¬
schriftungen
Ba
6
Bt
2
Bg
-
Bp
-
B unklar a?t?
-
Tabelle 9.76 Elementgruppen, Schriftträger und Artefaktfunktion PGM IV (4. Jh.)
Katalognr.
P/H
Artefakt Funktion
Artefakt
Material
vm+ N+ Vo F ID A N ind vm BaI G6 G4 H BT Gl G5 G2
Anzahl
El¬
ement¬
gruppen
SAP-G-VUI-
GZ-002
H
keine Angabe
Blei
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
11
SAP-G-X0-
GB.t-001
P
keine Angabe
Ziegel
1
1
1
1
1
1
6
SAP-G-V-
GB.a-003
H
Gefügigmachen
einer Seele,
Traumsendung
Magnetstein
1
1
1
1
4
6
4
SAP-G-V-
G-056
H
keine Angabe
Wachs
1
1
1
SAP-G-V-
G-001
H
keine Angabe
Bronze
1
1
1
SAP-G-VUI-
G-008
H
keine Angabe
keine
Angabe
1
1
1
1
1
1
SAP-G-V-
G-009
H
Schutz
Leinen
1
1
1
1
SAP-G-VUI-
GB.at-001
H
keine Angabe
Haut
1
1
1
1
1
1
1
7
2
SAP-G-V-
G-063
H
keine Angabe
Zinn
1
1
1
SAP-G-
VU0I-G-OO1
H
keine Angabe
Schädel
(Mensch)
1
1
1
SAP-G-V-
G-018
H
keine Angabe
Muschel
1
1
1
SAP-G-
VU0-G-OO2
H
keine Angabe
Efeu
1
1
SAP-G-V-
G-062
H
Schutz
Zinn
1
1
2
SAP-G-V-
G-026*
H
keine Angabe
Papyrus
1
1
2
SAP-G-V-
G-039*
H
keine Angabe
Papyrus
1
1
2
SAP-G-V-
G-033*
H
keine Angabe
Papyrus
1
1
2
SAP-G-
VUY-G-010
H
keine Angabe
Stofflappen
1
1
2
SAP-G-
VU0-
GB.a-001
H
Vorbereitungen
zur Vereinbarung
eines Dienstes
Flachs
1
1
1
1
4
SAP-G-V-
G-041
H
Schutz
Papyrus
1
1
2
194
9 - Beschriftung der Artefakte: Exkurs: Beschriftungselemente in umfangreichen Sammelschriften
SAP-G-V-
G-061
H
Schutz
Zinn
1
1
2
2
2
SAP-G-V-
K-001
H
Schutz
Papyrus
1
1
SAP-G-VUI-
G-007
H
keine Angabe
keine
Angabe
1
1
1
SAP-G-V-
G-040*
H
keine Angabe
Papyrus
1
1
SAP-G-V-
GB.a-002
H
Versiegeln von
Pillen
Eisen
1
1
2
1
1
1
SAP-G-V-
GB.at-001
H
keine Angabe
Eisen
1
1
1
SAP-G-V-
G-025*
H
keine Angabe
Papyrus
1
SAP-G-
VUYA-
G-003
H
keine Angabe
Papyrus
1
SAP-G-
VUYA-
G-002
U
unsicher
Lindenbast
1
SAP-G-V-
G-034*
H
keine Angabe
Papyrus
1
1
SAP-G-V-
G-032*
H
keine Angabe
Papyrus
1
1
SAP-G-X-
G-001
H
keine Angabe
Gold
1
1
SAP-G-V-
G-030*
H
keine Angabe
Papyrus
1
1
SAP-G-V-
G-027*
H
keine Angabe
Papyrus
1
1
SAP-G-
VUYA-
G-004
U
keine Angabe
Papyrus
1
1
SAP-G-V-
G-042
H
Schutz
Papyrus
1
1
SAP-G-V-
G-031*
H
keine Angabe
Papyrus
1
1
SAP-G-V-
G-003
P
Offenbarung
Flachs
1
1
SAP-G-V-
G-029*
H
keine Angabe
Papyrus
1
1
SAP-G-V-
G-028*
H
keine Angabe
Papyrus
1
1
SAP-G-V-
G-035*
H
keine Angabe
Papyrus
1
1
SAP-G-V-
G-036*
H
keine Angabe
Papyrus
1
1
SAP-G-V-
G-055
H
Schutz
Silber
1
1
4
SAP-G-V-
G-006
H
keine Angabe
Gold
1
1
1
SAP-G-VUI-
GB.a-002
H
Erfüllung einer
Angelegenheit
Papyrus
1
1
1
1
SAP-G-X-
G-003
H
keine Angabe
Myrrhe
1
1
1
1
4
SAP-G-V-
GB.a-004
H
Schutz
Magnetstein
1
1
2
1
1
SAP-G-V-
G-046
H
Erhörung des
Praktizierenden
und Schutz
Persea
1
SAP-G-V-
G-012
H
keine Angabe
Lorbeer
1
1
1
SAP-G-
VUY-G-008*
H
Offenbarung
Schilfrohr
1
SAP-G-
VUY-G-006*
H
Offenbarung
Schilfrohr
1
1
SAP-G-
VUY-G-007*
H
keine Angabe
Schilfrohr
1
1
SAP-G-
VU0-G-OO3
H
keine Angabe
Papyrus
1
1
195
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
SAP-G-
VUYA-
G-001
H
keine Angabe
Gold
1
1
1
SAP-G-V-
G-037*
H
keine Angabe
Papyrus
1
SAP-G-V-
G-038*
H
keine Angabe
Papyrus
1
1
SAP-G-V-
G-047
H
keine Angabe
Räucherge¬
fäß
1
1
4
1
1
SAP-G-V-
Z-004
H
keine Angabe
Gemisch
1
1
1
SAP-G-V-
Z-012
U
Schutz
Silber
1
1
1
1
SAP-G-V-
Z-013
H
Schutz
keine
Angabe
1
SAP-G-V-
G-065
P+H
erfolgreiche
Flucht, Of¬
fenbarung,
Sieg (Sport),
Beliebtheit,
Verlängerung
des Lebens
eines vorzeitig
Verstorbenen
Eisen
1
SAP-G-
VU0-OO2
Schutz Haut
SAP-G- u u ,
VU0-OO1 H Schutz Haut
9.10.3. P. Leiden 1384 = PGM XII, pdm xii (2J3. Jh. \ 4. Jh.)
In der Sammelschrift P. Leiden I 384 wird die Herstellung und Handhabung zu beschrif¬
tender Artefakte in elf griechischen und neun demotischen Anleitungen beschrieben. Es
werden zwar Beschriftungselemente aus allen drei Gruppen S, Z und B verwendet, aus
der Z-Gruppe treten allerdings lediglich Zeichen der Elementgruppe G6 auf. Ebenfalls
nicht eindeutig belegt sind die S-Elementgruppen vox magica und Homerverse sowie die
B-Elementgruppen Bg und Bp. Die beiden am häufigsten vorkommenden Elementgrup¬
pen sind Namen und Forderung, gefolgt von voces magicae. Eine einzelne vox magica
und Homerverse sind nicht belegt. Eine Beschriftung kann aus bis zu sechs unterschied¬
lichen Elementgruppen zusammengesetzt sein. Nicht alle Beschriftungen lassen sich
vollständig rekonstruieren.
Fünf Artefakte werden autark verwendet, acht sind in eine übergeordnete Praxis ein¬
gebunden, bei sieben Artefakten ist die Zuordnung unsicher. Zehn Artefakte sind funk¬
tionsbezeichnet. In Tabelle 9.77 wird das Vorkommen der Elementgruppen abgebildet,
während in Tabelle 9.78 Elementgruppen, Schriftträger und die Funktionen der Artefakte
gegenübergestellt werden.
Tabelle 9.77 Gesamtübersicht über die Elementgruppen in Leiden I 384 = PGM XII, pdm xii
(2./3. Jh. | 4. Jh.)
Elementgruppe
Vorkommen
in Artefaktbe-
schriftungen
voces magicae
8
Namen
9
Elementgrup¬
pen
Vorkommen
in Artefaktbe¬
schriftungen
Gl
-
G2
-
Elementgrup¬
pen
Vorkommen
in Artefaktbe¬
schriftungen
Ba
7
Bt
3
196
9 - Beschriftung der Artefakte: Exkurs: Beschriftungselemente in umfangreichen Sammelschriften
Forderung
9
Vokale
2
Name
4
individuelle
Angaben
3
vox magica
-
Identitätssatz
3
Anrufung
4
Homerverse
-
G3
-
G4
-
G5
-
G6
1
G7
-
G8
-
Gu
-
Bg
-
Bp
-
B unklar a?t?
-
Tabelle 9.78 Elementgruppen, Schriftträger und Artefaktfunktion I 384 (2./3. Jh. | 4. Jh.)
Katalognr.
P/H
Artefakt
Funktion
Artefakt Material
N+
F
vm+
Vo
A
N
ind
ID BA an-
G6
Anzahl
Element¬
gruppen
SAP-G-VUI-G-006
H
keine Angabe
keine Angabe
1
1
1
1
1
1
6
SAP-G-V-G-020
H
keine Angabe
Ostrakon
1
1
1
1
4
SAP-G-VUI-G-009
H
keine Angabe
keine Angabe
1
1
1
1
1
1
6
SAP-D-XYAS-DG-001
U
keine Angabe
Papyrus
1
1
2
Gunst, Erfolg und
SAP-G-V-G-002
P
tägliche Wohlfahrt für
den Praktizierenden
und einen Ort
Ei
1
1
1
1
4
SAP-G-V-GB.at-002
P
Erfolg und Glück für
den Träger
Ispis (luftblau)
1
1
1
SAP-D-XYAS-D-003
U
Trennung
keine Angabe
1
1
2
SAP-D-XY-GB.a-001
P
Trennung
Ostrakon
1
1
SAP-D-XYAS-D-001
H
keine Angabe
Papyrus
1
1
SAP-D-XY-G-001
U
Liebe (allgemein)
keine Angabe
1
1
1
1
1
1
6
SAP-D-X-GB.at-001
U
Liebe (allgemein)
Papyrus
1
1
1
1
4
SAP-G-VUI-GB.a-001
H
keine Angabe
Leinen
1
1
1
1
4
SAP-G-VUYA-
GB.a-003
U
Schlaflosigkeit
Fledermaus¬
flügel
1
1
1
SAP-D-V-D-001
P
Trennung
Papyrus
1
1
SAP-G-V-G-014
H
keine Angabe
Leinen?
1
1
SAP-D-XYA-G-001
U
Trennung - unklar: 2
Artefakte?
Lappen
1
1
SAP-G-VUYA-B.a-001
H
keine Angabe
Leinen
1
1
SAP-G-VU0-B.t-OO1
H
keine Angabe
Heliotrop
1
1
SAP-D-X-GB.a-001
U
keine Angabe
unklar
1
1
SAP-G-V-Z-001
P
Gunst, Freundschaft
und Bewunderung
Beifuß
1
1
9.10.4. P. BM 10070 und Leiden 1383 (pdm xiv) (2J3. Jh. \ 3. Jh.)
In der Sammelschrift pdm xiv, die in die beiden Papyri P. BM 10070 und P Leiden I 383
zerteilt ist, wird die Herstellung und Handhabung von 13 zu beschriftenden Artefakten in
ausschließlich demotischen Anleitungen beschrieben. Es werden Elementgruppen aus
allen drei Gruppen S, Z und B verwendet. Das am häufigsten auftretende Beschriftungs¬
element sind Zeichen der Gruppe G4. Vokale, ein einzelner Name, individuelle Anga¬
ben, Anrufungen und Homerverse sind ebensowenig belegt wie die Elementgruppen G2,
G3,G7, anthropomorphe Darstellungen und geometrische Elemente. Eine Beschriftung
197
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
kann aus bis zu vier unterschiedlichen Elementgruppen zusammengesetzt sein. Nicht
alle Beschriftungen lassen sich vollständig rekonstruieren.
Zwei Artefakte werden autark verwendet, zehn sind in eine übergeordnete Praxis einge¬
bunden, bei einem Artefakt ist die Zuordnung unsicher. Drei Artefakte sind funktionsbe¬
zeichnet. In Tabelle 9.79 wird das Vorkommen der Elementgruppen abgebildet, während
in Tabelle 9.80 Elementgruppen, Schriftträger und die Funktionen der Artefakte gegen¬
übergestellt werden.
Tabelle 9.79 Gesamtübersicht über die Elementgruppen in P. BM 10070 und Leiden I 383
(pdm xiv) (2./3. Jh. | 3. Jh.)
Elementgruppe
Vorkommen
in Artefaktbe¬
schriftungen
voces magicae
2
Namen
3
Forderung
2
Vokale
-
Name
-
individuelle
Angaben
-
vox magica
3
Identitätssatz
1
Anrufung
-
Homerverse
-
Elementgrup¬
pen
Vorkommen
in Artefaktbe¬
schriftungen
Gl
3
G2
-
G3
-
G4
5
G5
2
G6
3
G7
-
G8
2
Gu
-
Elementgrup¬
pen
Vorkommen
in Artefaktbe¬
schriftungen
Ba
-
Bt
1
Bg
-
Bp
1
B unklar a?t?
-
Tabelle 9.80 Elementgruppen, Schriftträger und Artefaktfunktion P. BM 10070 und Leiden I
383 (pdm xiv) (2./3. Jh. | 3. Jh.)
Katalognr.
P/H
Artefakt
Funktion
Artefakt Material
G4
Gl
G6
vm
G8
G5
N+
' 1 -
vm+
ID BP
Anzahl
Element¬
gruppen
SAP-D-V-Z-002
(F2+3)
P
Träume zu erhalten,
Träume zu senden
Schilfblatt
1
1
1
*
SAP-D-V-Z-002
(Fl)
H
keine Angabe
Schilfblatt
1
1
1
SAP-D-V-Z-001
H
keine Angabe
Boden
1
1
1
SAP-D-V-
GsZ-001
H
keine Angabe
Ton Lampe
1
1
1
1
4
SAP-D-V-
GsZ-002
H
keine Angabe
Leinen
1
1
1
1
4
SAP-D-VUS-
DB.t-001
P
Liebe (Her¬
beiführung)
Leinen
1
1
1
SAP-D-X-D-001
H
keine Angabe
Lappen
1
1
2
SAP-D-XYS-
DG-001
H
keine Angabe
unklar: Docht
oder Lampe
1
1
SAP-D-VUYA-
Gs-003 V2/2
H
keine Angabe
Leinen
1
1
SAP-D-VUYA-
Gs-001 Ml-2/2
U
Heilung (Gicht)
Silber
1
1
SAP-D-VUYA-
Gs-002 V1/2
H
keine Angabe
Leinen
1
1
SAP-D-V-
DB.p-001
H
keine Angabe
Papyrus
1
1
2
SAP-D-VUI-002
H
keine Angabe
Papyrus
198
9 - Beschriftung der Artefakte: Exkurs: Beschriftungselemente in umfangreichen Sammelschriften
9.10.5. PGM XXXVI (4. Jh.)
In der Sammelschrift PGM XXXVI wird die Herstellung und Handhabung von elf zu be¬
schriftenden Artefakten beschrieben. Es werden Beschriftungselemente aus allen drei
Gruppen S, Z und B verwendet. Die beiden am häufigsten auftretenden Elementgruppen
sind voces magicae und Namen, gefolgt von anthropomorphen Darstellungen. Eine ein¬
zelne vox magica und Homerverse sind nicht belegt. Eine Beschriftung kann aus bis zu
acht unterschiedlichen Beschriftungselementen zusammengesetzt sein. Nicht alle Be¬
schriftungen lassen sich vollständig rekonstruieren.
Drei Artefakte werden autark verwendet, drei sind in eine übergeordnete Praxis einge¬
bunden, bei fünf Artefakten ist die Zuordnung unsicher. Neun Artefakte sind funktionsbe¬
zeichnet. In Tabelle 9.81 wird das Vorkommen der Elementgruppen abgebildet, während
in Tabelle 9.82 Elementgruppen, Schriftträger und die Funktionen der Artefakte gegen¬
übergestellt werden.
Tabelle 9.81 Gesamtübersicht über die Elementgruppen in PGM XXXVI (4. Jh.)
Elementgruppe
Vorkommen
in Artefaktbe¬
schriftungen
voces magicae
7
Namen
7
Forderung
5
Vokale
1
Name
1
individuelle
Angaben
1
vox magica
-
Identitätssatz
2
Anrufung
3
Homerverse
-
Elementgrup¬
pen
Vorkommen
in Artefaktbe¬
schriftungen
Gl
3
G2
-
G3
-
G4
2
G5
2
G6
2
G7
1
G8
-
Gu
2
Elementgrup¬
pen
Vorkommen
in Artefaktbe¬
schriftungen
Ba
6
Bt
1
Bg
-
Bp
-
B unklar a?t?
-
Tabelle 9.82 Elementgruppen, Schriftträger und Artefaktfunktion PGM XXXVI (4. Jh.)
Katalognr.
P/H
Artefakt
Funktion
Artefakt
Material
N+ vm+ BA F ID A Gl G4 G6 G5 N ind Vo BT G7 Gu
Anzahl
Element-
qruppen
SAP-G-V-
GB.a-005
H
keine Angabe
Papyrus
1
1
1
1
5
SAP-G-VUYA-
GB.a-001
U
Bindung
Blei
1
1
1
SAP-G-VUYA-
GB.a-005
U
diverse
Silber
1
1
1
SAP-G-VUYA-
GB.a-004
H
keine Angabe
Papyrus
1
1
1
SAP-G-VUYA-
GZ-001
U
Herbeiführung
Ostrakon
1
1
1
1
1
SAP-G-V-
GZ-004
P
Zerstörung von
Zaubermitteln
Ostrakon
1
1
1
1
4
SAP-G-V-G-064
H
Verstärkung
eines Logos
unklar ok
1
1
1
199
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
SAP-G-VUYA-
GB.a-002
U
Schaden
Blei
1
1
2
SAP-G-VUI-
G-003
P
Liebe (Her¬
beiführung)
Haut
1
1
1
1
1
1
6
SAP-G-V-ZB.
at-001
P
Zerstörung von
Zaubermitteln
Blei
1
1
1
1
1
1
1
1
8
SAP-G-V-Z-011
U
Gunst
Silber
1
1
1
1
1
5
9.10.6. Zusammenfassung
Weisen die umfangreichen Sammelschriften spezielle Beschriftungsmuster beson¬
ders häufig auf, die eine chronologische Einordnung unterstützen oder auf individuelle
Schwerpunkte des Verfassers oder Kompilators hindeuten könnten?
In sämtlichen Sammelschriften werden für die Beschriftungen Elementgruppen aus allen
drei Gruppen, S, Z und B verwendet. Ebenso sind in sämtlichen Sammelschriften die ge¬
nerell am häufigsten nachgewiesenen Beschriftungselemente voces magicae, Namen
und Forderung belegt. Hier lassen sich keine spezifischen Merkmale für die Anleitungen
einer Sammelschrift feststellen.
Ein Unterschied zwischen den Beschriftungsanweisungen in den griechischen Sammel¬
schriften einerseits und in den bilinguen demotisch-griechischen Sammelschriften an¬
dererseits findet sich allerdings in der Anzahl der Elementgruppen, die die Beschriftung
konstituieren. In PGM XXXVI kann eine Beschriftung aus bis zu acht Elementgruppen
zusammengesetzt sein, in PGM IV sogar aus bis zu elf. In P. Leiden I 384 besteht eine
Beschriftung aus maximal sechs Elementgruppen, in pdm xiv sogar nur aus höchstens
vier. Die Beschriftungsmuster in den Anleitungen aus den bilinguen Sammelschriften
sind also weniger komplex gestaltet als die Beschriftungsmuster aus den griechischen
Sammelschriften.
Die Sammelschrift P. Leiden I 384 ist die einzige, in der aus der Z-Gruppe lediglich
Zeichen der Gruppe G6 als Beschriftungselemente auftreten, und zwar in einer einzi¬
gen griechischen Anleitung. In den übrigen Sammelschriften werden zumindest auch
Zeichen der Gruppen Gl und G4 verwendet. Das Fehlen der beiden wichtigsten Elem¬
entgruppen der Gruppe Z könnte für eine frühe chronologische Einordnung sprechen.
Bis einschließlich zur Betzschen Publikation wurde der Papyrus in das 4. Jh. datiert,
erst Jacco Dieleman schlug eine Datierung in das 2 . 13 . \ 3. Jh. vor. Die Verwendung von
Zauberzeichen als Beschriftungselemente ist in den Sammelschriften ab dem 2 . 13 . Jh.
| 3. Jh. belegt, die frühesten Zeugnisse finden sich in demotischen Anleitungen! In den
beiden Sammelschriften aus dem 3. Jh., in denen Zauberzeichen belegt sind, treten
bereits Zeichen der Gruppen Gl und G4 auf.
PGM VII unterscheidet sich von den übrigen Sammelschriften durch die vergleichsweise
sehr hohe Anzahl autark zu verwendender Artefakte gegenüber eingebunden zu ver¬
wendenden (25:21). In PGM IV hingegen werden fast sämtliche Artefakte eingebunden
verwendet. Im Fall von PGM VII scheint es sich eher um ein verstärktes Interesse eines
200
9 - Beschriftung der Artefakte: Exkurs: Beschriftungselemente in umfangreichen Sammelschriften
der Kompilatoren an schrifttragenden Artefakten zu handeln, als um ein Kriterium, dass
für eine zeitliche Einordnung herangezogen werden könnte. In den letzten Kolumnen,
die nicht mehr dem 3. Jh., sondern dem 4. Jh. zugewiesen werden, sind keine Anleitun¬
gen zur Herstellung und Handhabung schrifttragender Artefakte enthalten.
Die einzelnen Sammelschriften weisen in Bezug auf die sicher belegten Elementgrup¬
pen und deren Kombinationen ansonsten keine weiteren markanten Merkmale auf.
Siehe Tabelle 9.83 für eine Gesamtübersicht der auftretenden Elementgruppen. Die
Kontextualisierung der Beschriftungselemente mit der Materialität der Schriftträger und
den Artefaktfunktionen wird in der Zusammenfassung zu Kapitel 9 besprochen.
Tabelle 9.83 Gesamtübersicht: Elementgruppen
Elementgruppe
Vorkommen in
P. BM 10070 + 1
383 (D: 13)
(273. Jh. | 3.
Jh.)
Vorkommen in
1 384 (G: 11,
D: 9)
(273. Jh. | 4.
Jh.)
Vorkommen in
PGM VII (G: 48)
(3. Jh., letztze
Kols. 4. Jh.)
Vorkommen in
PGM IV (G: 62)
(4. Jh.)
Vorkommen in
PGM XXXVI
(G: 11)
(4. Jh.)
voces magicae
2
8
21
42 (16x in einer
Praxis)
7
Namen
3
9
12
15
7
Forderung
2
9
12
12
5
Vokale
-
2
3
13
1
Name
-
4
14 (7x in einer
Praxis)
8
1
individuelle
Angaben
(Ix elementgrup¬
penspezifisch;
nicht in Verges¬
ellschaftung mit
anderen Beschrif¬
tungselementen)
3
10
6
1
vox magica
3
-
4
6
-
Identitätssatz
1
3
-
7
2
Anrufung
-
4
5
5
3
Homerverse
-
-
-
2
-
Gl
3
-
9
2
3
G2
-
-
-
2
-
G3
-
-
3
-
-
G4
5
-
12
3
2
G5
2
-
2
1
2
G6
3
1
11
4
2
G7
-
-
-
-
1
G8
2
-
-
-
-
Gu
-
-
3
-
2
Ba
-
7
-
6
6
Bt
1
3
2
2
1
Bg
-
-
3
-
-
Bp
1
-
-
-
-
B unklar a?t?
-
-
-
-
-
Verwendung:
autark / einge¬
bunden / unklar
2/10/1
5/8/7
25/21/2
2+1/56+1/3
3/3/5
funktions¬
bezeichnet
3
10
31
22
9
Anzahl
Artefakte
13
20
48
62
11
201
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
9.11. In den Anleitungen klassifizierte Kompositionsschemata
Die Komposition der Beschriftung eines Artefakts wird in einigen Fällen näher erläutert
(ikonographische Darstellungsweisen, Aufbau der S-Elemente), klassifiziert (nur bei S-
Elementen, z.B. "kreisförmig", "flügelförmig") oder aufgezeichnet. Die Beschreibungen
ebenso wie die Klassifizierungen sind jedoch nicht immer eindeutig interpretierbar, auch
Beschreibung und Zeichnung passen nicht immer zusammen 1 . Im Folgenden werden
die klassifizierten Kompositionsschemata der S-Elemente besprochen. Ikonographische
Untersuchungen der B-Elemente werden nicht vorgenommen 2 . Die Gestaltung einer Be¬
schriftung, die Z-Elemente enthält, ist in einigen Anleitungen aufgezeichnet, explizite De¬
korationsschemata werden für diese jedoch nicht klassifiziert. Wiederholt erwähnt und
aufgezeichnet werden vergesellschaftete Z- und S-Elemente in Verbindung mit einem
Ouroboros oder einem Kreis, wobei Häufigkeit und Verödung der einzelnen Elemente
variieren können. Zu diesem Schema ist kein Terminus überliefert. Es ist archäologisch
sowohl auf Papyrus 3 , als auch auf Gemmen nachgewiesen 4 , auch die drei Steine aus
Pergamon wurden mit diesem Schema beschriftet 5 . Variationen, die ausschließlich Z-
oder S-Elemente mit Ouroboros oder Kreis verbinden, sind ebenfalls überliefert, werden
jedoch ebenfalls nicht explizit bezeichnet.
Sämtliche Termini zur Bezeichnung eines Dekorationsschemas werden am Ende des
Kapitels in Tabelle 9.84 zusammen mit den Katalognummern und den Quellenangaben
zu den Anleitungen aufgeführt.
9.11.1. Kreisförmige Beschriftungen
Das am häufigsten ausdrücklich bezeichnete Kompositionsschema einer S-Beschriftung
ist die kreisförmige Gestaltungsweise (kukAco), in der Regel - aber nicht ausschließlich -
rings um eine figürliche Darstellung. Dieses Schema wird für die Beschriftung von sieben
Artefakten in drei Sammelschriften aus dem 3. und 4. Jh. vorgegeben. Aufgeschrieben
werden voces magicae, Logoi, Anrufungen, Forderungen und Zauberzeichen. In einer
weiteren Anleitung ist eine spiralförmige Beschriftung rund um einen Ibis aufgezeichnet,
jedoch nicht in der Anleitung selbst bezeichnet. Zu der Gruppe kreisförmiger Komposi¬
tionsschemata kann die ungewöhnliche Anweisung, eine Beschriftung wie einen runden
Stern (äaxepa crrpoyyuAoöv) aufzubringen, hinzugefügt werden.
In den Fällen, in denen die Beschriftung eine figürliche Darstellung umgibt, ist es denk¬
bar, dass damit die Vorstellung verbunden war, auf eine verbildlichte höhere Macht mit¬
tels verschriftlicher Worte in zusätzlicher Weise Macht auszuüben. Die verbale Macht
1 Häufiger treten geringe Abweichungen auf, bisweilen aber auch sehr deutliche, s. z.B. SAP-G-V-ZB.at-001.
2 Diese werden im Katalog bei den individuellen Anleitungen besprochen.
3 Siehe z.B. Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Inv.nr. K 8031 = PGM XLVIII, Bitte um Hilfe; Schutz? Haus?, 6,5
x 7 cm, Kropp bei Preisendanz: 6.-7. Jh.; Stegemann (1934): 10./11. Jh. Interessant der Vergleich mit der Anleitung
SAP-G-VUI-GZB.t-001 = PGM VII, 579-590 (3. Jh.).
4 z.B. London, British Museum, Inv.nr. G 1986,5-1,143 (4. Jh.).
5 Berlin, Antikensammlung, Inv.nr. 6812,1-3.
202
9 - Beschriftung der Artefakte: Kompositionsschemata
der Worte könnte durch ihre schematische Verschriftlichung - und ihre dadurch vorg¬
enommene Verkörperung - in Form der Eingrenzung der figürlich dargestellten höheren
Macht als zusätzliches Machtinstrument verstanden worden sein. Die Frage, die sich
dabei stellt, wäre dann, ob die Darstellung der höheren Macht und die Verschriftlichung
der Worte als symbolisch oder als machtinhärent verstanden wurden.
9.11.2. Flügel und Klima
In vier Anleitungen aus drei Sammelschriften aus dem 3. und 4. Jh. sind Formen des
Terminus -rrrepöv zur Bezeichnung des Kompositionsschemas überliefert. Einmal ist das
entsprechende Schema mit aufgezeichnet, einmal angedeutet. Die angedeutete Version
lässt sich nicht eindeutig rekonstruieren, das aufgezeichnete Schema hingegen zeigt im
Original eine andere Komposition als die bisher publizierte (s.u.).
Wie genau ein flügelförmiges Schema vorzustellen ist, und ob antike Vorstellungen
nicht möglicherweise voneinander abwichen, wurde für die magischen Texte noch nicht
ausführlich untersucht. Der Terminus wird hier nicht ausschließlich für Beschriftungen,
sondern auch für die Art und Weise der Aussprache verwendet. Eine kurze Darstellung
unterschiedlicher Schreibschemata findet sich in Dieleman (2005), 66, wobei ihm der
Fehler unterläuft, das zitierte Flügelschema aus Betz oder Preisendanz (ohne Angabe)
zu kopieren, ohne sich ein Photo - z.B. bei Daniel (1991), 70-71 - angesehen zu haben.
Es handelt sich um das Schema aus PGM XIII, 888-911 (SAP-G-VUY-G-004), das -
anders als bei Betz und Preisendanz - im Original eben nicht in der bei Dieleman als
typisch flügelförmig interpretierten Form dargestellt ist, sondern in Form von drei annä¬
hernd rechtwinkligen Kolumnen.
Wiedergabe bei Preisendanz (1974 2 ),127, kopiert in Betz (1996), 192
und von Dieleman (2005), 66.
a€T]lO\Jtü
€r|iouuja
r|lO\JLO(X€
acrjioimm)
€r|iouwuja
r|ioutotoa€
aerjiouwouuj
€r|io\jwouuja
r|lO\JWO\JUKX€
lomjoaeri
o\Juuaer|i
\juoa€r|io
waer|io\J
louunjuaeri
o\JumKX€r|i
uunjoa€r|io
unjuaeriiou
io\JWO\Jwa€r|
ouujouujaerii
UUJOUUKX€r|l<^0^>
UJO\JUKX€r|lOU
Originaldarstellung im Papyrus (aus: Daniel (1991), 71)
203
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Der verwendete Terminus "flügelförmig" wird in der Anleitung PGM XIII, 888-911 als zu¬
sätzliche Information zur Gestaltungsweise der vorzunehmenden Beschriftung verwen¬
det und könnte sich z.B. auch auf den Wechsel des jeweils letzten Buchstabens einer
Zeile an den Anfang der nächsten Zeile beziehen. In PGM II, 4-5, findet sich eine Be¬
schreibung, die den Terminus "flügelförmig" beinhaltet und diese Überlegung unterstützt:
"Sprich diesen Namen, auch ihn, je einen (Buchstaben) wegnehmend,
flügelförmig" (Aeye toüto tö övona Kai auxö ev i^aipcöv TTTepvyoeiScöj).
Eine flügelförmige Sprechweise ist mit der Dielemanschen Interpretation auf der Ba¬
sis der Preisendanzschen Zeichnung schwierig nachzuvollziehen, das Einrücken einer
Buchstabenreihe ist schwierig zu Vertonen, man könnte eventuell an eine variierende
Intonation denken. Den Wechsel eines Buchstabens jedoch vom Ende einer Buchsta¬
bensequenz zu deren Anfang in der nächsten Zeile ließe sich problemlos sprachlich
ausdrücken.
Könnte in PGM II, und auch in der hier besprochenen Stelle in PGM XIII, mit der Angabe,
je einen Buchstaben wegzunehmen, eben jener Wechsel - und weder die Form, noch
das vollständige Entfernen eines Buchstabens - gemeint gewesen sein? Könnte unter
"flügelförmig" die Art des Positionswechsels von Buchstaben verstanden worden sein?
In PGM II heißt es zusätzlich, dass je ein Buchstabe flügelförmig weggenommen werden
soll. Diese Information kann auf zweierlei Weise interpretiert werden:
1.) Je ein Buchstabe soll von dem Anfang und dem Ende einer Zeile entfernt wer¬
den. Dann wäre unter "Flügelschema" entweder eine Komposition zu verstehen,
die die Form eines rechtwinkligen Dreiecks annimmt - wenn jeweils der erste
oder letzte Buchstabe einer Reihe entfernt werden (7, A) 6 - oder es würde sich
um eine andere Bezeichnung für ein "Klimaschema" handeln, bei dem zwei
Buchstaben in jeder Zeile entfernt werden, jeweils einer vom Anfang und einer
vom Ende der Zeile (V ) 7 - abhängig davon, wie "je einen (Buchstaben) wegneh¬
mend" interpretiert werden würde. Das kontinuierliche Wegnehmen zweier Buch¬
staben aus einer Buchstabenreihe - jeweils einer vom rechten und linke Ende der
Reihe - mit jeder neuen Zeile wird z.B. in PGM I, 8-19 (s. SAP-G-V-G-044) als
"Klima" bezeichnet. Beide Schreibweisen sehen letztendlich einem Flügel ähn¬
lich, so dass hier Verwechslungen, bzw. Überschneidungen bei der Verwendung
der Termini, vorliegen könnten. Kompositionsschemata, bei denen ein oder zwei
Buchstaben pro Zeile in der folgenden Zeile entfernt werden sollen, wurden in
vier Anleitungen aus drei Sammelschriften dargestellt, jedoch nicht explizit mit
einem Terminus bezeichnet. In der oben bereits erwähnten Anleitung sollen zwei
Klimata aufgeschrieben werden, die beigefügten Darstellungen zeigen Vokale in
der Form zweier Dreiecke (A, V).
6 Siehe z.B. RMonts.Roca inv. nr. 239* (3.-5. Jh.): Raquel Martin Hernändez, A Magical Amulet at the Abbey of Monts¬
errat, in: Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik, 172 (2010), 220-222.
7 Siehe z.B. P.Mich.Inv. 6666 (3. Jh.): R. W. Daniel, P.Mich. inv. 6666: Magic, in: Zeitschrift für Papyrologie und Epigra¬
phik, 50 (1983), 147-154.
204
9 - Beschriftung der Artefakte: Kompositionsschemata
2.) Sie ist als Erläuterung für eine Veränderung einer Buchstabenreihe zu verstehen,
nicht als Aufforderung, diese zu Dezimieren. Mit dem Terminus "Flügel" würde in
diesem Fall auf die "Flügel" einer Zeile - wie die Flügel eines Heeres - Bezug ge¬
nommen worden sein, also der rechte und linke Abschluss einer Zeile. "Je einer"
wäre entweder auf den ersten oder letzten Buchstaben einer Zeile zu beziehen,
dessen Position innerhalb der Beschriftung verändert, aber nicht weggenommen
werden soll. Diese Interpretation würde sowohl auf die Darstellungsweise der
Vokale in den o.a. drei Kolumnen passen, ohne davon ausgehen zu müssen,
dass der Schreiber einen Fehler gemacht hat, wie Preisendanz dies unterstellt,
als auch auf die Angaben, etwas flügelförmig zu sprechen. Auch das von dem
Schreiber lediglich angedeutete Kompositionsschema in SAP-G-VUI-G-004, das
als Flügelschema bezeichnet wird (ypäyov ß' -n-xepüyia oüxcos), ist mit dieser Inter¬
pretation in Einklang zu bringen. 8
Zwei wesentliche Unterschiede sind bei der grundsätzlichen Handhabung von Buchsta¬
bensequenzen zu beobachten: Die eine verändert die Positionen einzelner Buchstaben,
ohne dabei auf den Umfang einer Sequenz Einfluss zu nehmen. Die andere verändert
den Umfang einer Sequenz, indem sie Buchstaben entfernt, ohne dabei die Positionen
der verbleibenden Buchstaben zu verändern. Es handelt sich um zwei gänzlich unter¬
schiedliche Handhabungsprozeduren, denen zwei ebenso unterschiedliche Vorstellun¬
gen zu Grunde liegen könnten. Der Terminus "flügelförmig" wird in den Anleitungen mit
dem ersten Schema in Verbindung gebracht, der Terminus "Klima" mit dem zweiten.
9.11.3. Herzförmige Beschriftungen
Eine Beschriftung in Form eines Herzens ist in drei Anleitungen aus drei Sammelschrif¬
ten des 3. und 4. Jh. überliefert, zwei dazugehörende Darstellungen sind nicht vollstän¬
dig erhalten. So bleibt es unklar, wie genau eine herzförmige Beschriftung ausgese¬
hen haben sollte, ob die beiden oberen Bögen dargestellt werden sollten, oder ob eine
grob dreieckige Ausformung ausreichte. In einem Fall wird das Schema näher erläutert:
herzförmig, wie eine Traube (icapSiaKÖs cbs ßoxpus). Bei einer vierten Anleitung ist unklar,
ob eine nur fragmentarisch erhaltene Umrandung, die zudem auch im Original nicht
geschlossen war 9 , als herzförmig interpretiert werden konnte und aufgezeichnet werden
sollte. Ein entsprechender Terminus und eine Anweisung diesbezüglich sind nicht über¬
liefert.
8 Siehe SAP-G-VUY-G-004 für eine detaillierte Diskussion der Interpretationsmöglichkeiten des Terminus in PGM XIII,
888-911. Siehe auch Sabino Perea Yebenes, Amuletos griegos, una mitologia extravagante, una fe alternativa: el
ejemplo de Täntalo, in: Esteban Calderön Dorda, Alicia Morales Ortiz (Hrsg.), EUSEBEIA, Estudios de religiön griega
(2011), 306-309.
9 Siehe SAP-G-XY-G-004, Photographie in Eitrem (1923), Taf. I und II.
205
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
9.11.4. Einmalige Beschreibungen eines Kompositionsschematas
Eine Beschriftung soll in Form eines Rechtecks ausgeführt werden (ev Otto tö ev [t]
i[0e\s cos] ttAivSiov), eine andere glockenförmig (cbs kcoBcöviov). Während diese Angaben
klare Formen suggerieren, ist die Rekonstruktion einer Beschriftung in Hieroglyphenart
(iEpoy<A>uq>iKcbs) oder nach ägyptischer Anordnung (AiyinrnaKcp axhuaxi) nicht eindeutig
möglich. Bei einer Anweisung, eine Beschriftung als Schwert (£icpos) zu schreiben, ist
unklar, ob sie auf das Dekorationsschema oder auf die Praxis an sich zu beziehen ist,
die als "Schwert des Dardanos" bezeichnet wird.
In Tabelle 9.84 werden die überlieferten Bezeichnungen klassifizierter Kompositions¬
schemata zusammengefasst 10 .
Tabelle 9.84 Überlieferte Bezeichnungen antik klassifizierter Kompositionsschemata
Katalog nr.
Dekorationsschema
dargestellt in Anleitung
Referenz Anlei¬
tung
SAP-G-V-
GB.a-002
kreisförmig um das Bild zu sch¬
reiben (kukäco)
nein
PGM IV, 2690-2693
SAP-G-V-GB.
at-001
kreisförmig um das Bild zu sch¬
reiben (kukäco)
nein
PGM IV, 2130-2139
SAP-G-VUI-
GB.a-002
kreisförmig um das Bild zu sch¬
reiben (kukäco)
nein
PGM IV, 2065-79,
2105-06, 2124-25
SAP-G-VUI-GB.
at-001
kreisförmig um das Bild zu sch¬
reiben (kukäco)
nein
PGM IV, 2014-
2041,2099-2102,
2111-2117
SAP-G-VU0-OO6
kreisförmig um das Bild zu sch¬
reiben (kukäco)
nein
PGM VII, 467-470,
473, 477
SAP-G-VU0-
GB.a-001
kreisförmig um das Bild zu sch¬
reiben (kukAco)
nein
PGM IV, 2045-65,
2073-75, 2103-04,
2117-23
SAP-G-X-Z-002
die Zeichen sollen kreisförmig
eingeritzt werden (kukäco)
nein
PGM III, 290-297
SAP-G-V-
GB.t-001
die Beschriftung soll spiralförmig
von innen nach außen um eine
Ibiszeichnung erfolgen (auf¬
gezeichnet, nicht in der Anlei¬
tung explizit angegeben)
ja
PGM VII, 300
SAP-G-V-G-042
wie ein runder Stern (aoTEpcc
GTpoyyuXoüv)
nein
PGM IV, 1331-
1338, 1380-1389
SAP-G-VUI-
G-004
Flügelschema (tö psv övopa
tcov X' ypappaTcov ypayov ß'
TTTepuyia oütcos); Herzförmig?
(s. Preisendanz (1974) 2 , 33; s. u.
Anm. 3)
teilweise aufgezeichnet
PGM VII, 703-726
SAP-G-VUY-
G-004
3 Kolumnen mit Vokalen
(TTTEpuycbpaTa)
ja
PGM XIII, 888-911
SAP-G-VUY-
G-009
3 Kolumnen mit Vokalen
(TTTEpuycbpCCTOc)
ja
PGM XIII, 888-911
SAP-G-X-
GKB.a-001
flügelförmig (TiTspuyi)
nein
PGM III, 707-711
10 Siehe auch Attilio Mastrocinque, Les formations geometriques de mots dans la magie ancienne, in: Kernos 21 (2008),
97-108.
206
9 - Beschriftung der Artefakte: Kompositionsschemata
SAP-G-V-G-023
Schwindeschema (KccSiKpccipcov)
laco
aco
CO
PGM VII, 218-221
SAP-G-V-G-044
Zwei Klimata (5üo KÄiuaTcc)
a
EE
nnn
Ull
ooooo
uuuuuu
CO CO CO CO CO CO CO
CO CO CO CO [ CO co co ]
uuu[uuu]
ooo[oo]
nntnl
EE
a
PGM 1, 8-19
SAP-G-VUI-
GZB.g-002
Schwindeschema (aufgezeich¬
net, nicht in der Anleitung explizit
angegeben)
ja
Ms. Copt. 136,
124-132
SAP-G-VUYA-
GB.a-002
beidseitiges Schwindeschema
(aufgezeichnet, nicht in der An¬
leitung explizit angegeben)
ja
PGM XXXVI, 231-
255
SAP-G-VUYA-
GB.a-004
Schwindeschemata, einseitig
(aufgezeichnet, nicht in der An¬
leitung explizit angegeben)
ja
PGM XXXVI,
102-105, 115-133;
unklar: 105-114
SAP-G-VUYA-
G-004
drei Spalten mit fünf, sechs und
sieben voces magicae (auf¬
gezeichnet, nicht in der Anlei¬
tung explizit angegeben)
ja
PGM IV, 3142-
3143, 3151-3153,
3156-3164; unklar:
3154-3156, 3165-
3170
SAP-G-XY-001
herzförmig ([e]v
oütcos Kap5ioEi5cbs); Schwind¬
eschema aufgezeichnet, nicht in
der Anleitung explizit angegeben
ja
PGM LXII, 76-104
SAP-G-XY-002
den folgenden herzförmigen Na¬
men, anfangend mit einem heili¬
gen Laut (tö KapSi<a>KÖv övopa
tö ÜTTOKEipEvov, ap^ariEvos
touto ccttö iEpoyÄcbaaou)
nein
PGM II, 67-73
SAP-G-XY-G-003
herzförmig, wie eine Traube
(KCCpSlCCKÖS cos ßÖTpus)
ja, aber teilweise zerstört
PGM III, 15-17,
63-64
SAP-G-XY-G-004
herzförmig?
unklar, inwieweit zur Beschrift¬
ung gehörend
PGM III, 15-17,
58-62
SAP-G-V-G-015
1. ) nach ägyptischer Anordnung
(AiyuTTTiaKcp oxtiuocti)
2 . ) annagramatisch
(avaypamaaTi^oriEVov)
1 . ) unklar
2. ) Bainchöööchöööchniab
PGM XIII, 102-113
SAP-G-V-G-016
1. ) nach ägyptischer Anord¬
nung ((tö psya □) AiyuTTTiaKcp
oyTiuaTi),
2 . ) annagramatisch
(avaypapuaTi^ouEvov)
1 . ) unklar
2. ) Bainchöööchöööchniab
PGM XIII, 658-670
SAP-G-VU0-
B.t-001
Name in Hieroglyphenart zu
schreiben (iEpoy<Ä>u 9 iKcos)
nein
PGM XII, 270-284,
311-315
SAP-G-V-G-006
Schwert (£ 1905 ) (unklar, ob auf
das Dekorationsschema oder die
Praxis an sich zu beziehen)
nein
PGM IV, 1812-1829
SAP-G-VUI-
G-002
als Rechteck zu schreiben (ev
UTTÖ TÖ EV [t]i[0E15 CO 5 ] TTÄlVÖlOv)
nein
PGM VII, 652-660
SAP-G-X0-
GB.t-001
glockenförmig (ein Element,
nicht alles) (cos kcoScoviov)
nein
PGM IV, 3255-3274
207
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
9.12. Zusammenfassung
Zu 152 Artefaktbeschriftungen können sämtliche Elementgruppen vollständig rekonst¬
ruiert werden. Sie werden in 139 griechischen, 12 demotischen und einer koptischen
Anleitung aus 25 Sammelschriften des 1./2. Jh. - 6. Jh. oder früher beschrieben. In der
folgenden Zusammenfassung werden in den Tabellen die S-Elementgruppen blau, die
Z-Elementgruppen gelb und die B-Elementgruppen magenta codiert. Orangefarbene
Markierungen weisen auf eine Vergesellschaftung mit mind. einer der Elementgruppen
voces magicae, vox magica, Namen und Name hin. Grau markiert sind Anleitungen, de¬
ren Beschriftungselemente nicht eindeutig rekonstruiert werden können.
9.12.1. Wie sieht das individuelle und vergesellschaftete Vorkommen der einzel¬
nen Beschriftungsgruppen aus?
In den folgenden Tabellen steht die jeweils besprochene Elementgruppe links außen.
9.12.1.1. Elementgruppen der S-Gruppe
S-Elementgruppen sind für den gesamten Bearbeitungszeitraum belegt. Die Element¬
gruppen "Name" und "individuelle Angaben" treten bereits in der frühesten Sammel¬
schrift aus dem 1./2. Jh. auf, die frühesten Belege für die Verwendung von voces magi¬
cae und Forderungen finden sich in Sammelschriften des 2. Jh. "Namen", "Vokale", "vox
magica", "Identitätssätze" und "Anrufungen" sind in Schriften des 2.13. Jh. nachweisbar.
Die jüngste Elementgruppe stellen "Homerverse" dar, die erstmalig in einer Anleitung
aus dem 4. Jh. Vorkommen. Vorkommen und Vergesellschaftung der einzelnen S-Elem¬
entgruppen werden der Reihe nach zusammengefasst.
Voces MAGICAE
Voces magicae stellen die am häufigsten auftretende Elementgruppe dar. Ihre Verwen¬
dung ist in 83 griechischen und einer koptischen Anleitung aus 18 Sammelschriften für
den Zeitraum des 2. - 6. Jh. sicher belegt. Sie werden sowohl elementgruppenspezifisch
als auch elementgruppenübergreifend verwendet. In elementgruppenübergreifendem
Kontext können sie mit bis zu zehn weiteren S-, Z- und B-Elementgruppen vergesell¬
schaftet werden. 35x treten sie zusammen mit Namen und 9x mit einem einzelnen Na¬
men auf. 18x werden sie als einzige Elementgruppe für eine Beschriftung verwendet.
Siehe Tabelle 9.85 für eine vollständige Übersicht über das Vorkommen und die Verge¬
sellschaftung von voces magicae.
208
9 - Beschriftung der Artefakte: Zusammenfassung
Tabelle 9.85 Vorkommen und Vergesellschaftung: voces magicae
Katalognummer
vm+
N+
F
G6
G4
Vo
Gl
N
ind
-
ID
A
G5 BT BG
G2
G3
H
Gu
Anzahl
Elemente
SAP-G-VUI-GZ-002
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
11
SAP-G-VU
-GZB.t-001
1
1
1
1
1
1
1
1
1
SAP-G-VU
-GZB.g-001
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
10
SAP-G-VU
-GZ-001
1
1
1
1
1
1
1
1
1
8+
SAP-G-VU
-G-009
1
1
1
1
1
1
6
SAP-G-VUI-G-004
1
1
1
1
1
1
6
SAP-G-X-G-004
1
1
1
1
1
5
SAP-G-VU
-GB.at-001
1
1
1
1
1
1
1
7
SAP-G-VU
-G-006
1
1
1
1
1
1
6
SAP-G-VUI-G-008
1
1
1
1
1
1
6
SAP-G-XI-G-001
1
1
1
1
1
5
SAP-G-VUI-G-010
1
1
1
1
4
SAP-G-V-GB.a-005
1
1
1
1
4
SAP-G-V-G-009
1
1
1
1
4
SAP-G-V-G-020
1
1
1
1
4
SAP-G-V-G-063
1
1
1
SAP-G-V-GZB.g-002
1
1
1
1
1
1
1
7
SAP-G-V-GZB.g-003
1
1
1
1
1
5
SAP-G-X-GKB.a-001
1
1
1
1
4
SAP-G-V-GB.a-003
1
1
1
1
4
SAP-G-V-GB.a-007
1
1
1
1
4
SAP-G-V-G-002
1
1
1
1
SAP-G-V-G-056
1
1
1
SAP-G-V-G-001
1
1
1
SAP-G-V-G-043
1
1
1
SAP-G-V-G-060
1
1
1
SAP-G-VU
-G-005
1
1
1
SAP-G-VU
-G-001
1
1
1
SAP-G-V-GB.t-001
1
1
1
SAP-G-V-G-018
1
1
1
SAP-G-V-G-010
1
1
2
SAP-G-V-G-062
1
1
2
SAP-G-V-G-013
1
1
2
SAP-G-V-G-004
1
1
2
SAP-G-V-G-005
1
1
2
SAP-G-VUI-GZ-004
1
1
1
1
1
1
1
7
SAP-G-V-GZB.g-001
1
1
1
1
1
1
1
7
SAP-G-V-GZ-005
1
1
1
3
SAP-G-VUI-G-003
1
1
1
1
1
1
6
SAP-G-V-G-007
1
1
1
1
4
SAP-G-V-G-058
1
1
1
1
4
SAP-G-V-G-024
1
1
1
SAP-G-VUI-GB.a-001
1
1
1
1
4
SAP-G-V-G-061
1
1
2
SAP-G-X-G-007
1
1
2
SAP-G-V-G-041
1
1
2
SAP-G-X-G-006
1
1
2
SAP-G-V-GZ-001
1
1
1
1
1
1
6
SAP-K-X-KZ-001
1
1
1
1
4
SAP-G-V-GZ-002
1
1
1
1
4
SAP-G-V-GZ-006
1
1
1
1
4
SAP-G-V-G-033*
1
1
2
SAP-G-V-G-039*
1
1
2
SAP-G-V-G-026*
1
1
2
SAP-G-V-GZ-003
1
1
2
SAP-G-VUI-G-007
1
1
1
SAP-G-V-G-015
1
1
2
SAP-G-V-G-040*
1
1
2
SAP-G-V-G-016
1
1
2
SAP-G-VUI-G-002
1
1
2
SAP-G-V-GB.at-001
1
1
1
3
SAP-G-V-GB.a-002
1
1
2
SAP-G-V-GB.a-006
1
1
2
SAP-G-X-K-001
1
1
2
SAP-G-V-K-001
1
1
2
SAP-G-V-G-028* 1
1
SAP-G-X-G-011 1
1
SAP-G-V-G-030* 1
1
SAP-G-V-G-029* 1
1
SAP-G-V-G-031* 1
1
SAP-G-V-G-032* 1
1
SAP-G-V-G-034* 1
1
SAP-G-V-G-042 1
1
SAP-G-V-G-025* 1
1
SAP-G-V-G-003 1
1
SAP-G-X-G-001 1
1
SAP-G-V-G-035* 1
1
SAP-G-V-G-036* 1
1
SAP-G-X-G-002 1
1
SAP-G-V-G-027* 1
1
SAP-G-V-G-021 1
1
SAP-G-V-G-011 1
1
SAP-G-V-G-055 1
1
209
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
VOX MAGICA
Eine einzelne vox magica tritt in zehn griechischen und drei demotischen Anleitungen
aus sechs Sammelschriften des 2.12. Jh. | 3. Jh. - 5. Jh. | 5./6. Jh. als Beschriftungsele¬
ment auf. Sie wird 3x elementgruppenspezifisch und lOx elementgruppenübergreifend
verwendet. In elementgruppenübergreifendem Kontext kann sie mit bis zu drei weiteren
S- und Z-Elementgruppen vergesellschaftet werden. 4x tritt sie zusammen mit Namen
und 2x mit einem einzelnen Namen auf. Eine einzelne vox magica tritt nicht in Vergesell¬
schaftung mit B-Elementgruppen auf. Siehe Tabelle 9.86 für eine vollständige Übersicht
über das Vorkommen und die Vergesellschaftung einer einzelnen vox magica.
Tabelle 9.86 Vorkommen und Vergesellschaftung: vox magica
Katalognummer
vm
N
G4
N+
F
Vo
G5
G8
ID
G6
Anzahl
Elemente
SAP-G-X-G-003
1
1
1
1
4
SAP-G-V-G-017
1
1
1
SAP-G-V-G-012
1
1
1
SAP-G-V-G-022
1
1
2
SAP-D-V-GsZ-001
1
1
1
1
4
SAP-D-V-GsZ-002
1
1
1
1
4
SAP-G-V-GZ-007
1
1
1
SAP-D-V-GH-001
1
1
2
SAP-G-V-G-059
1
1
2
SAP-G-V-G-057
1
1
2
1 1
1
1 1
1
1 1
_
_
_
_
_
i
Namen
Die Verwendung von Namen ist in 43 griechischen und fünf demotischen Anleitun¬
gen aus 15 Sammelschriften des 2.12. Jh. | 3. Jh. - 4./5. Jh. belegt. Sie werden sowohl
elementgruppenspezifisch als auch elementgruppenübergreifend verwendet. In elem¬
entgruppenübergreifendem Kontext können sie mit bis zu zehn weiteren S-, Z- und B-
Elementgruppen vergesellschaftet werden. 35x treten sie zusammen mit voces magicae
und 2x mit einer einzelnen vox magica auf. 2x werden sie als einzige Elementgruppe
verwendet. Siehe Tabelle 9.87 für eine vollständige Übersicht über das Vorkommen und
die Vergesellschaftung von Namen.
Tabelle 9.87 Vorkommen und Vergesellschaftung: Namen
Katalognummer
N+
vm+
F
Vo
ind
A
■
3,
G6
G4 BT BG
G2
vm
H
G3 un-
Gu
Anzahl
Elemente
SAP-G-VU
-GZ-002
1
1
1
1
1
1
1
l
1
1
1
11
SAP-G-VU
-G-004
1
1
1
1
1
1
6
SAP-G-VU
-G-009
1
1
1
1
1
1
6
SAP-G-VU
-GZB.t-001
1
1
1
1
1
l
1
1
1
SAP-G-VUI-GZB.g-001
1
1
1
1
1
l
1
1
1
1
10
SAP-G-X-G-004
1
1
1
1
1
5
SAP-G-VUI-G-006
1
1
1
1
1
1
6
SAP-G-VUI-G-008
1
1
1
1
1
1
6
SAP-G-VUI-GB.at-001
1
1
1
1
1
1
1
7
SAP-G-XI-G-001
1
1
1
1
1
5
SAP-G-VUI-GZ-001
1
1
1
1
l
1
1
1
1
8+
SAP-G-VUI-G-010
1
1
1
1
4
SAP-G-V-G-020
1
1
1
1
4
SAP-G-V-G-009
1
1
1
1
4
SAP-G-V-GB.a-005
1
1
1
1
4
SAP-G-V-G-063
1
1
1
210
9 - Beschriftung der Artefakte: Zusammenfassung
SAP-G-V-G-002
1
1
1
1
4
SAP-G-V-GB.a-007
1
1
1
1
4
SAP-G-X-GKB.a-001
1
1
1
1
4
SAP-G-V-GB.a-003
1
1
1
1
4
SAP-G-V-GZB.g-002
1
1
1
1
1
1
1
7
SAP-G-V-G-060
1
1
1
SAP-G-V-G-043
1
1
1
SAP-G-V-G-056
1
1
1
SAP-G-V-G-001
1
1
1
SAP-G-VUI-G-005
1
1
1
SAP-G-VUI-G-001
1
1
1
SAP-G-V-GZB.g-003
1
1
1
1
1
SAP-G-V-GB.t-001
1
1
1
SAP-G-V-G-010
1
1
SAP-G-V-G-018
1
1
1
SAP-G-V-G-004
1
1
2
SAP-G-V-G-062
1
1
2
SAP-G-V-G-013
1
1
2
SAP-G-V-G-005
1
1
2
SAP-G-VUI-GB.a-002
1
1
1
1
4
SAP-G-V-GZ-004
1
1
1
1
4
SAP-G-V-G-064
1
1
1
SAP-G-V-G-006
1
1
1
SAP-D-X-DB.a-001
1
1
1
SAP-D-VUS-DB.t-001
1
1
1
SAP-D-X-D-001
1
1
SAP-D-X-DB.t-001
1
1
1
SAP-G-V-GB.at-002
1
1
1
SAP-G-V-G-059
1
2
SAP-D-V-GH-001
1
2
SAP-G-V-G-023 1
1
SAP-G-V-G-008 1
1
Name
Ein einzelner Name ist in 26 griechischen Anleitungen aus neun Sammelschriften des
172. - 4. Jh. als Beschriftungselement belegt. Er wird 10x elementgruppenspezifisch und
16x elementgruppenübergreifend verwendet. In elementgruppenübergreifendem Kon¬
text kann er mit bis zu sechs weiteren S-, Z- und B-Elementgruppen vergesellschaftet
werden. 9x tritt er zusammen mit voces magicae und 4x mit einer vox magica auf. Siehe
Tabelle 9.88 für eine vollständige Übersicht über das Vorkommen und die Vergesell¬
schaftung eines einzelnen Namens.
Tabelle 9.88 Vorkommen und Vergesellschaftung: Name
Katalognummer
N
vm+
F
vm
Vo
ind
A
ID
G4
Gl
G6
Anzahl
Elemente
SAP-G-VUI-G-003
1
1
1
1
1
1
6
SAP-G-V-G-007
1
1
1
1
4
SAP-G-V-G-058
1
1
1
1
4
SAP-G-V-G-024
1
1
1
SAP-G-VUI-G-007
1
1
1
SAP-G-V-GZ-001
1
1
1
1
1
1
6
SAP-G-V-G-040*
1
1
2
SAP-G-V-G-016
1
1
2
SAP-G-V-G-015
1
1
2
SAP-G-X-G-003
1
1
1
1
4
SAP-G-V-G-017
1
1
1
3
SAP-G-V-G-012
1
1
1
SAP-G-V-G-022
1
1
SAP-G-VUI-GZ-003
1
1
1
SAP-G-XI-G-002
1
1
2
SAP-G-V-GB.a-001
1
1
2
SAP-G-V-G-014 1
1
SAP-G-V-G-019 1
1
SAP-G-V-G-037* 1
1
SAP-G-V-G-049* 1
1
SAP-G-V-G-048* 1
1
SAP-G-V-G-054* 1
1
SAP-G-V-G-053* 1
1
SAP-G-V-G-052* 1
1
SAP-G-V-G-051* 1
1
SAP-G-V-G-050* 1
1
211
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Forderung
Eine Forderung als Beschriftungselement ist in 35 griechischen und 5 demotischen An¬
leitungen aus zwölf Sammelschriften für den Zeitraum des 2. - 4./5. Jh. sicher belegt.
In einem einzigen Fall wird sie elementgruppenspezifisch verwendet, ansonsten elem-
entgruppenübergreifend. In elementgruppenübergreifendem Kontext kann sie mit bis zu
zehn weiteren S-, Z- und B-Elementgruppen vergesellschaftet werden. Siehe Tabelle
9.89 für eine vollständige Übersicht über das Vorkommen und die Vergesellschaftung
von Forderungen.
Tabelle 9.89 Vorkommen und Vergesellschaftung: Forderung
Katalognummer
F
vm+
N+
ind
A
Vo
Gl
ID
G4
N
G6
vm
G2
G3
G5
=
Gu
Anzahl
Elemente
SAP-G-VU
-GZ-002
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
11
SAP-G-VU
-G-004
1
1
1
1
1
1
6
SAP-G-VU
-G-006
1
1
1
1
1
1
6
SAP-G-VU
-G-008
1
1
1
1
1
1
6
SAP-G-VUI-GB.at-001
1
1
1
1
1
1
1
7
SAP-G-XI-G-001
1
1
1
1
1
5
SAP-G-VU
-GZB.t-001
1
1
1
1
1
1
1
1
1
I
SAP-G-VU
-GZB.g-001
1
1
1
1
1
1
1
1
i
1
10
SAP-G-VUI-G-009
1
1
1
1
1
1
6
SAP-G-VUI-GZ-001
1
1
1
1
1
1
1
\zz
tz
tz
rz
1
ZZ
zz
1
8+
SAP-G-VUI-G-010
1
1
1
1
4
SAP-G-X-G-004
1
1
1
~T~
1
5
SAP-G-V-G-020
1
1
1
i
4
SAP-G-V-G-009
1
1
1
1
4
SAP-G-V-GB.a-005
1
1
1
1
4
SAP-G-V-G-063
1
1
1
mm
SAP-G-VUI-G-003
1
1
1
i
1
1
6
SAP-G-VU
-GZ-004
1
1
1
1
1
1
1
7
SAP-G-VU
-GB.a-001
1
1
1
1
4
SAP-G-V-G-058
1
1
i
1
4
SAP-G-V-G-007
1
1
1
1
4
SAP-G-V-GZB.g-001
1
1
1
1
1
i
1
7
SAP-G-V-GZ-005 V2/2
1
1
1
3
SAP-G-V-G-024
1
1
1
3
SAP-G-X-G-006
1
1
2
SAP-G-X-G-007
1
1
2
SAP-G-V-G-041
1
1
2
SAP-G-V-G-061
1
1
2
SAP-G-VUI-GB.a-002
1
1
~r
1
rz
tz
rz
ZZ
zz
zz
4
SAP-G-V-GZ-004
1
1
~r
1
4
SAP-G-V-G-064
1
1
1
SAP-G-V-G-006
1
1
1
SAP-D-X-DB.a-001
1
1
1
SAP-D-VUS-DB.t-001
1
1
i
SAP-D-X-DB.t-001
1
1
~T~
SAP-D-X-D-001
1
1
H2H
SAP-G-VUI-GZ-005
1
~T~
1
SAP-G-X-G-003
1
1
1
1
SAP-G-V-G-017
1
1
1
SAP-D-V-D-001 1
Vokale
Vokale sind in 28 griechischen Anleitungen aus 13 Sammelschriften des 2./3. - 6. Jh.
sicher belegt. 4x werden sie elementgruppenspezifisch verwendet, ansonsten element-
gruppenübergreifend. In elementgruppenübergreifendem Kontext können sie mit bis zu
zehn weiteren S-, Z- und B-Elementgruppen vergesellschaftet werden. Siehe Tabelle
9.90 für eine vollständige Übersicht über das Vorkommen und die Vergesellschaftung
von Vokalen.
212
9 - Beschriftung der Artefakte: Zusammenfassung
Tabelle 9.90 Vorkommen und Vergesellschaftung: Vokale
Anrufung
Eine Anrufung als Beschriftungselement ist in 11 griechischen Anleitungen aus fünf
Sammelschriften des 2.12. Jh. | 3. Jh. - 4. Jh. als Beschriftungselement belegt. Sie wird
ausschließlich elementgruppenübergreifend verwendet und kann mit bis zu zehn weite¬
ren S-, Z- und B-Elementgruppen vergesellschaftet werden. Eine Anrufung tritt in sämt¬
lichen Fällen zusammen mit einer Forderung auf. In zehn Fällen ist sie zudem mit voces
magicae vergesellschaftet. Siehe Tabelle 9.91 für eine vollständige Übersicht über das
Vorkommen und die Vergesellschaftung von Anrufungen.
Tabelle 9.91 Vorkommen und Vergesellschaftung: Anrufung
Katalognummer
A
F
vm+
N+
ind
Vo
Gl
ID
N
G4
G6 BA BT
G2
Anzahl
Elemente
SAP-G-VUI-GZ-002
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
11
SAP-G-VU
-G-004
1
1
1
1
1
1
6
SAP-G-VU
-G-008
1
1
1
1
1
1
6
SAP-G-VU
-G-006
1
1
1
1
1
1
6
SAP-G-VU
-GB.at-001
1
1
1
1
1
1
1
7
SAP-G-XI-G-001
1
1
1
1
1
5
SAP-G-X-G-004
1
1
1
1
1
5
SAP-G-V-G-020
1
1
1
1
4
SAP-G-VUI-G-003
1
1
1
1
1
1
6
SAP-G-V-G-058
1
1
1
1
4
SAP-G-V-GZ-004
1
1
1
1
4
Identitätssätze
Ein Identitätssatz als Beschriftungselement ist in zwölf griechischen und einer demoti¬
schen Anleitung aus sechs Sammelschriften des 2.12. Jh. | 3. Jh. - 4. Jh. überliefert. Er
tritt ausschließlich elementgruppenübergreifend auf und kann mit bis zu zehn weiteren
213
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
S-, Z- und B-Elementgruppen vergesellschaftet werden. Siehe Tabelle 9.92 für eine voll¬
ständige Übersicht über das Vorkommen und die Vergesellschaftung von Identitätssät¬
zen.
Tabelle 9.92 Vorkommen und Vergesellschaftung: Identitätssätze
Katalognummer
ID vm+ N+ F ind A N Vo Gl G4 G6 G2 vm BP ^
SAP-G-VUI-GZ-002
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
SAP-G-VU -G-008
1
1
1
1
1
SAP-G-VU -G-006
1
1
1
1
1
SAP-G-VUI-G-009
1
1
1
1
1
1
SAP-G-V-G-009
1
1
1
1
SAP-G-V-G-002
1
1
1
1
SAP-G-V-GZ-001
1
1
1
1
1
1
SAP-G-X-K-001
1
1
SAP-G-V-K-001
1
1
SAP-G-V-G-006
1
1
1
SAP-G-V-G-064
1
1
1
SAP-G-V-G-012
1
1
1
SAP-D-V-DB.p-001
1
Anzahl
Homerverse
Homerverse sind in vier griechischen Anleitungen aus zwei Sammelschriften des 4. -
4./5. Jh. belegt. Dreimal treten sie elementgruppenspezifisch auf, einmal werden sie mit
zwei weiteren S-Elementgruppen vergesellschaftet in elementgruppenübergreifender
Form verwendet. Homerverse treten nicht in Vergesellschaftung mit Z- und B-Element-
gruppen auf. Siehe Tabelle 9.93 für eine vollständige Übersicht über das Vorkommen
und die Vergesellschaftung von Honnerversen.
Tabelle 9.93 Vorkommen und Vergesellschaftung: Homerverse
Katalognummer
H
vm+
N+
Anzahl
Elemente
SAP-G-V-G-018
1
1
1
SAP-G-V-G-065
1
1
SAP-G-X-G-009
1
1
SAP-G-X-G-010
1
1
Individuelle Angaben
Individuelle Angaben als Teil einer Beschriftung sind in 23 griechischen Anleitungen aus
acht Sammelschriften des 1./2. Jh. - 6. Jh. oder früher belegt. Vollständig aus individu¬
ellen Angaben bestehende Inschriften sind in weiteren vier demotischen und zwei grie¬
chischen Anleitungen überliefert (nicht in der Tabelle dargestellt). Individuelle Angaben
können mit bis zu zehn weiteren S-, Z- und B-Elementgruppen vergesellschaftet werden.
Siehe Tabelle 9.94 für eine vollständige Übersicht über das Vorkommen und die Verge¬
sellschaftung individueller Angaben.
Tabelle 9.94 Vorkommen und Vergesellschaftung: Individuelle Angaben
Katalognummer
ind
vm+
F
N+
Gl
Vo
G4 G6
A N
ID
G2 G3 G5
Gu
Anzahl
Elemente
SAP-G-VU -GZ-002
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
l
SAP-G-VU -GZB.t-001
1
1
1
1
1
1
1
1
1
SAP-G-VUI-GZB.g-001
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
214
9 - Beschriftung der Artefakte: Zusammenfassung
9.12.1.2. Elemente der Z-Gruppe
Z-Elemente sind erst seit dem 2.13. Jh. | 3. Jh. belegt. Dazu gehören die Gruppen Gl,
G4, G6 und G8. Zeichen der Gruppe G3 sind in den Sammelschriften nur für das 3. Jh. in
vollständig überlieferten Beschriftungen nachweisbar, Zeichen der Gruppen G2 und G7
für das 4. Jh. Nicht eindeutig zuzuordnende Zeichen finden sich in Sammelschriften des
3. und 4. Jh. Die am häufigsten vorkommenden Zeichengruppen Gl, G4 und G6 sind bis
in das 6. Jh. oder früher nachweisbar. Vorkommen und Vergesellschaftung der einzelnen
Z-Elemente werden der Reihe nach zusammengefasst.
Gl - Kringel
Kringelzeichen sind in 23 griechischen, drei demotischen und einer koptischen Arte¬
faktbeschriftung aus 13 Sammelschriften des 2.13. \ 3. Jh. - 6. Jh. sicher belegt. Ein
einziges Mal werden sie elementgruppenspezifisch verwendet, ansonsten elementgrup-
penübergreifend. In elementgruppenübergreifendem Kontext können sie mit bis zu neun
weiteren S-, Z- und B-Elementgruppen vergesellschaftet werden. Siehe Tabelle 9.95 für
eine vollständige Übersicht über das Vorkommen und die Vergesellschaftung von Gl -
Kringelzeichen.
Tabelle 9.95 Vorkommen und Vergesellschaftung: Gl - Kringel
Katalognummer
Gl
G6
G4
vm+
F
ind
N+
Vo
G5
G2
A
ID
G3
N
-
G7
Gu
Anzahl
Elemente
SAP-G-VU
-GZB.g-001
1
1
1
1
1
1
1
1
1
10
SAP-G-VU
-GZ-001
1
1
1
1
1
1
1
1
8+
SAP-G-VU
-GZ-002
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
11
SAP-G-VU
-GZB.t-001
1
1
1
1
1
1
1
1
SAP-G-VUI-GZ-004
1
1
1
1
1
1
7
SAP-G-V-GZB.g-001
1
1
1
1
1
1
7
SAP-G-V-GZB.g-002
1
1
1
1
1
1
7
SAP-G-V-GZ-001
1
1
1
1
1
6
SAP-G-V-GZ-002
1
1
1
4
SAP-K-X-KZ-001
1
1
1
4
SAP-G-VUI-GZB.g-002
1
1
1
1
1
1
6
SAP-G-V-ZB.q-001
1
1
1
1
1
5
SAP-G-V-ZB.at-001
1
1
1
1
1
1
1
1
7+
SAP-G-V-Z-011
1
1
1
1
1
4+
SAP-G-V-Z-007
1
1
1
1
3+
SAP-G-V-Z-012
1
1
1
1
4
SAP-D-V-Z-002 (F2+3)
1
1
1
SAP-D-V-Z-001
1
1
1
215
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
SAP-D-V-Z-002 (Fl)
|i
i
i
5
CO
1
Cü
INI
CD
:>
cp
Q.
<
CO
1
i
i
i
i
SAP-G-V-Z-010
1
i
i
2+
SAP-G-V-Z-006
1
i
2
SAP-G-V-GZ-003
1
i
2
4
SAP-G-VUI-GZ-005
fl
i
i
SAP-G-V-GZ-004
1
i
i
i
SAP-G-X-Z-002
ri
i
1 +
SAP-G-V-Z-009 1
1
G2 - Kugeln
Zeichen mit Kugeln sind in 3 griechischen Anleitungen aus zwei Sammelschriften des
4. Jh. und 4. Jh.? belegt. Sie treten ausschließlich in elementgruppenübergreifendem
Kontext auf und können mit bis zu zehn weiteren S-, Z- und B-Elementgruppen verge¬
sellschaftet werden. Siehe Tabelle 9.96 für eine vollständige Übersicht über das Vorkom¬
men und die Vergesellschaftung von G2 - Kugelzeichen.
Tabelle 9.96 Vorkommen und Vergesellschaftung: G2 - Kugeln
Katalognummer
G2 Gl G6 G4
vm+
F
ind
N+
Vo
-
A
ID
Anzahl
Elemente
SAP-G-VUI-GZB.g-001
1
1
1
1
1
1
1
1
1
—
10
SAP-G-VUI-GZ-002
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
11
SAP-G-V-Z-012
1
i
i
4
G3 - Punkte
Zeichen mit Punkten sind in 3 griechischen Anleitungen aus einer Sammelschrift des 3.
Jh. belegt. Sie treten ausschließlich in elementgruppenübergreifendem Kontext auf und
können mit bis zu sieben weiteren S-, Z- und B-Elementgruppen plus einem unsicher
zuzuordnenden Element vergesellschaftet werden. Siehe Tabelle 9.97 für eine vollstän¬
dige Übersicht überdas Vorkommen und die Vergesellschaftung von G3 - Punktzeichen.
Tabelle 9.97 Vorkommen und Vergesellschaftung: G3 - Punkte
Katalognummer
G3 G6 G4
vm+
Gl
-
ind
N+
Gu
Anzahl
Elemente
SAP-G-V-GZB.g-001
1
1
1
1
1
1
—
7
SAP-G-VUI-GZ-001
1
1
1
1
1
1
1
1
1
8+
SAP-G-V-GZ-006
1
1
1
1
4
G4 - GESCHLOSSENE ELEMENTE
Zeichen aus geschlossenen Elementen sind in 23 griechischen, fünf demotischen und
einer koptischen Anleitung aus elf Sammelschriften des 2./3. | 3. Jh. - 6. Jh. sicher be¬
legt. Sie treten einmal elementgruppenspezifisch auf. In elementgruppenübergreifendem
Kontext können sie mit bis zu zehn weiteren S-, Z- und B-Elementgruppen vergesell¬
schaftet werden. Siehe Tabelle 9.98 für eine vollständige Übersicht über das Vorkom¬
men und die Vergesellschaftung von G4 - geschlossene Elemente Zeichen.
216
9 - Beschriftung der Artefakte: Zusammenfassung
Tabelle 9.98 Vorkommen und Vergesellschaftung: G4 - geschlossene Elemente
Katalognummer
G4
G6
Gl
vm+
F
ind
N+
Vo
=0
G5
G2
,D
BT
G3
N
vm
G8
A
-
G7
Gu
Anzahl
Elemente
SAP-G-VUI-GZB.g-001
1
1
1
1
1
1
1
1
■■
1
10
SAP-G-VU
-GZ-002
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
11
SAP-G-VU
-GZB.t-001
1
1
1
1
1
1
1
1
1
SAP-G-VU
-GZ-001
1
1
1
1
1
1
1
1
1
8+
SAP-G-VU
-GZ-004
1
1
1
1
1
1
1
7
SAP-G-V-GZB.g-001
1
1
1
1
1
1
1
7
SAP-G-V-GZB.g-002
1
1
1
1
1
1
1
7
SAP-G-V-GZ-001
1
1
1
1
1
1
6
SAP-G-V-GZ-002
1
1
1
1
4
SAP-K-X-KZ-001
1
1
1
1
4
SAP-G-VUI-GZB.g-002
1
1
1
1
1
1
6
SAP-G-V-ZB.g-001
1
1
1
1
1
5
SAP-G-V-ZB.at-001
1
1
1
1
1
1
1
1
7+
SAP-G-V-Z-011
1
1
1
1
1
4+
SAP-G-V-Z-007
1
1
1
1
3+
SAP-G-V-Z-012
1
1
1
1
4
SAP-D-V-Z-002 (Fl)
1
1
1
SAP-D-V-Z-001
1
1
1
SAP-D-V-Z-002 (F2+3)
1
1
1
SAP-G-V-GZ-006
1
1
1
1
4
SAP-G-V-Z-004
1
1
1
SAP-G-X-Z-001 Ml-3/3
1
1
1
2+
SAP-G-V-Z-005
1
1
1
2+
SAP-G-V-GZ-007
1
1
1
SAP-G-V-GZ-005 V2/2
1
1
1
SAP-G-VUI-GZ-003
1
1
1
SAP-D-V-GsZ-002
1
1
1
1
4
SAP-D-V-GsZ-001
1
1
1
1
4
SAP-G-V-Z-008 1
1
G5 - separate Striche
Zeichen, die mit separaten Strichen versehen sind, sind in fünf griechischen und zwei
demotischen Anleitungen aus vier Sammelschriften des 2./3. | 3. Jh. - 4. Jh. sicher be¬
legt. Sie treten ausschließlich in elementgruppenübergreifenden Kontexten auf und kön¬
nen mit bis zu sieben weiteren S-, Z- und B-Elementgruppen vergesellschaftet werden.
Siehe Tabelle 9.99 für eine vollständige Übersicht über das Vorkommen und die Verge¬
sellschaftung von G5 - separate Striche Zeichen.
Tabelle 9.99 Vorkommen und Vergesellschaftung: G5- Striche
Katalognummer
G5
G4
G6
Gl
vm
G8 BT BA
G7 BG
vm+
F
ind
Gu
Anzahl
Elemente
SAP-G-V-ZB.at-001
1
1
1
1
1
1
1
1
7+
SAP-G-V-Z-011
1
1
1
1
1
4+
SAP-G-V-ZB.g-001
1
1
1
1
1
5
SAP-G-VUI-GZ-004
1
1
1
1
1
1
1
7
SAP-G-V-Z-004
1
1
1
!
SAP-D-V-GsZ-001
1
1
1
1
SAP-D-V-GsZ-002
1
1
1
1
_
4
G6 - Elemente
G6-Elementzeichen sind in 27 griechischen, drei demotischen und einer koptischen An¬
leitung aus 13 Sammelschriften des 2./3. | 3. Jh. - 6. Jh. oder früher sicher belegt. Sie
treten viermal in elementgruppenspezifischen Kontexten auf. Elementgruppenübergrei-
fend können sie mit bis zu neun weiteren S-, Z- und B-Elementgruppen vergesellschaftet
werden. Siehe Tabelle 9.100 für eine vollständige Übersicht über das Vorkommen und
die Vergesellschaftung von G6 - Elementzeichen.
217
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Tabelle 9.100 Vorkommen und Vergesellschaftung: G6 - Elemente
G7 - kleine Elemente
Zeichen, die aus Elementen bestehen, die deutlich kleiner als die übrigen Zeichen einer
Beschriftung sind, sind in einer griechischen Anleitung aus einer Sammelschrift des 4.
Jh. belegt. Sie treten in elementgruppenübergreifender Form mit sieben weiteren Z- und
B-Elementgruppen vergesellschaftet auf. G7-Elemente treten nicht in Verbindung mit S-
Elementen auf. Siehe Tabelle 9.101 für eine vollständige Übersicht über das Vorkommen
und die Vergesellschaftung von G7 - kleine Elemente Zeichen.
Tabelle 9.101 Vorkommen und Vergesellschaftung: G7 - kleine Elemente
Katalognummer
G7 G6 G4 Gl G5
Gu
Anzahl
Elemente
SAP-G-V-ZB.at-001
i ■■ i ■■ i
1
1
1
8
G8 - Hieroglyphen / hieroglyphenähnliche Zeichen
Zeichen, die Hieroglyphen ähneln oder formal mit ihnen identisch sind, sind in zwei de¬
motischen Anleitungen aus einer Sammelschrift des 2./3. | 3. Jh. als Beschriftungsele¬
mente belegt. Sie treten in elementgruppenübergreifender Form mit drei weiteren S-,
und Z-Elementen vergesellschaftet auf. G8-Elemente treten nicht in Verbindung mit B-
Elementgruppen auf. Siehe Tabelle 9.102 für eine vollständige Übersicht über das Vor¬
kommen und die Vergesellschaftung von G8 - Zeichen.
218
9 - Beschriftung der Artefakte: Zusammenfassung
Tabelle 9.102 Vorkommen und Vergesellschaftung: G8 - Hieroglyphen / hieroglyphenähn¬
liche Zeichen
Katalognummer
G8 G4 G5 vm
Anzahl
Elemente
SAP-D-V-GsZ-002
1
1
1
1
4
SAP-D-V-GsZ-001
1
1
1
1
4
Gu - UNKLARE ZUORDNUNG
In acht griechischen Anleitungen aus vier Sammelschriften des 3. - 4. Jh. treten Zeichen
auf, die nicht eindeutig zugeordnet werden können. Sie werden vollständigkeitshalber
hier mit aufgeführt, siehe dazu Tabelle 9.103.
Tabelle 9.103 Vorkommen und Vergesellschaftung: Gu - unklar
Katalognummer
Gu
G6
G4
Gl
G5 BT BA
G7
vm+
F
ind
N+
G3
Anzahl
Elemente
SAP-G-V-Z-007
1
1
1
1
3+
SAP-G-V-ZB.at-001
1
1
1
1
1
1
1
1
7+
SAP-G-VUI-GZ-001
1
1
1
1
1
1
1
1
1
8+
SAP-G-V-Z-010
1
1
1
2+
SAP-G-V-Z-011
1
1
1
1
1
4+
SAP-G-X-Z-001
1
1
1
2+
SAP-G-V-Z-005
1
1
1
2+
SAP-G-X-Z-002
1
1
1 +
9.12.1.3. Elemente der B-Gruppe
B-Elemente treten, wie die Z-Elemente, erstmalig in Sammelschriften aus dem 2./3. Jh.
| 3. Jh. auf. Anthropomorphe Darstellungen sind bis zum 475. Jh. in Anleitungen belegt,
Tierdarstellungen bis zum 4. Jh. Die Darstellung eines einzelnen Körperteils ist einmal
in einer Anleitung aus dem 273. Jh. | 3. Jh. belegt. Geometrische Elemente werden
erstmals im 3. Jh. angegeben, ihr letztes Zeugnis datiert in das 6. Jh,. oder früher. Vor¬
kommen und Vergesellschaftung der einzelnen B-Elementgruppen werden der Reihe
zusammengefasst.
Ba - ANTHROPOMORPHE DARSTELLUNGEN
Anthropomorphe Darstellungen sind in 14 griechischen und einer demotischen Anleitung
aus acht Sammelschriften des 273.14. Jh. - 475. Jh. belegt. Elementgruppenspezifische
Verwendungen werden hier nicht besprochen. In elementgruppenübergreifendem Kon¬
text können sie mit bis zu sechs weiteren S-, Z- und B-Elementgruppen vergesellschaftet
werden. Siehe Tabelle 9.104 für eine vollständige Übersicht über das Vorkommen und
die Vergesellschaftung anthropomorpher Darstellungen.
Tabelle 9.104 Vorkommen und Vergesellschaftung: Ba - anthropomorphe Darstellungen
219
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
SAP-G-V-GB.a-002
1
1
2
SAP-G-V-GB.at-001
1
1
1
SAP-G-VUI-GB.a-001
1
1
1
1
4
SAP-G-V-GB.a-006
1
1
2
SAP-G-V-GB.at-002
1
1
1
SAP-G-VUI-GB.a-002
1
1
1
1
4
SAP-D-X-DB.a-001
1
1
1
SAP-G-V-GB.a-004
1
1
2
SAP-G-V-GB.a-001
1
1
2
SAP-G-V-ZB.at-001
1
1
1
1
1
1
1
1
7+
Bt - Darstellungen von Tieren
Tierdarstellungen sind als Beschriftungselement in sechs griechischen und einer demo¬
tischen Anleitung aus fünf Sammelschriften des 2./3. | 3. Jh. - 4. Jh. belegt. Element¬
gruppenspezifische Verwendungen werden hier nicht besprochen. In elementgruppen-
übergreifendem Kontext treten sie mit bis zu acht weiteren S-, Z- und B-Elementgruppen
vergesellschaftet auf. Siehe Tabelle 9.105 für eine vollständige Übersicht über das Vor¬
kommen und die Vergesellschaftung von Tierdarstellungen.
Tabelle 9.105 Vorkommen und Vergesellschaftung: Bt - Tierdarstellungen
BP - PARTES
Eine Darstellung eines Körperteils wird in einer demotischen Anleitung aus einer Sam¬
melschrift des 2./3. Jh. | 3. Jh. verwendet. Sie tritt mit einem weiteren S-Element ver¬
gesellschaftet auf. Siehe Tabelle 9.106 für eine Übersicht über das Vorkommen und die
Vergesellschaftung der Körperteildarstellung.
Tabelle 9.106 Vorkommen und Vergesellschaftung: Bp - Körperteile
Katalognummer BP 1 ID
Anzahl
Elemente
SAP-D-V-DB.p-001 1 1
2
Bg - GEOMETRISCHE ELEMENTE
Geometrische Elemente werden in sechs griechischen Anleitungen aus vier Sammel¬
schriften des 3. Jh. - 6. Jh. oder früher belegt. Sie treten in elementgruppenübergrei-
fendem Kontext auf und können mit bis zu acht weiteren S-, Z- und B-Elementgruppen
vergesellschaftet werden. Siehe Tabelle 9.107 für eine vollständige Übersicht über das
Vorkommen und die Vergesellschaftung geometrischer Elemente.
Tabelle 9.107 Vorkommen und Vergesellschaftung: Bg - geometrische Elemente
Katalognummer G6 Gl G4 vm+ Vo N+ F ind G5 G3
SAP-G-VUI-GZB.g-001 1 1 1 1
SAP-G-V-GZB.g-002
220
9 - Beschriftung der Artefakte: Zusammenfassung
SAP-G-V-GZB.g-001
1
1
1
1
1
1
1
7
SAP-G-VUI-GZB.g-002
1
1
1
1
1
1
6
SAP-G-V-ZB.g-001
1
1
1
1
1
5
SAP-G-V-GZB.g-003
1
1
1
L
1
1
5
Bu - UNKLAR
In einem Fall ist unklar, ob eine anthropomorphe Figur oder eine Tierdarstellung ver¬
wendet werden soll 1 . Die Darstellung wird mit zwei weiteren Elementgruppen vergesell¬
schaftet.
Tabellarische Gesamtübersicht über die Elementgruppen
In Tabelle 9.108 ist eine Gesamtübersicht über die Elementgruppen, ihr Vorkommen in
den Anleitungen und Sammelschriften sowie über ihre Datierung zusammengestellt.
Tabelle 9.108 Gesamtübersicht Elementgruppen
Beschriftungs¬
element
Vorkommen
in Artefaktbe¬
schriftungen
Sprache Anleitung
Anzahl
Sammelschriften
Datierung
G
D
K
voces magicae
83
82
-
1
18
2. Jh. - 6. Jh. oder früher
Namen
48
43
5
-
15
2./3. Jh. -475. Jh.
Forderung
40
35
5
-
12
2. Jh.-475. Jh.
Vokale
28
28
-
-
13
273. Jh. - 6. Jh. oder früher
Name
26
26
-
-
9
172. Jh. -4. Jh.
individuelle
Angaben
23
23
-
-
8
172. Jh. - 6. Jh. oder früher
vox magica
13
10
3
-
6
273. Jh. | 3. Jh. - 5. Jh. |
576. Jh.
Identitätssatz
13
12
1
-
6
273. Jh. | 3. Jh. -4. Jh.
Anrufung
11
11
-
-
5
273. Jh. | 3. Jh. - 4. Jh.
Homerverse
4
4
-
-
2
4. Jh. -475. Jh.
G6
31
27
3
1
13
273. Jh. | 3. Jh. - 6. Jh.
oder früher
G4
29
23
5
1
11
273. Jh. | 3. Jh. - 6. Jh.
oder früher
Gl
27
23
3
1
13
273. Jh. | 3. Jh. - 6. Jh.
oder früher
G5
7
5
2
-
4
273. Jh. | 3. Jh. - 4. Jh.
G2
3
3
-
-
2
4. Jh. und 4. Jh.?
G3
3
3
-
-
1
3. Jh.
G7
1
1
-
-
1
4. Jh.
G8
2
-
2
-
1
273. Jh. | 3. Jh.
Gu
8
8
-
-
4
3. Jh.-4. Jh.
Ba
15
14
1
-
8
273. Jh. |4. Jh.-475. Jh.
Bt
7
6
1
-
5
273. Jh. | 3. Jh. - 4. Jh.
Bg
6
6
-
-
4
3. Jh. - 6. Jh. oder früher
Bp
1
-
1
-
1
273. Jh. | 3. Jh.
B unklar a?t?
1
-
1
-
1
3. Jh.
1 SAP-D-X-DB.t-001.
221
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
9.12.2. Welche Schriftträger wurden verwendet, und lassen sich Verbindungen
zwischen Beschriftungselement/en und Schriftträger hersteilen?
Zahlreiche unterschiedliche Materialien sind als Schriftträger überliefert, viele davon je¬
doch einmalig. Fast alle mehrfach vorkommenden Schriftträger können mit Elementen
der S-, Z- und B-Gruppe beschriftet werden, die beiden Ausnahmen bilden Lorbeer¬
blätter und Eisen: Sämtliche neun Lorbeerblattartefakte werden nicht mit B-Elementen
beschriftet, die fünf Eisenartefakte hingegen nicht mit Z-Elementen.
Das Vorkommen der mehrfach auftretenden Schriftträger und die mit ihnen verbundenen
Beschriftungselemente werden der Reihe nach zusammengefasst.
Papyrus
Papyrus ist als Schriftträger für 41 Artefakte belegt, deren Beschriftung vollständig oder
fast vollständig rekonstruiert werden kann. Die dazugehörigen 22 griechischen und drei
demotischen Anleitungen finden sich in 13 Sammelschriften des 2./3. Jh. - 5. Jh. | 5./6.
Jh. Papyrus wird mit Elementen aus allen drei Beschriftungsgruppen S, Z und B be¬
schriftet. Die umfangreichste Beschriftung besteht aus neun vergesellschafteten Elem¬
entgruppen. Insgesamt sind Elemente aus 16 unterschiedlichen Elementgruppen plus
zwei unsicheren Elementgruppen für Papyrusbeschriftungen belegt.
Homerverse, geometrische Elemente sowie die Zauberzeichengruppen G2, G5, G7 und
G8 sind innerhalb der Sammelschriften nicht für Papyrusbeschriftungen belegt, es gibt
jedoch Zauberzeichen, die nicht eindeutig identifiziert werden können. Am häufigsten
soll Papyrus mit voces magicae beschriftet werden. Siehe Tabellen 9.109-9.111 für eine
Übersicht über das Vorkommen von Papyrus als Schriftträger und die zu verwendenden
Elementgruppen.
Tabelle 9.109 Übersicht: Papyrus
Material
Vorkommen
in Anleitungen
Anzahl
Artefakte
Sprache Anleitung
Anzahl
Sammelschriften
Datierung
G
D
K
Papyrus
25
41
22
3
-
13
273. Jh. -5. Jh. | 576.
Jh.
Tabelle 9.110 Papyrus: Übersicht über die Elementgruppen
Artefakt Material
vm+ F
N+
Vo
ind N
■
vm G6 Gl G4 A ID
BG G3 BP Gu ^
Anzahl
Elemente
Papyrus
CM
OO
CM
12
8
5 4
\3 3 3 2 2 2
16++
222
9 - Beschriftung der Artefakte: Zusammenfassung
Tabelle 9.111 Schriftträger und Elementgruppen: Papyrus
Katalognummer
vm+
F
Vo
N+
ind
G6
G4
Gl
A
N
BA
vm
ID
BG
G3
BP
Gu
BAT
un¬
klar
Anzahl
Elemente
SAP-G-VUI-GZB.g-001
1
1
1
1
1
1
1
1
1
9
SAP-G-VUI-G-004
1
1
1
1
1
1
6
SAP-G-X-G-004
1
1
1
1
1
5
SAP-G-X-G-006
1
1
2
SAP-G-VUI-G-010
1
1
1
1
4
SAP-G-V-GB.a-005
1
1
1
1
4
SAP-G-V-G-024
1
1
1
3
SAP-G-V-G-041
1
1
2
SAP-G-V-G-026*
1
1
2
SAP-G-V-G-033*
1
1
2
SAP-G-V-G-039*
1
1
2
SAP-G-V-G-043
1
1
1
3
SAP-G-V-G-030*
1
1
SAP-G-V-G-040*
1
1
2
SAP-G-V-G-034*
1
1
SAP-G-V-G-036*
1
1
SAP-G-V-G-031*
1
1
SAP-G-VUI-G-005
1
1
1
3
SAP-G-V-G-032*
1
1
SAP-G-V-G-042
1
1
SAP-G-V-K-001
1
1
2
SAP-G-V-G-027*
1
1
SAP-G-V-G-025*
1
1
SAP-G-V-GZ-006
1
1
1
1
4
SAP-G-V-G-029*
1
1
SAP-G-V-G-028*
1
1
SAP-G-V-G-035*
1
1
SAP-G-V-G-004
1
1
2
SAP-G-VUI-GB.a-002
1
1
1
1
4
SAP-D-X-DB.a-001
1
1
1
3
SAP-D-V-D-001
1
1
SAP-D-X-DB.t-001
1
1
1
2+
SAP-G-V-G-044
1
1
SAP-D-V-DB.p-001
1
1
2
SAP-G-V-G-037*
1
1
SAP-G-V-G-038*
1
1
SAP-G-V-G-023
1
1
SAP-G-V-Z-010
1
1
1
2+
SAP-G-V-G-022
1
1
2
SAP-G-V-G-045
1
1
SAP-G-V-Z-009
1
1
Zinn
Zinn wird in elf griechischen Anleitungen aus vier Sammelschriften des 3. Jh., 4. Jh.
und 6. Jh. oder früher als Schriftträger genannt. Er wird mit Elementen aus allen drei
Beschriftungsgruppen S, Z und B beschriftet. Die umfangreichste Beschriftung besteht
aus neun vergesellschafteten Elementgruppen. Insgesamt sind Elemente aus 14 unter¬
schiedlichen Elementgruppen plus einer unsicheren Elementgruppe für Zinnbeschriftun¬
gen belegt.
Homerverse, Identitätssätze, anthropomorphe Darstellungen sowie die Zauberzeichen¬
gruppen G2, G3, G7 und G8 sind innerhalb der Sammelschriften nicht für Zinnbeschrif¬
tungen belegt, jedoch gibt es Zauberzeichen, die nicht eindeutig zu identifizieren sind.
Am häufigsten soll Zinn mit voces magicae beschriftet werden. Siehe Tabellen 9.112,
9.113 und 9.114 für eine Übersicht über das Vorkommen von Zinn als Schriftträger und
die zu verwendenden Elementgruppen.
223
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Tabelle 9.112 Übersicht: Zinn
Material
Vorkommen
in Anleitungen
Anzahl
Artefakte
Sprache Anleitung
Anzahl
Sammelschriften
Datierung
G
D
K
Zinn
11
11
11
-
-
4
3. Jh., 4. Jh., 6. Jh.
oder früher
Tabelle 9.113 Zinn: Übersicht über die Elementgruppen
Artefakt Material
vm+
N+ G6 F Gl G4 Vo
ind
G5 A N vm Gu
Anzahl
Elemente
Zinn
8
6
5
5
4
4
3
3
1
1
1
1
1
14+
Tabelle 9.114 Schriftträger und Elementgruppen: Zinn
Katalognummer
vm+
N+
Gl
G6
F
Vo
ind
G4
BG
BT
G5
A
N
vm
Gu
Anzahl
Elemente
SAP-G-VUI-
GZB.t-001
1
1
1
1
1
1
1
1
1
9
SAP-G-V-GZB.g-003
1
1
1
1
1
5
SAP-G-V-G-063
1
1
1
3
SAP-G-V-G-060
1
1
1
3
SAP-G-V-G-062
1
1
2
SAP-G-VUI-GZ-004
1
1
1
1
1
1
1
7
SAP-G-V-G-058
1
1
1
1
4
SAP-G-V-G-061
1
1
2
SAP-G-V-G-059
1
1
2
SAP-G-VUI-
GZB.g-002
1
1
1
1
1
1
6
SAP-G-X-Z-001
Ml-3/3
1
1
1
2+
Gold
Gold wird als Schriftträger in acht griechischen Anleitungen aus sechs Sammelschriften
des 2./3. Jh. | 4. Jh. - 4./5. Jh. genannt. Es wird mit Elementen aus allen drei Beschrif¬
tungsgruppen S, Z und B beschriftet. Die umfangreichste Beschriftung besteht aus neun
vergesellschafteten Elementgruppen, hinzukommen nicht zuzuordnende Zauberzei¬
chen. Insgesamt sind Elemente aus 13 unterschiedlichen Elementgruppen plus einer
unsicheren Elementgruppe für Goldbeschriftungen belegt.
Homerverse, eine einzelne vox magica, eine Anrufung sowie die Zauberzeichengruppen
G2, G3, G5, G7 und G8 sind innerhalb der Sammelschriften nicht für Goldbeschriftun¬
gen belegt, jedoch gibt es Zauberzeichen, die nicht eindeutig zu identifizieren sind. Am
häufigsten soll Gold mit voces magicae, Namen und den Zauberzeichengruppen Gl,
G4 und G6 beschriftet werden, sie alle treten je viermal auf. Siehe Tabellen 9.115, 9.116
und 9.117 für eine Übersicht über das Vorkommen von Gold als Schriftträger und die zu
verwendenden Elementgruppen.
Tabelle 9.115 Übersicht: Gold
Material
Vorkommen
in Anleitungen
Anzahl
Artefakte
Sprache Anleitung
Anzahl
Sammelschriften
Datierung
G
D
K
Gold
8
8
8
-
-
6
273. Jh. | 4. Jh. - 475.
Jh.
224
9 - Beschriftung der Artefakte: Zusammenfassung
Tabelle 9.116 Gold: Übersicht über die Elementgruppen
Artefakt Material
vm+ G4 G6 N+ Gl Vo F BT ID ind BG N BA Gu
Anzahl
Elemente
Gold
4 4 4 4 3 3 2~[ 2 f" 2 1 J" 1 ~[ 1 11
13+
Tabelle 9.117 Schriftträger und Elementgruppen: Gold
Katalognummer
vm+
Gl
G4
G6
N+
Vo
F
BT
ID
ind
BG
N
BA
Gu
Anzahl
Elemente
SAP-G-VU1 -GZB.t-001
1
1
1
1
1
1
1
1
1
9
SAP-G-V-GZB.g-002
1
1
1
1
1
1
1
7
SAP-G-V-GZ-001
1
1
1
1
1
1
6
SAP-G-X-G-001
1
1
SAP-G-X-Z-001
1
1
1
2+
SAP-G-V-G-006
1
1
1
3
SAP-G-V-GB.at-002
1
1
1
3
SAP-G-VUY-G-004
1
1
Silber
Silber ist in neun griechischen Anleitungen aus sechs Sammelschriften des 3. Jh. - 4./5.
Jh. als Schriftträger überliefert. Es wird mit Elementen aus allen drei Beschriftungsgrup¬
pen S, Z und B beschriftet. Die umfangreichste Beschriftung besteht aus neun verge¬
sellschafteten Elementgruppen, hinzukommen nicht zuzuordnende Zauberzeichen. Ins¬
gesamt sind Elemente aus 14 unterschiedlichen Elementgruppen plus einer unsicheren
Elementgruppe für Silberbeschriftungen belegt.
Homerverse, eine einzelne vox magica, eine Anrufung sowie die Zauberzeichengruppen
G3, G7 und G8 sind innerhalb der Sammelschriften nicht für Silberbeschriftungen belegt,
jedoch gibt es Zauberzeichen, die nicht eindeutig zu identifizieren sind. Am häufigsten
soll Gold mit den Zauberzeichengruppen G4 und G6 beschriftet werden, unmittelbar ge¬
folgt von Gl-Zeichen und voces magicae. Siehe Tabellen 9.118, 9.119 und 9.120 für eine
Übersicht über das Vorkommen von Silber als Schriftträger und die zu verwendenden
Elementgruppen.
Tabelle 9.118 Übersicht: Silber
Material
Vorkommen
in Anleitungen
Anzahl
Artefakte
Sprache Anleitung
Anzahl
Sammelschriften
Datierung
G
D
K
Silber
9
9
9
-
-
6
3. Jh.-4./5. Jh.
Tabelle 9.119 Silber: Übersicht über die Elementgruppen
Artefakt Material
G6 G4 Gl vm+ Vo ID N+ F BT ind N G2 G5 Gu
Anzahl
Elemente
Silber
6 6 5 5 3 2 2 1 1 1 J" 1 ~f 1112
14+
Tabelle 9.120 Schriftträger und Elementgruppen: Silber
Katalognummer
G6
G4
Gl
vm+
ID
Vo
N+
F
BT
ind
BG
N
G2
G5
Gu
Anzahl
Elemente
SAP-G-VUI-
GZB.t-001 Ml-4/4
1
1
1
1
1
1
1
1
1
9
SAP-G-V-GZB.g-002
1
1
1
1
1
1
1
7
SAP-G-V-GZ-001
1
1
1
1
1
1
6
225
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
SAP-G-V-Z-011
1
1
1
1
1
4+
SAP-G-V-Z-012
1
1
1
1
4
SAP-G-X-Z-001
1
1
1
3
SAP-G-X-K-001
1
1
2
SAP-G-V-G-055
1
1
SAP-G-VUY-G-009
i
_
_
_
_
1
Lorbeerblätter
Für acht griechische Artefakte und ein demotisches sollen Lorbeerblätter als Schriftträ¬
ger verwendet werden. Die dazugehörenden Anleitungen sind in sechs Sammelschriften
des 3. Jh. - 5. Jh. | 5./6. Jh. überliefert. Lorbeerblätter werden mit S- und Z-Elementen
beschriftet, Beschriftungen mit B-Elementen sind in den Sammelschriften hingegen nicht
belegt. Die umfangreichste Beschriftung besteht aus fünf vergesellschafteten Element¬
gruppen. Insgesamt sind Elemente aus elf unterschiedlichen Elementgruppen für die
Beschriftung von Lorbeerblättern belegt.
Homerverse, Vokale, sowie die Zauberzeichengruppen G2, G3, G5, G7 und G8 sind
nicht für Lorbeerblattbeschriftungen belegt. Am häufigsten sollen die Blätter mit voces
magicae beschriftet werden. Siehe Tabellen 9.121, 9.122 und 9.123 für eine Übersicht
über das Vorkommen von Lorbeerblättern als Schriftträger und die zu verwendenden
Elementgruppen.
Tabelle 9.121 Übersicht: Lorbeerblätter
Material
Vorkommen in
Anleitungen
Anzahl
Artefakte
Sprache Anleitung
Anzahl
Sammelschriften
Datierung
G
D
K
Lorbeerblätter
8
9
8
1
-
6
3. Jh. -5. Jh. | 5 . 16 .
Jh.
Tabelle 9.122 Lorbeerblätter: Übersicht über die Elementgruppen
Artefakt Material
vm+
Gl
N+
G6
vm
G4
F
ind
A
ID
N
Anzahl
Elemente
Lorbeerblätter
6
3
3
2
2
1
1
1
1
1
1
11
Tabelle 9.123 Schriftträger und Elementgruppen: Lorbeerblätter
Katalognummer
vm+
Gl
G6
N+
vm
G4
F
ind
A
ID
N
Anzahl
Elemente
SAP-G-XI-G-001
1
1
1
1
1
5
SAP-G-V-GZ-002
1
1
1
1
4
SAP-G-V-GZ-003
1
1
2
SAP-G-V-G-013
1
1
2
SAP-G-X-G-002
1
1
SAP-G-V-G-011
1
1
SAP-G-V-Z-006
1
1
2
SAP-D-V-GH-001
1
1
2
SAP-G-V-G-012
1
1
1
3
Leinen
In fünf griechischen und zwei demotischen Anleitungen aus sechs Sammelschriften des
2 . 12 . Jh. | 3. Jh. - 4./5. Jh. wird Leinen als Schriftträger genannt. Es wird mit Elementen
226
9 - Beschriftung der Artefakte: Zusammenfassung
aus allen drei Beschriftungsgruppen S, Z und B beschriftet. Die umfangreichste Beschrif¬
tung besteht aus vier vergesellschafteten Elementgruppen. Insgesamt sind Elemente
aus zwölf unterschiedlichen Elementgruppen plus einer unsicheren Elementgruppe für
Leinenbeschriftungen belegt.
Homerverse, Vokale, ein einzelner Name, eine Anrufung, geometrische Elemente so¬
wie die Zauberzeichengruppen Gl, G2, G3 und G7 sind nicht für Leinenbeschriftungen
belegt. Am häufigsten soll es mit Namen, unmittelbar gefolgt von voces magicae und
einer Forderung, beschriftet werden. Siehe Tabellen 9.124, 9.125 und 9.126 für eine
Übersicht über das Vorkommen von Leinen als Schriftträger und die zu verwendenden
Elementgruppen.
Tabelle 9.124 Übersicht: Leinen
Material
Vorkommen in
Anzahl
Sprache Anleitung
Anzahl
Datierung
Anleitungen
Artefakte
G
D
K
Sammelschriften
Leinen
7
7
5
2
-
6
2./3. Jh. | 3. Jh. - 475. Jh
Tabelle 9.125 Leinen: Übersicht über die Elementgruppen
Artefakt Material
N+
vm+ F G4
■
ind G6 ID
■
vm G5 G8 Gu
Anzahl
Elemente
Leinen
4
3
3
2
1
1
1
1
1
1
1
12+
Tabelle 9.126 Schriftträger und Elementgruppen: Leinen
Katalognummer
N+
vm+
F
BA
ind
G4
G6
ID
BT
vm
G5
G8
Gu
Anzahl
Elemente
SAP-G-V-G-009
1
1
1
1
4
SAP-G-V-G-010
1
1
2
SAP-D-VUS-DB.t-001
1
1
1
3
SAP-G-V-G-008
1
1
SAP-G-VUI-GB.a-001
1
1
1
1
4
SAP-D-V-GsZ-002
1
1
1
1
4
SAP-G-V-Z-005
1
1
1
2+
Blei
In fünf griechischen Anleitungen aus drei Sammelschriften des 3. Jh. und 4. Jh. ist Blei
als Schriftträger überliefert. Es wird mit Elementen aus allen drei Beschriftungsgruppen
S, Z und B beschriftet. Die umfangreichste Beschriftung besteht aus elf vergesellschafte¬
ten Elementgruppen. Insgesamt sind Elemente aus 17 unterschiedlichen Elementgrup¬
pen plus einer unsicheren Elementgruppe für Bleibeschriftungen belegt.
Homerverse, ein einzelner Name, eine einzelne vox magica sind nicht für Bleibeschrif¬
tungen belegt. Am häufigsten soll es mit Zauberzeichen der Gruppen Gl, G4 und G6
sowie voces magicae beschriftet werden. Siehe Tabellen 9.127, 9.128 und 9.129 für
eine Übersicht über das Vorkommen von Blei als Schriftträger und die zu verwendenden
Elementgruppen.
227
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Tabelle 9.127 Übersicht: Blei
Material
Vorkommen in
Anleitungen
Anzahl
Artefakte
Sprache Anleitung
Anzahl
Sammelschriften
Datierung
G
D
K
Blei
5
5
5
-
-
3
3. Jh. und 4. Jh.
Tabelle 9.128 Blei: Übersicht über die Elementgruppen
Artefakt Material
Gl
G4
G6
vm+
F
N+
ind
G3
ID
A
Vo
G2 BG
BA BT G5
G7
Gu
Anzahl
Elemente
Blei
4
4
4
4
3
3
3
2
1
1
1
1 1
i i i
1
2
17+
Tabelle 9.129 Schriftträger und Elementgruppen: Blei
Katalognummer
Gl
G4
G6
F
vm+
N+
ind
G3
ID
A
Vo
G2
BG
BA
BT
G5
G 7
Gu
Anzahl
Elemente
SAP-G-VUI-GZ-002
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
11
SAP-G-VUI-GZ-001
1
1
1
1
1
1
1
1
1
8+
SAP-G-V-GZB.g-001
1
1
1
1
1
1
1
7
SAP-G-V-ZB.at-001
1
1
1
1
1
1
1
1
7+
SAP-G-VUI-G-001
1
1
1
3
Haut
In fünf griechischen Anleitungen aus drei Sammelschriften des 3. Jh. und 4. Jh. ist Haut
als Schriftträger überliefert. Es wird mit Elementen aus allen drei Beschriftungsgrup¬
pen S, Z und B beschriftet. Die umfangreichste Beschriftung besteht aus sieben verge¬
sellschafteten Elementgruppen. Insgesamt sind Elemente aus zwölf unterschiedlichen
Elementgruppen für Hautbeschriftungen belegt.
Homerverse, Identitätssätze, Zauberzeichen der Gruppen GG1, G2, G3, G5, G7 und G8
sowie geometrische Elemente sind nicht für Hautbeschriftungen belegt. Am häufigsten
soll sie mit voces magicae, einer Forderung, individuellen Angaben sowie Zauberzei¬
chen der Gruppe G4 beschriftet werden. Siehe Tabellen 9.130, 9.131 und 9.132 für eine
Übersicht über das Vorkommen von Haut als Schriftträger und die zu verwendenden
Elementgruppen.
Tabelle 9.130 Übersicht: Haut
Material
Vorkommen in
Anleitungen
Anzahl
Artefakte
Sprache Anleitung
Anzahl
Sammelschriften
Datierung
G
D
K
Haut
5
5
5
-
-
3
3. Jh. und 4. Jh.
Tabelle 9.131 Haut: Übersicht über die Elementgruppen
Artefakt Material
vm+
F
ind G4 A N N+
BT
Vo G6 vm
Anzahl
Elemente
Haut
3
3
3
3
2
2
1
'
H
1
1
1
12
Tabelle 9.132 Schriftträger und Elementgruppen: Haut
Katalognummer
vm+
F
A
ind
N
G4
N+
BA
BT
Vo
G6
vm
Anzahl
Elemente
SAP-G-VUI-GB.at-001
1
1
1
1
1
1
1
7
SAP-G-VUI-G-003
1
1
1
1
1
1
6
SAP-G-V-GZ-005 V2/2
1
1
1
3
SAP-G-VUI-GZ-003
1
1
1
3
SAP-G-V-GZ-007
1
1
1
3
228
9 - Beschriftung der Artefakte: Zusammenfassung
Eisen
Eisen ist in vier griechischen Anleitungen aus zwei Sammelschriften des 3. Jh. und 4.
Jh. als Schriftträger überliefert. Es wird mit S- und B-Elementen beschriftet, nicht jedoch
mit Z-Elementen. Die umfangreichste Beschriftung besteht aus drei vergesellschafteten
Elementgruppen. Insgesamt sind Elemente aus fünf unterschiedlichen Elementgruppen
für Eisenbeschriftungen belegt.
Anthropomorphe Darstellungen, Tierdarstellungen, voces magicae, ein einzelner Name
und Homerverse sind für Eisenbeschriftungen belegt. Am häufigsten treten anthropo¬
morphe Darstellungen auf. Siehe Tabellen 9.133, 9.134 und 9.135 für eine Übersicht
über das Vorkommen von Eisen als Schriftträger und die zu verwendenden Element¬
gruppen.
Tabelle 9.133 Übersicht: Eisen
Material
Vorkommen in
Anleitungen
Anzahl
Artefakte
Sprache Anleitung
Anzahl
Sammelschriften
Datierung
G
D
K
Eisen
4
4
4
-
-
2
3. Jh. und 4. Jh.
Tabelle 9.134 Eisen: Übersicht über die Elementgruppen
Artefakt Material
+
E
>
N
H
Anzahl
Elemente
Eisen
3
2
1
u
1
5
Tabelle 9.135 Schriftträger und Elementgruppen: Eisen
Katalognummer
BA
vm+
BT
N
H
Anzahl
Elemente
SAP-G-V-GB.a-002
1
1
2
SAP-G-V-GB.at-001
1
1
1
3
SAP-G-V-GB.a-001
1
1
2
SAP-G-V-G-065
1
1
Boden
In drei griechischen und einer demotischen Anleitung aus vier Sammelschriften des 2./3.
Jh. | 3. Jh. - 4. Jh. ist der Boden als Schriftträger belegt. Er wird mit Elementen aus
allen drei Beschriftungsgruppen S, Z und B beschriftet, die größte Gruppe besteht aus
Elementen aus fünf vergesellschafteten Elementgruppen. Insgesamt sind Elemente aus
neun unterschiedlichen Elementgruppen für Bodenbeschriftungen belegt.
Bodenbeschriftungen bestehen aus voces magicae, Namen, Vokalen, Zauberzeichen
der Gruppen Gl, G4, G5 und G6 sowie anthropomorphen Darstellungen und geomet¬
rischen Elementen. Siehe Tabellen 9.136, 9.137 und 9.138 für eine Übersicht über das
Vorkommen von Bodenbeschriftungen und die zu verwendenden Elementgruppen.
Tabelle 9.136 Übersicht: Boden
Material
Vorkommen in
Anleitungen
Anzahl
Artefakte
Sprache Anleitung
Anzahl
Sammelschriften
Datierung
G
D
K
Boden
4
4
3
1
-
4
273. Jh. | 3. Jh. -4. Jh.
229
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Tabelle 9.137 Boden: Übersicht über die Elementgruppen
Artefakt Material
G6
Gl
G4
G5
-
vm+
N+ Vo
Anzahl
Elemente
Boden
3
2
2
1
1
1
u
1 1
9
Tabelle 9.138 Schriftträger und Elementgruppen: Boden
Katalognummer
G6
Gl
G4
G5
BG
BA
vm+
N+
Vo
Anzahl
Elemente
SAP-G-V-ZB.g-001
1
1
1
1
1
5
SAP-D-V-Z-001
1
1
1
3
SAP-G-V-Z-002
1
1
SAP-G-X-GKB.a-001
1
1
1
1
4
Magnetstein
Magnetstein als Schriftträger ist in drei griechischen Anleitungen aus zwei Sammelschrif¬
ten des 3. Jh. und 4. Jh. überliefert. Er wird mit Elementen aus allen drei Beschriftungs¬
gruppen S, Z und B beschriftet. Die umfangreichste Beschriftung besteht aus vier verge¬
sellschafteten Elementgruppen. Insgesamt sind Elemente aus sieben unterschiedlichen
Elementgruppen plus einer unsicheren Elementgruppe für Magnetsteingravuren belegt.
Vokale, Namen, voces magicae, anthropomorphe Darstellungen sowie Zauberzeichen
der Gruppen Gl, G4 und G6 sind für Beschriftungen von Magnetsteinen in den Sammel¬
schriften belegt. Am häufigsten sollen sie anthropomorphen Darstellungen und Vokalen
beschriftet werden. Siehe Tabellen 9.139, 9.140 und 9.141 für eine Übersicht über das
Vorkommen von Magnetstein als Schriftträger und die zu verwendenden Elementgrup¬
pen.
Tabelle 9.139 Übersicht: Magnetstein
Material
Vorkommen in
Anleitungen
Anzahl
Artefakte
Sprache Anleitung
Anzahl
Sammelschriften
Datierung
G
D
K
Magnetstein
3
3
3
-
-
2
3. Jh. und 4. Jh.
Tabelle 9.140 Magnetstein: Übersicht über die Elementgruppen
Artefakt Material 1
A Vo
N+
vm+
G6
Gl
G4
Gu
Anzahl
Elemente
Magnetstein j
T 2
1
1
1
1
1
1
7+
Tabelle 9.141 Schriftträgerund Elementgruppen: Magnetstein
Katalognummer
BA
Vo
N+
vm+
G6
Gl
G4
Gu
Anzahl
Elemente
SAP-G-V-GB.a-003
1
1
1
1
4
SAP-G-V-GB.a-004
1
1
2
SAP-G-V-Z-007
1
1
1
1
3+
In Tabelle 9.142 ist eine Übersicht über die mehrfach genannten Schriftträger und die
verwendeten Elementgruppen zusammengestellt. Bei einer Gegenüberstellung der ins-
230
9 - Beschriftung der Artefakte: Zusammenfassung
gesamt in Verbindung mit einem Material vorkommenden Elementgruppen einerseits,
und den maximal innerhalb einer Beschriftung auftretenden Elementgruppen anderer¬
seits fällt besonders deutlich die Diskrepanz zwischen den beiden Zahlen bei der Be¬
schriftung von Lorbeerblättern, Leinen und Haut auf. Hier sind jeweils deutlich mehr
Elementgruppen insgesamt belegt, als die maximale Anzahl vergesellschafteter Grup¬
pen innerhalb einer Beschriftung aufweist. Diese liegt bei Haut lediglich bei sieben, bei
Lorbeer bei fünf und bei Leinen sogar nur bei vier unterschiedlichen Elementgruppen.
Dies bedeutet, dass grundsätzlich auf eine größere Auswahl an Beschriftungselementen
zurückgegriffen werden konnte, die individuellen Beschriftungen selbst jedoch weniger
vielseitig waren als dies z.B. für Blei der Fall ist. Eine Bleibeschriftung kann aus bis zu elf
unterschiedlichen Elementgruppen zusammensetzt werden.
Tabelle 9.142 Übersicht: Mehrfach belegte Schriftträger und deren Elementgruppen
Material
vm+ vm N+ N
Vo F
A ind ID H Gl G2 G3 G4 G5 G6 G7 G8 Gu Ba
1 Anzahl
■ Elemente
total
max.
Anzahle
Elemente
in einer
Anleitung
Papyrus
28
3
12
4
8
12
2
5
2
-
3
-
1
2
-
3
-
-
1
1
-
1
1
1
16++
9
Zinn
8
1
6
1
3
5
1
3
4
4
1
5
1
1
2
14+
9
Gold
4
4
1
3
2
1
2
3
4
4
1
1
2
1
13+
9
Silber
5
2
1
3
1
1
2
5
1
6
1
6
1
1
1
14+
9
Lorbeer¬
blätter
6
2
3
1
1
1
1
1
3
1
2
11
5
Leinen
3
1
4
3
1
1
2
1
1
1
1
1
1
12+
4
Blei
4
3
1
3
1
3
1
4
1
2
4
1
4
1
1
1
1
1
17+
11
Haut
3
1
1
2
1
3
1
3
3
1
1
1
12
7
Eisen
2
1
1
3
1
5
3
Boden
1
1
1
2
2
1
3
1
1
9
5
Magnet¬
stein
1
1
2
1
1
1
1
2
7+
4
9.12.3. Welche Funktionen werden genannt, und treten bestimmte Beschriftungs¬
elemente ausschließlich im Kontext bestimmter Funktionen auf?
Unter den 152 Artefakten, deren Beschriftungselemente vollständig rekonstruiert werden
können, sind 66 funktionsbezeichnet, elf davon mit mehr als einer Funktion. Einige der
Funktionen sind ein einziges Mal in den Sammelschriften überliefert, wie z.B. die Besee¬
lung einer Statue, die Verstärkung eines Logos oder die Lösung einer zuvor herbeigeru¬
fenen Macht. Mehrfach genannt werden die Funktionen Schutz (16), Heilung (11), Liebe/
Herbeiführung (7), Offenbarung (5), Gunst (4), Erfolg (3), Zornbannung (2), die Zerstö¬
rung von Zaubermitteln (2), Schlaflosigkeit (2), Traumsendung (2) und Gedächtnismittel
(2). Im Folgenden werden die mehrfach genannten Funktionen zusammengefasst. Am
Schluss werden in Tabelle 9.143 zur Überprüfung des zweiten Teils der Fragestellung
sämtliche Funktionen aufgeführt.
Die Untersuchungen haben gezeigt, dass die Beschriftungselemente aller drei Gruppen
S, Z und B funktionsübergreifend verwendet werden - eine funktionsspezifische Verwen-
231
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
düng kann damit für die Elementgruppen, deren Elemente mehrfach auftreten, ausge¬
schlossen werden. In den meisten Fällen, in denen eine Funktion mehrfach überliefert
ist, werden zudem Elemente aus allen drei Gruppen für die Beschriftung verwendet, d.h.,
nicht nur die Elementgruppen, sondern auch eine übergeordnete Gruppe an Beschrif¬
tungsmustern - ohne hier im Detail auf die genauen Vergesellschaftungsvarianten der
einzelnen Elementgruppen einzugehen - wird funktionsübergreifend verwendet.
Eine Ausnahme bilden die Beschriftungen von Artefakten, die zu Offenbarungszwe¬
cken, als Gedächtnismittel und zur Herbeiführung von Schlaflosigkeit hergestellt wer¬
den. Sämtliche fünf Offenbarungsartefakte werden ohne Zauberzeichen beschriftet,
Gedächtnismittel werden ohne Bildelemente beschriftet, und Beschriftungen im Kontext
von Schlaflosigkeit werden ausschließlich mit S-Elementen beschriftet. In diesen Fällen
liegen jedoch keine funktionsspezifischen Beschriftungsmuster vor, da z.B. Artefakte mit
der Funktion der Herbeiführung oder des Schutzes sowohl mit, als auch ohne Zauber¬
zeichen beschriftet werden können, eine Beschriftung ohne solche Zeichen also nicht
auf die Funktion der Offenbarung begrenzt ist. Es handelt sich bei den o.g. Offenba-
rungs-, Gedächtnis- und Schlaflosigkeitsartefakten um beschriftungsmusterspezifische
Funktionen. Diese sind, zumindest in den Anleitungen der Sammelschriften, für die drei
genannten Funktionen belegt.
Allerdings ist zu beachten, dass für die letzten beiden Funktionen jeweils lediglich zwei
Belege überliefert sind. Zusätzlich ist zu bedenken, dass hier ausschließlich funktions-
bezeichnete Artefakte besprochen werden. Funktionsunbezeichnete Artefakte, die ein¬
gebunden im Rahmen von Offenbarungspraxen verwendet werden, sind häufiger mit
Zauberzeichen zu beschriften. Dies macht deutlich, dass die Untersuchung der Beschrif¬
tungsmuster noch deutlich komplexer vorgenommen werden kann, als hier durchgeführt
wird.
Die umfangreichsten Beschriftungen finden sich auf Artefakten zur Herbeiführung, zum
Schutz und zu Heilzwecken.
Heilung
Heilung wird in elf griechischen Anleitungen aus drei Sammelschriften des 3. Jh. - 6. Jh.
oder früher als Funktion des Artefakts angegeben. Heilung wird mit Elementen aus al¬
len drei Beschriftungsgruppen S, Z und B kontextualisiert. Bis zu zwölf unterschiedliche
Elemente können dabei vergesellschaftet auftreten, hinzukommen Zauberzeichen, die
nicht eindeutig einer Gruppe zugeordnet werden können. Am häufigsten treten Zauber¬
zeichen im Kontext einer Heilfunktion auf. Siehe Tabellen 9.144, 9.145 und 9.146 für
eine Übersicht über das Vorkommen und die Elementgruppen der Artefakte mit einer
Heilfunktion.
232
9 - Beschriftung der Artefakte: Zusammenfassung
Tabelle 9.144 Übersicht: Heilung
Funktion
Artefakt
Vorkommen in
Anleitungen
Anzahl
Artefakte
Sprache Anleitung
Anzahl
Sammelschriften
Datierung
G
D
K
Heilung
11
11
11
-
-
3
3. Jh. - 6. Jh. oder
früher
Tabelle 9.145 Heilung: Übersicht über die Elementgruppen
Artefakt Funktion
G4
G6 vm
N
Gl
ind
F
vm+
N+ A Vo
so
Gu
Anzahl
Elemente
Heilung
6
4 3
3
2
2
2
2
1 1 1
L.
2
12+
Tabelle 9.146 Schriftträger und Elementgruppen: Heilung
Katalognummer
G4
G6
Gl
ind
vm
N
F
vm+
A
Vo
BG
N
Gu
Anzahl
Elemente
SAP-G-V-Z-005
1
1
1
3
SAP-G-VUI-GZB.g-002
1
1
1
1
1
1
6
SAP-G-V-GZ-007
1
1
1
3
SAP-G-VUI-GZ-003
1
1
1
3
SAP-G-V-GZ-005 V2/2
1
1
1
3
SAP-G-V-Z-008
1
1
SAP-G-V-Z-010
1
1
1
3
SAP-G-V-G-022
1
1
2
SAP-G-V-G-045
1
1
SAP-G-V-G-058
1
1
1
1
4
SAP-G-V-G-023
_
_
1_1_
1
1
Liebe / Herbeiführung
Liebe/Herbeiführung wird in sechs griechischen und einer demotischen Anleitung aus
fünf Sammelschriften des 2.12. Jh. - 4. Jh. als Funktion des Artefakts angegeben. Sie wird
mit Elementen aus allen drei Beschriftungsgruppen S, Z und B kontextualisiert. Dabei
können bis zu 13 unterschiedliche Elemente vergesellschaftet auftreten. Am häufigsten
treten voces magicae und eine Forderung im Kontext einer Liebes-/Herbeiführungsfunk-
tion auf. Siehe Tabellen 9.147, 9.148 und 9.149 für eine Übersicht über das Vorkommen
und die Elementgruppen der Artefakte mit der Funktion Liebe/Herbeiführung.
Tabelle 9.147 Übersicht: Liebe/Herbeiführung
Funktion
Artefakt
Vorkommen in
Anleitungen
Anzahl
Artefakte
Sprache Anleitung
Anzahl
Sammelschriften
Datierung
G
D
K
Liebe/Her¬
beiführung
7
7
6
1
-
5
2./3. Jh. -4. Jh.
Tabelle 9.148 Liebe/Herbeiführung: Übersicht über die Elementgruppen
Artefakt Funktion
vm+
F
N+
ind
N
A
Vo
G6
Gl
G4
G5
Anzahl
Elemente
Liebe/
Herbeiführung
6
6
3
2
2
2
2
2
2
1
1
1
1
13
Tabelle 9.149 Schriftträger und Elementgruppen: Liebe/Herbeiführung
Katalognummer
vm+
F
G6
Gl
ind
N
A
Vo
N
G4
G5
BG
BT
Anzahl
Elemente
SAP-G-V-G-024
1
1
1
3
233
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
SAP-G-VUI-GZ-004
1
1
1
1
1
1
1
7
SAP-G-VUI-G-003
1
1
1
1
1
1
6
SAP-G-X-G-004
1
1
1
1
1
5
SAP-G-X-G-006
1
1
2
SAP-G-V-GZB.g-003
1
1
1
1
1
5
SAP-D-VUS-DB.t-001
1
1
1
3
Schutz
In 15 griechischen Anleitungen zur Beschriftung von 16 Artefakten wird als Funktion des
Artefakts Schutz angegeben. Die Anleitungen finden sich in vier Sammelschriften des
3. Jh. - 475. Jh. Schutzbeschriftungen werden mit Elementen aus allen drei Beschrif¬
tungsgruppen S, Z und B kontextualisiert. Dabei können bis zu 13 unterschiedliche Ele¬
mente vergesellschaftet auftreten. Am häufigsten treten voces magicae im Kontext einer
Schutzfunktion auf. Siehe Tabellen 9.150, 9.151 und 9.152 für eine Übersicht über das
Vorkommen und die Elementgruppen der Artefakte mit einer Schutzfunktion.
Tabelle 9.150 Übersicht: Schutz
Funktion
Artefakt
Vorkommen in
Anleitungen
Anzahl
Artefakte
Sprache Anleitung
Anzahl
Sammelschriften
Datierung
G
D
K
Schutz
15
16
16
-
-
4
3. Jh.-4./5. Jh.
Tabelle 9.151 Schutz: Übersicht über die Elementgruppen
Artefakt Funktion
vm+ F N+
Vo
G6 Gl G4
ID ind vm
G2 ßT ßA Anzahl
| Elemente
Schutz
CD
4^-
4
4 3 2
2 1 1
111 13
Tabelle 9.152 Schriftträger und Elementgruppen: Schutz
Katalognummer
vm+
F
N+
Vo
G6
Gl
ind
G4
BT
ID
vm
BA
G2
Anzahl
Elemente
SAP-G-VUI-GZB.t-001
1
1
1
1
1
1
1
1
1
9
SAP-G-V-G-009
1
1
1
1
4
SAP-G-V-G-061
1
1
2
SAP-G-V-G-041
1
1
2
SAP-G-V-G-062
1
1
2
SAP-G-V-G-042
1
1
SAP-G-V-K-001
1
1
2
SAP-G-V-G-055
1
1
SAP-G-V-G-011
1
1
SAP-G-V-G-059
1
1
2
SAP-G-V-GB.a-004
1
1
2
SAP-G-V-G-046
1
1
SAP-G-VUY-G-009
1
1
SAP-G-V-Z-012
1
1
1
1
4
SAP-G-V-Z-006
1
1
2
SAP-G-V-Z-013
1
1
Gunst
Gunst wird in vier griechischen Anleitungen aus drei Sammelschriften des 273. Jh. |
4. Jh., 3. Jh., 4. Jh. als Funktion des Artefakts angegeben. Sie wird mit Elementen aus
allen drei Beschriftungsgruppen S, Z und B kontextualisiert. Dabei können bis zu 13 un-
234
9 - Beschriftung der Artefakte: Zusammenfassung
terschiedliche Elemente vergesellschaftet auftreten. Am häufigsten treten Zeichen der
Gruppe G6 in den Beschriftungen auf. Siehe Tabellen 9.153, 9.154 und 9.155 für eine
Übersicht über das Vorkommen und die Elementgruppen der Artefakte mit der Funktion
Gunst.
Tabelle 9.153 Übersicht: Gunst
Funktion
Artefakt
Vorkommen in
Anleitungen
Anzahl
Artefakte
Sprache Anleitung
Anzahl
Sammelschriften
Datierung
G
D
K
Gunst
4
4
4
-
-
3
273. Jh. | 4. Jh., 3. Jh.,
4. Jh.
Tabelle 9.154 Gunst: Übersicht über die Elementgruppen
Artefakt Funktion
G6
vm+
N+
Gl G4 G5
Vo
ID
Gu
Anzahl
Elemente
Gunst
3
2
2
2
1
1
1
1
1
1
9+
Tabelle 9.155 Schriftträger und Elementgruppen: Gunst
Katalognummer
G6
vm+
N+
Gl
G4 G5
Vo
ID
Gu
Anzahl
Elemente
SAP-G-V-GZB.g-003
1
1
1
1
1
5
SAP-G-V-Z-011
1
1
1
1
1
4+
SAP-G-V-Z-001
1
1
SAP-G-V-G-002
1
1
1
1
4
Offenbarung
Offenbarung ist in fünf griechischen Anleitungen aus zwei Sammelschriften des 3. Jh.
und 4. Jh. als Funktion eines Artefakts angegeben. Sie wird mit Elementen aus den
Beschriftungsgruppen S und B kontextualisiert. Dabei können bis zu sechs unterschied¬
liche Elemente vergesellschaftet auftreten. Zauberzeichen sind als Elementgruppen in
den Sammelschriften nicht in Offenbarungskontexten belegt. Am häufigsten werden vo-
ces magicae und Namen verwendet. Siehe Tabellen 9.156, 9.157 und 9.158 für eine
Übersicht über das Vorkommen und die Elementgruppen der Artefakte mit der Funktion
Offenbarung.
Tabelle 9.156 Übersicht: Offenbarung
Funktion
Artefakt
Vorkommen in
Anleitungen
Anzahl
Artefakte
Sprache Anleitung
Anzahl
Sammelschriften
Datierung
G
D
K
Offenbarung
5
5
5
-
-
2
3. Jh. und 4. Jh.
Tabelle 9.157 Offenbarung: Übersicht über die Elementgruppen
Artefakt Funktion
vm+
N+
F
Vo
ind
A
Anzahl
Elemente
Offenbarung
3
3
1
1
1
1
1
1
8
235
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Tabelle 9.158 Schriftträger und Elementgruppen: Offenbarung
Katalognummer
vm+
N+
BT
F Vo
ind
A
H
Anzahl
Elemente
SAP-G-V-GB.t-001
1
1
1
3
SAP-G-VUI-G-004
1
1
1
1
1
1
6
SAP-G-V-G-003
1
1
SAP-G-V-G-008
1
1
SAP-G-V-G-065
1
1
Erfolg
Erfolg wird in drei griechischen Anleitungen aus zwei Sammelschriften des 2./3. Jh. | 4.
Jh. und 3. Jh. als Funktion des Artefakts angegeben. Sie wird mit Elementen aus allen
drei Beschriftungsgruppen S, Z und B kontextualisiert. Dabei können bis zu fünf unter¬
schiedliche Elemente vergesellschaftet auftreten. Am häufigsten treten Namen im Kon¬
text einer Erfolgsfunktion auf. Siehe Tabellen 9.159, 9.160 und 9.161 für eine Übersicht
über das Vorkommen und die Elementgruppen der Artefakte mit der Funktion Erfolg.
Tabelle 9.159 Übersicht: Erfolg
Funktion
Artefakt
Vorkommen in
Anleitungen
Anzahl
Artefakte
Sprache Anleitung
Anzahl
Sammelschriften
Datierung
G
D
K
Erfolg
3
3
3
-
-
2
273. Jh. | 4. Jh. und 3.
Jh.
Tabelle 9.160 Erfolg: Übersicht über die Elementgruppen
Artefakt Funktion
N+
vm+
Vo
ID
G6 Gl
so
ST
Anzahl
Elemente
Erfolg
3
2
1
1
1
1
1
1
1 1
9
Tabelle 9.161 Schriftträger und Elementgruppen: Erfolg
Katalognummer
N+
vm+
Vo ID
G6 Gl
Anzahl
Elemente
SAP-G-V-G-002
1
1
1
1
4
SAP-G-V-GZB.g-003
1
1
1
1
1
5
SAP-G-V-GB.at-002
1
1
1
3
ZORNBANNUNG
Eine Zornbannung ist in zwei griechischen Anleitungen aus zwei Sammelschriften des
3. Jh. und 4./5. Jh. als Funktion eines Artefakts angegeben. Sie wird mit Elementen aus
den Beschriftungsgruppen S, Z und B kontextualisiert. Dabei treten in beiden belegten
Fällen je sieben unterschiedliche Elemente vergesellschaftet auf. Siehe Tabellen 9.162,
9.163 und 9.164 für eine Übersicht über das Vorkommen und die Elementgruppen der
Artefakte mit der Funktion der Zornbannung.
236
9 - Beschriftung der Artefakte: Zusammenfassung
Tabelle 9.162 Übersicht: Zornbannung
Funktion
Artefakt
Vorkommen in
Anleitungen
Anzahl
Artefakte
Sprache Anleitung
Anzahl
Sammelschriften
Datierung
G
D
K
Zornbannung
2
2
2
-
-
2
3. Jh. und4./5. Jh.
Tabelle 9.163 Zornbannung: Übersicht über die Elementgruppen
Artefakt Funktion
vm+
G6 Gl
F N
Vo
Anzahl
Elemente
Zornbannung
2
2
2
2
2
1
1
1
1
9
Tabelle 9.164 Schriftträger und Elementgruppen: Zornbannung
Katalognummer
vm+
G6 Gl
F
N
Vo
Anzahl
Elemente
SAP-G-V-GZB.g-001
1
1
1
1
1
1
1
7
SAP-G-V-GZB.g-002
1
1
1
1
1
1
1
7
Zerstörung von Zaubermitteln
Die Zerstörung von Zaubermitteln ist in zwei griechischen Anleitungen aus zwei Sam¬
melschriften des 4. Jh. als Funktion eines Artefakts belegt. Sie wird mit Elementen aus
den Beschriftungsgruppen S, Z und B kontextualisiert. Dabei können bis zu acht unter¬
schiedliche Elemente vergesellschaftet auftreten. Siehe Tabellen 9.165, 9.166 und 9.167
für eine Übersicht über das Vorkommen und die Elementgruppen der Artefakte mit der
Funktion der Zerstörung von Zaubermitteln.
Tabelle 9.165 Übersicht: Zerstörung von Zaubermitteln
Funktion
Artefakt
Vorkommen in
Anleitungen
Anzahl
Artefakte
Sprache Anleitung
Anzahl
Sammelschriften
Datierung
G
D
K
Zerstörung
von Zauber¬
mitteln
2
2
2
-
-
2
4. Jh.
Tabelle 9.166 Zerstörung von Zaubermitteln: Übersicht über die Elementgruppen
Artefakt Funktion
Gl
F
N+ A
G6 G4 G5 G7
Gu
Anzahl
Elemente
Zerstörung von Zaubermitteln
2
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
10+
Tabelle 9.167 Schriftträger und Elementgruppen: Zerstörung von Zaubermitteln
Katalognummer
Gl
F
N+
A
G6 G4
BT
G5 G7
“
Gu
Anzahl
Elemente
SAP-G-V-GZ-004
1
1
1
1
4
SAP-G-V-ZB.at-001
1
1
1
1
1
1
1
1
8
Schlaflosigkeit
In zwei griechischen Anleitungen aus einer Sammelschrift des 3. Jh. wird Schlaflosig¬
keit als Funktion eines Artefakts angegeben. Sie wird ausschließlich mit Elementen aus
237
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
der Beschriftungsgruppe S kontextualisiert. Dabei können bis zu drei unterschiedliche
Elemente vergesellschaftet auftreten. Siehe Tabellen 9.168, 9.169 und 9.170 für eine
Übersicht über das Vorkommen und die Elementgruppen der Artefakte mit der Funktion
der Schlaflosigkeit.
Tabelle 9.168 Übersicht: Schlaflosigkeit
Funktion Artefakt
Vorkommen in
Anleitungen
Anzahl
Artefakte
Sprache Anleitung
Anzahl
Sammelschriften
Datierung
G
D
K
Schlaflosigkeit
2
2
2
-
-
1
3. Jh.
Tabelle 9.169 Schlaflosigkeit: Übersicht über die Elementgruppen
Artefakt Funktion
F N vm
ind
vm+
Anzahl
Elemente
Schlaflosigkeit
1
1
1
1
1
5
Tabelle 9.170 Schriftträger und Elementgruppen: Schlaflosigkeit
Katalognummer
F N
vm
ind
vm+
Anzahl
Elemente
SAP-G-V-G-017
1
1
1
3
SAP-G-VUI-G-002
1
1
2
Traumsendung
Das Senden von Träumen ist in einer griechischen und einer demotischen Anleitung
aus zwei Sammelschriften des 2./3. Jh. | 3. Jh. - 4. Jh. als Funktion eines Artefakts be¬
legt. Es wird mit Elementen aus den Beschriftungsgruppen S, Z und B kontextualisiert.
Dabei können bis zu vier unterschiedliche Elemente vergesellschaftet auftreten. Siehe
Tabellen 9.171, 9.172 und 9.173 für eine Übersicht über das Vorkommen und die Elem¬
entgruppen der Artefakte mit der Funktion der Traumsendung.
Tabelle 9.171 Übersicht: Traumsendung
Funktion Artefakt
Vorkommen in
Anzahl
Sprache Anleitung
Anzahl
Datierung
Anleitungen
Artefakte
G
D
K
Sammelschriften
Traumsendung
2
2
1
1
2
273. Jh. |3. Jh.-4.
Jh.
Tabelle 9.172 Traumsendung: Übersicht über die Elementgruppen
Artefakt Funktion
vm+
Vo N+
-
G6 Gl G4
Anzahl
Elemente
Traumsendung
1
1
1
1
1
1
1
7
Tabelle 9.173 Schriftträger und Elementgruppen: Traumsendung
Katalognummer
vm+
Vo
N+
G6 Gl G4
Anzahl
Elemente
SAP-G-V-GB.a-003
1
1
1
1
4
SAP-D-V-Z-002 (F2+3)
1
1
1
3
238
9 - Beschriftung der Artefakte: Zusammenfassung
Gedächtnismittel
In zwei griechischen Anleitungen aus zwei Sammelschriften des 4. Jh. und 4./5. Jh. wird
ein Artefakt als Gedächtnismittel verwendet. Die Beschriftung erfolgt mit Elementen der
Beschriftungsgruppen S und Z. Dabei können bis zu drei unterschiedliche Elemente
vergesellschaftet auftreten. Siehe Tabellen 9.174, 9.175 und 9.176 für eine Übersicht
über das Vorkommen und die Elementgruppen der Artefakte mit der Funktion als Ge¬
dächtnismittel.
Tabelle 9.174 Übersicht: Gedächtnismittel
Funktion
Artefakt
Vorkommen in
Anleitungen
Anzahl
Artefakte
Sprache Anleitung
Anzahl
Sammelschriften
Datierung
G
D
K
Gedächtnis-
mittel
2
2
2
-
-
2
4. Jh. und4./5. Jh.
Tabelle 9.175 Gedächtnismittel: Übersicht über die Elementgruppen
Artefakt Funktion
vm+
N+
Vo
G6
Anzahl
Elemente
Gedächtnismittel
1
1
1
1
4
Tabelle 9.176 Schriftträger und Elementgruppen: Gedächtnismittel
Katalognummer
vm+ N+
Vo
G6
Anzahl
Elemente
SAP-G-V-G-043
1
1
1
3
SAP-G-V-Z-003
1
1
Tabellarische Übersicht: Funktionen und Elementgruppen
Tabelle 9.143 Übersicht: Funktionen und Elementgruppen
Material
vm+ vm N+ N Vo F A ind ID H Gl G2 G3 G4 G5 G6 G7 G8 Gu
Anzahl
Elemente
Heilung
2 3 1 3 1 2 1
2
-
-
1
-
-
6
-
4
-
-
2
-
-
-
1
-
12+
Liebe/Her¬
beiführung
6
-
3
2
2
6
2
2
-
-
2
-
-
1
1
2
-
-
-
-
1
-
1
-
13
Schutz
9
1
4
-
4
4
-
1
2
-
3
1
-
2
-
4
-
-
-
1
1
-
-
-
13
Gunst
2
-
2
-
1
-
-
-
1
-
2
-
3
1
1
-
-
-
1
-
-
-
1
-
9+
Offenbarung
3
-
3
-
1
1
1
1
-
1
1
8
Erfolg
2
-
3
-
1
-
-
-
1
-
1
-
-
-
-
1
-
-
-
1
1
-
1
-
9
Zornbannung
2
-
-
1
1
1
-
-
-
-
2
-
1
2
-
2
2
-
9
Zerstsörung
Zaubermittel
-
-
1
-
-
1
1
-
-
-
2
-
-
1
1
1
1
-
1
1
1
-
-
-
10+
Schlaflosig¬
keit
1
1
1
1
1
5
Traumsend¬
ung
1
-
1
-
1
-
-
-
-
-
1
-
-
1
-
1
-
-
-
1
-
-
-
-
7
Gedächtnis¬
mittel
1
1
1
1
4
Lösung der
Zielperson
1
1
2
Glück für den
Träger
1
1
1
-
-
-
3
239
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
erfolgreiche
Flucht, Sieg
(Sport),
Beliebtheit,
Verlängerung
des
Lebens eines
vorzeitig
Verstorbenen
1
1
Erhörung des
Prakti¬
zierenden
1
1
Fesseln,
Unterwerfen
und Binden
1
1
-
-
1
-
1
-
-
1
-
1
1
1
-
-
-
1
-
-
-
-
-
9
Gefügig¬
machen einer
Seele
1
1
1
1
4
Gewinn von
Freunden
1
1
1
1
1
-
5
tägliche
Wohlfahrt
für den Prakti-
zierenden
und einen Ort
1
1
1
1
4
Freundschaft
und Be-
wunderung
1
1
Träume zu
erhalten
1
1
1
3
Verstummen
(Gegner);
Sieg (wohl
vor Gericht)
1
-
-
-
-
1
-
-
-
-
1
-
1
1
1
-
6
Beistand
1
1
2
Beseelung
einer Statue
1
-
1
2
Erfüllung
einer Angele-
genheit
1
1
1
1
4
Geburtshilfe
1
1
Schlafmittel
1
1
2
Sieg (Läufer)
1
1
1
3
Versiegeln
von Pillen
1
1
2
Trennung
1
1
Verstärkung
eines Logos
1
1
1
3
9.12.4. Wie werden einzelne Beschriftungselemente bezeichnet, und wurden die
Bezeichnungen elementgruppenspezifisch oder elementgruppenübergrei-
fend verwendet?
Eine Reihe unterschiedlicher Termini wird zur Bezeichnung der verschiedenen Beschrif¬
tungselemente verwendet. Dabei werden die meisten Bezeichnungen elementgruppen-
übergreifend verwendet. Elementgruppenspezifisch verwendet werden die Begriffe cmxoi
für Verse, und xapaicriipec; sowie ariiaeTov für Zauberzeichen. Die übrigen Bezeichnungen
werden zwar in einigen Anleitungen elementgruppenspezifisch verwendet, nicht jedoch
in allen, so dass eine elementgruppenspezifische Verwendung nicht generell postuliert
werden kann (siehe dazu Kapitel 9.8. Nicht eindeutig zu rekonstruierende Beschriftungs¬
angaben). In Tabelle 9.177 werden diejenigen Beschriftungselemente aufgeführt, die
in mindestens einer Anleitung eindeutig mit einer Bezeichnung in Verbindung gebracht
werden können.
240
9 - Beschriftung der Artefakte: Zusammenfassung
Tabelle 9.177 Eindeutig einer einzelnen Bezeichnung zuzuordnende Elementgruppen
Bezeichnung
vm+
vm
N+
N
Vo
F
A
ind
ID
H
ZZ
Anzahl
Elemente
övopa (□, □, □)
11
2
3
6
3
1
6
ov6|iaxa(DD,
10
1
6
1
3
5
pfy m
1
2
2
üp\n
1
1
Xoyoq(A)
7
6
3
5
4
3
2
1
8
ypacpopsva
3
1
1
2
3
2
1
1
8
rß sh.w
2
2
2
n3y sh.w
1
1
1
3
t> sh
1
1
xahxa
4
2
3
1
1
1
6
Pty
1
1
ihy
i
1
1
4
XapaKxfjpsc;, Nex^P^KTHp,
gh c l c gter (xapaKxfip, x«P-,
XapaK 1 , xapaKxripco)
22
1
cpuXaKxipiov
1
1
2
oripeTov
1
1
Ccoöiov
1
6
2
gxixoi
3
1
Koiva (ko'P), Os^sic;, obc; ßouXs,
7ipäypa (xo A ifl)
X
9.12.5. Wie werden autark zu verwendende Artefakte beschriftet, und unterschei¬
det sich ihre Beschriftung von der Beschriftung der übrigen Artefakte?
Autark zu verwendende Artefakte unterscheiden sich insgesamt weder in der Zusam¬
mensetzung der Beschriftungselemente, noch in der Wahl der Schriftträger von einge¬
bunden verwendeten Artefakten wesentlich. Eine Ausnahme findet sich innerhalb der
SZ-Gruppe, für diese konnte festgestellt werden, dass sich die Beschriftung autarker
Artefakte durch eine deutlich häufigere Verwendung der Elementgruppen "Forderung"
und "individuelle Angaben" von der Beschriftung eingebundener Artefakte unterscheidet.
Bei den Funktionen zeichnet sich ab, dass Heilartefakte häufig autark verwendet werden
sollten, Schutzartefakte hingegen selten.
Für ihre Beschriftungen sind Elemente aus 19 Elementgruppen plus eine unsichere
Elementgruppe nachgewiesen, eine einzelne Beschriftung kann aus maximal neun un¬
terschiedlichen Elementgruppen zusammengesetzt sein.
Beschriftungen, die aus einem einzelnen Element bestehen, treten besonders häufig
innerhalb der Gruppe der P-Artefakte auf.
Die Tabellen 9.178 und 9.179 geben eine Übersicht über die Elementgruppen autark zu
verwendender Artefakte.
Tabelle 9.178 Übersicht: Elementgruppen autark zu verwendender Artefakte
vm+
F
ind
Vo
N+
G6
Gl
G4
vm
N
A
BT
BG
Gu
G3
G5
BA
ID
H
G7
18
14
9
8
13
13
13
13
5
6
4
5
4
4
2
2
2
1
1
1
241
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Tabelle 9.179 Elementgruppen autark zu verwendender Artefakte
Katalognummer
vm+
F
ind
Vo
N+
G6
Gl
G4
vm
N
A BT BG
Gu
G3
G5
»
ID
H
G7
Anzahl
Elemente
SAP-G-VUI-GZB.t-001
1
1
1
1
1
1
1
1
1
9
SAP-G-VUI-G-004
1
1
1
1
1
1
6
SAP-G-VUI-G-003
1
1
1
1
1
1
6
SAP-G-VUI-GZ-001
1
1
1
1
1
1
1
1
1
8+1
SAP-G-VUI-GZ-004
1
1
1
1
1
1
1
7
SAP-G-V-GZB.g-001
1
1
1
1
1
1
1
7
SAP-G-V-GZ-005 V2/2
1
1
1
3
SAP-G-V-G-024
1
1
1
3
SAP-G-V-G-058
1
1
1
1
4
SAP-G-VUI-G-002
1
1
2
SAP-G-V-GZB.g-002
1
1
1
1
1
1
1
7
SAP-G-V-G-043
1
1
1
3
SAP-G-V-G-002
1
1
1
1
4
SAP-G-V-GZB.g-003
1
1
1
1
1
5
SAP-G-V-GB.t-001
1
1
1
3
SAP-G-V-GZ-003
1
1
2
SAP-G-V-G-021
1
1
SAP-G-V-G-003
1
1
SAP-G-VUI-GZ-005
1
1
1
3
SAP-G-V-GZ-004
1
1
1
1
4
SAP-D-VUS-DB.t-001
1
1
1
3
SAP-G-V-G-017
1
1
1
3
SAP-D-V-D-001
1
1
SAP-G-VUI-GZB.g-002
1
1
1
1
1
1
6
SAP-G-VUI-GZ-003
1
1
1
3
SAP-G-V-G-057
1
1
2
SAP-G-V-G-008
1
1
SAP-G-V-G-023
1
1
SAP-G-V-GB.at-002
1
1
1
3
SAP-D-V-Z-002 (F2+3)
1
1
1
3
SAP-G-V-ZB.at-001
1
1
1
1
1
1
1
1
7+1
SAP-G-V-Z-010
1
1
1
2+1
SAP-G-V-Z-005
1
1
1
2+1
SAP-G-V-GZ-007
1
1
1
3
SAP-G-V-Z-001
1
1
SAP-G-V-Z-008
1
1
SAP-G-V-G-022
1
1
2
SAP-G-V-G-045
1
1
SAP-G-V-G-065
1
1
Tabelle 9.180 zeigt einerseits das Vorkommen und die Häufigkeit sämtlicher Element¬
gruppen in den 152 Anleitungen, deren Beschriftungsanweisungen eindeutig zu interpre¬
tieren sind, andererseits das Vorkommen und die Häufigkeit der Elementgruppen in den
Beschriftungsanweisungen zu sämtlichen 268 Artefakten.
Tabelle 9.180 Gesamtübersicht: Vorkommen und Häufigkeit sämtlicher Elementgruppen
Beschriftungs¬
element
Vorkommen
in Artefaktbe¬
schriftungen
Sprache Anleitung
Anzahl
Sammelschriften
Datierung
G
D
K
voces magicae
83
82
-
1
18
2. Jh. - 6. Jh. oder früher
insgesamt
115
110
4
1
21
wie oben
Namen
48
43
5
-
15
2./3. Jh. -475. Jh.
insgesamt
74
58
11
5
18
273. Jh.-6.-7. Jh.
Forderung
40
35
5
-
12
2. Jh.-475. Jh.
insgesamt
54
45
8
1
15
2. Jh. - 6. Jh. oder früher
Vokale
28
28
-
-
13
273. Jh. - 6. Jh. oder früher
insgesamt
39
39
-
-
14
wie oben
Name
26
26
-
-
9
172. Jh. -4. Jh.
insgesamt
39
36
3
-
11
wie oben
indiv. Angaben
23
23
-
-
8
172. Jh. - 6. Jh. oder früher
insgesamt
26
26
-
-
8
wie oben
242
9 - Beschriftung der Artefakte: Zusammenfassung
vox magica
13
10
3
-
6
273. Jh. | 3. Jh. - 5. Jh. |
576. Jh.
insgesamt
17
12
4
1
8
273. Jh. | 3. Jh. - 6. Jh.
oder früher
Identitätssatz
13
12
1
-
6
273. Jh. | 3. Jh. -4. Jh.
insgesamt
16
15
1
-
6
wie oben
Anrufung
11
11
-
-
5
273. Jh. | 3. Jh. - 4. Jh.
insgesamt
21
19
2
-
8
273. Jh.-475. Jh.
Homerverse
4
4
-
-
2
4. Jh. - 475. Jh.
insgesamt
4
4
-
-
2
wie oben
G6
31
27
3
1
13
273. Jh. | 3. Jh. - 6. Jh.
oder früher
insgesamt
31
27
3
1
13
wie oben
G4
29
23
5
1
11
273. Jh. | 3. Jh. - 6. Jh.
oder früher
insgesamt
29
23
5
1
11
wie oben
Gl
27
23
3
1
13
273. Jh. | 3. Jh. - 6. Jh.
oder früher
insgesamt
27
23
3
1
13
wie oben
G5
7
5
2
-
4
273. Jh. | 3. Jh. - 4. Jh.
insgesamt
7
5
2
-
4
wie oben
G2
3
3
-
-
2
4. Jh. und 4. Jh.?
insgesamt
3
3
-
-
2
wie oben
G3
3
3
-
-
1
3. Jh.
insgesamt
3
3
-
-
1
wie oben
G7
1
1
-
-
1
4. Jh.
insgesamt
1
1
-
-
1
wie oben
G8
2
-
2
-
1
273. Jh. | 3. Jh.
insgesamt
2
-
2
-
1
wie oben
Gu
8
8
-
-
4
3. Jh.-4. Jh.
insgesamt
8
8
-
-
4
wie oben
Ba
15
14
1
-
8
273. Jh. | 4. Jh. - 475. Jh.
insgesamt
15
14
1
-
8
wie oben
Bt
7
6
1
-
5
273. Jh. | 3. Jh. -4. Jh.
insgesamt
7
6
1
-
5
wie oben
Bg
6
6
-
-
4
3. Jh. - 6. Jh. oder früher
insgesamt
6
6
-
-
4
wie oben
Bp
1
-
1
-
1
273. Jh. | 3. Jh.
insgesamt
1
-
1
-
1
wie oben
B unklar a?t?
1
-
1
-
1
3. Jh.
insgesamt
1
-
1
-
1
wie oben
243
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
10. Handhabung der Artefakte
10.1. Übersicht
Zu 194 Artefakten sind Angaben zur Handhabung nach der Fertigstellung der Beschrif¬
tung vollständig oder fast vollständig überliefert. Neben der Beschreibung der eigentli¬
chen Handlungen, die an oder mit einem Artefakt durchgeführt werden sollen, beinhalten
die Angaben in der Regel zwei weitere Komponenten: eine räumliche und eine zeitliche.
Die zeitliche Information gibt an, ob das Artefakt während oder nach der Praxis, oder
sowohl als auch verwendet werden soll, die räumliche hingegen, an welcher Stelle ein
Artefakt seine Wirkung entfalten soll.
87 Artefakte werden während der Praxis, 82 nach der Praxis und sieben sowohl während
als auch nach der Praxis verwendet, bei 18 Artefakten ist die Bestimmung des Zeit¬
punkts der Handhabung nicht eindeutig möglich.
Zu 54 Artefakten wurden keine Angaben zur Handhabung überliefert, in sieben Anlei¬
tungen waren Handlungsanweisungen möglicherweise vorhanden, sind jedoch heute
zerstört, und 13 Handlungsanweisungen sind unklar.
10.2. Artefakte, die während einer Praxis verwendet werden (G, D, K)
87 Artefakte werden ausschließlich während der Praxis verwendet. Ihre Handhabungen
sind in 76 griechischen, zehn demotischen und einer koptischen Anleitung aus 15 Sam¬
melschriften des 2./3. Jh. | 3. Jh. bis 6.-7. Jh. überliefert.
Folgende Handhabungen sind belegt:
• das Artefakt ist am Körper zu tragen,
• das Artefakt wird zerstört,
• das Artefakt wird in einer Statuette deponiert,
• das Artefakt wird im Maul eines Tieres deponiert,
• es handelt sich um eine Bodenbeschriftung,
• es handelt sich um ein Möbelstück,
• das Artefakt wird auf einen Gegenstand gelegt,
• das Artefakt wird auf einen Menschen gelegt,
• das Artefakt wird unter einen Gegenstand gelegt,
• das Artefakt wird unter einen Menschen gelegt,
• das Artefakt wird zum Versiegeln verwendet, oder
• das Artefakt wird anders verortet.
244
10 - Handhabung der Artefakte
10.2.1. Artefakte, die während der Praxis am Körper getragen werden (G:22, K:1)
Für 23 Artefakte aus neun Sammelschriften des 2 . 13 . Jh. | 4. Jh. bis 6. - 7. Jh. ist die
Handhabung belegt, sie während der Praxis am Körper zu tragen. Eine weitere Beschrif¬
tung erfolgt unmittelbar auf der Brust eines Mediums. In einigen Fällen wird die Veror-
tung am Körper präzisiert, so können Artefakte:
• um den Hals gehängt,
• als Kranz oder wie ein Diadem getragen,
• an einen Arm gebunden,
• auf die "Psyche" einer lebenden Frau gelegt,
• in der Hand gehalten,
• im Mund unter der Zunge aufbewahrt,
• generell am Körper und
• speziell am Vorderkopf getragen werden.
Artefakte, die um den Hals getragen werden (G)
Zu acht Artefakten aus drei Sammelschriften aus dem 4. und 4./5. Jh. ist überliefert, dass
sie während der Praxis um den Hals getragen werden sollen. Als Schriftträger dienen
Haut (2x), Lorbeer (2x), Leinen, Lindenbast, Silber und ein nicht näher qualifizierter,
länglicher Stein. In einer Anleitung wird explizit angegeben, dass das Artefakt mit einem
Anubisfaden umgebunden werden soll, in einer anderen wird allgemeiner von einem
Riemen gesprochen.
Fünf Artefakte sind funktionsbezeichnet, vier werden als Schutzmittel verwendet, eines
zur Herbeirufung eines Beistands. Bei einem weiteren Artefakt ist die genaue Funktion
nicht sicher zu bestimmen. Sechs der sieben Artefakte werden im Rahmen einer überge¬
ordneten Praxis verwendet, die Verwendung des siebten Artefakts ist unklar. Somit kann
für keines der Artefakte eine autarke Verwendung nachgewiesen werden.
Artefakte, die als Kranz oder Diadem getragen werden (G)
Zwei Artefakte aus zwei Sammelschriften des 4. Jh. sollen als Kranz und als Diadem
von dem Praktizierenden getragen werden. Für das eine Artefakt ist Lorbeer zu beschrif¬
ten, für das andere Papyrus. Das Papyrusartefakt ist funktionsbezeichnet und soll als
Schutzmittel verwendet werden. Zu dem Lorbeerartefakt wird keine Funktion angege¬
ben. Beide Artefakte werden nicht autark, sondern eingebunden in eine übergeordnete
Praxis verwendet.
Artefakte, die um den Arm gebunden werden (G)
Zwei nicht autarke Papyrusartefakte aus derselben Sammelschrift aus dem 4. Jh. sollen
245
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
als Schutzmittel während einer Praxis verwendet werden. Während das eine ausdrück¬
lich am rechten Arm befestigt werden soll, ist das andere am linken Arm zu tragen.
Artefakt, das auf die "Psyche" einer Frau gelegt wird (G)
Ein nicht funktionsbezeichnetes und im Rahmen einer übergeordneten Praxis verwen¬
detes Papyrusartefakt aus einer Sammelschrift des 3. Jh. soll auf die Scham einer Frau
gelegt werden 1 . Das Ziel der ÜP ist es, dass die Frau Fragen, die ihr während des
Schlafs gestellt werden, wahrheitsgemäß beantwortet.
Artefakte, die in der Hand gehalten werden (G)
Drei Artefakte aus drei Sammelschriften des 2./3. Jh. | 4. Jh., 4. Jh. und 4./5. Jh. sollen
während der Praxis in der Hand gehalten werden. Für zwei Artefakte ist Lorbeer als
Schriftträger überliefert, die Angabe zu dem dritten ist unklar, möglicherweise soll Leinen
verwendet werden. Lediglich ein Artefakt ist als Schutzmittel funktionsbezeichnet. Sämt¬
liche Artefakte sind Teil einer übergeordneten Praxis und werden nicht autark verwendet.
Artefakt, das im Mund aufbewahrt wird (G)
Ein Magnetsteinartefakt aus einer Sammelschrift des 4. Jh. erfüllt die Funktionen des
Gefügigmachens einer Seele und der Traumsendung. Es ist in eine übergeordnete Pra¬
xis eingebunden und soll vom Praktizierenden im Mund unter der Zunge aufbewahrt
werden.
Artefakte, die - ohne nähere Erläuterung - am Körper getragen werden (G:3, K:1)
In vier Anleitungen aus drei Sammelschriften des 4. Jh. und des 6.-7. Jh. werden vier Ar¬
tefakte beschrieben, die während der Praxis am Körper getragen werden sollen. Nähere
Angaben zur Verödung des Artefakts werden dabei nicht gemacht. Als Schriftträger sind
Zinn, Silber und ein Magnetstein überliefert, zu einem Artefakt wird keine Materialanga¬
be gemacht. Drei Artefakte sind funktionsbezeichnet und werden als Schutzmittel ver¬
wendet. Sämtliche Artefakte sind in eine übergeordnete Praxis eingebunden und werden
nicht autark verwendet.
Artefakte, die am Vorderkopf getragen werden (G)
Ein Papyrus- und ein Lorbeerartefakt aus zwei Sammelschriften des 3. und wahrschein¬
lich 4. Jh. sollen vorne am Kopf gehalten, bzw. von einer Schläfe zur anderen gespannt
1 Siehe dazu Gregory A. Smith, The Myth of the Vaginal Soul, in: Greek, Roman and Byzantine Studies 44 (2004),
199-225.(hier besonders: 203ff.).
246
10 - Handhabung der Artefakte
werden. Eines der beiden Artefakte soll als Schutzmittel dienen, das andere ist funkti-
onsunbezeichnet. Beide Artefakte werden eingebunden in eine übergeordnete Praxis
verwendet.
10.2.2. Artefakte, die während der Praxis zerstört werden (G:18, D:3)
Die Zerstörung eines Artefakts oder dessen Beschriftung ist in 21 Anleitungen aus sie¬
ben Sammelschriften des 2./3. Jh. | 3. Jh. bis 4./5. Jh. überliefert. Eine Zerstörung kann
auf unterschiedliche Weise erfolgen:
• die Beschriftung wird abgeleckt oder getrunken,
• das Artefakt wird als Docht in einer Lampe verbrannt,
• die Beschriftung wird über einem Räuchergefäß verdampft.
Artefakte, deren Beschriftung abgeleckt und getrunken wird (G)
Fünf Beschriftungen in Anleitungen aus zwei Sammelschriften des 3. und 4. Jh. sollen
abgeleckt oder getrunken werden. In einer dieser Anleitungen werden zwei Artefakte
innerhalb derselben Praxis verwendet.
Im ersten Fall ist eine Natrontafel beidseitig zu beschriften. Die Beschriftung der einen
Seite ist daraufhin abzulecken, die der anderen Seite in Flüssigkeit zu lösen und zu
trinken. Eine zweite Natrontafel wird in einer separaten Anleitung beschrieben, die die
gleiche Praxis erläutert. Nur in einer der Anleitungen ist die Angabe überliefert, dass die
Tafel der Empfehlung des Praktizierenden an die angerufene höhere Macht dient. Beide
Artefakte werden in eingebundener Form im Rahmen einer ÜP verwendet.
Im zweiten Fall werden zwei Eier zur Reinigung des Praktizierenden beschriftet. Nach
der Verwendung der Artefakte noch innerhalb der Praxis wird die Beschriftung des einen
Eis abgeleckt, das Ei daraufhin zerstört und weggeworfen. Das andere Ei wird zerstört
und ausgetrunken und dann weggeworfen. Hierbei findet keine direkte Inkorporierung
der Beschriftung statt. In einer weiteren Anleitung wird die Beschriftung eines Lorbeer¬
blattes abgeleckt. Das Artefakt ist funktionsunbezeichnet und wird nicht autark verwen¬
det.
Das Lorbeerblatt soll gegen die Sonne gehalten und dann abgeleckt werden. Es ist funk¬
tionsunbezeichnet und wird im Rahmen einer ÜP verwendet.
Artefakte, die als Docht verbrannt werden (G: 12, D: 3)
15 Artefakte aus sechs Sammelschriften sollen verbrannt werden. Die entsprechenden
Sammelschriften werden in das 2 . 13 . Jh. | 3. Jh. bis 475. Jh. datiert. Sieben zu beschrif¬
tende Seile werden innerhalb derselben Praxis als Dochte für eine siebenschnäuzige
247
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Lampe verwendet. Als Schriftträger werden Seil (7x), Leinen (5x) und Stofflappen (2x)
angegeben, eine Angabe ist unklar. Ein einziges der Artefakte ist funktionsbezeichnet,
es handelt sich um ein Stück Leinen für eine Offenbarungspraxis. Es ist das einzige Ar¬
tefakt, das autark verwendet wird.
Die Beschriftung wird verdampft (G)
In einer Anleitung aus dem 4. Jh. erfolgt die Beschriftung innerhalb eines mit einer Flüs¬
sigkeit gefüllten Räuchergefäßes, das im weiteren Verlauf der Praxis zum Räuchern
verwendet wird. Die Beschriftung ist nicht funktionsbezeichnet und findet innerhalb einer
übergeordneten Praxis statt.
10.2.3. Artefakte, die im Inneren einer Statuette deponiert werden (G)
In fünf griechischen Anleitungen aus drei Sammelschriften des 4. Jh., 4.? und 5. Jh. |
5./6. Jh. werden Artefakte in Statuetten deponiert. Die Statuetten sind dabei von dem
Praktizierenden selbst herzustellen und werden entweder aus Wachs oder aus Holz
gemacht. Für vier Artefakte soll Papyrus als Schriftträger verwendet werden, für eines
Gold. Zu einem der Papyrusartefakte wird als alternativer Schriftträger die Luftröhre ei¬
ner Gans angegeben.
Ein einziges Papyrusartefakt ist funktionsbezeichnet, es soll explizit der Beseelung der
Statuette dienen. Vier Artefakte sind in eine übergeordnete Praxis eingebunden, bei ei¬
nem Artefakt ist die Zuordnung unklar.
10.2.4. Artefakte, die im Maul eines Tieres deponiert werden (D)
In zwei demotischen Anleitungen aus einer Sammelschrift des 3. Jh. soll das Artefakt im
Maul eines schwarzen Hundes deponiert werden. In einer Anleitung wird eine alternative
Beschriftung angegeben, so dass letztendlich drei unterschiedliche beschriftete Artefak¬
te auf diese Weise gehandhabt werden. Keines der Artefakte ist funktionsbezeichnet, sie
alle werden im Rahmen einer übergeordneten Praxis verwendet.
10.2.5. Bodenbeschriftungen (G:3, D:1)
In drei griechischen und einer demotischen Anleitung aus drei Sammelschriften des 2 . 13 .
Jh. | 3. Jh. und 4. Jh. werden Bodenbeschriftungen beschrieben. Keine davon ist funkti¬
onsbezeichnet, sie sind allesamt in übergeordnete Praxen einbezogen.
248
10 - Handhabung der Artefakte
10.2.6. Beschriftete Möbelstücke (G)
In zwei griechischen Anleitungen aus zwei Sammelschriften des 4. Jh. sollen Möbelstü¬
cke beschriftet werden, einmal ein Thron, das andere Mal ein Tisch. Beide Möbelstücke
sind nicht funktionsbezeichnet und Teil einer übergeordneten Praxis. In beiden Fällen ist
das Ziel der ÜP der Erhalt einer Offenbarung.
10.2.7. Artefakte, die auf einen Gegenstand gelegt werden (G:3, D:2)
Fünf Artefakte aus drei griechischen und zwei demotischen Anleitungen aus vier Sam¬
melschriften des 2 . 13 . Jh. | 3. Jh. bis 4. Jh. | 4. Jh.? sollen auf einen Gegenstand gelegt
werden. Zwei der griechischen Artefakte werden auf einen Dreifuß gelegt, das dritte auf
eine, oder zu Füßen einer, Hermesfigur. Eins der beiden Papyrus-Artefakte aus demo¬
tischen Anleitungen wird auf eine Lampe, wohl auf den Spiegel, gelegt, das andere auf
eine Schreibtafel zum Stundenlesen.
Keines der Artefakte ist funktionsbezeichnet, und sie werden alle jeweils im Rahmen
einer ÜP verwendet.
10.2.8. Artefakte, die auf einen Menschen gelegt werden (G)
Drei Artefakte aus einer Sammelschrift des 4. Jh. werden auf einen Menschen gelegt.
Ein Bronzeartefakt soll auf die Knie des Praktizierenden gestellt werden, ein Papyrusar¬
tefakt wird zunächst unter, und bei zweiter Verwendung auf einen Toten gelegt, und ein
Flachsblatt ist auf dem Schädel eines Toten zu platzieren.
Alle drei Artefakte werden in eine ÜP eingebunden verwendet. Das Papyrus- und das
Flachsblattartefakt sind funktionsbezeichnet. Während der Papyrus zur Erfüllung einer
Angelegenheit verwendet wird, dient das Flachsblatt ausdrücklich den Vorbereitungen
zur Vereinbarung eines Dienstes einer höheren Macht.
10.2.9. Artefakte, die unter einen Gegenstand gelegt werden (G)
Drei Artefakte aus zwei Sammelschriften des 4. und 4. Jh. | 4. Jh.? sollen unter einen
Gegenstand gelegt werden. Ein Artefakt aus Gold, Silber oder Zinn ist unter ein Räu¬
chergefäß zu legen. Unter einem Dreifuß zu befestigen ist ein Artefakt ohne Materialan¬
gabe. Das dritte Artefakt besteht aus Haut und kann entweder unter den Besitz eines
Verstorbenen, oder unter den Verstorbenen selbst gelegt werden.
Sämtliche Artefakte werden in eine ÜP eingebunden verwendet, keines ist funktionsbe¬
zeichnet.
249
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
10.2.10. Artefakte, die unter einen Menschen gelegt werden (G)
Drei Artefakte aus zwei Sammelschriften des 4. und 4./5. Jh. | 5. Jh. werden unter einen
Menschen gelegt. Der Schädel eines Esels ist unter den linken Fuß des Praktizierenden
zu legen, ein bereits besprochenes Hautartefakt kann wahlweise unter einen Verstorbe¬
nen oder etwas aus seinem Besitz gelegt werden, und ein ebenfalls bereits erwähntes
Papyrusartefakt ist bei seiner ersten Verwendung unter einen Toten zu legen, bei der
zweiter auf ihn. Dabei handelt es sich um das einzige Artefakt, zu dem ausdrücklich eine
Wiederverwendbarkeit angegeben wird.
Sämtliche Artefakte werden in eine ÜP eingebunden verwendet, das Hautartefakt ist
funktionsunbezeichnet. Der Eselsschädel dient als Schutzmittel der Handlung und der
Papyrus der Erfüllung einer Angelegenheit durch eine höhere Macht.
10.2.11. Artefakte, die zum Versiegeln verwendet werden (G)
Zwei Artefakte in zwei Anleitungen aus einer Sammelschrift des 4. Jh. werden zum Ver¬
siegeln verwendet, beide werden aus Eisen hergestellt und sind Teil einer übergeordne¬
ten Praxis. Das eine ist explizit funktionsbezeichnet, mit ihm werden Pillen versiegelt, die
im Laufe der Praxis geräuchert werden. Das zweite ist nicht funktionsbezeichnet, mit ihm
werden Schädel versiegelt, damit sie nicht ungebeten sprechen.
10.2.12. Artefakte, deren Verortung einmalig überliefert ist
Folgende Verödungen sind jeweils einmalig überliefert:
• an einer Schale zu befestigen (3. Jh., H),
• als Orakelblätter wie Karten zu ziehen und wegzulegen (Palme, 374. Jh., H),
• in einem Ring aufzubewahren (Lappen, 273. Jh. | 3. Jh., H),
• in eine Körperöffnung eines toten Katers zu stecken (3 Artefakte innerhalb einer
Praxis, keine Materialangabe, 4. Jh., H),
• zusammen mit einem toten Habicht und anderen Dingen in einen Lappen zu
wickeln (Papyrus, 475. Jh. H),
• ein zuvor getöteter Kater soll in das Artefakt eingewickelt und als darin bestattet
werden (Papyrus, 4. Jh., H)
• das Artefakt besteht aus einem Türpfosten,
• Verwendung des Artefakts als Zelt für die Weihe des Praktizierenden (in zwei
Anleitungen derselben Praxis überliefert) (Leinen, 4. Jh., H),
• Verwendung von drei zusammengebundenen Artefakten als Dreifuß (Schilfrohr,
4. Jh., H).
250
10 - Handhabung der Artefakte
10.3. Artefakte, die nach einer Praxis verwendet werden (G, D, K)
82 Artefakte werden ausschließlich nach der Praxis verwendet. Die Handhabungen
überschneiden sich dabei teilweise mit den Handhabungen der Artefakte, die während
einer Praxis an einem Artefakt durchgeführt werden. Bei drei der Artefakte kann zwar der
Zeitpunkt der Verwendung bestimmt werden, Angaben zur Handhabung werden jedoch
nicht gemacht.
Artefakte, die nach der Praxis verwendet werden, treten in 61 griechischen, acht demo¬
tischen und 13 koptischen Anleitungen aus 20 Sammelschriften des 2. Jh. bis 6.-7. Jh.
auf. Sie sind damit etwas früher belegt als Artefakte, die während der Praxis verwendet
werden.
Ein Artefakt wird nach der Praxis:
• am Körper getragen,
• zerstört,
• vergraben oder niedergelegt,
• unter einen Gegenstand gelegt,
• im Maul eines Tieres deponiert,
• im Mund eines Menschen deponiert,
• an einem vorgegebenen Ort befestigt, oder
• es handelt sich um eine Bodenbeschriftung,
• auf andere Weise gehandhabt.
Die Deponierung eines Artefakts in einer Statuette ist nicht explizit für eine Handhabung
nach abgeschlossener Praxis belegt. Artefakte, die auf diese Weise gehandhabt wer¬
den, sollen entsprechend ihre Wirkung im Verlauf der Praxis entfalten.
10.3.1. Artefakte, die nach der Praxis am Körper getragen werden (G26, D:2, K:3)
31 Artefakte aus 13 Sammelschriften des 2. Jh. bis 6.-7. Jh. sind nach der Praxis am
Körper zu tragen. Eine weitere Beschriftung erfolgt wahrscheinlich unmittelbar auf den
Zehennägeln eines Läufers, und eine auf dem Finger einer Leiche. Die Verödung eines
Artefakts am Körper wird in mehreren Fällen präzisiert, die Angaben überschneiden sich
mit den Angaben zur Verödung eines Adefakts während der Praxis. Adefakte werden
nach der Praxis:
• ohne nähere Angaben der Verödung am Körper getragen,
• um den Hals gehängt,
• an einen Arm gebunden,
• festgehalten
• während des Schlafs im Mund des Praktizierenden aufbewahrt,
• unter den Kopf gelegt,
• auf einen Körpedeil aufgelegt,
251
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
• unter einen Körperteil gelegt,
• an einem Finger getragen,
• vom Praktizierenden im Unterkleid getragen,
• in den Sandalen getragen.
Artefakte, die ohne nähere Angaben der Verortung am Körper getragen werden (G:14, K:2)
Zu 14 griechischen und zwei koptischen Artefakten aus acht Sammelschriften des 273.
Jh. | 4. Jh. bis 6.-7. Jh. ist überliefert, dass sie nach der Praxis am Körper getragen
werden sollen. In wenigen Fällen wird dabei hinzugefügt, dass das Artefakt festgebun¬
den werden soll, wie und wo genau wird dabei nicht erwähnt. Als Träger eines Artefakts
werden sowohl der Praktizierende selbst, als auch die Zielperson einer Praxis genannt.
Als Schriftträger werden verwendet Papyrus (6x), Zinn (4x), Silber (3x), Gold (2x) und
Beifuß, eine Pasitheawurzel sowie ein Oliven-/Ölblatt je einmal. Zu zwei Artefakten wird
kein Schriftträgermaterial genannt, zu drei anderen werden alternative Materialien an¬
gegeben.
Vierzehn der Artefakte sind funktionsbezeichnet. Heilung wird sechsmal angegeben,
Gunst viermal, Schutz dreimal, Freundschaft zweimal, Zornbannung, Erfolg und Be¬
wunderung je einmal. Die Papyrusartefakte werden zur Heilung und in einem Fall zum
Schutz verwendet. Für beide Funktionen werden jedoch auch andere Materialen als
Schriftträger überliefert.
Lediglich vier der Artefakte sind in eine übergeordnete Praxis eingebunden, zehn wer¬
den autark verwendet, bei einem ist eine Zuordnung nicht eindeutig möglich. Hier wird
ein deutlicher Unterschied sichtbar zwischen den Artefakten, die während einer Praxis
verwendet werden, und solchen, die nach der Praxis verwendet werden. Artefakte, die
ihre Wirkung erst nach der Praxis entfalten und am Körper getragen werden sollen,
werden überwiegend autark verwendet, im Gegensatz zu Artefakten, die ihre Wirkung
während der Praxis entfalten sollen. Diese werden fast ausschließlich in eingebundener
Form verwendet.
Artefakte, die um den Hals gehängt werden (G)
Ein autarkes Hautartefakt aus einer Sammelschrift des 3. Jh. soll zu Heilzwecken nach
der Praxis um den Hals getragen werden.
Bei einem Artefakt sind die Angaben widersprüchlich, es ist entweder vom dem Prakti¬
zierenden in den Sandalen zu tragen, oder jemandem umzuhängen 2 .
2 SAP-G-VUYA-Z-002.
252
10 - Handhabung der Artefakte
Artefakt, das an einen Arm gebunden wird (K)
Ein autark zu verwendendes Papyrusartefakt aus einer koptischen Anleitung aus dem
4.-6. Jh. soll nach der Praxis an dem rechten Arm der Zielperson befestigt werden. Es
wird autark verwendet und soll dazu dienen, vor einem Herrscher zu schützen.
Artefakt, das festgeahalten wird (G)
Ein in eine ÜP eingebunden zu verwendender Ring mit einem beschrifteten Heliotrop
aus einer griechischen Anleitung aus dem 2./3. Jh. | 4. Jh. soll nach der Praxis verwen¬
det werden. Solange der Ring nicht gebraucht wird, solle er" soll er an einem heiligen
Ort" aufbewahrt werden. Dem Ring wird keine Funktion zugewiesen.
Artefakt, das während des Schlafs im Mund aufbewahrt wird (G)
Zu einem Artefakt ist überliefert, dass es nach der Praxis von dem Praktizierenden im
Mund, und zwar unter der Zunge, aufbewahrt werden soll. Das Artefakt besteht aus
Fünffingerkraut, soll der Gedächtnisverbesserung dienen und ist Teil einer übergeord¬
neten Praxis.
Artefakte, die unter den Kopf gelegt werden (G:2, D:1)
Zwei griechische und ein demotisches Lorbeerartefakt, die nach der Praxis unter den
Kopf gelegt werden sollen, sind in drei Sammelschriften aus dem 2. und 3. Jh. über¬
liefert. Alle drei Artefakte sind nicht funktionsbezeichnet und Teil einer übergeordneten
Praxis.
Artefakte, die auf einen Körperteil gelegt werden (G:1, D:1)
Ein demotisches Artefakt aus einer Sammelschrift des 2./3. Jh. | 3. Jh. sowie ein grie¬
chisches Artefakt aus einer Sammelschrift aus dem 3. Jh. sollen auf den Körper der
Zielperson aufgelegt werden. Das griechische Artefakt wird autark verwendet, es dient
der Heilung von Migräne und soll dem Patienten auf die Stirn gelegt werden. Das demo¬
tische Artefakt istfunktionsunbezeichnet und in eine übergeordnete Praxis eingebunden.
Artefakte, die unter einen Körperteil gelegt werden (G)
Ein Artefakt aus Blei aus einer Sammelschrift des 3. Jh. soll unter die Sohle des Prak¬
tizierenden gelegt werden, eine Sandale wird nicht erwähnt. Das Artefakt wird autark
verwendet und ist mehrfach funktionsbezeichnet. Es soll dazu dienen, Zorn und Feind¬
seligkeit bannen, Gegner Verstummen zu lassen und zu Siegen (wohl vor Gericht).
253
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Artefakte, die an einem Finger getragen werden (G)
Zwei griechische Artefakte aus zwei Sammelschriften des 2./3. Jh. | 4. Jh. und 4. Jh. |
4. Jh.? sollen nach der Praxis am Finger getragen werden. In beiden Fällen handelt es
sich um Steine, die in einen Ringe gefasst werden. Ein laspachatstein ist funktionsunbe-
zeichnet in eine übergeordnete Praxis eingebunden, er wird an einem Finger der linken
Hand getragen und soll beim Schlafen an das Ohr gehalten werden. Ein Jaspis wird für
Erfolg und Glück autark verwendet und ist nach Bedarf in einem Ring zu tragen.
Artefakt, das im Unterkleid getragen wird (G)
Ein griechisches Silberartefakt aus einer Sammelschrift des 4. Jh. soll vom Praktizieren¬
den im Unterkleid getragen werden. Es ist unklar, ob es autark verwendet oder in eine
übergeordnete Praxis einbezogen werden soll. Sein Zweck ist es, dem Träger Sieg,
Ruhm, Gunst und Glück bei Männern und Frauen zu bringen.
Artefakte, die in den Sandalen getragen werden (G)
Zwei griechische Artefakte aus zwei Sammelschriften des 3. und 4./5. Jh. sollen in den
Sandalen getragen werden, bei einem Artefakt ist die Beschreibung jedoch unklar, es
wird ebenfalls angegeben, dass es umgehängt werden soll (s.o. unter "um den Hals zu
hängen"). Während das spätere Artefakt aus Blei, funktionsunbezeichnet und in eine
übergeordnete Praxis eingebunden ist, wird das frühere Artefakt autark verwendet und
soll seinem Träger Sieg, Stärke und Macht bringen. Die Materialität des Schriftträgers ist
unklar, es könnte sich um Gold oder Bronze handeln. (Siehe auch Artefakte, die unter
einen Menschen gelegt werden)
10.3.2. Artefakte, die zerstört werden (G:5, K:2)
Sieben Artefakte aus fünf griechischen und zwei koptischen Anleitungen werden nach
der Praxis zerstört. Dies geschieht auf zweierlei Weise:
• die Beschriftung wird abgeleckt oder getrunken,
• das Artefakt wird in einem Ofen verbrannt.
Artefakte, deren Beschriftung abgeleckt, getrunken oder abgewaschen wird (G)
Die Beschriftung von zwei griechischen Artefakten aus zwei Sammelschriften des 2./3.
Jh. und des 4./5. Jh. ist in Flüssigkeit aufzulösen und zu trinken. Dabei handelt es sich
einmal um ein Papyrusblatt für ein Gedächtnismittel, dessen Beschriftung mit Quell¬
wasser abzuwaschen ist. Das Artefakt wird autark verwendet. Ein anderes Mal soll die
254
10 - Handhabung der Artefakte
Beschriftung eines Weinblattes in Wein aufgelöst und von einer begehrten Person als
Liebestrank getrunken werden. In diesem Fall ist unklar, ob das Weinblatt autark oder
eingebunden verwendet wurde.
In einer weiteren griechischen Anleitung aus einer Sammelschrift des 2./3. Jh. | 4. Jh.
wird die Beschriftung einer Fledermaus beschrieben. Je nach beabsichtigtem Ziel der
Praxis wird die Fledermaus entweder frei gelassen, oder die Beschriftung wird zur Lö¬
sung der Praxis abgewaschen.
Artefakte, die verbrannt werden (G:2, K:2)
Zwei griechische Artefakte aus Anleitungen, die in das 3. und 4. Jh. datiert werden, so¬
wie zwei koptische Artefakte, deren Anleitungen eventuell in das 6.-7. Jh. (TM) datiert
werden können, werden entweder in der Fußbodenheizung eines Bades oder in einem
Badeofen verbrannt. Für die griechischen Artefakte sind Papyrus und eine Muschel als
Schriftträger überliefert. Zu einem koptischen Artefakt wird keine Materialangabe ge¬
macht, bei dem zweiten ist die Lesung unklar. Beide koptischen Artefakte werden autark
verwendet, eines davon soll sehr wahrscheinlich zu Heilzwecken verwendet werden.
10.3.3. Artefakte, die dauerhaft an einem Ort deponiert werden (G, D, K)
41 Artefakte werden nach der Praxis dauerhaft deponiert. Dies geschieht an unterschied¬
lichen Orten und auf unterschiedliche Weise. Folgende Deponierungen sind überliefert:
• Vergraben,
• in Wasser zu werfen,
• unter einem Gegenstand,
• in einem Behälter,
• im Maul eines Tieres,
• im Mund einer Mumie,
• an einer Wand befestigt.
Artefakte, die vergraben werden (G:15, D:3, K:5)
Zu 15 griechischen, drei demotischen und fünf koptischen Artefakten aus zehn Sammel¬
schriften des 2./3. Jh. | 4. bis 6.-7. Jh. ist die Angabe überliefert, dass sie nach der Praxis
vergraben werden sollen.
Die griechischen Artefakte bestehen aus Blei (5), Eiern (3), Ostraka (2), Papyrus (1),
Muschel (1) und Wachs (1). Einmal ist keine Materialangabe überliefert.
Drei Artefakte sind funktionsbezeichnet, zwei davon mehrfach: Ein Ei soll dem Praktizie¬
renden und einem Ort Gunst, Erfolg und tägliche Wohlfahrt bringen, dazu ist es unter der
Türschwelle zu vergraben. Ein Bleiartefakt dient dem Fesseln, Unterwerfen und Binden,
255
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
es ist bei einem vorzeitig Verstorbenen zu deponieren. Ein Ostrakon wird autark für die
Zerstörung von Zaubermitteln verwendet und soll dazu verborgen werden, genauere
Angaben zur Ausführung werden nicht gemacht. Alle drei Artefakte sind autark zu ver¬
wenden.
Bei einem Blei- und einem Papyrusartefakt ist unklar, ob sie autark oder eingebunden
verwendet werden sollen. Die Praxis, zu der das Bleiartefakt gehört, wird für eine nicht
näher spezifizierte Bindung durchgeführt, der Papyrus dient der Herbeiführung einer
begehrten Person.
Deponiert werden die Artefakte auf folgende Weise, wobei zu manchen Artefakten meh¬
rere Möglichkeiten angegeben werden:
• unter einer Türschwelle,
• in einem Haus,
• in dem Grab eines vorzeitig Verstorbenen,
• bei einem toten Hund (?)
• an dem Ort, an dem die Zielpersonen sich aufhalten,
• in der Nähe der Zielperson,
• an dem Ort, an dem die Praxis wirken soll,
• in einer Latrine,
• neben fließendem Wasser,
• in der Erde.
Eins der drei demotischen Artefakte besteht aus Papyrus, das zweite ist ein Ostrakon, zu
dem dritten wird kein Material angegeben.
Alle drei Artefakte werden innerhalb einer Trennungspraxis verwendet, das Papyrusar¬
tefakt im Rahmen einer übergeordneten Praxis, das Ostrakon als autarkes Artefakt, für
das dritte Artefakt kann keine Zuordnung erfolgen.
Das funktionsbezeichnete Ostrakon ist in dem Haus der Zielpersonen zu deponieren,
das funktionsunbezeichnete Papyrusartefakt soll unter der Türschwelle eines Hauses
vergraben werden. Das Artefakt ohne Materialangabe ist in einer Strasse zu vergraben,
der Genitiv zu der Strasse ist in der Anleitung zerstört, sehr wahrscheinlich wird es sich
um die Strasse handeln, in der die Zielperson entweder lebt, oder die von ihr verwendet
wird. Beide Angaben sind zu anderen Artefakten überliefert.
Zu vier der fünf koptischen Artefakte ist keine Materialangabe überliefert, bei dem fünften
Artefakt könnte es sich um Wachs handeln. Zwei Artefakte sind funktionsbezeichnet, sie
werden zur Fundamentgründung und zur Irreführung verwendet. Das Artefakt für die
Fundamentgründung soll im Fundament deponiert werden, das Artefakt zur Irreführung
ist bei einem nicht näher erläuterten Altar zu vergraben. In zwei Fällen kann die Funktion
nicht eindeutig rekonstruiert werden.
Vier der fünf Artefakte werden autark verwendet, darunter auch die beiden eindeutig
256
10 - Handhabung der Artefakte
funktionsbezeichneten. Die Artefakte sind an folgenden Orten zu deponieren:
• bei einem Altar,
• in einem Fundament,
• an dem Ort, an dem die Zielpersonen vorübergehen,
• an der Türe der Zielperson (oder dagegen zu werfen).
Zu einem Artefakt ist die Angabe des Ortes, an dem es vergraben werden soll, nicht
erhalten.
Artefakte, die in Wasser geworfen werden (G:5, D:1, K:1)
Fünf griechische, ein demotisches und ein koptisches Artefakt sollen in Wasser gewor¬
fen werden. Die fünf griechischen Artefakte finden sich in zwei Sammelschriften aus dem
з. und 4. Jh. | 4. Jh.? Zwei Zinnartefakte sind funktionsbezeichnet und werden autark
verwendet. Das eine dient der Bindung und soll in einen Fluss oder das Meer geworfen
werden. Das andere dient eines Liebespraxis und ist in das Meer zu werfen. Die übrigen
drei Artefakte sind funktionsunbezeichnet und in eine übergeordnete Praxis eingebun¬
den. Zweimal wird Blei als Schriftträger genannt, einmal Papyrus.
Zu dem Papyrusartefakt werden verschiedene Deponierungsmöglichkeiten angegeben,
и. a. ein unbenutzter Brunnen. Die Wahl des Materials und die explizite Charakterisie¬
rung des Brunnens als unbenutzt könnten dafür sprechen, dass es sich nicht um eine
Wasserdeponierung handelt, die Nähe zu Wasser jedoch relevant ist. Die beiden übri¬
gen Artefakte sind an einem Faden in einer beliebigen Strömung oder in der Strömung
eines Abflusswassers eines Bades fallen zu lassen, oder sollen in einem Brunnen, dem
Meer oder einer Wasserleitung deponiert werden.
Das demotische Papyrusartefakt wird in einer Sammelschrift des 2 . 12 . Jh. | 4. Jh. be¬
schrieben und autark zur Trennung zweier Personen voneinander verwendet. Es ist in
einem nicht näher bezeichneten Gewässer niederzulegen.
Das koptische Artefakt aus einer Sammelschrift des 6.-7. Jh. (TM) besteht aus einem
Lehmgefäß, das zur Austrocknung eines Brunnens in ebenjenen geworfen werden soll.
Es wird ebenfalls autark verwendet.
Artefakte, die unter einem Gegenstand deponiert werden (G)
Vier griechische Artefakte aus drei Sammelschriften des 3. und 4. Jh. sollen unter einem
Gegenstand deponiert werden. Zwei Artefakte werden aus Papyrus, die übrigen aus
Zinn und Lorbeerblättern hergestellt. Ein Artefakt ist funktionsbezeichnet und zudem au¬
tark zu verwenden. Das eine - aus Papyrus - soll eine Offenbarung bringen und dazu un¬
ter eine Lampe gelegt werden. Zu den drei funktionsunbezeichneten und eingebunden
verwendeten Artefakten werden drei unterschiedliche Deponierungen überliefert: eins
257
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
ist unter das Kopfkissen zu legen, das zweite über eine Lampe zu hängen oder darunter
zu legen, und das dritte ist unter ein mit Homerversen beschriftetes Eisentäfelchen zu
legen.
Artefakte, die in einem Behälter aufbewahrt werden (G)
Zwei griechische Artefakte aus zwei Sammelschriften des 4. und 5. Jh. | 5./6. Jh. sollen
in einem Behälter aufbewahrt werden. Beide Artefakte sind funktionsunbezeichnet.
Ein Artefakt ist in eine ÜP eingebunden und wird aus einem Gemisch aus Erde, Tinte
und Myrrhe hergestellt. Danach ist es in einen Bleibehälter zu legen. Das zweite Arte¬
fakt besteht aus Wachs, es wird autark verwendet und soll in einem Tongefäß an einem
dunklen Ort aufbewahrt werden.
Artefakte, die im Maul eines Tieres deponiert werden (G)
Zwei griechische Artefakte aus zwei Sammelschriften des 2./3. Jh. | 4. Jh. und 4. Jh.
sollen im Maul eines toten Tieres - einmal eines Hundes, einmal eines Katers - nieder¬
gelegt werden. Das Artefakt, das in das Maul eines Hundes gelegt werden soll, besteht
aus Haut, wird autark verwendet und soll eine begehrte Person herbeiführen. Für das
Artefakt, das im Maul eines Katers deponiert werden soll, wird kein Material angegeben.
Es wird in eine übergeordnete Praxis eingebunden und ist funktionsunbezeichnet.
Artefakt, das im Mund einer Mumie deponiert wird (D)
Ein demotisches Schilfblatt-Artefakt aus einer Sammelschrift des 2./3. Jh. | 3. Jh. soll
in den Mund einer Mumie gelegt werden. Es ist funktionsunbezeichnet und wird in eine
übergeordnete Praxis eingebunden verwendet.
Artefakte, die befestigt werden (G:2, K:1)
Zwei griechische und ein koptisches Artefakt sollen explizit befestigt werden. Die grie¬
chischen Artefakte finden sich in zwei Sammelschriften des 4. Jh., das koptische in einer
Schrift aus dem 4.-6. Jh.
Für die griechischen Artefakte ist einmal Papyrus und einmal Blei als Schriftträger über¬
liefert. Während das Papyrusartefakt funktionsunbezeichnet ist und nicht autark verwen¬
det wird, kann für das Bleiartefakt eine eindeutige Zuordnung nicht bestimmt werden.
Möglicherweise wurde es als Schadenspraktik autark verwendet. Das Papyrusartefakt
ist in einem trockenen Schwitzraum eines Bades zu befestigen, das Bleiartefakt muss
zunächst in eine Kröte eingenäht werden, bevor das Ganze an einem einheimischen
Rohr befestigt werden kann.
258
10 - Handhabung der Artefakte
Das autark zu verwendende koptische Artefakt wird auch aus Papyrus hergestellt, es
dient dem Schutz eines Schiffes, seiner Ladung und möglicherweise auch der an Bord
befindlichen Menschen. Dazu ist es an der Spitze eines Schiffsmastes zu befestigen.
10.3.4. Bodenbeschriftung (G)
In einer griechischen Anleitung aus dem 4. Jh. ist die Beschriftung des Bodens über¬
liefert, neben die sich der Praktizierende Schlafen legen soll. Eine Funktion wird nicht
genannt, die Beschriftung wird nicht autark verwendet.
10.3.5. Andere Verortung (G)
In einer griechischen Anleitung aus dem 2./3. Jh. | 4. Jh. wird die Beschriftung von Fle¬
dermausflügeln beschrieben. Abhängig von der gewünschten Wirkungsweise wird die
Beschriftung entweder abgewaschen (s.o.), oder die Fledermaus wird frei gelassen. In
beiden Fällen ist unklar, ob die Fledermaus eingebunden oder autark verwendet wird.
Das Ziel der Praxis ist es, einer Person Schlaflosigkeit zu bescheren, ggf. bis hin zum
Tod.
10.4. Artefakte, die während und nach einer Praxis verwendet werden (G)
Sieben griechische Artefakte aus fünf Sammelschriften des 3. und 4. Jh. werden sowohl
während, als auch nach der Praxis verwendet. Sämtliche Artefakte sind dabei in überge¬
ordnete Praxen eingebunden. Die Handhabungen umfassen:
• das Tragen des Artefakts am Körper,
• eine teilweise Zerstörung des Artefakts,
• die Befestigung an einem weiteren Gegenstand,
• die temporäre Deponierung auf einem Dreifuß,
• das Vergraben des Artefakts und
• die Verwendung als Kopfkissen.
Da die Verwendungen während und nach der Praxis voneinander abweichen können,
werden die Artefakte einzeln der Reihe nach besprochen.
Ein Eisenring soll während der Praxis, deren Ziel die Herbeiführung einer Frau ist, von
dem Praktizierenden getragen werden, der Zweck des Tragens wird nicht angegeben.
Nach der Praxis kann der Ring zur Lösung der verzauberten Frau verwendet werden,
indem er ihr zum Tragen gegeben wird.
Ein Gold- oder Silbertäfelchen - beide Materialien können alternativ verwendet werden
- soll während der Praxis auf einem Dreifuß und nach der Praxis vom Praktizierenden
259
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
am Körper getragen werden. Als Funktion wird für die rückseitige Beschriftung - und nur
für diese - die Lösung der herbeigerufenen höheren Macht angegeben. Das Täfelchen
selber ist nach der Praxis, z.B. in einem Handgemenge, von dem Praktizierenden bei
sich zu führen.
Ein Lorbeerartefakt ohne Funktionsbezeichnung soll während der Praxis in ein neues
Schweißtuch gewickelt und als Kopfkissen verwendet werden. Nach der Praxis ist es als
Kranz beim Schlafen neben oder auf den Kopf des Praktizierenden zu legen.
Ein funktionsunbezeichnetes Papyrusartefakt wird während der Praxis für die Durchfüh¬
rung der Anrufung verwendet, ohne dass dabei eine genaue Angabe zur Verortung des
Artefakts angegeben wird. Nach der Praxis ist es während des Schlafs vom Praktizieren¬
den in dessen rechter Hand zu halten und so unter den Kopf zu legen.
Ein Zinnartefakt ist von dem Praktizierenden sowohl während als auch nach der Praxis
um den Hals zu tragen.
10.5. Artefakte, bei denen der Zeitpunkt der Verwendung nicht eindeutig
rekonstruiert werden kann (G, D, K)
Für zehn griechische, fünf demotische und drei koptische Artefakte aus zwölf Sammel¬
schriften des 1 . 12 . Jh. bis 7. Jh. kann der Zeitpunkt der Verwendung des Artefakts nicht
eindeutig rekonstruiert werden. Dies liegt vor allem daran, dass entweder Anweisungen
zur Handhabung, oder der Verlauf einer Praxis insgesamt unklar sind. Die Artefakte sind:
• am Körper zu tragen (und Beschriftung eines lebenden Menschen)
• zu zerstören
• zu vergraben
• in den Mund (Schädel?) eines Toten zu legen
• niederzulegen und darüber hinwegzuschreiten
• ein beschrifteter Vogel ist wieder frei zu lassen (Lesung unsicher)
• in einem (heißen) Bad zu deponieren?
• unter eine Figur zu legen, die unter einen Schädel gestellt wird
• wenn Lampe = Schriftträger: neben(?) den Kopf des Praktizierenden zu stellen;
• wenn Docht = Schriftträger: in Lampe zu stecken und zu verbrennen
10.5.1. Artefakte, die am Körper getragen werden
Sechs Artefakte - ein demotisches und fünf griechische - sollen am Körper getragen wer¬
den, wobei eines festgehalten und der angerufenen höheren Macht entgegengehalten,
zwei andere unter den Kopf des Praktizierenden gelegt werden sollen. Die Anleitungen
finden sich in vier Sammelschriften aus dem 1./2. Jh. bis 5. Jh. | 5./6. Jh. Vier Artefakte
werden eingebunden verwendet, bei zweien ist unklar, ob sie autark oder eingebunden
260
10 - Handhabung der Artefakte
verwendet wurden. Im Falle einer autarken Verwendung wäre ihnen eine Heilfunktion
zugewiesen. Als Schriftträger sind Gold, Silber, Zinn, Leinen und Efeu überliefert. Die
Artefakte sind:
• von dem Praktizierenden als Kranz auf dem Kopf zu tragen,
• von dem Praktizierenden um den Hals zu tragen,
• unter den Kopf des Praktizierenden zu legen,
• am Mittelfingerzu tragen,
• in einem Hirschfell um die Beine der Zielperson zu wickeln,
• der angerufenen Göttin entgegenzuhalten.
Zwei weitere Beschriftungen aus einer griechischen und einer koptischen Anleitung er¬
folgen unmittelbarauf dem Körper eines lebenden Menschen. Die beiden Sammelschrif¬
ten werden in das 3. und 6.-7. Jh. datiert. Möglicherweise zu Offenbarungszwecken wird
in der griechischen Anleitung die Beschriftung der linken Hand beschrieben. In der kop¬
tischen Anleitung wird zu Heilzwecken der Finger der Zielperson beschriftet. Während
die Beschriftung der linken Hand als autark bezeichnet werden kann, ist die Beschriftung
des Fingers in eine ÜP eingebunden.
10.5.2. Artefakte, die zerstört werden
Ein griechisches, zwei demotische und ein koptisches Artefakt aus vier Sammelschriften
des 2./3. Jh. | 3. Jh., 2./3. Jh. | 4. Jh., 4. Jh. und 7. Jh. werden zerstört. Die beiden de¬
motischen Artefakte werden verbrannt, eines davon ist funktionsunbezeichnet, bei dem
anderen ist unklar, ob es autark verwendet oder in eine ÜP eingebunden wird, daher
kann die Funktion nicht eindeutig auf das Artefakt bezogen werden.
Die Beschriftung des griechischen Artefakts, das aus Gold gefertigt wird, ist abzulecken,
die des koptischen, das aus einer Alabastertafel besteht, in Flüssigkeit zu lösen und zu
trinken. Funktionen werden in beiden Fällen nicht angegeben, und beide Artefakte sind
in eingebundener Form im Rahmen einer ÜP zu verwenden.
10.5.3. Artefakte, die vergraben werden
Ein griechisches Papyrus-Artefakt aus einer Sammelschrift des 2./3. Jh. sowie ein de-
motisches Schilfblatt-Artefakt aus einer Schrift des 3. Jh. sollen vergraben werden. Das
demotische Artefakt ist nicht funktionsbezeichnet und wird in eine ÜP eingebunden ver¬
wendet. Bei dem griechischen ist unklar, ob es autark oder eingebunden in eine ÜP
verwendet wurde, entsprechend ist eine Funktionszuweisung nicht möglich.
261
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
10.5.4. Artefakte, die in den Mund eines Toten gelegt werden
Ein griechisches und ein demotische aus zwei Sammelschriften des 3. und 4. Jh. sind in
den Mund eines Toten zu legen. Das demotische Artefakt besteht aus einem Schilfblatt,
ist funktionsunbezeichnet und wird in eine ÜP eingebunden verwendet.
Für das griechische Artefakt wird ein Flachsblatt als Schriftträger verwendet, es dient der
Offenbarung durch die Befragung eines Leichnams und wird autark verwendet.
10.5.5. Andere Handhabungen
Ein demotisches Papyrus-Artefakt aus einer Sammelschrift des 3. Jh., das funktions¬
unbezeichnet in eine ÜP eingebunden ist, soll unter eine Statuette gelegt werden, die
wiederum unter (?) einen Schädel gestellt werden soll.
Bei einem griechischen Zinn-Artefakt aus einer Sammelschrift des 3. Jh. ist unklar, ob
es eingebunden oder autark verwendet wird, eine Funktionszuweisung ist entsprechend
nicht möglich. Es soll niedergelegt und dann darüber hinweg geschritten werden.
Ein koptisches Artefakt aus einer Sammelschrift des 6.-7. Jh. wird autark zu Heilzwecken
verwendet. Es handelt sich um einen zu beschriftenden Vogel, der wohl wieder frei ge¬
lassen werden soll.
10.6. Handhabung, Funktion und Material
Im Folgenden werden potentielle Zusammenhänge zwischen ausgewählten, wiederholt
genannten Handhabungen und einer Funktion einerseits, und ausgewählten, wiederholt
genannten Handhabungen und einem Material andererseits untersucht. In den Tabel¬
len werden nur diejenigen Artefakte aufgeführt, zu denen sowohl eine Handhabung, als
auch eine Funktion überliefert ist.
10.6.1. Funktion, Material und Handhabung: am Körper zu tragen
Die Handhabung "am Körper zu tragen" ist in 48 griechischen, vier koptischen und zwei
demotischen Anleitungen aus 15 Sammelschriften des 2. bis 6.-7. Jh. für eine eindeu¬
tige Verwendung während oder nach der Praxis überliefert. Fünf weitere griechische
Artefakte, die auch am Körper getragen werden sollen, werden - teilweise zusammen
mit anderen Handhabungen - während und nach der Praxis verwendet. Bei einer de¬
motischen und fünf griechischen Anleitungen ist der Zeitpunkt der Verwendung unklar.
Hinzugezählt werden können vier Körperbeschriftungen eines lebenden Menschen.
Insgesamt sind 58 griechische, drei demotische und vier koptische Artefakte aus 18
Sammelschriften des 1 . 12 . Jh. bis 6.-7. Jh. überliefert. Die vier Körperbeschriftungen sind
262
10 - Handhabung der Artefakte
in drei griechischen und einer koptischen Anleitung aus drei Sammelschriften des 3. und
6.-7. Jh. überliefert.
Die Handhabung setzt keinen spezifischen Schriftträger voraus, organische Materialien,
Metall und Steine sind in entsprechender Verwendung belegt. Am häufigsten belegt ist
Papyrus (15), gefolgt von Silber (9), Lorbeerblättern (8), Zinn (8), Gold (7), verschiedene
Steine (6), Haut (4), Blei (2). Weitere Materialien sind einmalig überliefert. Zu verschie¬
denen Artefakten werden eine oder mehrere Materialalternativen angegeben.
44 Artefakte werden eingebunden verwendet, 16 autark und bei fünfen ist eine Zuord¬
nung unklar. Zwei der Körperbeschriftungen werden autark verwendet, eine eingebun¬
den, bei einer ist die Zuordnung unklar.
Zu 38 Artefakten ist eine Funktion angegeben, sieben der Artefakte werden mehrere
Funktionen zugewiesen. Artefakte, die am Körper getragen werden, dienen dem Schutz
des Praktizierenden (17, Papyrus, Zinn, Silber, Haut, Lorbeerblätter u.w.), der Heilung
(8, Papyrus, Haut, Oliven-/Ölblatt, Zinn), dem Gewinn von Gunst (3, Silber, Zinn, Beifuß,
Pasitheawurzel) und der Zornbannung (2, Gold, Silber, Blei). Weitere Funktionen wer¬
den einmalig genannt.
Überwiegend, jedoch nicht ausschließlich, sind die angegebenen Funktionen nicht schä¬
digend gegen Dritte gerichtet. An schadenbringenden Funktionen überliefert sind das
Gefügigmachen einer Seele mittels eines Magnetsteinringes und das Verstummen von
Gegnern und Sieg (wohl vor Gericht) mittels einer Bleitafel.
Tabelle 10.1. Funktion, Material und Handhabung: am Körper zu tragen
Katalognummer
Sammelschrift
Datierung
P/H
Handhabung
Artefakt Funktion
Artefakt Material
SAP-G-V-GB.a-001
3. Jh.
H
am Körper zu tragen zu 1.:
vom Praktizierenden; zu 2.:
von der Zielperson
1.) während der Praxis von dem
Praktizierenden zu tragen, ohne
nähere Erklärung, 2.) Lösung der
verzauberten Frau
Eisen
SAP-G-V-GB.at-002
273. Jh. 14. Jh.
P
nach Bedarf in einem Ring
zu tragen
Erfolg und Glück für den Träger
Jaspis (luftblau), Gold
SAP-G-V-GB.a-003
4. Jh.
H
vom Praktizierenden im Mund
unter der Zunge aufzube¬
wahren
Gefügigmachen einer Seele,
Traumsendung - Träume
Magnetstein
SAP-G-V-GZB.g-003
3. Jh.
P
am Körper zu tragen
Gewinn von Liebe, Gunst, Erfolg
und Freunden
Zinn
SAP-G-V-Z-001
273. Jh. 14. Jh.
P
am Körper zu tragen vom
Praktizierenden
Gunst, Freundschaft und Be¬
wunderung
Beifuß, Pasitheawur¬
zel
SAP-G-VUYA-Z-002
3. Jh.
P
widersprüchlich: vom P in
den Sandalen zu tragen oder
jemandem umzuhängen
Sieg, Stärke und Macht für den
Träger
unklar: Gold? Bronze?
SAP-G-V-GZB.g-001
3. Jh.
P
unter die Sohle des Prakti¬
zierenden zu legen
Zorn u. Feindseligkeit bannen,
Verstummen Gegner; Sieg (wohl
vor Gericht)
Blei
SAP-G-XY-G-002
4. Jh. 14. Jh.?
H
von einer Schläfe zur
anderen des Praktizierenden
zu spannen
keine Angabe
Papyrus
SAP-G-V-G-013
4. Jh.
H
in der Hand zu halten vom
Praktizierenden
keine Angabe
Lorbeer Blätter
263
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
SAP-G-V-G-006
4. Jh.
H
um den Hals zu tragen vom
Praktizierenden
keine Angabe
Gold
SAP-G-VU0-B.t-OO1
273. Jh. 14. Jh.
H
Ring muss festgehalten wer¬
den und ist zu "Verwenden"
keine Angabe
Heliotrop
SAP-G-V-GZ-002
3. Jh.
H
während: in ein neues
Schweißtuch gewickelt als
Kopfkissen zu verwenden;
nach: als Kranz beim
Schlafen neben od. auf den
Kopf zu legen
keine Angabe
Lorbeer Blätter
SAP-G-X-G-002
4. Jh.
H
als Kranz zu tragen vom
Praktizierenden
keine Angabe
Lorbeer Blätter
SAP-G-XY0-GB.a-OO2
4. Jh.
H
während: Durchführung der
Anrufung o. nähere Angabe
der Verortung; nach: während
des Schlafs vom Prakti¬
zierenden in dessen rechter
Hand zu halten und so unter
den Kopf zu legen
keine Angabe
Papyrus
SAP-G-V-GB.a-006
475. Jh.
H
an einem Anubisfaden um
den Hals zu tragen vom
Praktizierenden
keine Angabe
Stein (lang)
SAP-G-X-K-001
4. Jh.
H
am Körper zu tragen vom
Praktizierenden
keine Angabe
Silber
SAP-G-VU0-G-OO2
4. Jh.
H
als Kranz auf dem Kopf zu
tragen von dem Prakti¬
zierenden
keine Angabe
Efeu
SAP-G-VUYA-G-008
475. Jh.
H
in die rechte Sandale des
Praktizierenden zu legen
keine Angabe
Blei
SAP-G-V-G-014
273. Jh. 14. Jh.
H
in der Hand zu halten vom
Praktizierenden
keine Angabe
unklar: Leinen?
SAP-D-V-DB.p-001
273. Jh. | 3. Jh.
H
auf den Körper der Zielperson
zu legen
keine Angabe
Papyrus
SAP-G-VU0-B.a-OO1
4. Jh. 14. Jh.?
H
an einem Finger der linken
Hand zu tragen und beim
Schlafen an das Ohr zu
halten am Körper zu tragen
keine Angabe
laspachat
SAP-G-XI-G-001
3. Jh.
H
an den Kopf des Prakti¬
zierenden zu legen
keine Angabe
Lorbeer Blatt
SAP-G-V-GZ-006
3. Jh.
H
am Körper zu tragen auf die
"Psyche" einer lebenden Frau
zu legen
keine Angabe
Papyrus
SAP-G-X-G-001
4. Jh.
H
vom Praktizierenden am
Körper zu tragen
keine Angabe
Gold
SAP-G-X0-OO2
2. Jh.
H
unter den Kopf der Zielperson
oder alternativ an eine andere
Stelle zu legen, die in der
Vorlage nicht erhalten ist
keine Angabe
Lorbeer Blatt
SAP-D-V-GH-001
3. Jh.
H
während des Schlafs unter
den Kopf zu legen
keine Angabe
Lorbeer Blatt
SAP-G-VUI-001
3. Jh.
H
unter den Kopf des Prakti¬
zierenden zu legen
keine Angabe
Leinen
SAP-K-VUY-003
4.-6. Jh.
H
der Zielperson umzubinden
keine Angabe
Papyrus
SAP-G-XI-G-002
172. Jh.
H
rekonstruiert: der an¬
gerufenen Göttin entgegen¬
zuhalten
keine Angabe oder zerstört
unklar: Papyrus?
SAP-G-V-G-016
4. Jh.
H
um den Hals zu tragen vom
Praktizierenden
Beistand
Lorbeer Wurzel
SAP-G-V-G-015
4. Jh.
H
um den Hals zu tragen vom
Praktizierenden
Beistand
Lorbeer Wurzel
SAP-G-V-Z-003
4. Jh.
H
während des Schlafs im
Mund des Praktizierenden
unter der Zunge aufzube¬
wahren
Gedächtnismittel
Fünffingerkraut
264
10 - Handhabung der Artefakte
SAP-K-VU0-OO1
6.-7. Jh.
P
am Körper zu tragen
Gunst
keine Angabe
SAP-G-V-G-022
3. Jh.
P
am Körper zu tragen von der
Zielperson
Heilung (Auge)
Papyrus
SAP-G-V-G-023
3. Jh.
P
am Körper zu tragen von der
Zielperson
Heilung (Fieber)
Papyrus
SAP-G-V-Z-008
3. Jh.
P
am Körper zu tragen von der
Zielperson
Heilung (Fieber)
Oliven-/Ölblatt
SAP-G-V-G-058
3. Jh.
P
am Körper zu tragen von der
Zielperson
Heilung (Gebärmutter)
Zinn
SAP-G-VU0-OO8
4. Jh.
H
am Körper zu tragen von der
Zielperson
Heilung (Gift)
Papyrus
SAP-G-V-GZ-007
3. Jh.
P
um den Hals zu tragen
Heilung (Husten)
Haut
SAP-G-VUI-GZ-003
3. Jh.
P
auf die Schläfe der Zielperson
zu legen
Heilung (Migräne)
Haut
SAP-G-V-Z-010
3. Jh.
P
am Körper zu tragen
Heilung (Skorpionstich)
Papyrus
SAP-G-V-GZ-001
4. Jh.
H
während der Praxis auf einen
Dreifuß zu legen und nach
der Praxis am Körper zu
tragen vom Praktizierenden
Lösung einer Macht (Teilfunktion
der Rückseite)
Gold, Silber
SAP-G-VUI-GZB.t-001
3. Jh.
P
am Körper zu tragen
Schutz (Dämonen, Gespenster,
Krankheit, Leiden)
Gold, Zinn, Silber,
Papyrus
SAP-G-VU0-OO2
4. Jh.
H
am Körper zu tragen
Schutz (Seele/Leben)
Haut
SAP-G-V-G-061
4. Jh.
H
am Körper zu tragen von der
Zielperson
Schutz (unspezifiziert)
Zinn
SAP-K-VUY-012
6.-7. Jh.
H
am Körper zu tragen vom
Praktizierenden
Schutz (unspezifiziert)
keine Angabe
SAP-G-V-Z-013
4. Jh.
H
am Körper zu tragen von der
Zielperson nach der Praxis
Schutz (unspezifiziert)
keine Angabe
SAP-G-VU0-OO1
4. Jh.
H
am Körper zu tragen
Schutz (unspezifiziert)
Haut
SAP-K-VUY-005
4.-6. Jh.
P
an dem rechten Arm der
Zielperson zu befesteigen
Schutz (vor einem Herrscher)
Papyrus
SAP-G-V-G-009
4. Jh.
H
um den Hals zu tragen vom
Praktizierenden
Schutzmittel der Handlung
Leinen
SAP-G-V-G-042
4. Jh.
H
wie ein Diadem um den Kopf
zu tragen vom Prakti¬
zierenden
Schutzmittel der Handlung
Papyrus
SAP-G-V-G-011
3. Jh.
H
vorne am Kopf zu halten vom
Praktizierenden
Schutzmittel der Handlung
Lorbeer Blatt
SAP-G-V-G-059
3. Jh.
H
um den Hals zu tragen vom
Praktizierenden - am Körper
zu tragen
Schutzmittel der Handlung
Zinn
SAP-G-V-K-001
4. Jh.
H
am linken Arm zu tragen vom
Praktizierenden
Schutzmittel der Handlung
Papyrus
SAP-G-V-GB.a-004
4. Jh.
H
am Körper zu tragen vom
Praktizierenden
Schutzmittel der Handlung
Magnetstein
SAP-G-V-Z-006
4./5. Jh.
H
in der Hand zu halten vom
Praktizierenden
Schutzmittel der Handlung
Lorbeer Blätter
SAP-G-V-G-041
4. Jh.
H
am rechten Arm zu tragen
vom Praktizierenden
Schutzmittel der Handlung
Papyrus
SAP-G-V-G-055
4. Jh.
H
an einem Riemen zu tragen
vom Praktizierenden
Schutzmittel der Handlung
Silber
SAP-G-V-G-062
4. Jh.
H
am Körper zu tragen von der
Zielperson
Schutzmittel der Handlung für die
Zielperson
Zinn
SAP-G-V-Z-011
4. Jh.
U
am Körper zu tragen von P
oderZ, abhängig von gewün¬
schter Wirkungsweise
U: Gunst
Silber
265
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
SAP-G-X-G-012
5. Jh. | 576. Jh.
U
am Mittelfinger der rechten
Hand zu tragen (?)
U: Heilung (Auge) (Schutz?
Verbesserung?
keine Angabe oder
Angabe zerstört
(Ring?)
SAP-D-VU YA-Gs-001
273. Jh. | 3. Jh.
U
in einem Hirschfell um die
Beine zu wickeln
U: Heilung (Gicht) ÜP?
Silber, Zinn
SAP-G-VUYA-G-002
4. Jh.
U
am Hals zu tragen vom
Praktizierenden
U: Schutzmittel der Handlung
Lindenbast
SAP-G-VUYA-GB.a-005
4. Jh.
U
im Unterkleid zu tragen vom
Praktizierenden
U: Sieg, Ruhm, Gunst und Glück
bei Männern und Frauen mit
der Möglichkeit, eine Person
besonders hervorzuheben
Silber
SAP-G-V-GZB.g-002
475. Jh.
P
am Körper zu tragen vom
Praktizierenden
Zornbannung
Gold, Silber
SAP-G-V-G-019
3. Jh.
H
Beschriftung eines lebenden
Menschen
keine Angabe
Brust
SAP-G-V-GB.t-001
3. Jh.
P
Beschriftung eines lebenden
Menschen
rek.: Offenbarung
Hand (linke)
SAP-G-VUI-GZ-005
3. Jh.
P
Beschriftung eines lebenden
Menschen
Sieg (Läufer)
unklar: Zehennägel
SAP-K-XY-002
6.-7. Jh.
U
Beschriftung eines lebenden
Menschen
U: Heilung (jede Art)
Finger (Mensch)
10.6.2. Funktion, Material und Handhabung: zu Vergraben
Die Handhabung "zu Vergraben" ist in 15 griechischen, drei demotischen und fünf kop¬
tischen Anleitungen aus Sammelschriften des 2./3. Jh. | 4. Jh. bis 6.-7. Jh. überliefert.
Hinzu kommt ein griechisches Artefakt aus einer Sammelschrift des 4. Jh., das sowohl
während, als auch nach der Praxis verwendet wird. Bei einem weiteren griechischen Ar¬
tefakt aus einer Schrift des 2 . 13 . Jh. sowie einem weiteren demotischen aus einer Schrift
des 3. Jh. ist der Zeitpunkt der Verwendung unklar.
Die Handhabung ist für organische Schriftträger, Blei, Ostraka und Wachs belegt. Am
häufigsten ist Blei angegeben (5), gefolgt von Papyrus (4), Ostraka (3) und Eiern (3).
Eine Muschel, ein Schilfblatt und Wachs sind einmalig überliefert, wobei es sich bei einer
unklaren Angabe eventuell ebenfalls um Wachs handeln könnte.
Sechs Artefakte sind funktionsbezeichnet, zwei davon erfüllen mehrere Funktionen. Bei
weiteren sieben ist unklar, ob sie autark oder eingebunden verwendet werden, entspre¬
chend kann nicht bestimmt werden, ob die Funktionsbezeichnung auf eine ÜP oder das
Artefakt zu beziehen ist. Die übrigen Artefakte sind funktionsunbezeichnet.
Keine eindeutig zuzuweisende Funktion ist für mehrere Artefakte überliefert. Artefakte,
die vergraben werden sollen, dienen der Zerstörung von Zaubermitteln (Ostrakon), der
Trennung (Ostrakon), dem Fesseln, der Unterwerfung und der Bindung (Blei), dem Ge¬
winn von Gunst, Erfolg und täglicher Wohlfahrt für den Praktizierenden und einen Ort
(Ei), der Fundamentgründung (unklar: Wachs?) und der Irreführung (ohne Materialan¬
gabe).
Artefakte, die vergraben werden sollen, erfüllen sowohl Funktionen, die sich gegen Dritte
richten, als auch Funktionen, die eine Person oder einen Ort schützen sollen.
266
10 - Handhabung der Artefakte
Elf Artefakte werden eingebunden verwendet, acht autark und bei sieben ist eine Zuord¬
nung unklar.
Tabelle 10.2. Funktion, Material und Handhabung: zu Vergraben
Katalognummer
Sammelschrift
Datierung
P/H
Handhabung
Artefakt Funktion
Artefakt Material
SAP-G-VUI-GZ-001
3. Jh.
P
bei einem vorzeitig Verstorbenen
niederzulegen
Fesseln, Unterwerfen und
Bindung
Blei
SAP-G-V-G-002
2./3. Jh. 14. Jh.
P
unter einer Türschwelle zu vergraben
Gunst, Erfolg und tägliche
Wohlfahrt für den Prakti¬
zierenden und einen Ort
Ei
SAP-G-V-G-056
4. Jh.
H
an einem Sarg eines vorzeitig o. ge¬
waltsam Gestorbenen bei Sonnenunter¬
gang niederzulegen
keine Angabe
Wachs
SAP-D-XYAS-D-001
273. Jh. 14. Jh.
H
unter der Türschwelle eines Hauses zu
vergraben
keine Angabe
Papyrus
SAP-K-VU0-OO3
6.-7. Jh.
H
zu vergraben an dem Ort, an dem die
Zielpersonen vorübergehen
keine Angabe
keine Angabe
SAP-G-VUI-G-010
475. Jh.
H
an dem Ort, an dem die Praxis wirken
soll, zu vergraben
keine Angabe
Papyrus
SAP-G-VUY-G-001 VI
3. Jh.
H
zu vergraben in einem Brunnen, der
Erde, dem Meer, einer Wasserleitung
oder einem Sarg
keine Angabe
Blei
SAP-G-VUI-G-008
4. Jh.
H
an einem Gefäß zu befestigen, das auf
einem Dreiweg verborgen werden soll
keine Angabe
keine Angabe
SAP-G-V-G-020
273. Jh. 14. Jh.
H
zu vergraben an dem Ort, an dem die
Zielpersonen sich aufhalten
keine Angabe
Ostrakon
SAP-G-V-G-018
4. Jh.
H
im Grab eines vorzeitig Verstorbenen
zu vergraben
keine Angabe
Muschel
SAP-G-VU0l-GZB.g-OO1
V1/2
4. Jh. 14. Jh.?
H
im Grab eines vorzeitig Verstorbenen
zu vergraben; alternativ; in einem
unbenutzten Brunnen
keine Angabe
Blei
SAP-G-VUI-GZ-002
4. Jh.
H
an einem Sarg eines vorzeitig o. ge¬
waltsam Gestorbenen bei Sonnenunter¬
gang niederzulegen
keine Angabe
Blei
SAP-D-XYAS-D-002
3. Jh.
H
nicht ganz eindeutig: 1.) während der
Praxis / in den Mund (Schädel?) eines
Toten zu legen; 2.) nach der Praxis / zu
verbergen
keine Angabe
Schilfblatt
SAP-G-XY-001
3. Jh.
U
neben fließendem Wasser zu ver¬
graben; weitere Angabe nicht mehr
erhalten
keine Angabe; unklar ÜP/HG
keine Angabe
oder Angabe
zerstört
SAP-G-VU YA-G B. a-001
4. Jh.
U
vergraben niederzulegen, wohl ge¬
genüber / in der Nähe der Zielperson
U: Bindung
Blei
SAP-G-X-GZ-002*
5. Jh. | 576. Jh.
U
ein Ei ist in einer Latrine niederzule¬
gen, das andere in einem Haus zu
vergraben
U: keine Angabe oder nicht
erhalten
Ei
SAP-G-X-GZ-001*
5. Jh. | 576. Jh.
U
ein Ei ist in einer Latrine niederzule¬
gen, das andere in einem Haus zu
vergraben
U: keine Angabe oder nicht
erhalten
Ei
SAP-G-X-G-006
4. Jh.
U
bei einem toten (Hund?) niederzulegen
(Lesung nicht ganz eindeutig)
U: Liebe (Herbeiführung)
Papyrus
SAP-D-XYAS-D-003
273. Jh. 14. Jh.
U
in einer Strasse zu vergraben, der
zugehörige Genitiv ist nicht erhalten
U: Trennung
keine Angabe
SAP-K-X0-OO2
6.-7. Jh.
P
zu vergraben; Ortsangabe nicht
erhalten
unsicher
keine Angabe
SAP-K-X0-OO1
6.-7. Jh.
P
teilweise rek: an die Türe der Zielperson
zu werfen oder dort zu vergraben
unsicher Schutz? Schaden?
keine Angabe
SAP-K-VUY-007
6.-7. Jh. (TM)
P
in einem Fundament zu vergraben
Fundamentgründung
unklar: Wachs
SAP-K-VU0-OO2
6.-7. Jh.
P
bei einem Altar zu vergraben
Irreführung
keine Angabe
267
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
SAP-D-XY-GB.a-001
2./3. Jh. 14. Jh.
P
in dem Haus der Zielpersonen zu
deponieren
Trennung
Ostrakon
SAP-G-X-G-004
2 . 13 . Jh.
U
Niederzulegen; weitere Angaben sind
zerstört
U: Liebe (Herbeiführung)
unklar ÜP, HG
Papyrus
SAP-G-V-GZ-004
4. Jh.
P
zu verbergen (ohne nähere Angabe)
Zerstörung von Zaubermit¬
teln
Ostrakon
10.6.3. Funktion, Material und Handhabung: zu Zerstören /zu Verbrennen
Die Handhabung "zu Zerstören / zu Verbrennen" wird in 14 griechischen, drei demoti¬
schen und zwei koptischen Anleitungen aus sieben Sammelschriften des 2./3. Jh. | 3. Jh.
bis 4./5. Jh., bzw. 6.-7. Jh. (TM) überliefert. Sieben griechische Artefakte werden inner¬
halb derselben Praxis als Dochte einer siebenschnauzigen Lampe verwendet.
Es sind die organischen Schriftträger Leinen (5), Lappen (2), Seil (7, s.o.) und Ei belegt,
jedoch keine Metalle und Steine 3 . Zwei Funktionen sind überliefert, je einmal Heilung und
Offenbarung. 16 der Artefakte werden in eine ÜP eingebunden verwendet, drei autark.
Artefakte, die verbrannt werden, werden entweder als Dochte verwendet, oder sollen in
die Feuerstelle eines Bades geworfen werden.
Tabelle 10.3. Funktion, Material und Handhabung: zu Zerstören / zu Verbrennen
Katalognummer
Sammelschrift
Datierung
P/H
Handhabung
Artefakt Funktion
Artefakt Material
SAP-G-V-G-054*
3. Jh.
H
in eine Lampe zu stecken und zu
verbrennen
keine Angabe
Seil
SAP-G-V-G-049*
3. Jh.
H
in eine Lampe zu stecken und zu
verbrennen
keine Angabe
Seil
SAP-G-V-G-050*
3. Jh.
H
in eine Lampe zu stecken und zu
verbrennen
keine Angabe
Seil
SAP-G-V-G-051*
3. Jh.
H
in eine Lampe zu stecken und zu
verbrennen
keine Angabe
Seil
SAP-D-VUYA-Gs-002
V1/2
2 . 13 . Jh. | 3. Jh.
H
wird verbrannt
keine Angabe
Leinen
SAP-D-VUYA-Gs-003
V2/2
2 . 13 . Jh. | 3. Jh.
H
wird verbrannt
keine Angabe
Leinen
SAP-G-V-GB.a-007
4. Jh.
H
in eine Lampe zu stecken und zu
verbrennen
keine Angabe
Lappen
SAP-G-XY0-GB.a-OO1
4. Jh.
H
entweder in die Fußbodenheizung
eines Bades zuwerfen, oder alternativ
über eine Lampe zu hängen oder
darunter zu legen
keine Angabe
Papyrus
SAP-G-V-G-048*
3. Jh.
H
in eine Lampe zu stecken und zu
verbrennen
keine Angabe
Seil
SAP-G-V-G-053*
3. Jh.
H
in eine Lampe zu stecken und zu
verbrennen
keine Angabe
Seil
SAP-D-V-GsZ-002
2 . 13 . Jh. | 3. Jh.
H
wird verbrannt
keine Angabe
Leinen
SAP-G-VUY-G-010
4. Jh.
H
in eine Lampe zu stecken und zu
verbrennen
keine Angabe
Lappen
SAP-G-VU0-OO6
3. Jh.
H
in die Fußbodenheizung eines Bades
zu werfen
keine Angabe
Muschel
3 Dies ist besonders interessant, da aus der Praxis zahlreiche nur zur Hälfte erhaltene Hämatitgemmen überliefert
sind. Siehe für einen schnellen Überblick die "Campbell Bonners Magical Gems Database": www.classics/mfab.hu/
talismans (Stand: April 2013).
268
10 - Handhabung der Artefakte
SAP-G-V-G-010
4./5. Jh.
H
wird verbrannt
keine Angabe
Leinen
SAP-G-X-G-008
3. Jh.
H
in eine Lampe zu stecken und zu
verbrennen
keine Angabe
unklar: Leinen?
(Docht)
SAP-G-V-G-052*
3. Jh.
H
in eine Lampe zu stecken und zu
verbrennen
keine Angabe
Seil
SAP-K-VUY-008
6.-7. Jh. (TM)
P
in einen Badeofen zu werfen
unsicher
unklar: Münze
oder Fliege/
Libelle?
SAP-K-VUY-010
6.-7. Jh. (TM)
P
in einen Badeofen zu werfen
Heilung (unspezifiziert)
keine Angabe
SAP-G-V-G-008
3. Jh.
P
wird verbrannt
Offenbarung (Traum) -
Träume
Leinen
10.6.4. Funktion, Material und Handhabungen: zu Zerstören / zu Trinken, Abzu¬
lecken oder Abzuwaschen
Die Handhabungen "zu Trinken" oder "Abzulecken" ist für zehn griechische und ein
koptisches Artefakt aus sieben Sammelschriften des 2./3. Jh. bis 7. Jh. überliefert. Ab¬
gesehen von den bereits o.g. beiden Eiern werden Natron, Papyrus, ein Perseablatt,
ein Weinblatt, ein Lorbeerblatt, ein Fledermausflügel, Gold und eine Alabastertafel als
Schriftträger verwendet, eine äußerst bunte Mischung.
Zu fünf Artefakten - darunter die beiden Eier - ist eine Funktion angegeben: das Papy¬
rusartefakt wird als Gedächtnismittel verwendet, die Natrontafel zur Empfehlung an die
angerufene höhere Macht. Ein Perseablatt dient der Erhörung des Praktizierenden und
seinem Schutz während der Praxis. Das Gedächtnismittel wird autark verwendet, bei
zwei Artefakten kann nicht eindeutig festgestellt werden, ob sie autark oder eingebunden
verwendet werden, die übrigen Artefakte sind alle Teil übergeordneter Praxen.
Bei sechs Artefakten ist die Beschriftung abzulecken, zwei der Artefakte werden beid¬
seitig beschriftet und die Beschriftung der zweiten Seite ist mit Flüssigkeit abzuwaschen
und dann zu trinken. Die Beschriftung von drei anderen Artefakten ist ebenfalls in Flüs¬
sigkeit zu lösen, in zwei Fällen ist sie von dem Praktizierenden, in einem Fall - einer
Liebespraxis - von der Zielperson zu trinken. Von den beiden Eiern wird eins abgeleckt,
das andere ausgetrunken, bevor beide weggeworfen werden. Die Beschriftung der Fle¬
dermausflügel wird lediglich abgewaschen, sie ist nicht zu trinken. In einigen Anleitungen
wird die Flüssigkeit angegeben, in der die Beschriftung aufgelöst werden soll, dazu ge¬
hören: Quellwasser, Wein und eine Mischung aus Milch von einer schwarzen Kuh und
meerwasserfreiem Wein.
Tabelle 10.4. Funktion, Material und Handhabung: zu Trinken, Abzulecken oder Abzuwa¬
schen
Katalognummer
Sammelschrift
Datierung
P/H
Handhabung
Artefakt Funktion
Artefakt Material
SAP-G-V-G-046
4. Jh.
H
Beschriftung muss abge¬
leckt werden, Schriftträger
wird dann in ein Salbgefäß
gelegt
Erhörung des
Praktizierenden und
Schutzmittel der
Handlung
Persea
269
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
SAP-G-VU0-OO5
4. Jh.
H
Beschriftung wird abgeleckt
keine Angabe
Lorbeer Blatt
SAP-K-XY-001
7. Jh.
H
die Beschriftung ist in
Flüssigkeit aufzulösen und
zu trinken
keine Angabe
Alabastertafel
SAP-G-VU0-GB.a-OO2
4. Jh.
H
abzulecken und zu trinken
keine Angabe
Natron
SAP-G-VUY-G-004
4. Jh.
H
Beschriftung ist abzulecken
keine Angabe
Gold
SAP-G-VU0-GB.a-OO3
4. Jh.
H
abzulecken und zu trinken
Empfehlung
Natron
SAP-G-V-G-043
4./5. Jh.
P
die Beschriftung wird in
Quellwasser gelöst und
getrunken
Gedächtnismittel
Papyrus
SAP-G-VUY-G-003*
3. Jh.
H
wird abgeleckt und dann
zerstört
Reinigung
Ei
SAP-G-VUY-G-002*
3. Jh.
H
wird zerstört, ausgetrunken
und dann weggeworfen /
zerstört -auflösen
Reinigung
Ei
SAP-G-XYA-G-001
2./3. Jh.
U
in Wein aufzulösen und von
der Zielperson zu trinken
U: Liebe (allgemein)
Weinblatt
SAP-G-VUYA-GB.a-003
2./3. Jh. 14. Jh.
U
Die beschriftete Fledermaus
wird entweder frei gelassen,
oder die Beschriftung wird
zur Lösung abgewaschen
U: Schlaflosigkeit
Fledermausflügel
10.6.5. Funktion, Material und Handhabung: in das Maul eines Tieres zu legen
Die Handhabung "in das Maul eines Tieres zu legen" ist in zwei griechischen und drei
demotischen Anleitungen aus drei Sammelschriften des 273. Jh. | 4. Jh., 3. Jh. und 4.
Jh. überliefert. Bei einem der demotischen Artefakte handelt es sich um eine alternative
Beschriftung. Dreimal ist Papyrus als Schriftträger überliefert, einmal Haut. Zu einem
Artefakt wird kein Material angegeben.
Das griechische Hautartefakt ist das einzige funktionsbezeichnete und autark verwen¬
dete Artefakt, es dient der Herbeiführung einer begehrten Person. Die übrigen Artefakte
sind in übergeordnete Praxen eingebunden, eine Funktion wird ihnen nicht ausdrücklich
zugewiesen. Die Artefakte sind in das Maul eines schwarzen Hundes einer Balsamie-
rungswerkstatt, eines Schakals aus Ton, eines toten Katers und eines toten Hundes zu
legen.
Tabelle 10.5. Funktion, Material und Handhabung: in das Maul eines Tieres zu legen
Katalognummer
Sammelschrift
Datierung
P/H
Handhabung
Artefakt Funktion
Artefakt Material
SAP-G-VUI-G-009
2./3. Jh. 14. Jh.
H
in das Maul eines toten
Katers zu legen
keine Angabe
keine Angabe
SAP-D-X-DB.a-001
3. Jh.
H
in das Maul eines
schwarzen Hundes einer
Balsamierungswerkstatt
zu legen
keine Angabe
Papyrus
SAP-D-X-DB.t-001
3. Jh.
H
in das Maul eines
schwarzen Hundes einer
Balsamierungswerkstatt
zu legen
keine Angabe
Papyrus
SAP-D-VU1-003
3. Jh.
H
in das Maul eines Schakals
aus Ton zu legen
keine Angabe
Papyrus
SAP-G-VUI-G-003
4. Jh.
P
in das Maul eines toten
Hundes zu legen
Liebe (Her¬
beiführung)
Haut
270
10 - Handhabung der Artefakte
10.6.6. Funktion, Material und Handhabung: in den Mund eines Toten zu legen
Die Handhabung "in den Mund eines Toten zu legen" ist in einer griechischen und drei
demotischen Anleitungen aus drei Sammelschriften des 2 . 13 . Jh. | 3. Jh. bis 4. Jh. über¬
liefert. Zwei der demotischen Artefakte werden in derselben Anleitung mit unterschied¬
lichen Funktionen und unterschiedlichen Handhabungen beschrieben. Dreimal ist ein
Schilfblatt als Schriftträger überliefert, einmal Flachs.
Das Flachsblatt-Artefakt erfüllt die Funktion einer Offenbarung, ein Schilfblatt soll dazu
dienen, Träume zu erhalten und Träume senden zu können. Beide Artefakte werden
autark verwendet. Die beiden anderen Artefakte sind funktionsunbezeichnet und werden
in eingebundener Form verwendet. Die Artefakte sind in den Mund eines Leichnams (3)
und eines Totenschädels (1) zu legen.
Tabelle 10.6. Funktion, Material und Handhabung: in den Mund eines Toten zu legen
Katalognummer
Sammelschrift
Datierung
P/H
Handhabung
Artefakt Funktion
Artefakt Material
SAP-D-V-Z-002 (Fl)
273. Jh. 13. Jh.
H
in den Mund einer Mumie zu legen
keine Angabe
Schilfblatt
SAP-D-V-Z-002 (F2+3)
273. Jh. 13. Jh.
P
in den Mund einer Mumie zu legen; bei
Traumempfang: beim Schlafen unter den
Kopf zu legen
Träume zu erhalten,
Träume zu senden
Schilfblatt
SAP-D-XYAS-D-002
3. Jh.
H
nicht ganz eindeutig: 1.) während der
Praxis in den Mund (Schädel?) eines
Toten zu legen; 2.) nach der Praxis zu
verbergen
keine Angabe
Schilfblatt
SAP-G-V-G-003
4. Jh.
P
in den Mund eines Leichnams zu legen
Offenbarung - Befragung
eines Leichnams
Flachs
10.7. Zusammenfassung
Angaben zur Handhabung eines Artefakts sind in 194 der 268 Anleitungen überliefert.
Sie beinhalten neben der Beschreibung der eigentlichen Handlungen, die an oder mit
einem Artefakt durchgeführt werden sollen, in der Regel zwei weitere Komponenten:
eine räumliche und eine zeitliche. 87 Artefakte werden während der Praxis, 82 nach der
Praxis und sieben sowohl während als auch nach der Praxis verwendet, bei 18 Artefak¬
ten ist die Bestimmung des Zeitpunkts der Handhabung nicht eindeutig möglich.
Zu 54 wurden keine Angaben zur Handhabung überliefert, in sieben Anleitungen waren
Handlungsanweisungen möglicherweise vorhanden, sind jedoch heute zerstört, und 13
Handlungsanweisungen sind unklar.
Die Anwendung eines fertig gestellten Artefakts während der Praxis ist in griechischen,
demotischen und koptischen Anleitungen belegt, in koptischen jedoch nur einmal. Die
Anwendung nach der Praxis ist ebenfalls in griechischen, demotischen und koptischen
Anleitungen überliefert, im Fall der koptischen Praxen allerdings deutlich häufiger als
während der Praxis, im Fall der griechischen und demotischen etwas seltener. Artefakte,
die sowohl während, als auch nach der Praxis verwendet werden, sind ausschließlich
271
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
in griechischen Anleitungen belegt. Siehe Tabelle 10.7. für eine Übersicht über das Vor¬
kommen mehrfach belegter Handlungen und deren Zeitpunkt in Bezug auf die Durch¬
führung einer Praxis.
Tabelle 10.7. Übersicht über das Vorkommen mehrfach belegter Handlungen und deren
Zeitpunkt in Bezug auf die Durchführung einer Praxis
Handhabung
total
während (87)
Sas: 15
G:76, D:10, K:1
2./3. Jh. | 3. Jh. bis 6.-7. Jh.
nach (82)
Sas: 20
G:61, D:8, K:13
2. Jh. bis 6.-7. Jh.
während und nach (7 Arte¬
fakte mit div. Handhabungen)
Sas: 5
G:7
3. und 4. Jh.
unklar
(18)
Zeitraum
am Körper zu tragen
65
Sas: 9
G:22, K:1
2./3. Jh. 14. Jh. bis 6.-7. Jh.
Sas: 13
G:26, D:2, K:3
2. Jh. bis 6.-7. Jh.
Sas: 4
G:5
3. und 4. Jh.
6
2. Jh. - 6.-7. Jh.
Vergraben
26
...
Sas: 10
G:15, D:3, K:5
2 . 13 . Jh. 14. bis 6.-7. Jh.
Sas: 1
G:1
4. Jh.
2
2 . 13 . Jh. - 6.-7. Jh.
Verbrennen
19
Sas: 6
G:12, D:3
2./3. Jh. | 3. Jh. bis 4./5. Jh.
Sas: 3
G:2, K:2
3.Jh.,4. Jh. und 6.-7. Jh.
(TM)
...
...
2 . 13 . | 3. Jh. - 6.-7.
Jh. (TM)
Ablecken / Trinken /
Abwaschen
11
Sas: 2
G:5
3. und 4. Jh.
Sas: 3
G:3
2 . 13 . Jh. und des 4./5. Jh.
Sas: 1
G:1
4. Jh.
2
2 . 13 . Jh. - 475. Jh.
+ 7. Jh.
Deponierung unter
einem Gegenstand
8
Sas: 2
G:3
4. und 4. |4.7 Jh.
Sas: 3
G: 4
3. und 4. Jh.
...
1
3. -4. Jh.
Wasserdeponierung
7
...
Sas: 4
G:5, D:1, K:1
2 . 13 . Jh. 14. Jh. bis 6.-7.
Jh. (TM)
...
...
2 . 13 . | 4. Jh - 6.-7.
Jh. (TM)
Deponierung auf
einem Gegenstand
6
Sas: 4
G:3, D:2
2./3. Jh. | 3. Jh. bis 4. Jh.
| 4. Jh.?
...
Sas: 1
G:1
4. Jh.
...
273. Jh. | 3. Jh.
bis 4. Jh. | 4. Jh.?
Deponierung in einer
Statuette
5
Sas: 3
G: 5
4. Jh., 4.? und 5. Jh. |
5. /6. Jh.
...
...
...
4. Jh., 4.? und 5.
Jh. | 576. Jh.
im Maul eines Tieres
5
Sas: 1
D:3
3. Jh.
Sas: 2
G:2
2 . 13 . Jh. 14. Jh. und 4. Jh.
...
...
273.14. Jh., 3.
Jh., 4. Jh.
Bodenbeschriftung
4
Sas: 3
G:3, D:1
2./3.13. Jh. und 4. Jh.
Sas: 1
G:1
4. Jh.
...
...
2 . 13 . | 3. Jh. und
4. Jh.
Deponierung unter
einem Menschen
4
Sas: 2
G:3
4. und 4./5. Jh. | 5. Jh.
...
Sas: 1
G:1
3. Jh.
...
3. - 5. Jh.
Körperbeschriftung
4
Sas: 1
G.1
3. Jh.
Sas: 1
G:1
3. Jh.
...
2
3. Jh. + 6.-7. Jh.
im Mund eines
Toten n
3(4)
...
Sas: 1
D:1 (2)
2./3. Jh. | 3. Jh.
...
2
273. | 3. Jh. -4.
Jh.
Deponierung auf
einem Menschen
3
Sas: 1
G:3
4. Jh.
...
...
4. Jh.
Befestigung an
einem Ort
3
...
Sas: 3
G:2, K:1
4. Jh. und 4.-6. Jh.
...
...
4. Jh. und 4.-6. Jh.
Möbelstück
2
Sas: 2
G:2
4. Jh.
...
...
...
4. Jh.
Versiegeln
2
Sas: 1
G:2
4. Jh.
...
...
...
4. Jh.
Deponierung in
einem Gefäß
2
...
Sas: 2
G:2
4. und 5. | 5./6. Jh.
...
...
4. und 5. | 576. Jh.
einzeln belegte
Handhabungen
14
13
...
1
3
272
10 - Handhabung der Artefakte
Von den 194 Artefakten werden lediglich 42 autark verwendet, 133 sind in eine ÜP ein¬
gebunden, und bei 19 ist die Zuordnung unklar. Am Körper zu tragende Artefakte werden
zu rund zwei Dritteln im Rahmen einer ÜP in eingebundener Form verwendet. Artefakte,
die verbrannt werden, treten noch häufiger in dieser Weise auf. Bei Wasserdeponierun¬
gen ist die Anzahl autarker Artefakte gegenüber eingebundenen ungefähr ausgeglichen,
wobei die geringe Überlieferungszahl zu berücksichtigen ist.
Am häufigsten soll ein Artefakt am Körper getragen werden (65), hinzugezählt werden
können vier Körperbeschriftungen. Mit einigem Abstand folgen Vergraben (26) und Ver¬
brennen (19) sowie die Vereinleibung der Beschriftung durch Ablecken oder Auflösen
in einer Flüssigkeit, die dann getrunken wird (11). Sieben Artefakte sollen in Wasser
deponiert werden. Fünf Artefakte werden in dem Maul eines Tieres aufbewahrt, und vier
sollen in den Mund eines Leichnams gelegt werden. Verschiedene weitere Handhabun¬
gen werden einmalig oder zweimalig genannt.
Die drei häufigsten Handhabungen des fertigen Artefakts sind auch gleichzeitig die einzi¬
gen, die in griechischen, demotischen und koptischen Anleitungen überliefert sind.
Die Deponierung eines Artefakts in dem Mund eines Toten oder dem Maul eines Tieres
ist lediglich für den begrenzten Zeitraum des 2./3. | 3. Jh. -4. Jh. belegt, wohingegen die
übrigen hier im Detail untersuchten, häufiger überlieferten Handhabungen jeweils über
annähernd den gesamten Bearbeitungszeitraum belegt sind.
Materialspezifische oder funktionsspezifische Handhabungen sind bei den mehrfach
belegten Handhabungen nicht nachweisbar. Es werden jedoch einige Materialien von
bestimmten Handhabungen ausgeschlossen, so werden Metalle und Steine z.B. nicht
zerstört, obwohl zerstörte Hämatite mehrfach archäologisch überliefert sind 4 .
In Tabelle 10.7. auf der nächsten Seite werden die häufigsten Handhabungen, ihr Vor¬
kommen, Materialien und Funktionen gegenübergestellt.
4 s.o.Anm.2.
273
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Tabelle 10.7. Die häufigsten Handhabungen, verbunden mit Funktion und Material
Handhabung
G
D
K
total
P/H/U
Artefakt Material
(Mehrfachnennungen)
Artefakt Funktion
(Mehrfachnennungen)
Anzahl Sam¬
melschriften
Sammelschrift
Datierung
am Körper
zu tragen
58
3
4
65
P:16,
H:44,
U:5
Papyrus (15), Silber (9),
Lorbeerblätter (8), Zinn (8),
Gold (7), div. Steine (6), Haut
(4), Blei (2)
Schutz (17), Heilung
(8), Gunst (3), Zorn-
bannung (2)
15
2. Jh. - 6.-7. Jh.
Vergraben
17
4
5
26
P:8,
H:11,
U:7
Blei (5), Papyrus (4), Ostraka
(3), Eier (3)
keine Merhfach-
nennungen
13
2 . 13 . Jh. - 6.-7.
Jh.
Verbrennen
14
3
2
19
P:3,
H:16
Leinen (5), Lappen (2), Seil
(7, für 7 Dochte innerhalb
einer Praxis)
keine Merhfach-
nennungen
7
2 . 13 . | 3. Jh. -
6.-7. Jh. (TM)
Ablecken /
Trinken
10
-
1
11
P:1,
H:8,
U:2
Ei (2), Natron (2)
Reinigung (2, beide
Eier werden innerhalb
derselben Praxis
verwendet)
7
2 . 13 . Jh. -475.
Jh. + 7. Jh.
Wasserde¬
ponierung
5
1
1
7
P:4,
H:3
Papyrus (2), Zinn (2), Blei (2)
keine Merhfach-
nennungen
4
2 . 13 . | 4. Jh - 6.-
7. Jh. (TM)
im Maul
eines Tieres
2
3
-
5
P:1,
H:4
Papyrus (3)
keine Merhfach-
nennungen
3
2 . 13 . | 4. Jh., 3.
Jh., 4. Jh.
im Mund
eines
Menschen
1
3
-
4
P:2,
H:2
Schilfblatt (3, davon einmal
dasselbe Artefakt mit and.
Funktion und Handhabung)
Träume zu senden (2)
3
2 . 13 . | 3. Jh. -
4. Jh.
Körperbe¬
schriftung
3
-
1
4
P:2,
H:1,
U:1
keine Mehrfachnennungen der
zu beschriftenden Körperteile
keine Merhfach-
nennungen
3
3. Jh. + 6.-7.
Jh.
274
11 - Funktionen der Artefakte
11. Funktionsbezeichnete Artefakte
11.1. Übersicht
95 Artefakte, davon 78 aus griechischen, vier aus demotischen und 13 aus koptischen
Anleitungen, sind eindeutig funktionsbezeichnet. 13 der Artefakte wird mehr als eine
Funktion zugeschrieben. Die Anleitungen sind in 19 Sammelschriften aus dem 2./3. Jh. |
3. Jh. bis 6.-7. Jh. überliefert. 40 der Artefakte sind in eine übergeordnete Praxis einge¬
bunden, 54 werden autark verwendet, ein Artefakt tritt - abhängig von der erwünschten
Funktion - in beiden Kontexten auf.
Es werden der Reihe nach die mehrfach (mind. 3x) vorkommenenden Funktionen mit
der Materialität des Schriftträgers und der Handhabung kontextualisiert. Dies sind:
• Schutz
• Heilung
• Offenbarung
• Liebe/Herbeiführung
• Gunst
• Schlaflosigkeit
Für die Kontextualisierung von Funktion und Beschriftungselementen siehe das Kapitel
über die Beschriftung. Ziel ist es herauszufinden, ob Zusammenhänge zwischen den
einzelnen Parametern bestehen, und welcher Art diese Zusammenhänge sein könnten.
Am Ende des Kapitels werden in Tabelle 11.7. sämtliche 95 funktionsbezeichneten Arte¬
fakte einzeln aufgeführt.
Nicht besprochen werden hier jene Funktionen, die den übergeordneten Praxen einge¬
bundener Artefakte zugeschrieben werden.
11.2. Funktion, Material und Handhabung
11.2.1. Schutz
18 griechische und vier koptische Artefakte werden zu Schutzzwecken hergestellt. Der
chronologische Rahmen der Überlieferung umspannt das 3. bis 6.-7. Jh. (TM). Lediglich
vier der Artefakte werden autark verwendet, die Mehrheit der 16 eingebundenen Artefak¬
te dient als Schutzmittel während der Handlung. Für die Sammelschriften bedeutet dies,
dass die in ihnen überlieferten schrifttragenden „Amulette“ mehrheitlich nicht für einen
Klienten als Auftragsarbeit hergestellt werden sollten oder konnten, und auch nicht als
dauerhaft wirkmächtige Schutzmittel verstanden wurden, sondern für den Praktizieren¬
den selbst gedacht waren und räumlich und zeitlich in ihrer Funktion begrenzt vorgestellt
waren.
275
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Schutz wurde benötigt: während der Praxis für den Praktizierenden (11 x), während der
Praxis für die Zielperson (Ix), unspezifiziert (6x), vor Dämonen, Gespenstern, Krankheit,
Leiden (Ix), für Schiffe, deren Ladung und möglicherweise auch für die an Bord befindli¬
chen Menschen (Ix), für Seele und Leben (Ix), vor einem Herrscher (Ix).
Papyrus ist als Schriftträger 6x überliefert, Zinn 4x, Silber 3x, Haut und Lorbeer je 2x,
Gold, Leinen, Magnetstein, Persea und ein Eselsschädel je Ix. Zweimal wird keine An¬
gabe zum Schriftträger gemacht, eine Lesung ist unklar.
17 der Artefakte sind am Körper zu tragen, eines ist unter den linken Fuß des Praktizie¬
renden zu legen. Ein Artefakt ist an der Spitze eines Schiffsmastes zu befestigen und bei
einem Artefakt muss zuerst die Beschriftung abgeleckt und der Schriftträger dann in ein
Salbgefäß gelegt werden. Zweimal wird keine Angabe zur Handhabung gemacht.
Tabelle 11.1. Übersicht Funktion und Material: Schutz
Funktion
Material
Sprachen
Anleitung
P/H
Sammel¬
schriften
Zeitraum
Handhabung/Verortung
Schutz
Papyrus (6), Zinn (4), Silber (3),
Haut (2), Lorbeer (2), Gold (1),
Leinen (1), Magnetstein (1), Per¬
sea (1), Eselsschädel (1)
G (18).
K (4)
P (4), H (18)
8
3. bis 6.-7. Jh. (TM)
am Körper zu tragen (17),
an Schiffsmast zu befesti¬
gen (1), abzulecken (1)
11.2.2. Heilung
13 griechischen und drei koptischen Artefakten wird eine heilende Funktion zugeschrie¬
ben. 15 der Artefakte werden autark verwendet. Der chronologische Rahmen der Über¬
lieferung umspannt das 3. bis 6.-7. Jh. (TM).
Geheilt werden sollen: Husten (3x), Augen (2x), Fieber (2x), die Gebärmutter, Gift, Fie¬
ber, Kälte, Migräne, ein Besessener, ein Skorpionstich und Magen- u. Kopfschmerzen.
Papyrus ist 5x als Schriftträger überliefert, Haut 4x, Zinn 2x, ein Uterusstein, ein Oliven¬
oder Ölblatt und Leinen je Ix. Eine Angabe ist nicht eindeutig zu entziffern, einmal wird
kein Schriftträger genannt.
Acht der Artefakte sind am Körper zu tragen, eines ist in einen Badeofen zu werfen. Bei
einem Artefakt ist die Lesung nicht eindeutig, wahrscheinlich soll ein beschrifteter Vogel
freigelassen werden. Sechsmal wird keine Angabe zur Handhabung gemacht.
Tabelle 11.2. Übersicht Funktion und Material: Heilung
Funktion
Material
Sprachen
Anleitung
P/H
Sammel¬
schriften
Zeitraum
Handhabung/Verortung
Heilung
Papyrus (5), Haut (4), Zinn (2),
Uterusstein (1), Oliven-/Ölblatt (1),
Leinen (1)
G (13).
K (3)
P (15), H (1)
5
3. bis 6.-7. Jh. (TM)
am Körper zu tragen (8),
in Badeofen zu werfen
(1), fliegen zu lassen (?)
276
11 - Funktionen der Artefakte
11.2.3. Offenbarung
Sieben griechische Artefakte - darunter zwei, die innerhalb derselben Praxis hergestellt
werden und eine funktionale Einheit bilden - werden für den Erhalt einer Offenbarung
hergestellt. Die Anleitungen sind in zwei Sammelschriften aus dem 2. und 3. Jh. überlie¬
fert. Die beiden zusammengehörenden Artefakte werden eingebunden verwendet, vier
Artefakte autark. Ein Artefakt kann sowohl eingebunden als auch autark verwendet wer¬
den.
Drei Offenbarungen sollen durch einen Traum vermittelt werden, eine Offenbarung ge¬
schieht mit Hilfe eines Leichnams. Ein Artefakt dient ausdrücklich der Bestimmung des
Inhalts der Offenbarung - der Praktizierende kann hier entscheiden, worüber genau er
Auskunft erhalten möchte.
Die beiden zusammengehörenden Artefakte werden aus Schilfrohren hergestellt. Pa¬
pyrus, Leinen, Eisen, Flachs und die linke Hand eines Menschen werden je einmal als
Schriftträger genannt.
Die Handhabungen der einzelnen Artefakte sind sehr unterschiedlich. Die beiden Schilf¬
rohre werden zusammen mit einem dritten zu einem Dreifuß zusammengebunden. Ein
Artefakt wird verbrannt, eins unter eine Lampe gelegt, eins wird in den Mund eines
Leichnams gelegt, ein anderes muss hingegen entweder einem Sterbenden oder dem
Körper eines hingerichteten Verurteilten umgehängt werden. Eine Beschriftung erfolgt
auf einem lebenden Menschen.
Tabelle 11.3. Übersicht Funktion und Material: Offenbarung
Funktion
Material
Sprachen
Anleitung
P/H
Sammel¬
schriften
Zeitraum
Handhabung/Verortung
Offenbarung
Schilfrohr (2), Papyrus
(1), Leinen (1), Eisen
(1), Flachs (1)
G (7)
P (4). H (2),
P+H (1)
2
3.-4. Jh.
zu einem Dreifuß zusammenzubinden (2,
gehören zusammen), einem Sterbenden
umzuhängen (1), an den Körper eines hinge¬
richteten Verurteilten zu hängen (1), zu Ver¬
brennen (1), unter eine Lampe zu legen (1),
in den Mund eines Leichnams zu legen (1)
11.2.4. Liebe/Herbeiführung
Fünf griechische und ein demotisches Artefakt werden zum Zweck der Herbeiführung
einer begehrten Person (3x) oder einem nicht näher spezifizierten Gewinn von Liebe
(3x) hergestellt. Die zugehörigen Anleitungen sind in drei Sammelschriften des 2 . 13 . Jh. |
3. Jh. bis 4. Jh. überliefert. Sämtliche sechs Artefakte werden autark verwendet. Zinn ist
als Schriftträger 2x überliefert, Papyrus, Leinen, Haut und Muschel je einmal.
Die angegebenen Handhabungen sind sehr individuell, keine tritt zweimal auf. Ein Arte¬
fakt ist am Körper zu tragen, ein in das Maul eines toten Hundes zu legen, und eins soll
in das Meer geworfen werden 1 .
1 Für eine interessante, kulturübergreifende Studie zu zeitgenössisch praktizierter Magie siehe: Paul C. Rosenblatt,
Communication in the Practice of Love Magic, in: Social Forces, Vol. 49, No. 3 (1971), 482-487.
277
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Tabelle 11.4. Übersicht Funktion und Material: Liebe/Herbeiführung
Funktion
Material
Sprachen
Anleitung
P/H
Sammel¬
schriften
Zeitraum
HandhabungA/erortung
Liebe/Her¬
beiführung
Zinn (2), Papyrus (1),
Leinen (1), Haut (1),
Muschel (1)
G (5), D (1)
P (6)
3
2 . 13 . Jh. 13. Jh. -4. Jh.
am Körper zu tragen (1), im Maul
eines toten Hundes zu deponieren
(1), in das Meer zu werfen (1)
11.2.5. Gunst
Drei griechische und zwei koptische Artefakte sollen den Zweck des Gunstgewinns erfül¬
len. Die Anleitungen sind in vier Sammelschriften aus dem 2 . 13 . Jh. 14. Jh., 3. Jh. und 6.-
7. Jh. überliefert. Sämtliche Artefakte werden autark verwendet. Als Schriftträger werden
angegeben: Beifuß, oder alternativ Pasitheawurzel, Zinn und ein Finger, möglicherweise
einer Leiche. Einmal wird kein Material genannt.
Dreimal soll das Artefakt am Körper getragen werden, ein Artefakt ist unter einer Tür¬
schwelle zu vergraben, und eine Beschriftung erfolgt auf einem Finger.
Tabelle 11.5. Übersicht Funktion und Material: Gunst
Funktion
Material
Sprachen
Anleitung
P/H
Sammel¬
schriften
Zeitraum
Handhabung/Verortung
Gunst
Beifuß (1), Pasitheawurzel
(1), Zinn (1), Finger, mögli¬
cherweise einer Leiche (1)
G (3), K (2)
P(5)
4
2 . 13 . Jh. | 4. Jh., 3.
Jh. und 6.-7. Jh.
am Körper zu tragen (3), unter einer
Türschwelle zu vergraben (1)
11.2.6. Schlaflosigkeit
In zwei griechischen Sammelschriften aus dem 3. und 3./4. Jh. werden drei Artefak¬
te beschrieben, die Schlaflosigkeit bewirken sollen. Sämtliche Artefakte werden autark
verwendet. Als Schriftträger werden angegeben eine Fledermaus, eine Muschel und ein
Gemisch aus Kleie, Sandelholz und Essig. Zu keinem der Artefakte wird eine Deponie¬
rungsangabe gemacht.
Tabelle 11.6. Übersicht Funktion und Material: Schlaflosigkeit
Funktion
Material
Sprachen
Anleitung
P/H
Sammel¬
schriften
Zeitraum
HandhabungA/erortung
Schlaflosigkeit
Fledermaus (1), Muschel (1), Gemisch
aus Kleie, Sandelholz und Essig (1)
G (3)
P (3)
2
3. und 3./4. Jh.
keine Angaben
11.3. Zusammenfassung
95 der 268 untersuchten Artefakte wird explizit eine Funktion zugewiesen. Sie sind in
Anleitungen aus 19 Sammelschriften seit dem 2 . 13 . Jh. | 3. Jh. und bis in das 6.-7. Jh.
überliefert. 40 der Artefakte werden in eine übergeordnete Praxis eingebunden, 54 hin¬
gegen autark verwendet, ein Artefakt tritt - abhängig von der erwünschten Funktion - in
278
11 - Funktionen der Artefakte
beiden Kontexten auf. Bei der Mehrheit der funktionsbezeichneten Artefakte handelt es
sich also um Artefakte, die im Zentrum einer Praxis stehen und die Praxis konstituieren.
Die frühesten funktionsbezeichneten Artefakte werden in zwei demotischen Anleitungen
aus der bilinguen Sammelschrift P. Leiden I 383 = pdm xiv aus dem 2./3. Jh. | 3. Jh be¬
schrieben. Sie werden 1.) zur Herbeiführung einer begehrten Person, und 2.) für das Er¬
halten und für das Senden von Träumen verwendet. In beiden Fällen handelt es sich um
autarke Artefakte. Das Senden und Erhalten von Träumen wird nicht näher beschrieben,
es steht in keinem klaren Offenbarungskontext 2 .
Die frühesten funktionsbezeichneten Artefakte aus drei griechischen Anleitungen sind
in der - ebenfalls bilinguen - Sammelschrift P. Leiden I 384 = PGM XII, pdm xii aus dem
2.12. Jh. | 4. Jh. belegt. Sie sollen 1.) Erfolg und Glück, 2.) Gunst, Freundschaft und
Bewunderung und 3.) Gunst, Erfolg und tägliche Wohlfahrt für den Praktizierenden und
einen Ort bringen.
Eins der demotischen Artefakte wird in Demotisch und mit einer Tierdarstellung beschrif¬
tet, das zweite ausschließlich mit Zauberzeichen. Bemerkenswert ist, dass zwei der drei
frühen griechischen Artefakte die gleichen Beschriftungsmuster aufweisen, allerdings
wird keine Tierdarstellung verwendet, sondern eine anthropomorphe. Das dritte griechi¬
sche Artefakt wird ausschließlich mit S-Elementen beschriftet. Bild- und Zeichenelemen¬
te treten damit parallel zu Schriftelementen bereits auf den frühesten zurzeit bekannten
Belegen funktionsbezeichneter schrifttragender Artefakte aus Praxisanleitungen auf. Die
frühesten Belege für S-Elemente datieren in das 172. Jh.
Noch bemerkenswerter ist, dass die Zauberzeichen für das demotische Artefakt - das
nach der aktuellen Datierung den frühesten Beleg für die Anwendung von Zauberzeichen
auf funktionsbezeichneten Artefakten in Sammelschriften darstellt - die gleichen forma¬
len Eigenschaften aufweisen wie die Zauberzeichen, die archäologisch bereits seit dem
späten 1. Jh. in Europa nachweisbar sind 3 , jedoch keinerlei formale Parallelen zu der
einzigen weiteren Gruppe an Zauberzeichen aufweisen, die in anderen demotischen An¬
leitungen vorkommt und hauptsächlich aus hieroglyphenähnlichen Zeichen zusammen¬
gesetzt ist. Würde man P. Leiden I 384 = PGM XII, pdm xii konsequent nach Dieleman in
das 273. | 3. Jh. datieren, wäre die Verwendung von Zauberzeichen in etwa zeitgleich für
demotische und griechische Artefakte belegt. Archäologische und historische Quellen,
ebenso wie die Sammelschriften, legen einen griechischen Ursprung der Zauberzeichen
nahe 4 . Auch die Verwendung des terminus technicus xapaKTfjpes, der in einer demoti¬
schen Anleitung, in diversen koptischen Schriften, aber auch in hebräischen und aramäi¬
schen Texten übernommen wird, spricht für einen griechischen Ursprung. Dies bringt die
Frage auf, ob der Schreiber des demotischen Textes entweder einen griechischen Text
kopierte, oder ein griechisches Element in eine demotische Praxis integrierte. Letzteres
2 Siehe für eine demotische Traumsendungspraxis mit dem Ziel, einen Menschen dazu zu bringen, einem anderen
Gold, Silber u.a. zu geben, SAP-D-X-DB.t-001.
3 Mir liegt allerdings keine Photographie der Zeichen vor. lediglich eine Umzeichnung.
4 Siehe K. Dzwiza, An Introduction to the occurrence, application, and accessability of ancient magical signs (vorauss.
2014).
279
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
wiederum könnte dafür sprechen, dass es sich, zumindest bei dieser Anleitung, um eine
originäre Praxiskomposition handelt. Das sind allerdings Überlegungen, für die es keine
weiteren Belege gibt.
Artefakte, die dem Gewinn von Gunst dienen sollen, sind über den längsten Zeitraum
in den Sammelschriften belegt, ihre Überlieferung umfasst das 2./3. Jh. | 4. Jh., 3. Jh.
und 6.-7. Jh. Für das 5. Jh. gibt es bisher jedoch keine Quelle, und für das 4. Jh. ledig¬
lich die umstritten datierte Sammelschrift P. Leiden I 384 = PGM XII, pdm xii. Nur wenig
später datieren die frühesten Belege funktionsbezeichneter Schutz- und Heilartefakte,
die ebenfalls bis in das 6.-7. Jh. in Anleitungen überliefert sind. Über den kurzen Zeit¬
raum des 3. und 4. Jh. sind funktionsbezeichnete Artefakte belegt, die der Offenbarung
dienen. Für das 2.12. | 3. bis 4. Jh. sind Artefakte überliefert, denen die Funktion der
Herbeiführung/Liebe zugewiesen wird. Die drei Artefakte, die Schlaflosigkeit bewirken
sollen, werden in das 3. und 3./4. Jh. datiert.
Die Untersuchung der mehrfach überlieferten Funktionen innerhalb der Gruppe funkti¬
onsbezeichneter Artefakte hat ergeben, dass eine Funktion weder exklusiv mit einem
bestimmten Material, noch mit einer bestimmten Handhabung in Verbindung gebracht
werden kann. Im Gegenteil, insbesondere das Material ist äußerst vielfältig. So liegen für
22 Schutzartefakte zehn unterschiedliche Schriftträgerangaben vor, jedoch nur drei un¬
terschiedliche Handhabungen. Zu 16 Heilartefakten sind sechs unterschiedliche Schrift¬
träger überliefert, jedoch ebenfalls nur drei Handhabungen. Für die fünf Gunstartefakte
sind vier unterschiedliche Schriftträger angegeben, und zwei Handhabungen. Bei den
sieben Offenbarungsartefakten sieht es ein wenig anders aus, hier sind fünf Schriftträger
und sechs Handhabungen überliefert.
Es fällt allerdings auf, dass Blei als Schriftträger nicht vorkommt. Dies trifft jedoch nur be¬
dingt zu, insofern, dass es zwar für drei funktionsbezeichnete Artefakte belegt ist, keine
dieser Funktionen jedoch mehrfach in den Sammelschriften genannt wird.
In Tabelle 11.7. werden sämtliche funktionsbezeichneten Artefakte, und, soweit angege¬
ben, ihre Materialität und ihre Funktion/en zusammengefasst.
Tabelle 11.7. Gesamtübersicht Funktion, Material und Deponierung
Katalognr.
P/H
Artefakt Funktion
Artefakt
Material
Handhabung
Sammelschrift
Datierung
SAP-G-V-GB.a-001
H
1.) während der Praxis von dem
Praktizierenden zu tragen, ohne
nähere Erklärung, 2.) Lösung
der verzauberten Frau
Eisen
am Körper zu tragen zu 1.: vom
Praktizierenden; zu 2.: von der
Zielperson
3. Jh.
SAP-G-V-GB.at-002
P
Erfolg und Glück für den Träger
Jaspis (luft¬
blau), Gold
nach Bedarf in einem Ring zu tragen
273. Jh. 14. Jh.
280
11 - Funktionen der Artefakte
SAP-G-V-G-065
Di¬
ver¬
se
erfolgreiche Flucht, Of¬
fenbarung, Sieg (Sport), Beliebt¬
heit, Verlängerung des Lebens
eines vorzeitig Verstorbenen
Eisen
keine Angabe
4. Jh.
SAP-G-V-G-046
H
Erhörung des Praktizierenden
und Schutzmittel der Handlung
Persea
Beschriftung muss abgeleckt
werden, Schriftträger wird dann in
ein Salbgefäß gelegt
4. Jh.
SAP-G-VUI-GZ-001
P
Fesseln, Unterwerfen und
Bindung
Blei
vergraben bei einem vorzeitig
Verstorbenen niederzulegen
3. Jh.
SAP-G-V-GB.a-003
H
Gefügigmachen einer Seele,
Traumsendung - Träume
Magnetstein
im Mund unter der Zunge aufzube¬
wahren vom Praktizierenden
4. Jh.
SAP-G-V-GZB.g-003
P
Gewinn von Liebe, Gunst,
Erfolg und Freunden
Zinn
am Körper zu tragen
3. Jh.
SAP-G-V-G-002
P
Gunst, Erfolg und tägliche
Wohlfahrt für den Prakti¬
zierenden und einen Ort
Ei
unter einer Türschwelle zu ver¬
graben
2 . 13 . Jh. | 4. Jh.
SAP-G-V-Z-001
P
Gunst, Freundschaft und
Bewunderung
Beifuß, Pa-
sitheawurzel
am Körper zu tragen vom Prakti¬
zierenden
2 . 13 . Jh. | 4. Jh.
SAP-G-VUYA-G-009
P
Schlaflosigkeit und Kummer
Gemisch:
Kleie-Sandel-
holz-Essig
keine Angabe
3./4. Jh.
SAP-G-VUYA-Z-002
P
Sieg, Stärke und Macht für den
Träger
unklar: Gold?
Bronze?
widersprüchlich: vom P in den
Sandalen zu tragen oder jemandem
umzuhängen
3. Jh.
SAP-D-V-Z-002
(F2+3)
P
Träume zu erhalten, Träume zu
senden
Schilfblatt
in den Mund einer Mumie zu legen;
bei Traumempfang: beim Schlafen
unter den Kopf zu legen
2 . 13 . Jh. | 3. Jh.
SAP-G-V-GZB.g-001
P
Zorn u. Feindseligkeit bannen,
Verstummen Gegner; Sieg
(wohl vor Gericht)
Blei
z unter die Sohle des Prakti¬
zierenden zu legen
3. Jh.
SAP-K-V-KZB.g-001
P
Austreibung Dämonen (Heilung
Besessener)
Uterusstein
keine Angabe
6. Jh. oder früher
SAP-K-VUY-002
P
Austrocknung Brunnen
Lehmgefäß
in einen Brunnen zu werfen
6.-7. Jh. (TM)
SAP-G-V-G-016
H
Beistand
Lorbeer
Wurzel
um den Hals zu tragen vom Prakti¬
zierenden
4. Jh.
SAP-G-V-G-015
H
Beistand
Lorbeer
Wurzel
um den Hals zu tragen vom Prakti¬
zierenden
4. Jh.
SAP-G-V-G-004
H
Beseelung einer Statue
Papyrus,
Luftröhre
einer Gans
in einer Statue zu deponieren
4. Jh. 14. Jh.?
SAP-G-VU0YA-
GZ-001
P
Bindung
Zinn
in einen Fluss oder das Meer zu
werfen
3. Jh.
SAP-G-VU0-
GB.a-003
H
Empfehlung
Natron
abzulecken und zu trinken
4. Jh.
SAP-G-VUI-
GB.a-002
H
Erfüllung einer Angelegenheit
Papyrus
unter einen Toten zu legen, bei
zweiter Verwendung auf einen Toten
zu legen
4. Jh.
SAP-K-VUY-007
P
Fundamentgründung
unklar:
Wachs
in einem Fundament zu vergraben -
Deponierung
6.-7. Jh. (TM)
SAP-G-V-Z-003
H
Gedächtnismittel
Fünffinger¬
kraut
während des Schlafs im Mund des
Praktizierenden unter der Zunge
aufzubewahren
4. Jh.
SAP-G-V-G-043
P
Gedächtnismittel
Papyrus
die Beschriftung wird in Quellwasser
gelöst und getrunken
475. Jh.
SAP-K-VU 0-001
P
Gunst
keine Angabe
am Körper zu tragen
6.-7. Jh.
SAP-K-VUY-001
P
Gunst
Finger
(Leiche?)
auf den Finger einer Leiche zu
schreiben
6.-7. Jh. (TM)
SAP-K-VUY-006
P
Heilung (Auge)
unklar: Vogel
(?), Spatz (?)
Der beschriftete Vogel soll wohl
wieder frei gelassen werden (Stelle
unsicher)
6.-7. Jh. (TM)
281
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
SAP-G-V-G-022
P
Heilung (Auge)
Papyrus
am Körper zu tragen von der
Zielperson
3. Jh.
SAP-G-V-Z-005
P
Heilung (Brust)
Leinen
keine Angabe
3. Jh.
SAP-G-V-Z-008
P
Heilung (Fieber)
Oliven-/
Ölblatt
am Körper zu tragen von der
Zielperson
3. Jh.
SAP-G-V-G-023
P
Heilung (Fieber)
Papyrus
am Körper zu tragen von der
Zielperson
3. Jh.
SAP-G-V-G-058
P
Heilung (Gebärmutter)
Zinn
am Körper zu tragen von der
Zielperson
3. Jh.
SAP-G-VU0-OO8
H
Heilung (Gift)
Papyrus
am Körper zu tragen vom Prakti¬
zierenden
4. Jh.
SAP-G-V-GZ-007
P
Heilung (Husten)
Haut
um den Hals zu tragen
3. Jh.
SAP-G-V-GZ-005
V2/2
P
Heilung (Husten)
Haut
keine Angabe
3. Jh.
SAP-G-VUY-G-005
V1/2
P
Heilung (Husten)
Haut
keine Angabe
3. Jh.
SAP-G-V-G-045
P
Heilung (Kälte)
Papyrus
keine Angabe
5. Jh. | 576. Jh.
SAP-G-VUI-GZ-003
P
Heilung (Migräne)
Haut
auf die Schläfe der Zielperson zu
legen
3. Jh.
SAP-G-V-Z-010
P
Heilung (Skorpionstich)
Papyrus
am Körper zu tragen (festzubinden)
3. Jh.
SAP-K-VUY-010
P
Heilung (unspezifiziert)
keine Angabe
in einen Badeofen zu werfen
6.-7. Jh. (TM)
SAP-G-VUI-
GZB.g-002
P
Heilung Magen- u. Kopf¬
schmerzen
Zinn
keine Angabe
6. Jh. oder früher
SAP-K-VU 0-002
P
Irreführung
keine Angabe
bei einem Altar zu vergraben
6.-7. Jh.
SAP-G-VUI-GZ-004
P
Liebe (allgemein)
Zinn
in das Meer zu werfen (gerollt?)
3. Jh.
SAP-G-V-G-024
P
Liebe (allgemein)
Papyrus
unklar; wird vermutlich in Flüssigkeit
aufgelöst und von der Zielperson
getrunken
3. Jh.
SAP-G-VUI-G-003
P
Liebe (Herbeiführung)
Haut
in das Maul eines toten Hundes zu
legen
4. Jh.
SAP-G-VUYA-G-005
P
Liebe (Herbeiführung)
Muschel
keine Angabe
3. Jh.
SAP-D-VUS-
DB.t-001
P
Liebe (Herbeiführung)
Leinen
unklar - ? in eine Lampe zu geben
(zu verbrennen?) zerstört unklar
273. Jh. | 3. Jh.
SAP-G-V-GZ-001
Ml-2/2
H
Lösung einer Macht (Teilfunk¬
tion der Rückseite)
Gold, Silber
während der Praxis auf einen
Dreifuß zu legen und nach der
Praxis am Körper zu tragen vom
Praktizierenden
4. Jh.
SAP-G-VU0-O11
H
Merkzettel für die Worte einer
höheren Macht
keine Angabe
keine Angabe
475. Jh.
SAP-G-VU0-O1O
H
Merkzettel für die Worte einer
höheren Macht
keine Angabe
keine Angabe
4. Jh.
SAP-G-VU0-OO9
H
Merkzettel für die Worte einer
höheren Macht
keine Angabe
keine Angabe
4. Jh.
SAP-K-VU 0-004
P
Niederliegen/Erschöpfung
keine Angabe
keine Angabe
6.-7. Jh.
SAP-G-V-G-003
P
Offenbarung - Befragung eines
Leichnams
Flachs
in den Mund eines Leichnams zu
legen
4. Jh.
SAP-G-VUY-G-006*
H
Offenbarung - Senden einer
Vison im Traum - Träume
Schilfrohr
wird zusammen mit zwei weiteren
Schilfrohren zu einem Dreifuß
zusammengebunden, auf dem eine
Lampe platziert wird
4. Jh.
SAP-G-VUI-G-004
P
Offenbarung - Traum empfan¬
gen - Träume
Papyrus
unter eine Lampe zu legen
3. Jh.
SAP-G-VUY-G-008*
H
Offenbarung - zur Bestimmung
des Inhalts der Offenbarung
Schilfrohr
wird zusammen mit zwei weiteren
Schilfrohren zu einem Dreifuß
zusammengebunden, auf dem eine
Lampe platziert wird
4. Jh.
SAP-G-V-G-008
P
Offenbarung (Traum) - Träume
Leinen
wird verbrannt
3. Jh.
SAP-G-VUY-G-003*
H
Reinigung
Ei
wird abgeleckt und dann zerstört
3. Jh.
282
11 - Funktionen der Artefakte
SAP-G-VUY-G-002*
H
Reinigung
Ei
wird zerstört, ausgetrunken und
dann weggeworfen
3. Jh.
SAP-G-V-GB.t-001
P
rek.: Offenbarung
Hand (linke)
Beschriftung eines lebenden
Menschen
3. Jh.
SAP-G-VUI-G-002
P
Schlaflosigkeit
Fledermaus
keine Angabe
3. Jh.
SAP-G-V-G-017
P
Schlaflosigkeit
Muschel
keine Angabe
3. Jh.
SAP-G-V-GZ-003
P
Schlafmittel
Lorbeer Blatt
keine Angabe
5. Jh. | 5./6. Jh.
SAP-G-VUI-
GZB.t-001 Ml-4/4
P
Schutz (Dämonen, Gespenster,
Krankheit, Leiden)
Gold, Zinn,
Silber,
Papyrus
am Körper zu tragen
3. Jh.
SAP-K-VUY-004
P
Schutz (Schiffe, Ladung;
Menschen?)
Papyrus
an der Spitze eines Schiffsmastes
zu befestigen
4.-6. Jh.
SAP-G-VU0-OO2
H
Schutz (Seele/Leben)
Haut
am Körper zu tragen (umgehängt)
4. Jh.
SAP-G-V-G-061
H
Schutz (unspezifiziert)
Zinn
am Körper zu tragen von der
Zielperson
4. Jh.
SAP-G-V-Z-013
H
Schutz (unspezifiziert)
keine Angabe
am Körper zu tragen von der Zielp¬
erson nach der Praxis (rekonstruiert)
4. Jh.
SAP-G-VUY-G-009
H
Schutz (unspezifiziert)
Silber
keine Angabe
4. Jh.
SAP-G-VU0-OO1
H
Schutz (unspezifiziert)
Haut
am Körper zu tragen (umgehängt)
4. Jh.
SAP-K-VUY-012
H
Schutz (unspezifiziert)
keine Angabe
am Körper zu tragen vom Prakti¬
zierenden - unspezifiziert
6.-7. Jh.
SAP-K-VUY-009
P
Schutz (unspezifiziert)?
unklar: nicht
lesbar
keine Angabe
6.-7. Jh. (TM)
SAP-K-VUY-005
P
Schutz (vor einem Herrscher)
Papyrus
an dem rechten Arm der Zielperson
zu befesteigen
4.-6. Jh.
SAP-G-VUYA-Z-001
H
Schutzmittel der Handlung
Schädel
(Esel)
unter den linken Fuß des Prakti¬
zierenden zu legen
475. Jh. | 5. Jh.
SAP-G-V-K-001
H
Schutzmittel der Handlung
Papyrus
am linken Arm zu tragen vom
Praktizierenden
4. Jh.
SAP-G-V-Z-006
H
Schutzmittel der Handlung
Lorbeer
Blätter
in der Hand zu halten vom Prakti¬
zierenden
475. Jh.
SAP-G-V-G-042
H
Schutzmittel der Handlung
Papyrus
wie ein Diadem um den Kopf zu
tragen vom Praktizierenden
4. Jh.
SAP-G-V-G-059
H
Schutzmittel der Handlung
Zinn
um den Hals zu tragen vom Prakti¬
zierenden
3. Jh.
SAP-G-V-G-055
H
Schutzmittel der Handlung
Silber
an einem Riemen zu tragen vom
Praktizierenden
4. Jh.
SAP-G-V-GB.a-004
H
Schutzmittel der Handlung
Magnetstein
am Körper zu tragen vom Prakti¬
zierenden
4. Jh.
SAP-G-V-G-011
H
Schutzmittel der Handlung
Lorbeer Blatt
vorne am Kopf zu halten vom
Praktizierenden
3. Jh.
SAP-G-V-G-009
H
Schutzmittel der Handlung
Leinen
um den Hals zu tragen vom Prakti¬
zierenden
4. Jh.
SAP-G-V-G-041
H
Schutzmittel der Handlung
Papyrus
am rechten Arm zu tragen vom
Praktizierenden
4. Jh.
SAP-G-V-G-062
H
Schutzmittel der Handlung für
die Zielperson
Zinn
am Körper zu tragen von der
Zielperson
4. Jh.
SAP-G-VUI-GZ-005
P
Sieg (Läufer)
unklar:
Zehennägel
die Beschriftung erfolgt auf dem
Körper eines Menschen (Zehen)
3. Jh.
SAP-D-V-D-001
P
Trennung
Papyrus
in einem Gewässer zu deponieren
(?)
273. Jh. | 4. Jh.
SAP-D-XY-GB.a-001
P
Trennung
Ostrakon
in dem Haus der Zielpersonen zu
deponieren
273. Jh. | 4. Jh.
SAP-G-V-GB.a-002
H
Versiegeln von Pillen
Eisen
zum Siegeln von Pillen
4. Jh.
SAP-G-V-G-064
H
Verstärkung eines Logos
unklar
keine Angabe
4. Jh.
SAP-G-VU0-
GB.a-001
H
Vorbereitungen zur Verein¬
barung eines Dienstes
Flachs
(Kalpasos)
auf den Schädel eines Toten zu
legen
4. Jh.
283
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
SAP-G-V-ZB.at-001
P
Zerstörung von Zaubermitteln
Blei
keine Angabe
4. Jh.
SAP-G-V-GZ-004
P
Zerstörung von Zaubermitteln
Ostrakon
zu verbergen (ohne nähere Angabe)
4. Jh.
SAP-G-V-GZB.g-002
Ml-2/2
P
Zornbannung
Gold, Silber
am Körper zu tragen vom Prakti¬
zierenden
475. Jh.
SAP-G-VU0-OO4
H
zur Weihe des Praktizierenden
verwendet
Leinen
als Zelt für die Weihe des Prakti¬
zierenden zu verwenden
4. Jh.
SAP-G-VU0-OO3
H
zur Weihe des Praktizierenden
verwendet
Leinen
als Zelt für die Weihe des Prakti¬
zierenden zu verwenden
4. Jh.
284
12 - P-Artefakte
12. P-Artefakte
12.1. Übersicht
Unter P-Artefakten werden Artefakte verstanden, die autark zu verwenden und in keine
übergeordnete Praxis eingebunden sind. Dies bedeutet, dass die Funktion, die dem P-
Artefakt zugeschrieben wird, und damit das Ziel der Praxis, ausschließlich mittels des
fertig hergestellten Artefakts erreicht werden soll und keine weiteren Handlungen not¬
wendig sind. Artefakte, deren Herstellung und Handhabung in eine ÜP eingebunden
sind, werden im Folgenden als H-Artefakte bezeichnet (H = Handlungsgruppe). Unsi¬
chere Zuordnungen sind in den Tabellen durch ein „U“ gekennzeichnet.
Von den 268 untersuchten Artefakten werden 61 Artefakte autark verwendet (23%): 41
der 213 griechischen, vier der 29 demotischen und 15 der 26 koptischen Artefakte. Ein
weiteres griechisches Artefakt kann sowohl autark, als auch eingebunden in eine ÜP
verwendet werden. Die dazugehörigen Anleitungen sind in 14 Sammelschriften des 2./3.
Jh. | 3. Jh. bis 6.-7. Jh. belegt. Allein 25 P-Artefakte sind in der Sammelschrift PGM VII
aus dem 3. Jh. überliefert. Keine andere Kompilation weist eine solch große Menge an
autarken Artefakten auf.
Schrifttragende Artefakte als alleinige Machtträger sind für die früheste Phase der Sam¬
melschriften nicht belegt, sondern treten erstmals im 2.12. | 3. Jh. auf. Die spätesten
Belege werden in das 6.-7. Jh. datiert. Eine frühere Datierung muss jedoch in Betracht
gezogen werden, da Artefakte aus dem 2. Jh. nicht eindeutig als P- oder H-Artefakt iden¬
tifiziert werden können.
Bei der Sprachverteilung zeigt sich, dass Artefakte aus demotischen Anleitungen im Ver¬
hältnis am seltensten autark verwendet werden, Artefakte aus koptischen Anleitungen
am häufigsten. Dieses Verhältnis würde sich zugunsten der demotischen gegenüber den
griechischen Artefakten verändern, wenn sämtliche demotischen U-Artefakte P-Artefak-
te wären. In Bezug auf die relative Häufigkeit der Verwendung autarker schrifttragender
Artefakte liegen griechische und demotische Praxen näher beieinander als griechische
und koptische oder demotische und koptische.
Siehe Tabelle 12.1. für eine vergleichende Übersicht des Vorkommens der P- und H-
Artefakte sowie der Artefakte, bei denen eine Zuordnung nicht möglich ist.
285
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Tabelle 12.1. Vergleichende Übersicht des Vorkommens der P- und H-Artefakte sowie der
Artefakte, bei denen eine Zuordnung nicht möglich ist („U“)
p
Datierung P
H
Datierung H
U
Datierung U
total:
61
(23%
von
268)
2 . 13 . Jh. | 3. Jh. - 6.-7. Jh.
total:
171
172. Jh. - 7. Jh.
total:
36
2. Jh. - 6.-7. Jh.
G:41
(+1)
(19%
von
213)
273. Jh. 14. Jh. - 6. Jh. oder
früher
G:146
(+1)
172. Jh. - 5. Jh. 1576. Jh.
G:25
2. Jh. -6. Jh. oder früher
D:4
(14%
von
29)
273. Jh. | 3. Jh. und 273. Jh.
14. Jh.
D:18
273. Jh. 13. Jh., 3. Jh. und
273. Jh. 14. Jh.
D:7
273. Jh. 14. Jh.
K:15
(58%
von
26)
4.-6. Jh. - 6.-7. Jh.
K:7
4.-6. Jh. - 7. Jh.
K:4
576. Jh. ? - 6.-7. Jh.
12.2. Materialität der P-Artefakte
Zu 55 P-Artefakten wird ein Schriftträger genannt, in sechs Fällen ist die Identifizierung
allerdings nicht möglich. Lediglich zu sechs Artefakten wird kein Schriftträger angege¬
ben. An Material überliefert ist:
• Papyrus (11),
• Zinn (6),
• Haut (5),
• Gold (3 + 1?),
• Blei (3),
• Leinen (3),
• Ostrakon (3),
• Silber (2),
• Muschel (2).
Einmalig überliefert sind hingegen: Beifuß, Pasitheawurzel, Ei, Finger (Leiche?), Flachs,
Fledermaus, Gemisch: Kleie-Sandelholz-Essig, Hand (linke), Lehmgefäß, Lorbeerblät¬
ter, Oliven-/Ölblatt, Schilfblatt, Jaspis (luftblau), Uterusstein, Wachs und Ziegel.
Sämtliche Schriftträger, die innerhalb der Gruppe der 268 Artefakte häufiger Vorkom¬
men, sind auch für die P-Artefakte belegt. Es fällt auf, dass von zwölf Lorbeerblattarte¬
fakten lediglich eins, und von 15 Leinenartefakten nur drei autark verwendet werden.
Die Verwendung der Muscheln ist ausgewogen und beträgt 2:2. Hautartefakte hingegen
treten häufiger autark als in eingebundener Form auf. Zu den übrigen mehrfach belegten
286
12 - P-Artefakte
Schriftträgern kann keine klare Aussage getroffen werden, da nicht sämtliche Artefakte
eindeutig als P- oder H-Artefakte identifiziert werden können, was u.a. mit der teilwei¬
se fragmentarischen oder unverständlichen Überlieferung der Anleitungen zusammen¬
hängt.
12.2.1. Schriftträger, die eindeutig als P-Artefakt oder als H-Artefakt identifiziert
werden können
Das Vorkommen von P- und H-Artefakten aus einem bestimmten Schriftträger ist nicht
eindeutig chronologisch zu lokalisieren, solange U-Artefakte mit dem gleichen Schrift¬
träger Vorkommen. Deswegen liegt der Fokus hier auf denjenigen Schriftträgergruppen,
bei denen sämtliche Artefakte eindeutig entweder der P-Gruppe, oder der H-Gruppe
zugewiesen werden können.
Die Verwendung von Hautartefakten als P-Artefakten kann innerhalb der Sammelschrif¬
ten eindeutig auf das 3.-4. Jh. begrenzt werden, da keine U-Artefakte vorhanden sind.
H-Artefakte aus Haut sind auf das 4. Jh. begrenzt.
P-Artefakte aus Gold sind für den Zeitraum des 2.13. Jh. | 4. Jh. - 4./5. Jh. belegt, H-
Artefakte hingegen, wie Hautartefakte, lediglich für das 4. Jh. Eine autarke Verwendung
von Leinenartefakten ist für das schmale Zeitfenster des 2.13. Jh. | 3. Jh. und 3. Jh. über¬
liefert, H-Artefakte aus Leinen treten über eine wesentlich längere Periode - das 2./3. Jh.
| 3. Jh. - 4./5. Jh. - in den Sammelschriften auf. Bei Muscheln verhält sich die chronolo¬
gische Zuordnung entgegengesetzt zu den Hautartefakten, P-Artefakte sind lediglich für
das 3. Jh. belegt, H-Artefakte für das 3.-4. Jh.
Siehe Tabelle 12.2. für eine vergleichende Übersicht über die Materialität der P- und H-
Artefakte.
Tabelle 12.2. Vergleichende Übersicht über die Materialität der P- und H-Artefakte (nur
Mehrfachnennungen, U ergänzend hinzugenommen)
Material
P
Datierung P
H
Datierung H
U
Datierung U
Papyrus
11
2./3. Jh. | 4. Jh. - 5. Jh. | 576. Jh.
47
172. Jh. - 5. Jh. | 576. Jh.
9
273. Jh. - 576. Jh. ?
Zinn
6
3. Jh. und 6. Jh. oder früher
7
3. Jh. - 5. Jh. | 576. Jh.
4
2. Jh. und 677. Jh.
Haut
5
3.-4. Jh.
3
4. Jh.
...
...
Gold
3+1?
273. Jh. 14. Jh. - 475. Jh.
6
4. Jh.
...
...
Blei
3
3.-4. Jh.
6
3. Jh. - 475. Jh.
2
4. Jh.
Leinen
3
2./3. Jh. | 3. Jh. und 3. Jh.
12
273. Jh. | 3. Jh. - 475. Jh.
...
...
Ostrakon
3
273. Jh. | 4. Jh. - 5. Jh. | 576. Jh.
1
273. Jh. 14. Jh.
1
4. Jh.
Silber
2
3. Jh. und 475. Jh.
5
4. Jh.
5
273. Jh. | 3. Jh., 4. Jh.
und 6. Jh. oder früher
Muschel
2
3. Jh.
2
3. Jh. - 4. Jh.
...
...
287
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
12.3. Funktionen der P-Artefakte
56 der 61 P-Artefakte sind funktionsbezeichnet, bei drei weiteren ist die entsprechende
Stelle in der Anleitung nicht eindeutig zu interpretieren. Dennoch ist deutlich, dass der
großen Mehrheit der P-Artefakte eine Funktion zugewiesen wurde. An mehrfach auftre¬
tenden Funktionen sind überliefert:
• Heilung (15),
• Liebe/Herbeiführung (6),
• Schutz (5),
• Gunst (5),
• Offenbarung (5),
• Sieg (4),
• Erfolg (4),
• Schlaflosigkeit (3),
• Trennung (2),
• Zornbannung (2),
• Zerstörung von Zaubermitteln (2),
• Bindung (2).
Einmalig überliefert sind: Schlafmittel, Niederliegen/Erschöpfung, Irreführung, Gedächt¬
nismittel, Fundamentgründung, Austrocknung eines Brunnens, Verstummen von Geg¬
nern, Träume zu erhalten und Träume zu senden (nicht im Offenbarungskontext), Stärke,
Macht, Kummer, Bewunderung, Erfolg und tägliche Wohlfahrt für den Praktizierenden
und einen Ort, Fesseln, Unterwerfen und Glück.
Fast alle Funktionen, die innerhalb der Gruppe der 268 Artefakte mehrfach auftreten,
sind auch in der Gruppe der P-Artefakte mehrfach belegt.
12.3.1. Funktionen, die eindeutig einem P-Artefakt oder H-Artefakt zugewiesen
werden können
Die Mehrheit der Heilartefakte wird autark verwendet, wobei bei vieren die Zuordnung
zu P oder H unklar ist. Selbst dann, wenn sämtliche U-Artefakte als H-Artefakte zu ver¬
wenden wären, würde das an der Präferenz, Heilartefakte autark zu verwenden, nichts
ändern. P-Artefakte mit einer heilenden Funktionszuweisung sind überden langen Zeit¬
raum des 3. Jh. - 6.-7. Jh. (TM) in den Sammelschriften belegt, das einzige sicher zuzu¬
ordnende H-Artefakte wird in das 4. Jh. datiert. Die U-Artefakte umspannen allerdings
beinahe den gesamten Bearbeitungszeitraum, sodaß hier chronologisch ein großer
Spielraum existiert.
Schutzartefakte hingegen werden mehrheitlich in eingebundener Form verwendet. Auch
hier würde eine Zuweisung sämtlicher U-Artefakte zu der Gruppe der P-Artefakte die
grundsätzliche Verteilung nicht ändern. Der chronologische Rahmen beider Verwen¬
dungsformen, sowohl der P-, als auch der H-Artefakte, umfasst das 3. Jh. - 6.-7. Jh., der
chronologische Rahmen der U-Artefakte liegt innerhalb dieses Rahmens, so dass die
Zuweisungen der U-Artefakte zu einer der beiden Gruppen P oder H keinen Einfluss auf
288
12 - P-Artefakte
deren chronologische Verteilung nimmt.
Die mehrheitliche Verwendung der Schutzartefakte in eingebundener Form überrascht,
da die „klassische“ Verwendung eines Schutzartefakts als selbständiges Amulett, die
häufig auf archäologische Funde interpretativ angewendet wird, in den Sammelschrif¬
ten zwar auftritt, allerdings in wesentlich geringerem Umfang. Dies bedeutet, dass bei
archäologischen Funden grundsätzlich in Betracht gezogen werden muss, dass ein
Schutzmittel nicht dauerhaft, sondern zeitlich begrenzt, und dazu innerhalb eines sehr
konkreten Handlungsrahmens mit sehr konkreten Aufgaben - dem ausschließlichen
Schutz innerhalb einer Praxis - verwendet wurde.
Artefakte, denen eine offenbarende Funktion zugewiesen ist, werden häufiger autark
als eingebunden verwendet. Während der nachweisbare chronologische Zeitraum der
P-Artefakte das 3. Jh. - 4. Jh. umfasst, ist die Überlieferung von H-Artefakten zu Offen¬
barungszwecken auf das 4. Jh. begrenzt.
Auch Artefakte, die Erfolg bringen sollen, sind häufiger in autarker Verwendung als in
eingebundener Verwendung nachweisbar. Ihr chronologischer Rahmen umfasst das
2.12. Jh. | 4. Jh. und 3. Jh., während H-Artefakte nur im 4. Jh. auftreten.
Artefakte, die der Zerstörung von Zaubermitteln dienen sollen, sind zweimal als P-Arte¬
fakte im 4. Jh. belegt.
Artefakte, die ihrem Besitzer Gunst bringen sollen, sind als P-Artefakte über den langen
Zeitraum des 2.12. Jh. | 4. Jh. - 6.-7. Jh. belegt. Kein H-Artefakt ist überliefert, allerdings
gibt es zwei U-Artefakte mit Gunstfunktion, die in das 4. Jh. datiert werden.
Bei einigen Funktionen kann aufgrund der Anzahl der U-Artefakte keine eindeutige Aus¬
sage darüber getroffen werden, ob sie häufiger bei P-Artefakten oder bei H-Artefakten
auftreten. Dazu gehören die Funktionen Liebe/Herbeiführung, Trennung und Zornban-
nung. Überwiegend in Verbindung mit P-Artefakten nachweisbar sind hingegen die
Funktionen Heilung, Gunst, Offenbarung, Sieg, Erfolg, Schlaflosigkeit, Zerstörung von
Zaubermitteln und eine generelle Bindung ohne genauere Angaben zum Ziel der Bin¬
dung. Die einzige Funktion, die eindeutig häufiger H-Artefakten zugewiesen wird, ist eine
Schutzfunktion.
Unter Berücksichtigung der U-Artefakte werden in den Sammelschriften am häufigsten
Heilartefakte eindeutig als P-Artefakte verwendet, gefolgt von Artefakten, die Gunst brin¬
gen sollen. Schutz und Offenbarung sind gleichhäufig an dritter Stelle belegt, Schutzar¬
tefakte werden jedoch häufiger als H-Artefakte verwendet, bei den Offenbarungsarte¬
fakten ist das Verhältnis P:H = 5:3. Siehe Tabelle 12.3. für eine vergleichende Übersicht
über die Funktionen der P- und H-Artefakte.
Tabelle 12.3. Vergleichende Übersicht über die Funktionen der P- und der H-Artefakte (U
ergänzend hinzugenommen)
289
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Funktion
P
Datierung P
H
Datierung H
U
Datierung U
Heilung
15
3. Jh. - 6.-7. Jh. (TM)
1
4. Jh.
4
273. Jh. | 3. Jh. - 6.-7. Jh.
Liebe/
Herbeiführung
6
2./3. Jh. | 3. Jh. - 4. Jh.
...
...
8
273. Jh. - 677. Jh.
Schutz
5
3. Jh. - 6.-7. Jh.
18
3. Jh. - 6.-7. Jh.
4
4. Jh. - 5. Jh. | 576. Jh.
Gunst
5
273. Jh. 14. Jh. - 6.-7. Jh.
...
...
2
4. Jh.
Offenbarung
4+1
3. Jh. -4. Jh.
2+1
4. Jh.
...
...
Sieg
3+1
3. Jh. - 4. Jh.
1
4. Jh.
1
4. Jh.
Erfolg
3+1
2./3. Jh. | 4. Jh. und 3. Jh.
1
4. Jh.
...
...
Schlaflosigkeit
3
3. Jh. - 374. Jh.
...
...
1
273. Jh. | 4. Jh.
Trennung
2
273. Jh. | 4. Jh.
...
...
3
2./3. Jh. |4.Jh.und3. Jh.
Zornbannung
2
3. Jh.und4./5. Jh.
...
...
2
3. Jh. - 475. Jh.
Zerstörung von
Zaubermitteln
2
4. Jh.
...
...
...
...
Bindung
2
3. Jh.
...
...
1
4. Jh.
12.4. P-Artefakte: Kontextualisierung Materialität und Funktion
Keine mehrfach genannte Funktion innerhalb der Gruppe der P-Artefakte kann explizit
mit einem einzigen Material als Schriftträger in Verbindung gebracht werden. Gleiches
gilt für die auftretenden Materialien. Entsprechend treten keine materialspezifischen
Funktionen und keine funktionsspezifischen Materialien auf. Daher sind auch keine Ar¬
tefakte belegt, die beide Eigenschaften vereinen.
12.5. Beschriftungselemente der P-Artefakte
Die in den Beschriftungen autark zu verwendender Artefakte auftretenden Beschriftungs¬
elemente unterscheiden sich im Wesentlichen nicht von den Elementen eingebunden zu
verwendender Artefakte, soweit sich die Beschriftungselemente eindeutig rekonstruie¬
ren lassen. Eine Ausnahme findet sich innerhalb der SZ-Gruppe, hier zeichnet sich die
Beschriftung autarker Artefakte durch eine deutlich häufigere Verwendung der Beschrif¬
tungselemente „Forderung“ und „individuelle Angaben“ gegenüber der Beschriftung ein¬
gebundener Artefakte ab.
Für die Beschriftung von P-Artefakten sind Elemente aus 19 Elementgruppen plus einer
unsicheren Elementgruppe nachgewiesen, eine einzelne Beschriftung kann aus maxi¬
mal neun unterschiedlichen Elementgruppen zusammengesetzt sein. Beschriftungen,
die aus einem einzelnen Element bestehen, treten besonders häufig auf, insgesamt 15x.
Einmal ist ein Homervers aufzuschreiben, einmal eine Forderung - das Artefakt wurde
zuvor mit den Namen der angerufenen höheren Mächte besprochen. In allen anderen
Fällen soll ein Element einer der Gruppen voces magicae, vox magica, Namen oder
Name aufgeschrieben werden.
Zu zwölf P-Artefakten können die Beschriftungselemente nicht vollständig oder fast voll¬
ständig rekonstruiert werden.
290
12 - P-Artefakte
Siehe Tabelle 12.4. für eine Gegenüberstellung der auftretenden Beschriftungselemente
der P-, H- und U-Artefakte, und Tabelle 12.5. für das Vorkommen und die Vergesell¬
schaftung der Beschriftungselemente der P-Artefakte.
12.5.1. Detailanalyse der Beschriftungselemente der P-Artefakte
Für die Beschriftungen von 39 P-Artefakten können sämtliche Elementgruppen vollstän¬
dig identifiziert werden. Deren Vorkommen und Vergesellschaftung werden im Folgen¬
den untersucht. Im Zentrum des Interesses stehen dabei die Fragen nach der Adressie¬
rung einer höheren Macht und der Übermittlung der Forderung inklusive der relevanten
Namen der Zielperson und ggf. des Nutznießers.
Bei Beschriftungen, die aus einer einzigen Elementgruppe bestehen, stellt sich dabei
grundsätzlich die Frage nach der Adressierungsweise und/oder der Übermittlungsform
der Forderungen des Praktizierenden, wenn kein Name/keine Namen oder keine For¬
derung/individuelle Angaben aufgeschrieben werden sollte, und solange diese Informa¬
tionen nicht - wie in dem o.g. Fall - im Rahmen der Praxis verbal auf das Artefakt zu
übertragen sind.
Bei Beschriftungen, die aus mehreren Elementgruppen bestehen, ohne dass die Grup¬
pen Name/Namen und Forderung/individuelle Angaben enthalten sind, stellt sich eben¬
falls die Frage nach der Übermittlungsweise der beiden theoretisch relevanten Parame¬
ter „Adressierung“ und „Forderung“.
Hier erfolgt zunächst eine Bestandsanalyse, in Kapitel 13 werden die Ergebnisse in Ver¬
bindung mit der Frage nach der Funktion von Beschriftung diskutiert.
12.5.1.1. Beschriftungen, die aus einer einzelnen Elementgruppe bestehen
Neun Artefakte aus sechs Sammelschriften des 2.13. Jh. 14. Jh. bis 6.-7. Jh. werden ein¬
deutig elementgruppenspezifisch beschriftet. Belegt sind die Gruppen Namen (2), voces
magicae (2), vox magica (1), Forderung (1), Homerverse (1), G4 (1) und G6 (1).
Ungewöhnlich ist die Verschriftlichung einer Forderung ohne weitere Elemente, wie z.B.
den Namen der höheren Macht, an die sich die Forderung richtet. Bei genauer Betrach¬
tung der Anleitung ist dieser jedoch bei der Herstellung des Artefakts über demselben
zu rezitieren.
In zwei Beschriftungen wird als einzige Elementgruppe Namen verwendet. Bei den üb¬
rigen Beschriftungen stellt sich die Frage, wie eine höhere Macht, die das Ziel der Pra¬
xis - deren konstituierendes Element ein P-Artefakt ist - erfüllen soll, adressiert wurde.
Die Verwendung der Zauberzeichen könnte implizieren, dass sie diese Funktion über¬
nommen haben. Bei dem Homervers ist eine unmittelbare Adressierung möglicherweise
nicht notwendig, falls er als aus sich selbst heraus wirksam betracht wurde, ähnlich wie
- ebenfalls möglicherweise - Historiolae. Bei der Forderung wird die Adressierung verbal
in das Artefakt „integriert“. Bleiben die Elementgruppen vox magica und voces magicae
291
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
ungeklärt. Bei einer einzelnen vox magica scheint es plausibel, diese als Adressierungs¬
element zu interpretieren, wobei diese Interpretation nicht die einzige mögliche und als
hypothetisch zu betrachten ist. Die Elementgruppe voces magicae könnte parallel zu der
Elementgruppe Namen verwendet worden sein, bei den voces magicae bleibt jedoch
ungeklärt, ob sämtliche Worte als Namen verstanden wurden, oder lediglich ein Teil von
ihnen, und der Rest als Zauberworte.
12.5.1.2. Beschriftungen, die aus zwei Elementgruppen bestehen
Vier Artefakte aus drei Sammelschriften des 3. Jh. und des 5. Jh. | 5./6. Jh. werden mit
zwei unterschiedlichen Elementgruppen beschriftet.
Es treten die Gruppen vox magica (2), voces magicae (2), Name (1), individuelle Anga¬
ben (1), Vokale (1) und Gl (1) auf. In jeder Beschriftung ist also entweder die Gruppe vox
magica, oder die Gruppe voces magicae vorhanden.
Die individuellen Angaben sind mit voces magicae vergesellschaftet. Es gibt keinerlei
verbalen Elemente innerhalb dieser Praxis, so dass hier eine Adressierung über die indi¬
viduellen Angaben oder die voces magicae stattgefunden haben könnte.
12.5.1.3. Beschriftungen, die aus drei Elementgruppen bestehen
Elf Beschriftungen sind aus jeweils drei Elementgruppen zusammengesetzt. Sie sind in
vier Sammelschriften aus dem 2./3. Jh. | 3. Jh. bis in das 4./5. Jh. belegt.
Bei zwei weiteren Artefakten ist ein Element der Z-Gruppe unklar, so dass die Beschrif¬
tung auch aus vier Elementgruppen bestehen könnte. Diese beiden Artefakte werden in
die Analyse nicht mit einbezogen.
An Gruppen treten auf Forderung (5), voces magicae (4), Namen (4), G4 (4), Name (3),
Tierdarstellungen (3), vox magica (2), individuelle Elemente (2), G6 (2), Gl (2), Vokale
(1) , anthropomorphe Darstellungen (1).
Namen treten dreimal zusammen mit Tierdarstellungen auf, davon einmal in Verbindung
mit voces magicae, einmal mit einer anthropomorphen Darstellung und einmal mit einer
Forderung. Das vierte Mal treten sie mit voces magicae und Vokalen auf. Der einzelne
Name tritt in Verbindung mit einer Forderung und voces magicae auf. Aber auch voces
magicae und Zauberzeichen werden mit einer Forderung verbunden, in diesen Fällen
stellt sich wieder die Frage nach dem adressierenden Element.
12.5.1.4. Beschriftungen, die aus vier Elementgruppen bestehen
Drei Beschriftungen aus drei Sammelschriften des 2./3. Jh. | 4. Jh. bis 4. Jh. sind aus
jeweils vier Elementgruppen zusammengesetzt. An Gruppen treten auf voces magicae
(2) , Namen (2), Anrufungen (2), Forderung (2), Vokale (1), Name (1), Identitätssatz (1),
Gl (19).
292
12 - P-Artefakte
ln jeder Beschriftung ist eine der beiden Elementgruppen Namen oder Name vertreten,
sodaß in allen vier Fällen eine Adressierung vorliegt.
12.5.1.5. Beschriftungen, die aus fünf Elementgruppen bestehen
Eine einzige Beschriftung aus einer Sammelschrift des 3. Jh. besteht aus fünf unter¬
schiedlichen Elementgruppen: voces magicae, Namen, Gl, G6 und geometrische Ele¬
mente. Die Adressierung erfolgt über die Namen, eine Definition der Forderung findet
nicht statt.
12.5.1.6. Beschriftungen, die aus sechs Elementgruppen bestehen
Drei Artefakte aus drei Sammelschriften des 3. Jh., 4. Jh. und des 6. Jh. oder früher
werden jeweils mit sechs unterschiedlichen Elementgruppen beschriftet. Vokale und in¬
dividuelle Angaben treten in allen drei Beschriftungen auf. An weiteren Gruppen sind
belegt voces magicae (2), Forderung (2), Anrufung (2), Namen (1), Name (1), Gl (1), G4
(1), G6 (1) und geometrische Elemente (1). Bei zwei Artefakten findet eine Adressierung
mittels eines Namens oder mehrerer Namen und eine Definierung der Forderung statt.
Bei dem dritten Artefakte könnte eine Adressierung im Rahmen der individuellen Anga¬
ben vorgenommen werden.
12.5.1.7. Beschriftungen, die aus sieben Elementgruppen bestehen
Drei Artefakte aus zwei Sammelschriften des 3. Jh. und 4./5. Jh. werden jeweils mit sie¬
ben Elementgruppen beschriftet. In allen drei Fällen treten Elemente aus den Gruppen
voces magicae, Gl, G4 und G6 auf, Namen jedoch nur einmal. An weiteren Element¬
gruppen sind belegt Forderung (2), individuelle Angaben (1), Vokale (1), G5 (1) und geo¬
metrische Elemente (2). Die individuellen Angaben sind mit einer Forderung vergesell¬
schaftet, so dass bei einem Artefakt unklar bleibt, wie die Forderung übermittelt wurde,
bei zweien, in welcher Form eine Adressierung stattfand.
12.5.1.8. Beschriftungen, die aus sieben oder acht Elementgruppen bestehen
Eine Beschriftung aus einer Sammelschrift des 4. Jh. besteht aus sieben eindeutig zu
bestimmenden sowie einer unklaren Z-Elementgruppe. Bei dieser Beschriftung treten
keine S-Elemente, sondern ausschließlich Z- und B-Elemente auf. In welcher Form eine
Adressierung und die Übermittlung der Forderung stattgefunden haben kann, ist unklar,
da in der Praxis selbst keine verbalen Angaben diesbezüglich vorgenommen werden.
12.5.1.9. Beschriftungen, die aus neun Elementgruppen bestehen
Eine Beschriftung aus einer Sammelschrift des 3. Jh. besteht aus neun eindeutig zu
bestimmenden Elementgruppen, eine weitere aus acht Elementgruppen plus einer un¬
klaren Z-Gruppe. Beide Beschriftungen weisen ein sehr ähnliches Beschriftungsmuster
auf, es werden jeweils die Gruppen voces magicae, Namen, Forderung, individuelle
293
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Angaben, Gl, G4 und G6 vergesellschaftet. Adressierung und Übermittlung der Forde¬
rung erfolgt in beiden Fällen über die Beschriftung. An weiteren Elementgruppen treten
jeweils einmalig auf Vokale, G3 und Tierdarstellungen.
Tabelle 12.4. Gesamtübersicht P-Artefakte: Elementgruppen
Arte¬
fakttyp
vm+
vm N+ N
Vo
F
A
ind
ID
H
Gl G2 G3 G4 G5 G6 G7 G8 Gu
Anzahl
Elemente
P
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
-
X
X
X
X
X
-
X
X
X
X
-
-
19+1
H
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
-
X
X
X
X
X
X
X
21+2
U
X
-
X
X
X
X
X
-
X
X
X
X
-
X
X
X
-
-
X
X
X
-
-
-
15+1
Tabelle 12.5. Vorkommen und Vergesellschaftung der Beschriftungselemente der P-Arte¬
fakte
SAP-K-VUY-005
U
SAP-K-VUY-006
U
SAP-K-VUY-004
U
294
12 - P-Artefakte
SAP-K-VUY-008
U
SAP-K-VU0-OO1
U
SAP-K-VUY-002
U
SAP-K-VUY-009
U
SAP-K-VUY-001
U
SAP-K-VUY-010
U
SAP-G-VUYA-G-005
U
SAP-K-VUY-007
U
SAP-G-VUYA-G-009
U
12.5.2. Adressierung und Vermittlung der Forderung
Für 39 P-Artefakt-Beschriftungen können sämtliche Elementgruppen rekonstruiert wer¬
den. Die Artefakte werden in Tabelle 12.6. aufgeführt. 19 Beschriftungen enthalten die
Nennung eines oder mehrerer Namen (grün markiert), ein weiteres eine anthropomor-
phe Darstellung (magenta markiert). Eine Adressierung ist entsprechend in allen 20
Fällen gegeben. Vier weitere Beschriftungen enthalten individuelle Angaben (gelb), hier
könnte eine Adressierung enthalten sein. Zwölf dieser Beschriftungen enthalten Forde¬
rungen, bei drei weiteren sind Adressierung und Forderung verbal über dem Artefakt zu
rezitieren, das Artefakte ist damit sozusagen zu besprechen. Einmal wird eine Forderung
aufgeschrieben ohne die Verwendung eines oder mehrerer Namen oder eines adäqua¬
ten Bildelements.
Insgesamt werden lediglich 13 Artefakte sowohl mit einer (aus heutiger Sicht) klaren
Identifizierung als auch mit einer Forderung versehen (orange markiert)
Tabelle 12.6. Adressierung und Vermittlung: Beschriftungselemente der P-Artefakte
Katalognr.
vm+
N+
F
ind
Vo
N
vm
A
ID
H
Gl
G4
G6
G3
G5
G7 |
• T
BG Uli Anzahl
| Elemente
PI/
PG1
SAP-G-VUI-
GZB.t-001
1
1
1
1
1
1
1
1
'
9
PI
SAP-G-VUI-
GZ-001
1
1
1
1
1
1
1
1
8+1
PI
1
1
1
1
'
H 7+1
PI
SAP-G-V-
GZB.g-002
1
1
1
1
1
1
1
7
PI
SAP-G-VUI-
GZ-004
1
1
1
1
1
1
1
7
PG1
Zauberstoff
SAP-G-V-
GZB.g-001
1
1
1
1
1
1
1
7
PG1
Räucherung
mit Weihrauch
SAP-G-VUI-
G-004
1
1
1
1
1
1
6
PI
SAP-G-VUI-
G-003
1
1
1
1
1
1
6
PG1
Zauberstoff mit
der Zwangsp¬
flanze
SAP-G-VUI-
GZB.g-002
1
1
1
1
1
6
PI
SAP-G-V-
GZB.g-003
1
1
1
1
1
5
PI
SAP-G-V-
G-002
1
1
1
1
4
PG1
Adressierung,
Forderung
SAP-G-V-
G-058
1
1
1
1
4
PI
SAP-G-V-
GZ-004
1
1
1
1
4
PI
SAP-G-V-
G-043
1
1
1
3
PI
SAP-G-V-
GB.t-001
1
1
'
3
PI
295
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
SAP-G-V-
G-024
1
1
1
1
3
PI
SAP-G-
V-GZ-005
V2/2
1
1
3
PI
SAP-D-
VUS-
DB.t-001
i
3
P(G)1
kann, muss
aber nicht:
Haar der
Frau in Docht
wickeln
SAP-G-V-
GB.at-002
1
3
PG1
Weihung des
Steins u. Rins:
Anrufung mit
Forderung
SAP-G-VUI-
GZ-005
1
1
1
3
PI
SAP-G-V-
G-017
1
1
1
3
PI
SAP-G-VUI-
GZ-003
1
1
1
3
PI
SAP-G-V-
GZ-007
1
1
1
3
PI
SAP-D-
V-Z-002
(F2+3)
1
1
1
3
PI
SAP-G-V-
Z-010
1
1
■
2+1
PI
SAP-G-V-
Z-005
1
1
■
2+1
PI
SAP-G-VUI-
G-002
1
'
2
PI
SAP-G-V-
GZ-003
1
1
2
PI
SAP-G-V-
G-057
1
1
2
PG1
Stöckchen
müssen in
Figur gesteckt
werden
SAP-G-V-
G-022
1
1
2
PI
SAP-G-V-
G-021
1
1
PI
SAP-G-V-
G-003
1
1
PI
SAP-G-V-
G-023
1
1
PI
SAP-G-V-
G-008
1
1
PG1
Gebet mit
Anrufung und
Forderung
SAP-D-V-
D-001
1
1
PG1
Blumen, Dung
und Haare sind
einzuwickeln;
Sprechen der
Forderung und
Namen
SAP-G-V-
G-045
1
1
PI
SAP-G-V-
G-065
1
1
PI
SAP-G-V-
Z-008
1
1
PI
SAP-G-V-
Z-001
1
1
PI
12.6. Zusammenfassung
61 der 268 untersuchten Artefakte werden eindeutig autark verwendet (23%): 41 der 213
griechischen, vier der 29 demotischen und 15 der 26 koptischen Artefakte. P-Artefakte
sind in 14 Sammelschriften des 2./3. Jh. | 3. Jh. bis 6.-7. Jh. belegt, wobei PGM VII
296
12 - P-Artefakte
aus dem 3. Jh. mit Abstand die größte Menge dieser Artefaktgruppe aufweist. Unklar
ist eine Identifizierung als P-Artefakt bei 25 griechischen, sieben demotischen und vier
koptischen Anleitungen. Dadurch wäre es möglich, dass die frühesten Belege für die
Verwendung autarker Artefakte bereits in das 2. Jh. datieren könnten.
P-Artefakte treten im Verhältnis am häufigsten in koptischen Anleitungen auf, am sel¬
tensten in demotischen. Dieses Verhältnis kann sich zugunsten der demotischen ge¬
genüber den griechischen Artefakten ändern, wenn sämtliche demotischen U-Artefakte
P-Artefakte wären. In Bezug auf die relative Häufigkeit der Verwendung autarker schrift¬
tragender Artefakte liegen griechische und demotische Praxen näher beieinander als
griechische und koptische oder demotische und koptische.
Sämtliche Schriftträger, die innerhalb der Gruppe der 268 Artefakte mehrfach belegt
sind, werden auch für P-Artefakte verwendet. Am häufigsten tritt dabei Papyrus auf (11),
gefolgt von Zinn (6), Haut (5), Gold (3+1 (?)), Blei (3), Leinen (3), Ostrakon (3), Silber (2)
und Muschel (2). Mehrere weitere Schriftträger sind einmalig überliefert.
Haut stellt das einzige Material dar, dass eindeutig häufiger für P-Artefakte als für H-
Artefakte belegt ist., wohingegen Leinenartefakte eindeutig häufiger als H-Artefakte ver¬
wendet wurden. Papyri wurden ebenfalls häufiger als H-Artefakte verwendet, die Gruppe
der U-Artefakte ist zu klein, um dieses Verhältnis zu verschieben. Für die vier Muschel¬
artefakte ist eine klare Balance belegt.
Bei allen anderen mehrfach belegten Schriftträgern ist die Gruppe der U-Artefakte groß
genug, das bestehende Verhältnis zwischen P- und H-Artefakten maßgeblich zu verän¬
dern, konkrete Aussagen können daher nicht getroffen werden.
Die Beschriftungselemente der autark zu verwendenden Artefakte unterscheiden sich
im Wesentlichen nicht von den Elementen eingebunden zu verwendender Artefakte. Es
gibt jedoch zwei Auffälligkeiten: Innerhalb der SZ-Gruppe zeichnet sich die Beschriftung
autarker Artefakte durch eine deutlich häufigere Verwendung der Beschriftungselemen¬
te „Forderung“ und „individuelle Angaben“ gegenüber der Beschriftung eingebundener
Artefakte aus, und Beschriftungen, die aus einem einzelnen Element bestehen, treten
besonders häufig auf, insgesamt 15x.
Heilartefakte werden mehrheitlich autark verwendet, bei Schutzartefakten verhält es sich
genau umgekehrt. Dies überrascht, da die Vorstellung, dass Schutzartefakte als Amu¬
lette ohne zeitliche Befristung getragen werden konnten, in den Sammelschriften in we¬
sentlich geringerem Umfang widergespiegelt wird als die Vorstellung, ein Schutzartefakt
innerhalb eines konkreten, räumlich und zeitlich begrenzten Rahmens zu verwenden.
Diese Ergebnisse haben einen unmittelbaren Einfluss auf den Interpretationsrahmen
archäologisch überlieferter Artefakte. Die geringe Zahl von P-Artefakten gegenüber H-
Artefakten in den Sammelschriften, unterstützt von dem Befund zu den Schutzartefak¬
ten, macht deutlich, dass für archäologische Belege in Betracht gezogen werden muss,
297
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
dass es sich um Objekte handelt, die nicht als eigenständige Artefakte hergestellt und
verwendet wurden, sondern in eine übergeordnete Praxis eingebunden waren. Die Sam¬
melschriften legen nahe, dass eine solche Einbindung die Regel war, in den überliefer¬
ten Anleitungen wird weniger als 1/4 der Artefakte autark verwendet.
Dies bedeutet, dass die Defixiones, die Gemmen, die Gold- und Silberlamellae, die Pa¬
pyrus- Pergamentamulette, dass diese schrifttragenden Artefakte aus dem Zeitraum der
Sammelschriften, die archäologisch zahlreich überliefert sind, möglicherweise zu einem
großen Teil nicht als eigenständige, und damit auch nicht als aus sich selbst heraus
wirksame Objekte zu betrachten sind, sondern als Objekte, denen erst innerhalb eines
klar abgesteckten Handlungsrahmens - und häufig ausschließlich innerhalb dieses be¬
grenzten Rahmens - eine Bedeutung zukam, eine Bedeutung, die jedoch häufig nicht
explizit angegeben wurde. In Verbindung mit dem Ergebnis, dass lediglich 95 von 268
Artefakten eine Funktion zugewiesen wird, wird zudem deutlich, dass die Mehrheit der
überlieferten Artefakte potentiell funktionsunbezeichnet gewesen sein könnten.
Dies sind sehr interessante Ergebnisse für die Ritualforschung einerseits und die Moti¬
vationsforschung andererseits. Welche Rolle spielten Artefakte, die innerhalb einer Pra¬
xis hergestellt werden sollten, wenn ihnen weder eine inhaltliche Funktion zugewiesen
wurde, noch eine instrumental-funktionale Zuweisung erfolgte?
Zu 39 Beschriftungen können sämtliche Elementgruppen eindeutig rekonstruiert wer¬
den. Am häufigsten werden P-Artefakte mit einer Kombination aus drei Elementen be¬
schriftet, wobei die Zusammensetzung der Elementgruppen dabei sehr unterschiedlich
ist. Ein typisches Beschriftungsmuster lässt sich auch für P-Artefakte nicht erkennen.
Eine Adressierung der angerufenen höheren Macht und eine Übermittlung der Forde¬
rung sind mehrheitlich nicht über die Verwendung eines Namens oder mehrerer Namen
belegbar. Daraus ergeben sich die Fragen, wie die richtige höhere Macht erreicht, und
wie die Wünsche des Praktizierenden übermittelt werden konnten. Welche Konzepte in
Bezug auf die Interaktionsmöglichkeiten mit höheren Mächten können anhand der Ver¬
wendung schrifttragender Artefakte rekonstruiert werden?
Diese und die weiter oben gestellte Frage werden in Kapitel 13 diskutiert.
298
13 - Vorkommen und Funktion von Beschriftung
13. Vorkommen und Funktion von Beschriftung in den Praxis¬
anleitungen der Sammelschriften
Im letzten Teil der schriftlichen Arbeit stehen Untersuchungen zur Funktion der Beschrif¬
tung und zur Rolle schrifttragender Artefakte in Praxisanleitungen zur Interaktion mit
höheren Mächten im Mittelpunkt. Den folgenden Fragen wird dabei nachgegangen:
1) . In welchem Umfang tritt Beschriftung als Element einer Praxis in den Sammel¬
schriften und Einzelanleitungen des 1.-7. Jh. auf?
2) . Welche konkreten Funktionen übernimmt Beschriftung in den griechischen, de¬
motischen und koptischen Praxisanleitungen des 1.-7. Jh.?
3) . Welche konzeptuellen Funktionen können für die Beschriftungsgruppen Schrift,
Zeichen und Bild in Betracht gezogen werden?
13.1. In welchem Umfang tritt Beschriftung als Element einer Praxis in den
Sammelschriften und Einzelanleitungen des 1.-7. Jh. auf?
Aus dem Bearbeitungszeitraum des 1.-7. Jh. sind zurZeit 86 griechische, demotische
und koptische Sammelschriften sowie Einzelanleitungen publiziert, deren Inhalte Anwei¬
sungen zur Interaktion mit höheren Mächten enthalten. Insgesamt können darin ca. 671
Anleitungen und andere abgrenzbare Inhalte, wie z.B. Hymnen oder Orakel, identifiziert
werden.
Unter den 86 Schriften befinden sich 37, die Anweisungen zur Herstellung und Hand¬
habung schrifttragender Artefakte beinhalten, bei weiteren 13 sind solche Anleitungen
eventuell vorhanden gewesen, der unvollständige Erhaltungszustand ermöglicht keine
eindeutige Interpretation einer potentiellen Beschriftung. In diesen 37 Schriften sind 567
Praxisanleitungen und andere abgrenzbare Inhalte überliefert. 192 davon enthalten An¬
leitungen zur Herstellung und Handhabung von insgesamt 268 schrifttragenden Artefak¬
ten. Beschriftung als Teil einer Praxis ist entsprechend zwar in 43% der Sammelschriften
und Einzelanleitungen belegt, jedoch nur in 29% der Anleitungen und abgrenzbaren
Inhalte.
Die Mehrheit der Anleitungen mit SAP datiert in das 3. und 4. Jh. In diesem Zeitraum tritt
Beschriftung in rund 34% sämtlicher Praxen und abgrenzbarer Inhalte der 86 Sammel¬
schriften und Einzelanleitungen auf. Nimmt man als Basis nicht die 87 Sammelschriften,
sondern die 37 Sammelschriften, in denen Anleitungen mit SAPs enthalten sind, so ist
Beschriftung in rund 42% der Anleitungen des 3. und 4. Jh. überliefert. Für diese Periode
sind auch die meisten schrifttragenden Artefakte belegt (178). Ein zweiter, wesentlich
niedrigerer Peak ist im 6./7. Jh. erkennbar. Ein deutlicher Unterschied zu den frühe¬
ren Anleitungen liegt in der Anzahl der verwendeten Artefakte innerhalb einer Anleitung.
299
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Während im 374. Jh. häufig mehrere schrifttragende Artefakte innerhalb einer Praxis
auftreten, beinhalten spätere Praxen fast ausschließlich genau ein Artefakt. Ein Merk¬
mal der Sammelschriften des 576. Jh. ist der starke Rückgang bei der Anzahl schrifttra¬
gender Artefakte sowie der geringe Anteil an Anleitungen, die schrifttragende Artefakte
beinhalten.
Dieser Verlauf steht nicht ausschließlich mit dem Umfang der überlieferten Sammel¬
schriften in Zusammenhang, da aus sämtlichen Untersuchungsphasen umfangreiche
Sammelschriften überliefert sind. Während die frühe Phase von den demotischen und
griechisch-demotischen Sammelschriften bestimmt wird, finden sich in der mittleren
Phase die griechischen und griechisch-koptischen und in der späten Phase die kopti¬
schen und koptisch-griechischen Sammelschriften. Die Datierung zweier demotischer
Schriften PGM/pdm XIV und PGM/pdm XII ist umstritten, sie werden sowohl dem 2. wie
auch dem 3. Jh., bzw. dem 4. Jh. zugeordnet 1 . In PGM/pdm XIV - der umfangreichsten
Sammelschrift mit 98 Anleitungen - enthalten lediglich zehn Anleitungen schrifttragende
Artefakte - dies könnte evtl, als Hinweis gedeutet werden, die Schrift früher zu datieren,
wenn man die Tendenz, dass Schrift im Laufe des 3. Jh. eine wachsende Bedeutung
zugemessen wird, als Argument heranzieht. Anhand dieser Argumentation müsste für
PGM/pdm XII dann als Konsequenz eine späte Datierung angenommen werden 2 .
13.2. Die Funktionen von Schrift, Zeichen und Bild in den Sammelschriften
des 1.-7. Jh.
In den untersuchten Sammelschriften und Einzelanleitungen sind unterschiedliche
Funktionen von Beschriftung nachweisbar. Die konkreten (praktischen) wie konzeptuel¬
len (hypothetischen) Funktionen werden der Reihe nach besprochen. Die Untersuchung
der konkreten Funktionen einer Beschriftung basiert auf den Untersuchungen der 268
Artefakte, die Überlegungen zu den konzeptuellen Funktionen hingegen hauptsächlich
auf der Untersuchung der 61 P-Artefakte sowie ausgewählten historischen Quellen.
13.2.1. Konkrete Funktionen einer Beschriftung: Teil 1
An konkreten Funktionen einer Beschriftung können nachgewiesen werden:
1) . die Bewahrung der Worte, die eine höhere Macht an den Praktizierenden rich¬
tet („Merkzettel“),
2) . die Adressierung / Identifizierung / Bezeichnung von P, M, Z, N
3) . die Formulierung einer Forderung,
4) . die Formulierung einer Anrufung.
1 Anm. J. F. Quack: "4. Jh. ist m.E. für die demotischen Partien ausgeschlossen."
2 Anm. J. F. Quack: "Eher gattungsbedingt, pdm xii ist zeitgleich oder früher als pdm xiv (selbe Hand, Technik der Glos¬
sen weniger entwickelt)."
300
13 - Vorkommen und Funktion von Beschriftung
Die konkreten Funktionen einer Beschriftung umfassen also das Spektrum der Adressie¬
rung, Identifizierung, Bezeichnung, Informationsvermittlung und Bewahrung.
An Beschriftungselementen für die oben aufgeführten Funktionen kommen S-, Z- und B-
Elemente in Frage. Für eine bewahrende Funktion scheint die Verwendung von Schrift,
evtl, auch von einem Kurzschriftsystem, plausibel. Zauberzeichen und Bildelemente dürf¬
ten ausgeschlossen werden. Auch für eine informationsvermittelnde Funktion scheint,
zumindest auf den ersten Blick, Schrift am naheliegendsten. Hierzu erfolgt weiter unten
eine differenzierte Auseinandersetzung (s. Adressierung oder Verkörperung?).
13.2.2. Konzeptuelle Funktionen einer Beschriftung
Ausgangshypothesen
Die folgenden Gedanken setzen die Existenz dreier antiker Konzepte voraus:
1) . Das Konzept der Existenz einer höheren Macht, die Einfluss nehmen kann auf
Prozesse, auf die ein Mensch selbst keinen unmittelbaren Einfluss nehmen
kann.
2) . Das Konzept einer Möglichkeit für einen Menschen, mit einer höheren Macht
zu interagieren.
3) . Das Konzept einer Kompetenz, mit der ein Mensch die richtige höhere Macht
für die Manipulation eines Prozesses adressieren und zur Umsetzung einer
Forderung bewegen kann.
Die Existenz dieser Konzepte ist durch die Anleitungen belegt. Die beiden Konzepte der
„Möglichkeit“ und der „Kompetenz“ müssen näher spezifiziert werden. Konzept 2 wird
daher wie folgt definiert:
Es existiert eine abstrakte Macht, deren Handhabung es ermöglicht, von einer
höheren Macht ge- und erhört zu werden. 3
Konzept 3 wird so definiert:
Es existiert Wissen, das es ermöglicht, die in Konzept 2 postulierte Macht an¬
zuwenden.
Die drei Konzepte werden verbunden in der Aussage: Um von einer höheren Macht
ge- und erhört zu werden, bedarf es der korrekten Handhabung einer abstrakten Macht
durch einen Menschen.
Unterschiedliche Anwendungs- oder Handhabungsmöglichkeiten dieser Macht werden
in den untersuchten Sammelschriften beschrieben. Dort wird jedoch nicht deutlich, ob
3 Diese Definition weist eine Parallele zu der Beschreibung von hld in der Lehre des Merikare auf, bei der hld als Inst¬
rument bezeichnet wird, das dem Menschen zur Abwehr (negativer) Ereignisse gegeben wurde. Die Frage, inwieweit
das Anwenden von hld die Einbeziehung einer höheren Macht bedingt, wurde bisher noch nicht untersucht, erscheint
jedoch im Kontext ägyptischer Vorstellungen beinahe notwendig.
301
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
dieses Wissen als angeboren oder als erlernbar betrachtet wurde.
Wichtig ist, dass hier Konzept 2 nicht mit einer Handlung 4 und nicht mit einer Intention
identifiziert, sondern als Kraft betrachtet wird, die mittels Handlung und unabhängig von
einer Intention oder moralischen Grundlage von Menschen angewendet werden kann.
Die Frage, die dann zu Beginn der folgenden Überlegungen steht, lautet:
Wenn das Ergebnis einer Praxis, in der sich ein Praktizierender zur Erfüllung
seines Anliegens an eine höhere Macht wendet, ein schrifttragendes P-Artefakt
ist, und dieses Artefakt die Macht enthält, mittels derer eine höhere Macht von
eben diesem Anliegen erfährt und es idealerweise erfüllt - soweit die Informati¬
onen, die sich aus den Anleitungen gewinnen lassen - welche Rolle spielt Be¬
schriftung?
In Verbindung mit historischen Quellen können die folgenden Funktionen in Betracht
gezogen werden:
• Fixierung der Wirkmächtigkeit ausgewählter Textpassagen (Homerverse)
• Bindung einer höheren Macht
• Abbildung einer höheren Macht
• Verkörperung einer höheren Macht
• Verräumlichung einer höheren Macht
• Inkorporierung einer höheren Macht
Fixierung der Wirkmächtigkeit ausgewählter Textpassagen: Homerverse
In wenigen Fällen ist ein Homervers als alleiniges Beschriftungselement eines Artefakts
aufzuschreiben. Ein solcher Vers kann nicht unmittelbar als Ausdruck eines Wunsches
zur Interaktion mit einer höheren Macht interpretiert werden, da kein Ansprechpartner
direkt angegeben wird. Es wird jedoch in der Regel ein Ziel definiert, der Erhalt einer
Offenbarung, eine erfolgreiche Flucht u.a., wodurch der Wunsch deutlich wird, mittels
einer höheren Macht Einfluss auf einen Handlungsverlauf zu nehmen. Mit Honnerver¬
sen beschriftete Artefakte können entsprechend der Gruppe beschrifteter Artefakte zu¬
geordnet werden, die die Inanspruchnahme einer höheren Macht zur Erfüllung eines
individuellen Wunsches belegen. Der Unterschied liegt in den Fällen, in denen in den
Versen keine höhere Macht auftritt, in dem zugrunde gelegten Konzept der ausführen¬
den Macht. Honnerversen scheint eine eigene Wirkmächtigkeit zugeschrieben gewesen
zu sein (Machtinhärenz). Ob das Konzept dieser Wirkmächtigkeit ausgewählter Textpas¬
sagen ausschließlich auf einer schriftlichen Fixierung beruht, oder die verbale Rezeption
mit einbezieht, wurde für die Homerverse bisher nicht untersucht.
4 So z.B. V.l.J. Flint, The rise of magic in early medieval Europe (Oxford, 1991): „Magic may be said to be the exercise
of preternatural control over nature by human beings, with the assistance of forces more powerful than they.“
302
13 - Vorkommen und Funktion von Beschriftung
Die Verschriftlichung der Homerverse ist möglicherweise vergleichbar mit der Verschrift¬
lichung von Historiolae 5 , Psalmversen 6 oder - wesentlich später - Koranversen 7 . Bildliche
Darstellungen (Bildsequenzen) von Homerversen sind nicht belegt, ebensowenig, dass
Zauberzeichen Bildsequenzen von Homerpassagen darstellen 8 .
Bindung einer höheren Macht
Beschriftung als Form der Bindung einer höheren Macht scheint vor allem dann plau¬
sibel, wenn eine solche Bindung nicht gesprochen 9 , sondern ausschließlich in Worten
aufgeschrieben werden sollte. Doch nicht nur Schriftelemente sind in dieser Funktion
denkbar, auch Zeichen und Bild können eine solche Funktion erfüllt haben. Bei genauer
Betrachtung sind es zwei unterschiedliche Funktionen, die Beschriftung im Rahmen ei¬
ner Bindung übernommen haben könnte:
1) . Fixierung von Schrift, Zeichen oder Bild (fertige Beschriftung = Bindung; Be¬
schriftung als eine materielle anstelle einer verbalen Bindung)
2) . Prozess des Schreibens = Prozess des Bindens (Machtwirken)
Abbildung einer höheren Macht
Das Konzept der Wirkmächtigkeit einer Beschriftung aufgrund der Abbildung einer höhe¬
ren Macht ist in sich widersprüchlich, unabhängig davon, welche Form der Beschriftung
zur Abbildung verwendet würde. Die Vorstellung, dass ein S-, Z- oder B-Element eine
höhere Macht graphisch repräsentiert, ohne dass diese - oder ein Teil von ihr - dem Be¬
schriftungselement innewohnt, kann nicht gleichzeitig beinhalten, dass das graphische
Element wirkmächtig ist. Zumindest ein Teil der repräsentierten höheren Macht muss
sich in der Darstellung ihrer Selbst, sei es mittels eines S-, Z- oder B-Elements, mani¬
festieren, damit eine Beschriftung wirkmächtig sein kann. Dies gilt auch für die Vorstel¬
lung der Übertragbarkeit von Macht. Ein Teil der Macht der abgebildeten höheren Macht
muss sich in der Beschriftung befinden, wenn diese als wirkmächtig erachtet wird.
Die Wirkmächtigkeit einer Beschriftung kann sich im Prinzip nur aus der Vorstellung he¬
raus ergeben, dass jede Form visueller Präsenz - ebenso wie potentiell auch jede Form
verbaler und nonverbaler (z.B. gedanklicher) Präsenz - einer höheren Macht zumindest
einen Teil dieser Macht bindet.
5 Siehe z.B. die in Arbeit befindliche Dissertation von F. Rouffet, La fonction des historiolae dans la magie egyptienne
du nouvel Empire (The Function of narratives (historiolae) inAncient Egyptian Magic ofthe New Kingdom) (Universite
Paul Valery - Montpellier 3). Quelle: http://www.theses.fr/s57051 (Stand: Mai 2013).
6 Siehe Viaud (1978), 133-138 (Kapitel „Les Psaumes dans la magie Copte“).
7 Siehe z.B. Emma Mages, Schrift in der zeitgenössischen Sakralarchitektur, 2013.
8 Der Vollständigkeit halber müssen auch diese beiden Möglichkeiten berücksichtigt werden.
9 Zur Macht des Wortes in ägyptischer Vorstellung s. z.B. Philippe Germond (2005), 15: „Words, too, are much more
than simply the definition of a being or an object. And more particularly when they are uttered: they can come alive,
they become existential entities. To know the secret name of a god was to have hold over him. When you had named
your enemy, he was already in your power. (...) The belief of the Egyptians in the power of the words and speech was
truly enormous.“
303
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Mit diesem Gedanken im Hinterkopf stellt sich die Frage, ob die Verwendung eines Z-
Elements möglicherweise als sicherer empfunden wurde als die eines S- oder gar B-
Elements, da ein B-Element wesentlich konkreter, und ein S-Element letztendlich immer
noch sprech- oder als Wort vorstellbar ist, und dadurch seine durch die Schrift garantier¬
te körperliche Begrenzung verliert, ein Z-Element hingegen nicht unbedingt sprechbar
ist, wodurch die materiellen Grenzen nicht gefährdet werden 10 .
Verkörperung einer höheren Macht
Das Konzept der Verkörperung einer höheren Macht, in dem Sinne, dass ein Beschrif¬
tungselement einer höheren Macht Körperlichkeit und damit Präsenz in der konkreten
Welt des Praktizierenden verleiht, wurde auf der Basis historischer und archäologischer
Quellen bisher nur lückenhaft untersucht * 11 . Eine solche Erörterung impliziert Überlegun¬
gen zu potentiellen antiken Konzepten irdischer Omnipräsenz und Multipräsenz, also
der potentiellen Teilbarkeit einer höheren Macht.
Die Frage, inwieweit die Charakteres, die im 1. Buch leu Jesus seine Jünger als (schüt¬
zende) Siegel lehrt 12 , identifizierend/adressierend, bindend oder verkörpernd verstanden
wurden, war bisher noch nicht Gegenstand wissenschaftlicher Erörterung, ebensowenig,
ob Julians Aussage, dass verborgene Zeichen Göttererscheinungen zuwege bringen,
als Hinweis auf ein verkörperndes Konzept interpretiert werden kann 13 . Die Beschrei¬
bungen im 1. Buch leu könnten das Konzept der Verkörperung reflektieren. Bei Julian
hingegen könnten die Zeichen auch im Sinne lamblichus (s.u.) oder als Instrumente
verstanden worden sein.
In Bezug auf Bildelemente hat für das spätantike Christentum Patricia Cox Miller in The
Corporeal Imagination - Signifying the Holy in Late Ancient Christianity 2009 eine um¬
fangreiche Quellensammlung zusammengestellt, kommt aber letztendlich zu dem Er¬
gebnis: „An Artistic image such as the icon of Saint Agnes cannot show the holy itself,
but it can signify a „being toward“ the spiritual realm that might indeed invite veneration
and petition.“ 14
Das Konzept der Verkörperung setzt voraus, dass die Vorstellung einer irdischen Omni-
10 In diesem Zusammenhang ist die einmalig überlieferte Bezeichnung von Zauberzeichen als „unaussprechlich“ inte¬
ressant, da sie im Grunde genommen impliziert, dass davon ausgegangen wurde, dass derartige Zeichen ausge¬
sprochen werden können, ansonsten wäre eine explizite Klassifizierung als unaussprechlich überflüssig. Potentiell
aussprechbare Zauberzeichen würden dann allerdings wiederum keine größere Sicherheit bieten als Worte. Siehe
SAP-G-V-GZ-001.
11 Siehe z.B. Philippe Germond (2005), 14-15: „One last word on a concept that informs all ancient Egyptian thinking:
the belief, that images are all-powerful. In fact, whether it was a monumental statue, a bas-relief, a painting or a small
object, the image was above all utilitarian: it reactivated or substituted forthe characteristics of the original, which were
fully transmitted to the copy. Images were never inert or fixed: they were active forces that had a very real existence.
To the point where, in certain burials. images of beings thought to be potentially dangerous were intentionally mutila-
ted.“
12 Siehe Schmidt (1905), 257 ff.
13 Julianus imperator, orat. VII. „Die Natur liebt es, sich zu verbergen, und das Geheimnisvolle am Wesen der Götter
verträgt es nicht, mit nackten Worten vor unreine Ohren geworfen zu werden. Daher vermag die verborgene Natur
der Schriftzeichen zu nützen, auch wenn sie nicht gekannt wird. Sie fördert nicht nur die Seelen, nein auch die Leiber
und bringt Göttererscheinungen zuwege.“ (Hertlein (1875), 280).
14 Cox Miller (2009), 178.
304
13 - Vorkommen und Funktion von Beschriftung
präsenz einer höheren Macht nicht existierte oder akzeptiert wurde, sondern dass höhe¬
re Mächte für ihre Präsenz in der irdischen Welt Körperlichkeit benötigten - in Form einer
Statue, oder, abstrakter, in Form einer Hülle.
Theoretisch kann ein Beschriftungselement - und zwar jedes Beschriftungselement -
nicht nur mit einer identifizierenden/adressierend verwendet werden, sondern auch ver¬
körpernd, abhängig davon, welches Konzept einer Beschriftung zugrunde gelegt wird.
Inwieweit dieses Konzept anhand antiker Quellen belegt werden kann, bleibt zu unter¬
suchen.
Adressierung oder Verkörperung?
Das Konzept der Verkörperung erscheint zunächst insbesondere dann denkbar, wenn
die Beschriftung eines P-Artefakts ausschließlich aus Z-Elementen besteht und eine
Adressierung in Form eines Namens sowie eine Übermittlung der Forderung auch nicht
in verbaler Form im Rahmen der Herstellung des P-Artefakts stattgefunden haben. Die
Z-Elemente müssten dann die Funktionen der Adressierung, Informationsübermittlung
und Bindung übernehmen. Falls das Schreiben an sich als Bindung verstanden würde,
blieben immer noch Adressierung und Informationsübermittlung.
Als Lösung käme die Vorstellung in Frage, dass Macht X grundsätzlich für Funktion Y zu¬
ständig, und eine explizite Formulierung der Forderung daher nicht notwendig ist, wenn
das richtige Zeichen (oder die richtige Zeichengruppe) Z verwendet wird 15 . Dass die
Vorstellung existierte, dass individuellen höheren Mächten explizit ausgewählte Zeichen
zugehörig sind, ist in verschiedenen koptischen Anleitungen ebenso belegt wie in kop¬
tischen Amuletten. Eine typische koptische Formel lautet z.B., unter Berücksichtigung
individueller Abweichungen der exakten Schreibform sowie der individuellen Ergänzbar-
keit:
TICüpeK epOTN TICUpeK SHSTNp^H HM N©TN<t>HAXKTHpil)H 16
Ich beschwöre Euch, ich beschwöre Eure Namen und Eure Phylakteria.
Die Formel tritt auch im Singular zur Anrufung einer einzelnen höheren Macht auf. In der
Regel geht mit der Verwendung des Terminus Phylakterion die Darstellung von Zauber¬
zeichen einher, so dass hier höheren Mächten Namen, Mächte und Zeichen zugewiesen
werden. Auch im bereits weiter oben genannten 1. Buch leu werden individuelle Zauber¬
zeichen (xapaKTfjpes) individuellen höheren Mächten mit unterschiedlichen Funktionen,
bzw. Zuständigkeitsbereichen zugeordnet. Die Verwendung von Zauberzeichen stellt,
zumindest in den koptischen Texten, einen praktischen Ersatz für eine umfangreiche
15 Siehe lamblichus, IV, 1 (Hopfner (1922), 119): „Es gibt aber noch eine (dritte) Gruppe (höherer) Wesen um uns (näm¬
lich die in der sinnlich wahrnehmbaren Schöpfung und Materie lebende niedrigste Dämonenklasse, die sogenannten
Stoffdämonen, von denen ich auch schon oben, III, 31, S.115ff., gesprochen habe). Diese sind ohne Verstand und Ur¬
teilsfähigkeit und erhielten bei der Aufteilung (aller Klassen der höheren Wesen) auf ganz genau bestimmte Wirkungs¬
gebiete nur eine einzige (einseitige) Wirkungsmöglichkeit und Vorsteherschaft zugeteilt.“ Die folgenden Beispiele, die
lamblichus anführt, sind allerdings komplexerer Natur.
16 Berlin P. 8321, Zeilen 7-8; Siehe Beltz, Die koptischen Zauberpapyri der Papyrus-Sammlung der Staatlichen Museen
zu Berlin, in: Archiv für Papyrusforschung 29 (1983), 72.
305
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Beschriftung aus S-Elementen dar. Sie verdeutlicht zudem, dass Zauberzeichen hier
sowohl konkrete, als auch konzeptuelle Funktionen zugewiesen waren.
Im Umkehrschluss könnten auf der Basis einer solchen Vorstellung allerdings auch B-
und S-Elemente verwendet werden. Die richtige Darstellung, der richtige Name würden
das gleiche bewirken können, das auch ein Zeichen bewirken könnte.
S-Elemente können also - theoretisch - sämtliche Funktionen erfüllen, die Z- und B-
Elemente erfüllen, plus zwei weiteren, die weder Z- noch B-Elemente erfüllen können:
die Bezeichnung der Zielperson und/oder des Nutznießers und die Ausformulierung in¬
dividueller Angaben.
Grundsätzlich ist für Beschriftungen, die ausschließlich aus Z-Elementen bestehen, je¬
doch auch eine adressierende, identifizierende Funktion in Betracht zu ziehen.
Wenn es sich jedoch im Fall der P-Artefakte um eine adressierende, identifizierende
Funktion handelt, wie kann eine höhere Macht ihre Macht dann - über die räumliche
Begrenzung der Beschriftung hinaus - in den dreidimensionalen Raum hinein entfalten?
Interessant ist hier der Umstand, dass 18 der 50 Artefakte, deren Beschriftung mindes¬
tens ein Z-Element enthält, am Körper zu tragen sind. Unmittelbarer Kontakt spielt eine
wichtige Rolle. Allerdings sind Artefakte mit Z-Element-Beschriftung u.a. auch zu ver¬
graben. Dies wirft neben der Frage, wie Macht in den materiellen Raum hinein entfaltet
- und damit in diesem wirksam - werden konnte, die weitere Frage nach der Reichweite
eines Machtraums auf.
Doch nicht nur die Frage nach der räumlichen Reichweite stellt sich, auch nach der
Dauerhaftigkeit der (Teil-)Präsenz einer höheren Macht: Ist die höhere Macht permanent
anwesend, oder kann sie die Schrift/ das Bild/ das Zeichen verlassen? Wie bindend ist
eine verkörpernde Funktion von Beschriftung abbildenden? (s.u. Exkurs 2: Dauer des
Wirkens). Die Erörterung und Diskussion dieser Fragen anhand historischer Quellen
wäre sicherlich ergiebig, würde an dieser Stelle jedoch den Rahmen sprengen.
Verräumlichung einer höheren Macht
Das Konzept der Verräumlichung einer höheren Macht mittels Beschriftung wurde von
lamblichus beschrieben. Er erläutert kurz eine konkrete Funktion der Zauberzeichen als
Wohnsitz und räumliche Begrenzung herbeigerufener höherer Mächte 17 . Dieses Konzept
mag zunächst seltsam erscheinen, da die Plastizität der Beschriftung - und damit die
Räumlichkeit - auf vielen der in den Sammelschriften überlieferten Schriftträgern gering
ist. Dennoch verschafft Schrift Körperlichkeit, und genau darum scheint es lamblichus
17 Hopfner (1922), 88 = lamblichus 111.14: „(...) das andere Mal wieder lassen sie es [Anm.: sie = die Praktizierenden,
es = göttliches Licht] auf einer Wand aufleuchten, nachdem sie durch Einzeichnen der heiligen Zeichen (Charaktere)
auf der Wand der Lichterscheinung einen überaus trefflichen Sitz geschaffen haben (da durch diese symbolischen
Zeichen die Wand nicht nur geheiligt, sondern den erscheinenden Lichtfiguren der Götter auch sympathisch gemacht
wird); zugleich schränken sie dadurch die Erscheinungen auch auf einen bestimmten Raum ein, damit sie nicht allzu¬
sehr zerfließen.“
306
13 - Vorkommen und Funktion von Beschriftung
zu gehen, dass die Verschriftlichung eines Zeichens einen körperlichen Raum schafft,
der von einer höheren Macht als geeignet für eine temporäre Einkehr betrachtet werden
kann. Ein Zeichen erfüllt dabei die Funktion einer Hülle und ist - streng genommen - nicht
selbst wirkmächtig. Einer immateriellen höheren Macht wird dadurch ermöglicht, in einer
materiellen Welt an einem individuellen Ort präsent zu sein.
Ob Beschriftung als Pendant zu einer Statue, in die eine höhere Macht einkehren kann,
gesehen werden kann, ob eine solche Statue als verkörpernd oder verräumlichend ver¬
standen wurde, und ob beide Konzepte für die Antike belegbar sind, bleibt im Detail zu
untersuchen.
Inkorporierung einer höheren Macht
In einigen Praxen muss die vorgenommene Beschriftung in einer Flüssigkeit aufgelöst
und entweder von dem Praktizierenden, oder der Zielperson getrunken werden. Die
spannende Frage ist, welches Konzept einer derartigen Handlung zugrunde liegt. In
flüssiger Form zu Verinnerlichen sind ausschließlich Beschriftungen aus S-Elementen.
Z- und B-Elemente werden nicht getrunken. Dies lässt einerseits darauf schließen, dass
hier dem Text an sich die eigentliche Bedeutung zukommt, und dass dieser Text als
machtinhärent betrachtet wurde. Andererseits verstärkt es die Theorie, dass Z- und B-
Elemente in verkörpernder Funktion verwendet wurden und daher eine Verinnerlichung
nicht vorstellbar war 18 .
Exkurs 1: Voces magicae
Die Funktion der voces magicae kann in den demotischen Anleitungen überwiegend
geklärt werden, in den griechischen und koptischen bleibt sie offen. Die demotische
Schrift kann, im Gegensatz zur griechischen, kennzeichnen, was ein Wort bezeichnet
oder welcher Bedeutungsgruppe ein Wort zugeordnet wird. Dies bedeutet im Fall der
„voces magicae“, dass diese in den demotischen Texten beinahe ausschließlich in Ver¬
bindung mit einem Götterdeterminativ auftreten, ein einziges Mal fehlt in einer Gruppe
solcher „voces magicae“ ein Determinativ. In demotischen Anleitungen wurden diese
Worte entsprechend als Namen höherer Mächte verstanden - und in der Regel auch als
solcher bezeichnet, und nicht als „Zauberworte“. Der ägyptische Terminus m ist wesent¬
lich konkreter zu interpretieren als der griechische Terminus övopa, mit dem eindeutig
voces magicae, Namen und auch Vokale bezeichnet werden 19 . Entsprechend reflektiert
die moderne Differenzierung zwischen „Name“ und „vox magica“, wie Preisendanz sie
verwendete, nicht antike Praxis. Hier könnten sogar von Schreiber zu Schreiber und/
oder Anleitung zu Anleitung unterschiedliche Vorstellungen und Intentionen zugrunde
18 Das Konzept der Verinnerlichung höherer Mächte ist allerdings z.B. in den Pyramidentexten belegt, siehe die beiden
Sprüche 273 und 274. Siehe für eine neuere Diskussion und eine Literaturübersicht Georg Meurer (2002), 43; siehe
auch Christopher Eyre, The Cannibal Hymn - A cultural and literary study, Liverpool 2002; Harold M. Hays (2012),
Anm 1030; K. Goebs (2003), 29-50.
19 S. dazu Tab. 9.177, S. 234, und beispielhaft S. 165-166.
307
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
liegen, wie die vielfältige Verwendung des Termins övopa belegt. Ein antiker Terminus
für „voces magicae“ ist in den bearbeiteten Anleitungen nicht überliefert.
Die farbliche Differenzierung in den Indices ist deswegen lediglich als Hilfe für den mo¬
dernen Leser zu verstehen, nicht als eindeutige Identifizierung antiken Brauchtums. Hier
besteht in jedem Fall weiterer Forschungsbedarf, z.B. anhand historischer Quellen. 20
Exkurs 2: Dauer des Wirkens?
Die oben aufgeführten Konzepte implizieren, dass eine höhere Macht solange gebunden
ist, bis eine Forderung erfüllt ist. Dies bedeutet jedoch in einigen Fällen eine dauerhafte
Präsenz einer höheren Macht, z.B. bei Artefakten, die dem Schutz eines Ortes dienen
sollten und dazu vergraben wurden, oder für den Gewinn von Gunst gedacht und nach
der Praxis unbefristet am Körper zu tragen waren. Nur wenige Anleitungen integrieren
explizit die Lösung einer herbeigerufenen höheren Macht oder der Zielperson 21 oder
begrenzen die Dauer der Wirkmächtigkeit eines Artefakts 22 .
13.2.3. Konkrete Funktionen einer Beschriftung: Teil 2
An diese Diskussion anschließend können weitere konkrete Funktionen von Beschrif¬
tung ergänzt werden:
1) . Materialisierung des Wortes
2) . Präsenzschaffend in der materiellen Welt
3) . Räumliche Begrenzung
4) . Beschriftung macht eine Interaktion sinnlich erfahrbar: sichtbar, greifbar/fühl¬
bar, schmeckbar
5) . Beschriftung verschafft eine unmittelbare Nähe zwischen P und M
6) . Dauerhaftigkeit durch materielle Manifestierung => Stabilität => Sicherheit
7) . Sichtbarkeit
8) . Unmittelbarkeit
13.3. Abschließende Gedanken
Es ist schwer vorstellbar, dass das gesprochene Wort eine höhere Macht zu verkörpern
vermag, ihr praktisch erst durch das Wort ein Körper gegeben und sie damit zu einem
Teil der materiellen Welt wird. Das Wort nimmt zwar Teil an der materiellen Welt, ist je¬
doch selbst nicht materieller Natur. Daher kann es selbst auch keinen Körper verleihen.
20 Jüngst erschienen ist eine kritische Erörterung zu der Erforschung der voces magicae von J. F. Quack, siehe Quack
(2013), 182-199.
21 SAP-G-V-GZ-001 (Lösung der höheren Macht); SAP-G-VUYA-GB.a-003 (zur Lösung der Praxis muss die Beschrif¬
tung auf den Flügeln mit Quellwasser abgewaschen und die Fledermaus wieder freigelassen werden); SAP-G-V-
GB.a-001 (zur Erlösung der verzauberten Zielperson).
22 SAP-G-VU0-OO5: „bewahre mich vor jedem Schrecknis, vor jeder Gefahr, die mir droht am heutigen Tag, in der jetzi¬
gen Stunde.“ SAP-G-VUI-G-003: „und zur Stunde wird er sie beiführen“
308
13 - Vorkommen und Funktion von Beschriftung
So kann eine höhere Macht mittels Worten adressiert, ggf. herbeigerufen und gebunden,
nicht jedoch vergestaltlicht werden. Eine direkte Präsenz einer höheren Macht wäre mit¬
tels Worten nur dann möglich, wenn eine Bindung in der Form stattfinden würde, dass
damit eine Verkörperlichung einhergehen würde, zu der die höhere Macht selbständig in
der Lage wäre. Das Wort diente dabei als Instrument zur „Verbindung“, nicht jedoch nur
Verkörperung.
Dieses Konzept, eine höhere Macht mittels Worten dazu zu bringen, einen Auftrag zu
erfüllen, ist ein anderes als die Vorstellung, einer höheren Macht einen Körper verleihen,
sie portabel machen und bei sich tragen zu können. Erst Materialität macht das zweite
Konzept möglich.
Ist die Verschriftlichungspraxis ein Zeichen dafür, dass das Bedürfnis wuchs, sich in
der unmittelbaren Präsenz höherer Mächte aufzuhalten? Sich mit einer höheren Macht
dauerhaft zu umgeben? Oder dass der Glaube Zuwachs fand, dass höhere Mächte in
körperlicher Gestalt auf der Erde gebunden werden können?
Die Verwendung verschriftlichter Sprache in Form schrifttragender Artefakte kann für
diese Überlegung im Rahmen des Bearbeitungszeitraums nicht als Argument verwendet
werden, da solche Artefakte, z.B. Defixiones, bereits aus den Jahrhunderten vor den hier
bearbeiteten Sammelschriften überliefert sind. Das Aufkommen und die rasche Verbrei¬
tung der Zauberzeichen und der Verwendung figürlicher Darstellungen kann jedoch als
Hinweis in diese Richtung gedeutet werden - und zwar in Verbindung mit den Konzep¬
ten der verkörpernden und verräumlichenden Funktion von Beschriftung. Das Bedürfnis
nach konkreter, körperlicher, sinnlich erfahrbarer Präsenz einer höheren Macht könnte
sich in der wachsenden Anzahl materieller schrifttragender Artefakte - die mehrheitlich
archäologisch, und nicht in den Sammelschriften überliefert sind - widerspiegeln.
13.4. Ausblick: Zur These von Detlef B. Linke
Eine andere Theorie, die den Zuwachs von Z- und B-Elementen im 3. Jh. erklärt und
ergänzend zu den hier formulierten Überlegungen interessant anhand geschichtswis¬
senschaftlicher Methoden zu überprüfen wäre, ist Linkes 23 Theorie des Alphabets als
Ursprung des spätantiken iconic turn, von der hier vier Punkte vorgestellt werden sollen:
• „Im folgenden soll nun überlegt werden, inwieweit das Aufbrechen gewisser
Reflexionsintensitäten als Kompensation zu kommunikationstechnischen Ver¬
änderungen verstanden werden könnte, d.h. ob die Veränderung eines Medi¬
ums, einer Schrift ein konkreter Anlaß zur Änderung religiös-kultureller Explika¬
tionsformen sein kann und inwieweit man eine Identität des inneren Anliegens
zweier Kulturen oder Religionen verständlich machen kann, wenn in den beiden
Systemen A und B die unterschiedlichen Schrift-, bzw. Kommunikationsformen
_ eine K ompensation in der Explikation der religiös-kulturellen Momente finden.
23 Detlef Bernhard Linke, 1945-2005, Prof, für Neurophysiologie und neurochirurgische Rehabilitation, Bonn.
309
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Um dies zu entwickeln, müßte ein neurokulturell-neurotheologischer Diskurs
versucht werden.“ 24
• „Von Interesse ist, daß innerhalb der schriftsprachlichen Systeme bereits Diffe¬
renzierungen hinsichtlich der Involviertheit der Kommunikationspartner vorlie¬
gen können. So verlangt ein nicht vokalisiertes Schriftsystem ein viel größeres
Engagement des Lesers als dies bei einem vokalisierten System der Fall ist.
Nicht-vokalisierte Schriften erfordern eine stärkere Beteiligung der rechten Hirn¬
hälfte, während dies bei vokalisierten Schriften zwar nicht schlechthin entbehr¬
lich, jedoch in einem gewissen Maße reduziert werden kann, ohne daß man
sagen müßte, man hätte nicht gelesen. Betrachtet man diese Unterschiede zwi¬
schen den Schriftsystemen, so wird deutlich, daß die Art des Schriftsystems für
die Schriftreligionen aufgrund des unterschiedlichen Verhältnisses des Lesers
zur Schrift von großer Bedeutung sein kann. Verfolgen wir die Entwicklung der
phönizischen Schrift, die als semitische Schrift nicht vokalisiert war, so findet
sich bei der Verwendung dieser Schrift für das Griechische die Notwendigkeit,
diese Konsonantenschrift zu vokalisieren, da es im Griechischen sonst zu zahl¬
reichen Fehlinterpretationen gekommen wäre. Damit ergibt sich aber eine un¬
terschiedliche Hemisphärenbetonung bei der Schriftausnutzung für das Phöni-
zische und das Griechische derart, dass beim Griechischen die Benutzung der
rechten Hirnhälfte für das Lesen nicht so unabdingbar erforderlich ist, wie das
noch bei der Konsonantenschrift der Fall war. Es lässt sich also das hirntheoreti¬
sche Modell erstellen, demzufolge vokalisierte Schriften eine Lateralisierung zur
linken Hirnhälfte befördern, zwar nicht als allgemeine neurologische Dominanz,
wohl aber spezifisch für die Schriftverwendung in der Rezeption. Die neurowis¬
senschaftliche Bekräftigung derartiger Überlegungen findet sich in der Tatsache,
daß eine Schrift im allgemeinen mit der Vokalisation auch die Richtung ändert
und rechtsläufig wird.“ 25
• „Geht man davon aus, daß die phönizische und dann auch die hebräische
Schrift von ihrer Struktur her im Umgang mit der Schrift ein Engagement bei¬
der Hirnhälften erforderlich machten, dann gewinnt die Vorstellung eine gewisse
Plausibilität, daß die Schrift selber durch die bilaterale Involvierung des Gehirns,
ähnlich wie bei der Musik, den Menschen so ganz erfassen kann, daß es ihn
geradezu zum „Tanzen“ anregt. Eine semitische Schrift, diese neurokulturelle
These möchten wir hier aufstellen, bedarf nicht der Bilder oder der rechtshe¬
misphärischen Themen wie Tod und Liebe in dem Maße, wie das für ein voka¬
lisiertes Alphabet der Fall ist, wenn sie den „ganzen Menschen“ (beide Hemi¬
sphären) erfassen soll. In den Jahrhunderten um die Zeitenwende befand sich
das Judentum unter erheblichem Einfluß griechischer Literatur. Das Neue Tes¬
tament, im Kontext des Hellenismus in der Koine verfaßt, war als griechischer
24 Linke (1999), 74.
25 Linke (1999), 74-75.
310
13 - Vorkommen und Funktion von Beschriftung
Text nun nicht ohne weiteres auf die Aktivierung der rechten Hirnhälfte ausge¬
legt, jedenfalls soweit die alphabetische Struktur betrachtet wird. Um eine dem
Hebräischen vergleichbare bilaterale Aktivierung des Gehirns zu erzielen, kann
die Linkslastigkeit eines vokalisierten Alphabets durch eher die rechte Hirnhälfte
ansprechende Inhalte kompensiert werden. Eine derartige Kompensation kann
beispielsweise dadurch erfolgen, daß das Wort nicht mehr einfach von der Schrift
und aus der Perspektive der Schriftgelehrten erfaßt wird, sondern selber mit ei¬
nem starken Attraktor der rechten Hemisphäre, nämlich dem der Personalität, in
Beziehung gesetzt wird. Diese Inbeziehungsetzung wird dann insbesondere von
großer energetischer Gewalt sein, wenn sie in der Art einer Identifizierung von
Wort und Person, von Logos und Christus, von Wort und Fleisch, von Botschaft
und Inhalt, von Bote und Botschaft, wenn sie zum verzehrbaren Boten, wenn
sie selbst zum Übergang von der linken zur rechten Hemisphäre, wenn sie zur
Transsubstantiation des Wortes in die Bildhirnhälfte, wenn sie zum Symbolon
der zwei halben Hirnhälften wird. Die These wäre also, daß die Inkarnation,
die Fleischwerdung Gottes innerschriftlich als ein Korrekturvorgang verstehbar
wäre, bei dem die Bilateralität, die in der semitischen Schrift von vornherein
„mitgeliefert“ wird und in der griechischen Schrift erst gewonnen werden muß, in
der Produktion des Neuen Testamentes in der These der Fleischwerdung Gottes
zurückerlangt wird.“ 26
• „Die hebräische Schrift, und diese These möchten wir hier radikal formulieren,
bedurfte „innerschriftlich“ nicht des Erlösers, denn sie befand sich schon in der
rechten Hirnhälfte, und sie mußte im Gegenteil eine kulturelle Umgebung ha¬
ben, in der das Bild in der rechten Hemisphäre nicht in Konkurrenz zum Voka-
lisationsbemühen treten konnte. Das Bilderverbot war hier konstitutiv für das
angemessene Schriftverständnis, während es im Griechischen und der ihm
folgenden Tradition umgekehrt angemessen erschien, Bilder zur Deutung der
Schrift mitzuverwenden.“ 27
Linkes Überlegungen gehen dahin, dass mit der Verbreitung nicht-vokalisierter Alphabe¬
te eine wachsende Bilderfeindlichkeit einhergeht, vokalisierte Alphabete hingegen das
Bedürfnis nach Bildern erhöhen. Seine Thesen wurden jüngst von dem Religionswis¬
senschaftler Michael Blume in dessen Blog vorgestellt 28 und in einem gemeinsamen
(populärwissenschaftlichen) Buchprojekt mit Vaas diskutiert 29 .
Linke hat Zeit seines Lebens darauf gewartet, dass seine Thesen von Geschichtswis¬
senschaftlern und Religionswissenschaftlern kritisch hinterfragt würden, was nicht ge¬
schehen ist. Blume hat die Diskussion in den Religionswissenschaften angeregt. Linkes
Gedanken bieten eine ausgezeichnete Möglichkeit, geschichtswissenschaftliche Fra-
26 Linke (1999), 75-76.
27 Linke (1999), 77.
28 Michael Blume, Gehirn und Alphabete - Die Linkesche These: http://www.scilogs.de/chrono/blog/natur-des-glaubens/
hirnforschung/2010-11-06/gehirn-und-alphabete-die-linkesche-these (Stand: Mai 2013).
29 Rüdiger Vaas, Michael Blume, Gott, Gene und Gehirn, Stuttgart 2012 3 , 200-203.
311
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
gestellungen und Methoden mit Fragen und Methoden der Gehirnforschung und den
Kognitionswissenschaften zu verbinden. Bis heute wurden seine Überlegungen weder
widerlegt, noch ausreichend diskutiert oder experimentell erforscht. Sie bieten ein enor¬
mes Potential für zukünftige Forschungen, insbesondere der Schrift-, Bild- und Zeichen¬
forschung. Besonders spannend ist die Frage, inwieweit Untersuchungen der - vokal¬
losen, aber bilderreichen - Hieroglyphenschrift seine Gedanken bestätigen, widerlegen
oder weiterentwickeln könnten.
312
14 Zusammenfassung der Ergebnisse
14. Zusammenfassung der Ergebnisse
ln der Arbeit wurden verschiedene Abkürzungen verwendet, die hier für die Zusammen¬
fassung noch einmal kurz vorgestellt werden 1 :
PGM: Papyri Graecae Magicae 23 3
pdm: Papyri Demoticae Magicae
SM: Supplementum Magicum 4
GMPT: Greek Maigcal Papyri 5 in Translation 6
SAP: Schrifttragendes Artefakt in einer Praxisanleitung
SAPs: Schrifttragende Artefakte in Praxisanleitungen
ÜP: übergeordnete Praxis
G: Griechisch, D: Demotisch, K: Koptisch
GK: Griechisch-Koptisch, GD: Griechisch-Demotisch
P-Artefakt: Artefakt, das autark zu verwenden und in keine übergeordnete Praxis
eingebunden ist. Herstellung und Handhabung des Artefakts konstituieren die ge¬
samte Praxis.
S-Element: Schriftelement
Z-Element: Zeichenelement
B-Element: Bildelement
14.1. Ergebnisse: Sammelschriften und Anleitungen 7
Aus dem Zeitraum des 1. Jh. v. Chr. bis zum 7. Jh. n. Chr. sind aus Ägypten 87 grie¬
chische, demotische und koptische Sammelschriften und Einzelanleitungen überliefert,
deren Inhalte Anweisungen zur Interaktion mit höheren Mächten enthalten. 37 davon
enthalten Anweisungen zur Herstellung und Handhabung schrifttragender Artefakte, bei
weiteren 13 sind solche Anweisungen eventuell vorhanden gewesen, der unvollständi¬
ge Erhaltungszustand ermöglicht keine eindeutige Interpretation zu einer potentiellen
Beschriftung. Diese 37 Sammelschriften und Einzelanleitungen, die die Grundlage der
Arbeit bilden, datieren zwischen das 1.-7. Jh. n. Chr.
In diesen 37 Sammelschriften und Einzelanleitungen sind 188 Praxisanleitungen über¬
liefert, in denen die Herstellung und Handhabung von insgesamt 268 schrifttragenden
Artefakten beschrieben wird. Dreiviertel der Artefakte werden in griechischen Anleitun¬
gen beschrieben, rund 10% in koptischen und 5% in demotischen Anleitungen. 10% der
1 Siehe auch Kapitel 3 - Definitionen.
2 Die Bezeichnung ist praktisch aber ungenau, da neben den Papyri auch Pergamente, Ostraka und Tablai enthalten
sind.
3 s. Preisendanz (1973) 2 und (1974) 2 .
4 s. Daniel, Maltomini (1991 u. 1992).
5 Siehe Anm. 1.
6 s. Betz (1996).
7 Siehe Kapitel 4 und 5.
313
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Artefakte treten in bilinguen Anleitungen auf, wobei in der Regel die Handlungsanwei¬
sungen in einer Sprache beschrieben werden, die Beschriftung selbst jedoch in einer
anderen Sprache vorgenommen werden soll.
Es können vier chronologische Phasen unterschieden werden: Eine frühe, die das 1./2.
bis frühe 3. Jh. umfasst, eine mittlere, zu der das 3. und 4. Jh. gezählt werden können,
eine späte, die den Zeitraum des 5. bis 6. Jh. einschließt und eine ausklingende Phase,
die vom späten 6. Jh. bis zur arabischen Eroberung Ägyptens andauert. Die meisten
Anleitungen und Artefakte datieren in die mittlere Phase, ein zweiter kleinerer Peak ist in
der ausklingenden Phase erkennbar.
In griechischen Anleitungen ist es nicht ungewöhnlich, dass mehrere SAPs innerhalb
einer Praxis verwendet werden. Die größte Anzahl beschrifteter Artefakte - insgesamt
17 Papyri - tritt in der Anleitung PGM IV, 2373-2440 auf. In den koptischen Anleitungen
zeigt sich ein anderes Bild, dort tritt überwiegend ein einzelnes schrifttragendes Artefakt
in einer Anleitung auf. Auch in den demotischen und den bilinguen Anleitungen werden
nur selten mehrere SAPs innerhalb einer Praxis verwendet.
Anleitungen, die SAPs enthalten, wurden in den Sammelschriften nicht von den übrigen
Anleitungen getrennt aufgeschrieben, sondern finden sich überden gesamten Schriftträ¬
gerverteilt. In wenigen Fällen wurden mehrere Anleitungen mit SAP in kleineren Blöcken
zusammengefasst, jedoch nicht so, dass eine klare Kompilierungsstruktur erkennbar
wäre.
61 schrifttragende Artefakte stehen im Zentrum ihrer Anleitungen und werden autark
verwendet („P-Artefakte“).
14.2. Ergebnisse: Materialität, Beschreibstoffund Schreibwerkzeug 8
56 unterschiedliche Materialien sind für insgesamt 220 Artefakte als Schriftträger über¬
liefert, davon 185 aus griechischen, 25 aus demotischen und zehn aus koptischen An¬
leitungen. Bei dem frühesten eindeutig belegten Schriftträger handelt es sich um ein
Lorbeerblatt aus einer griechischen Anleitung des 2. Jh. Eine Alabastertafel aus einer
koptischen Anleitung des 7. Jh. stellt den spätesten Beleg eines Schriftträgers aus dem
Bearbeitungszeitraum dar.
Papyrus ist das Material, das in den Praxisanleitungen am häufigsten als Schriftträger
genannt wird. Zusammen mit Zinn stellt es die beiden einzigen Materialien dar, die in al¬
len drei Sprachen überliefert sind. Leinen, Silber, Lorbeerblätter, Ostraka, der Boden und
nicht näher einzuordnende Stofflappen werden in griechischen und demotischen Anlei¬
tungen genannt. Schilfblätter und eine Tonlampe treten ausschließlich in demotischen
Anleitungen auf. Aus koptischen Anleitungen bekannt sind eine Alabastertafel, Finger,
und zwei nicht näher qualifizierte Gefäße.
8 Siehe Kapitel 6-8.
314
14 Zusammenfassung der Ergebnisse
Den weitesten Zeitrahmen umfassen Lorbeerblätter (2. Jh. - 576. Jh.) und Zinn (273. | 3.
Jh. - 677. Jh.). Silber und Papyrus weisen ein ähnliches Zeitfenster auf (273. Jh. | 3. Jh.
- 576.). Unter den übrigen genannten Materialien fallen Eisen, Haut, Muscheln und Ma¬
gnetstein auf, die nur in dem engen Rahmen des 3. und 4. Jh. in Anleitungen auftreten.
Die beiden archäologisch am häufigsten nachgewiesenen Schriftträger, Gemmen und
Bleitafeln, finden in den Praxisanleitungen keine zahlenmäßige Entsprechung. Lediglich
elfmal wird Blei als Schriftträger genannt, achtmal ein Stein.
Ein exklusiver Zusammenhang zwischen dem Material des Schriftträgers und der Funk¬
tion des Artefakts ist in den Praxisanleitungen innerhalb der Gruppe der mehrfach vor¬
kommenden Materialien nicht zu belegen. Lorbeerblätter werden zwar überwiegend, je¬
doch nicht ausschließlich in Praxen zu Offenbarungszwecken verwendet, sie treten auch
in Schutz- und Heilkontexten auf. Blei wird zwar überwiegend in Praxen, die sich gegen
Dritte richten, verwendet, aber auch zur Zerstörung von Zaubermitteln.
Angaben zu einem Beschreibstoff sind in 71 Anleitungen für die Beschriftung von 15 de¬
motischen, 97 griechischen und sechs koptischen Artefakten überliefert. Sie finden sich
über den gesamten Bearbeitungszeitraum verteilt mit einem deutlichen Schwerpunkt
im 3. Jh. Im 4. Jh. werden solche Angaben seltener und nehmen dann rasch ab. Ein
Überlieferungsminimum liegt um das frühe 6. Jh. vor. In den späten koptischen Sam¬
melschriften des 677. Jh. sind Angaben zum Beschreibstoff wieder belegt, allerdings in
geringer Zahl.
82 unterschiedliche Substanzen sind in den Angaben zu Beschreibstoffen überliefert.
Diese lassen sich unterteilen in feste und flüssige Stoffe. Myrrhe wird unter den festen
Stoffen bei Weitem am häufigsten genannt, unterschiedliche Tierblutsorten, darunter
auch Menschenblut, unter den flüssigen.
Rezepte für Beschreibstoffmischungen sind in 16 Anleitungen für die Beschriftung von
einem demotischen, 42 griechischen und zwei koptischen Artefakten überliefert, ihr chro¬
nologischer Rahmen umfasst das 273. Jh. | 4. Jh. bis 7. Jh. Manche Rezepte beinhalten
lediglich die Angaben der Zutaten, in anderen wird eine Mengenangabe hinzugefügt.
Einige jedoch beinhalten auch Informationen darüber, wie die Stoffe verarbeitet werden
sollen, warum gerade die angegebenen Stoffe verwendet werden, oder in welchem Zu¬
stand der Praktizierende die Zubereitung des Beschreibstoffes vornehmen soll.
Angaben zum Schreibwerkzeug wurden wesentlich seltener vorgenommen als Angaben
zum Schriftträger oder Beschreibstoff. Überliefert sind sie in 24 griechischen und drei
koptischen Anleitungen, nicht jedoch in demotischen. Die früheste Erwähnung datiert in
das 273. Jh. | 4. Jh., die späteste in das 677. Jh. Allein zehn der insgesamt 27 Angaben
finden sich in der Sammelschrift PGM VII aus dem 3. Jh. Am häufigsten genannt wird
315
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
in den griechischen Anleitungen der Erzgriffel (16x). Das ungewöhnlichste Schreibwerk¬
zeug ist ein Edelstein, mit dem ein Goldtäfelchen graviert werden soll.
14.3. Ergebnisse: Beschriftung 9
Die Beschriftung eines Artefakts besteht aus mindestens einem Element aus einer der
drei Hauptbeschriftungsgruppen „Schrift“ (S), „Bild“ (B) oder „Zeichen“ (Z). Elemente aus
sämtlichen drei Gruppen können miteinander kombiniert werden, so dass insgesamt
sieben unterschiedliche übergeordnete Beschriftungsmuster auftreten: S - B 10 - Z - SB -
SZ - BZ- SBZ.
Zu 152 Artefakten können sämtliche Elementgruppen der Beschriftung vollständig re¬
konstruiert werden. Sie werden in 139 griechischen, 12 demotischen und einer kopti¬
schen Anleitung aus 25 Sammelschriften des 1 ./2. Jh. - 6. Jh. oder früher beschrieben.
93 der Artefakte werden ausschließlich mit S-Elementen beschriftet und 18 ausschlie߬
lich mit Zauberzeichen. Die Kombination von S- und B-Elementen ist ebenfalls 18x ein¬
deutig überliefert, die Kombination von S- und Z-Elementen 15x, von S-, Z- und B-Ele¬
menten 7x und von Z- und B-Elementen 2x. Über den längsten Zeitraum überliefert sind
Beschriftungen, die ausschließlich aus S-Elementen bestehen (1./2. Jh. - 5. Jh. | 5./6.
Jh.), über den kürzesten Beschriftungen aus Z- und B-Elementen (3. Jh. - 4. Jh.), für
dieses Muster liegen allerdings lediglich zwei Zeugnisse vor. Die Kombination aus S-,
Z- und B-Elementen ist erst ab dem 3. Jh. belegt. Z- und SZ-Beschriftungsmuster sind
seit dem 2./3. Jh. | 3. Jh. und bis in das 5./6. Jh. überliefert, SB-Beschriftungsmuster sind
zwar ebenfalls seit dem 2./3. Jh. | 3. Jh. belegt, allerdings auch nur bis in das 4./5. Jh.
S-Elemente sind entsprechend für den gesamten Bearbeitungszeitraum belegt. Die
Elementgruppen „Name“ und „individuelle Angaben“ treten bereits in der frühesten Sam¬
melschrift aus dem 1./2. Jh. auf, die frühesten Belege für die Verwendung von voces
magicae und Forderungen finden sich Sammelschriften des 2. Jh. Namen, Vokale, eine
einzelne vox magica, Identitätssätze und Anrufungen sind in Schriften des 2./3. Jh. nach¬
weisbar. Die jüngste Elementgruppe stellen Homerverse dar, die erstmalig in einer An¬
leitung aus dem 4. Jh. Vorkommen. Innerhalb der S-Gruppe stellen voces magicae die
am häufigsten auftretende Elementgruppe dar. Ihre Verwendung ist in 83 griechischen
und einer koptischen Anleitung aus 18 Sammelschriften für den Zeitraum des 2. - 6. Jh.
sicher belegt.
Die Verwendung von Z-Elementen ist erst seit dem 2./3. Jh. | 3. Jh. belegt. Dazu gehören
die Gruppen Gl, G4, G6 und G8. Zeichen der Gruppe G3 sind in den Sammelschriften
nur für das 3. Jh. in vollständig überlieferten Beschriftungen nachweisbar, Zeichen der
9 Siehe Kapitel 9.
10 Ausschließlich bildhaft beschriftete Artefakte werden separat in einer Liste am Ende von Katalogteil 3 aufgeführt und
nicht im Detail besprochen.
316
14 Zusammenfassung der Ergebnisse
Gruppen G2 und G7 für das 4. Jh. Nicht eindeutig zuzuordnende Zeichen finden sich in
Sammelschriften des 3. und 4. Jh. Aus der Z-Gruppe sind G6-Elementzeichen am häu¬
figsten überliefert. Sie treten in 27 griechischen, drei demotischen und einer koptischen
Anleitung aus 13 Sammelschriften des 2.12. | 3. Jh. - 6. Jh. oder früher auf.
B-Elemente treten, wie die Z-Elemente, erstmalig in Sammelschriften aus dem 2./3. Jh.
| 3. Jh. auf. Anthropomorphe Darstellungen sind bis zum 4./5. Jh. in Anleitungen belegt,
zoomorphe Darstellungen bis zum 4. Jh. Die Darstellung eines einzelnen Körperteils ist
einmal in einer Anleitung aus dem 2.12. Jh. | 3. Jh. belegt. Geometrische Elemente wer¬
den erstmals im 3. Jh. angegeben, ihr letztes Zeugnis datiert in das 6. Jh. oder früher.
Anthropomorphe Darstellungen sind innerhalb der B-Gruppe am häufigsten überliefert.
Sie sind in 14 griechischen und einer demotischen Anleitung aus acht Sammelschriften
des 2./3. | 4. Jh.-475. Jh. belegt.
Fast alle mehrfach vorkommenden Schriftträger können mit Elementen aus allen drei
Gruppen - S, Z und B - beschriftet werden. Die beiden Ausnahmen bilden Lorbeerblätter
und Eisen. Sämtliche neun Lorbeerblattartefakte werden nicht mit B-Elementen beschrif¬
tet, die fünf Eisenartefakte hingegen nicht mit Z-Elementen. Beschriftungen auf Blei wei¬
sen die größte Vergesellschaftung unterschiedlicher Elementgruppen in einer einzelnen
Beschriftung auf (max. 11), Beschriftungen auf Eisen (max. 3), Magnetstein (max. 4),
Leinen (max. 4) und Lorbeerblätter (max. 5) sind hingegen aus der geringsten Anzahl
unterschiedlicher Elementgruppen zusammengesetzt.
Unter den 152 Artefakten, deren Beschriftungselemente vollständig rekonstruiert werden
können, sind 66 funktionsbezeichnet, elf davon mit mehr als einer Funktion. Einige der
Funktionen sind ein einziges Mal in den Sammelschriften überliefert, wie z.B. die Besee¬
lung einer Statue, die Verstärkung eines Logos oder die Lösung einer zuvor herbeigeru¬
fenen Macht. Mehrfach genannt werden die Funktionen Schutz (16), Heilung (11), Liebe/
Herbeiführung (7), Offenbarung (5), Gunst (4), Erfolg (3), Zornbannung (2), die Zerstö¬
rung von Zaubermitteln (2), Schlaflosigkeit (2), Traumsendung (2) und Gedächtnismittel
(2). Im Folgenden werden die mehrfach genannten Funktionen zusammengefasst. In
Die Beschriftungselemente aller drei Gruppen S, Z und B werden funktionsübergreifend
verwendet - eine funktionsspezifische Verwendung kann damit für die Elementgruppen,
deren Elemente mehrfach auftreten, ausgeschlossen werden. In den meisten Fällen, in
denen eine Funktion mehrfach überliefert ist, werden zudem Elemente aus allen drei
Gruppen für die Beschriftung verwendet, d.h., nicht nur die Elementgruppen, sondern
auch eine übergeordnete Gruppe an Beschriftungsmustern - ohne hier im Detail auf
die genauen Vergesellschaftungsvarianten der einzelnen Elementgruppen einzugehen -
wird funktionsübergreifend verwendet.
317
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Eine Ausnahme bilden die Beschriftungen von Artefakten, die zu Offenbarungszwek-
ken, als Gedächtnismittel und zur Herbeiführung von Schlaflosigkeit hergestellt wer¬
den. Sämtliche fünf Offenbarungsartefakte werden ohne Zauberzeichen beschriftet,
Gedächtnismittel werden ohne Bildelemente beschriftet, und Beschriftungen im Kontext
von Schlaflosigkeit werden ausschließlich mit S-Elementen beschriftet. In diesen Fällen
liegen jedoch keine funktionsspezifischen Beschriftungsmuster vor, da z.B. Artefakte mit
der Funktion der Herbeiführung oder des Schutzes sowohl mit, als auch ohne Zauber¬
zeichen beschriftet werden können, eine Beschriftung ohne solche Zeichen also nicht
auf die Funktion der Offenbarung begrenzt ist. Es handelt sich bei den o.g. Offenba-
rungs-, Gedächtnis- und Schlaflosigkeitsartefakten um beschriftungsmusterspezifische
Funktionen. Diese sind, zumindest in den Anleitungen der Sammelschriften, für die drei
genannten Funktionen belegt.
Allerdings ist zu beachten, dass für die letzten beiden Funktionen jeweils lediglich zwei
Belege überliefert sind. Zusätzlich ist zu bedenken, dass hier ausschließlich funktions-
bezeichnete Artefakte besprochen werden. Funktionsunbezeichnete Artefakte, die ein¬
gebunden im Rahmen von Offenbarungspraxen verwendet werden, sind häufiger mit
Zauberzeichen zu beschriften. Dies macht deutlich, dass die Untersuchung der Beschrif¬
tungsmuster noch deutlich komplexer vorgenommen werden kann, als hier durchgeführt
wird.
Die Funktionen, deren Beschriftungen insgesamt mit den meisten vergesellschafte¬
ten Elementgruppen auftreten, umfassen Herbeiführung, Schutz und Heilung. Zu den
Funktionen, deren einzelne Beschriftungen aus den meisten Elementgruppen zusam¬
mengesetzt sind, gehören Schutz (9), Zerstörung von Zaubermitteln (8), sowie Liebe/
Herbeiführung, Traumsendung und Zornbannung (je 7). Die weiter oben aufgeführte
Bleitafelbeschriftung, die aus elf unterschiedlichen Elementgruppen zusammengesetzt
ist, ist nicht funktionsbezeichnet.
Eine Reihe unterschiedlicher Termini wird zur Bezeichnung der verschiedenen Beschrif¬
tungselemente verwendet. Dabei werden die meisten Bezeichnungen elementgruppen-
übergreifend verwendet. Elementgruppenspezifisch verwendet werden die Begriffe oxvxoi
für Verse, und xapaKxfipeq sowie oripeiov für Zauberzeichen. Die übrigen Bezeichnungen
werden zwar in einigen Anleitungen elementgruppenspezifisch verwendet, nicht jedoch
in allen, so dass eine elementgruppenspezifische Verwendung nicht generell postuliert
werden kann. Am häufigsten werden in den griechischen Anleitungen die beiden Termini
ovopa und ovopaxa verwendet, in den demotischen rn. In den koptischen Anleitungen ist
eine genaue Bestimmung der Beschriftungselemente häufig schwierig, der Terminus pmi
tritt jedoch auch hier mehrfach auf, allerdings ebenfalls der Terminus (puAxxKxiipiov, der
möglicherweise Zauberzeichen bezeichnet, was jedoch insbesondere anhand späterer
koptischer Texte zu überprüfen wäre.
318
14 Zusammenfassung der Ergebnisse
Autark zu verwendende Artefakte unterscheiden sich insgesamt weder in der Zusam¬
mensetzung der Beschriftungselemente, noch in der Wahl der Schriftträger von einge¬
bunden verwendeten Artefakten wesentlich. Eine Ausnahme findet sich innerhalb der
SZ-Gruppe, für diese konnte festgestellt werden, dass sich die Beschriftung autarker
Artefakte durch eine deutlich häufigere Verwendung der Elementgruppen „Forderung“
und „individuelle Angaben“ von der Beschriftung eingebundener Artefakte unterscheidet.
Bei den Funktionen zeichnet sich ab, dass Heilartefakte häufig autark verwendet werden
sollten, Schutzartefakte hingegen selten.
Für ihre Beschriftungen sind Elemente aus 19 Elementgruppen plus eine unsichere
Elementgruppe nachgewiesen, eine einzelne Beschriftung kann aus maximal neun un¬
terschiedlichen Elementgruppen zusammengesetzt sein.
Beschriftungen, die aus einem einzelnen Element bestehen, treten besonders häufig
innerhalb der Gruppe der P-Artefakte auf.
14.4. Ergebnisse: Handhabung 11
Angaben zur Handhabung eines Artefakts sind in 194 der 268 Anleitungen überliefert.
Sie beinhalten neben der Beschreibung der eigentlichen Handlungen, die an oder mit
einem Artefakt durchgeführt werden sollen, in der Regel zwei weitere Komponenten:
eine räumliche und eine zeitliche. 87 Artefakte werden während der Praxis, 82 nach der
Praxis und sieben sowohl während als auch nach der Praxis verwendet. Bei 18 Artefak¬
ten ist die Bestimmung des Zeitpunkts der Handhabung nicht eindeutig möglich.
Zu 54 Artefakten sind keine Angaben zur Handhabung überliefert, in sieben Anleitungen
waren Handlungsanweisungen möglicherweise vorhanden, sind jedoch heute zerstört,
und 13 Handlungsanweisungen sind unklar.
Die Anwendung eines fertig gestellten Artefakts während der Praxis ist in griechischen,
demotischen und koptischen Anleitungen belegt, in koptischen jedoch nur einmal. Die
Anwendung nach der Praxis ist ebenfalls in griechischen, demotischen und koptischen
Anleitungen überliefert, im Fall der koptischen Praxen allerdings deutlich häufiger als
während der Praxis, im Fall der griechischen und demotischen etwas seltener. Artefakte,
die sowohl während, als auch nach der Praxis verwendet werden, sind ausschließlich in
griechischen Anleitungen belegt.
Am häufigsten soll ein Artefakt am Körper getragen werden (65), hinzugezählt werden
können vier Körperbeschriftungen. Mit einigem Abstand folgen Vergraben (26) und Ver¬
brennen (19) sowie die Vereinleibung der Beschriftung durch Ablecken oder Auflösen
in einer Flüssigkeit, die dann getrunken wird (11). Sieben Artefakte sollen in Wasser
deponiert werden. Fünf Artefakte werden in dem Maul eines Tieres aufbewahrt, und vier
sollen in den Mund eines Leichnams gelegt werden. Verschiedene weitere Handhabun¬
gen werden einmalig oder zweimalig genannt.
11 Siehe Kapitel 10.
319
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Die drei häufigsten Handhabungen des fertigen Artefakts sind auch gleichzeitig die einzi¬
gen, die in griechischen, demotischen und koptischen Anleitungen überliefert sind.
Die Deponierung eines Artefakts in dem Mund eines Toten oder dem Maul eines Tieres
ist lediglich für den begrenzten Zeitraum des 273. | 3. Jh. - 4. Jh. belegt, wohingegen die
übrigen hier im Detail untersuchten, häufiger überlieferten Handhabungen jeweils über
annähernd den gesamten Bearbeitungszeitraum belegt sind.
Materialspezifische oder funktionsspezifische Handhabungen sind bei den mehrfach
belegten Handhabungen nicht nachweisbar. Es werden jedoch einige Materialien von
bestimmten Handhabungen ausgeschlossen, so werden Metalle und Steine z.B. nicht
zerstört, obwohl zerstörte Hämatite mehrfach archäologisch überliefert sind 12 .
Von den 194 Artefakten werden lediglich 42 autark verwendet, 133 sind in eine ÜP ein¬
gebunden, und bei 19 ist die Zuordnung unklar. Am Körper zu tragende Artefakte werden
zu rund zwei Dritteln im Rahmen einer ÜP in eingebundener Form verwendet. Artefakte,
die verbrannt werden, treten noch häufiger in dieser Weise auf. Bei Wasserdeponierun¬
gen ist die Anzahl autarker Artefakte gegenüber eingebundenen ungefähr ausgeglichen,
wobei die geringe Überlieferungszahl zu berücksichtigen ist.
14.5. Ergebnisse: Funktionen 13
95 der 268 untersuchten Artefakte wird explizit eine Funktion zugewiesen. Sie sind in
Anleitungen aus 19 Sammelschriften seit dem 273. Jh. | 3. Jh. und bis in das 6.-7. Jh.
überliefert. 40 der Artefakte werden in eine übergeordnete Praxis eingebunden, 54 hin¬
gegen autark verwendet, ein Artefakt tritt - abhängig von der erwünschten Funktion - in
beiden Kontexten auf. Bei der Mehrheit der funktionsbezeichneten Artefakte handelt es
sich also um Artefakte, die im Zentrum einer Praxis stehen und die Praxis konstituieren.
Die frühesten überlieferten funktionsbezeichneten Artefakte werden in zwei demotischen
Anleitungen aus der bilinguen Sammelschrift P. Leiden I 383 = pdm xiv aus dem 273. Jh.
| 3. Jh beschrieben. Sie werden 1.) zur Herbeiführung einer begehrten Person, und 2.)
für das Erhalten und für das Senden von Träumen verwendet. In beiden Fällen handelt
es sich um autarke Artefakte. Das Senden und Erhalten von Träumen wird nicht näher
beschrieben, es steht in keinem klaren Offenbarungskontext.
Die frühesten funktionsbezeichneten Artefakte aus drei griechischen Anleitungen sind
in der - ebenfalls bilinguen - Sammelschrift P. Leiden I 384 = PGM XII, pdm xii aus dem
273. Jh. | 4. Jh. belegt. Sie sollen 1.) Erfolg und Glück, 2.) Gunst, Freundschaft und
Bewunderung und 3.) Gunst, Erfolg und tägliche Wohlfahrt für den Praktizierenden und
einen Ort bringen.
Eins der demotischen Artefakte wird in Demotisch und mit einer Tierdarstellung beschrif-
12 s.o.Anm. 2.
13 Siehe Kapitel 11.
320
14 Zusammenfassung der Ergebnisse
tet, das zweite ausschließlich mit Zauberzeichen. Bemerkenswert ist, dass zwei der drei
frühen griechischen Artefakte die gleichen Beschriftungsmuster aufweisen, allerdings
wird keine Tierdarstellung verwendet, sondern eine anthropomorphe. Das dritte griechi¬
sche Artefakt wird ausschließlich mit S-Elementen beschriftet. Bild- und Zeichenelemen¬
te treten damit parallel zu Schriftelementen bereits auf den frühesten zurzeit bekannten
Belegen funktionsbezeichneter schrifttragender Artefakte aus Praxisanleitungen auf. Die
frühesten Belege für S-Elemente datieren in das 1./2. Jh.
Noch bemerkenswerter ist, dass die Zauberzeichen für das demotische Artefakt - das
nach der aktuellen Datierung den frühesten Beleg für die Anwendung von Zauberzei¬
chen auf funktionsbezeichneten Artefakten in Sammelschriften darstellt - die gleichen
formalen Eigenschaften aufweisen wie die Zauberzeichen, die archäologisch bereits seit
dem späten 1. Jh. in Europa nachweisbar sind 14 , jedoch keinerlei formale Parallelen
zu der einzigen weiteren Gruppe an Zauberzeichen aufweisen, die in anderen demo¬
tischen Anleitungen vorkommt und hauptsächlich aus hieroglyphenähnlichen Zeichen
zusammengesetzt ist. Würde man P. Leiden I 384 = PGM XII, pdm xii konsequent nach
Dieleman in das 2./3. | 3. Jh. datieren, wäre die Verwendung von Zauberzeichen in etwa
zeitgleich für demotische und griechische Artefakte belegt. Archäologische und histo¬
rische Quellen, ebenso wie die Sammelschriften, legen einen griechischen Ursprung
der Zauberzeichen nahe 15 . Auch die Verwendung des terminus technicus xapocKTfjpss,
der in einer demotischen Anleitung, in diversen koptischen Schriften, aber auch in he¬
bräischen und aramäischen Texten übernommen wird, spricht für einen griechischen
Ursprung. Dies bringt die Frage auf, ob der Schreiber des demotischen Textes entwe¬
der einen griechischen Text kopierte, oder ein griechisches Element in eine demotische
Praxis integrierte. Letzteres wiederum könnte dafür sprechen, dass es sich, zumindest
bei dieser Anleitung, um eine originäre Praxiskomposition handelt. Das sind allerdings
Überlegungen, für die es keine weiteren Belege gibt.
Artefakte, die dem Gewinn von Gunst dienen sollen, sind über den längsten Zeitraum in
den Sammelschriften belegt, ihre Überlieferung umfasst das 2./3. Jh. | 4. Jh., 3. Jh. und
6.-7. Jh. Für das 5. Jh. gibt es bisher jedoch keine Quelle. Nur wenig später datieren die
frühesten Belege funktionsbezeichneter Schutz- und Heilartefakte, die ebenfalls bis in
das 6.-7. Jh. in Anleitungen überliefert sind. Über den kurzen Zeitraum des 3. und 4. Jh.
sind funktionsbezeichnete Artefakte belegt, die der Offenbarung dienen. Für das 2./3. |
3. bis 4. Jh. sind Artefakte überliefert, denen die Funktion der Herbeiführung/Liebe zu¬
gewiesen wird. Die drei Artefakte, die Schlaflosigkeit bewirken sollen, werden in das 3.
und 3./4. Jh. datiert.
Die Untersuchung der mehrfach überlieferten Funktionen innerhalb der Gruppe funkti¬
onsbezeichneter Artefakte hat ergeben, dass eine Funktion weder exklusiv mit einem
bestimmten Material, noch mit einer bestimmten Handhabung in Verbindung gebracht
werden kann. Im Gegenteil, insbesondere das Material ist äußerst vielfältig. So liegen für
14 Mir liegt allerdings keine Photographie der Zeichen vor, lediglich eine Umzeichnung.
15 Siehe Dzwiza (2013/2014).
321
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
22 Schutzartefakte zehn unterschiedliche Schriftträgerangaben vor, jedoch nur drei un¬
terschiedliche Handhabungen. Zu 16 Heilartefakten sind sechs unterschiedliche Schrift¬
träger überliefert, jedoch ebenfalls nur drei Handhabungen. Für die fünf Gunstartefakte
sind vier unterschiedliche Schriftträger angegeben, und zwei Handhabungen. Bei den
sieben Offenbarungsartefakten sieht es ein wenig anders aus, hier sind fünf Schriftträger
und sechs Handhabungen überliefert.
Es fällt allerdings auf, dass Blei als Schriftträger nicht vorkommt. Dies trifft jedoch nur be¬
dingt zu, insofern, dass es zwar für drei funktionsbezeichnete Artefakte belegt ist, keine
dieser Funktionen jedoch mehrfach in den Sammelschriften genannt wird.
14.6. Ergebnisse: P-Artefakte 16
61 der 268 untersuchten Artefakte werden eindeutig autark verwendet (23%): 41 der 213
griechischen, vier der 29 demotischen und 15 der 26 koptischen Artefakte. P-Artefakte
sind in 14 Sammelschriften des 2./3. Jh. | 3. Jh. bis 6.-7. Jh. belegt, wobei PGM VII
aus dem 3. Jh. mit Abstand die größte Menge dieser Artefaktgruppe aufweist. Unklar
ist eine Identifizierung als P-Artefakt bei 25 griechischen, sieben demotischen und vier
koptischen Anleitungen. Dadurch wäre es möglich, dass die frühesten Belege für die
Verwendung autarker Artefakte bereits in das 2. Jh. datieren könnten.
P-Artefakte treten im Verhältnis am häufigsten in koptischen Anleitungen auf, am sel¬
tensten in demotischen. Dieses Verhältnis kann sich zugunsten der demotischen ge¬
genüber den griechischen Artefakten ändern, wenn sämtliche demotischen U-Artefakte
P-Artefakte wären. In Bezug auf die relative Häufigkeit der Verwendung autarker schrift¬
tragender Artefakte liegen griechische und demotische Praxen näher beieinander als
griechische und koptische oder demotische und koptische.
Sämtliche Schriftträger, die innerhalb der Gruppe der 268 Artefakte mehrfach belegt
sind, werden auch für P-Artefakte verwendet. Am häufigsten tritt dabei Papyrus auf (11),
gefolgt von Zinn (6), Haut (5), Gold (3+1 (?)), Blei (3), Leinen (3), Ostrakon (3), Silber (2)
und Muschel (2). Mehrere weitere Schriftträger sind einmalig überliefert.
Haut stellt das einzige Material dar, das eindeutig häufiger für P-Artefakte als für H-
Artefakte belegt ist, wohingegen Leinenartefakte eindeutig häufiger als H-Artefakte ver¬
wendet wurden. Papyri wurden ebenfalls häufiger als H-Artefakte verwendet, die Gruppe
der U-Artefakte ist zu klein, um dieses Verhältnis zu verschieben. Für die vier Muschel¬
artefakte ist eine klare Balance belegt.
Bei allen anderen mehrfach belegten Schriftträgern ist die Gruppe der U-Artefakte groß
genug, das bestehende Verhältnis zwischen P- und H-Artefakten maßgeblich zu verän¬
dern, konkrete Aussagen können daher nicht getroffen werden.
16 Als P-Artefakt wird ein Artefakt bezeichnet, das autark zu verwenden und in keine übergeordnete Praxis eingebunden
ist. Herstellung und Handhabung des Artefakts konstituieren die gesamte Praxis. Siehe Kapitel 12.
322
14 Zusammenfassung der Ergebnisse
Die Beschriftungselemente der autark zu verwendenden Artefakte unterscheiden sich
im Wesentlichen nicht von den Elementen eingebunden zu verwendender Artefakte. Es
gibt jedoch zwei Auffälligkeiten: Innerhalb der SZ-Gruppe zeichnet sich die Beschriftung
autarker Artefakte durch eine deutlich häufigere Verwendung der Beschriftungselemen¬
te „Forderung“ und „individuelle Angaben“ gegenüber der Beschriftung eingebundener
Artefakte aus, und Beschriftungen, die aus einem einzelnen Element bestehen, treten
besonders häufig auf, insgesamt 15x.
Heilartefakte werden mehrheitlich autark verwendet, bei Schutzartefakten verhält es sich
genau umgekehrt. Dies überrascht, da die Vorstellung, dass Schutzartefakte als Amu¬
lette ohne zeitliche Befristung getragen werden konnten, in den Sammelschriften in we¬
sentlich geringerem Umfang widergespiegelt wird als die Vorstellung, ein Schutzartefakt
innerhalb eines konkreten, räumlich und zeitlich begrenzten Rahmens zu verwenden.
Diese Ergebnisse haben einen unmittelbaren Einfluss auf den Interpretationsrahmen
archäologisch überlieferter Artefakte. Die geringe Zahl von P-Artefakten gegenüber H-
Artefakten in den Sammelschriften, unterstützt von dem Befund zu den Schutzartefak¬
ten, macht deutlich, dass für archäologische Belege in Betracht gezogen werden muss,
dass es sich um Objekte handelt, die nicht als eigenständige Artefakte hergestellt und
verwendet wurden, sondern in eine übergeordnete Praxis eingebunden waren. Die Sam¬
melschriften legen nahe, dass eine solche Einbindung die Regel war, in den überliefer¬
ten Anleitungen wird weniger als 1/4 der Artefakte autark verwendet.
Dies bedeutet für die archäologisch überlieferten Defixiones, Gemmen, Gold- und Sil-
berlamellae sowie für die Papyrus- und Pergamentamulette, dass diese schrifttragenden
Artefakte aus dem Zeitraum der hier bearbeiteten Sammelschriften möglicherweise zu
einem großen Teil nicht als eigenständige, und damit auch nicht als aus sich selbst her¬
aus wirksame Objekte zu betrachten sind, sondern als Objekte, denen erst innerhalb
eines klar abgesteckten Handlungsrahmens - und häufig ausschließlich innerhalb dieses
begrenzten Rahmens - eine Bedeutung zukam, eine Bedeutung, die jedoch häufig nicht
explizit angegeben wurde. In Verbindung mit dem Ergebnis, dass lediglich 95 von 268
Artefakten eine Funktion zugewiesen wird, wird zudem deutlich, dass die Mehrheit der
überlieferten Artefakte potentiell funktionsunbezeichnet gewesen sein könnten.
14.7. Ergebnisse: Vorkommen und Funktion von Beschriftung in den Praxis¬
anleitungen 17
Aus dem Bearbeitungszeitraum des 1.-7. Jh. sind zurZeit 87 griechische, demotische
und koptische Sammelschriften sowie Einzelanleitungen publiziert, deren Inhalte Anwei¬
sungen zur Interaktion mit höheren Mächten enthalten. Insgesamt können darin ca. 674
Anleitungen und andere abgrenzbare Inhalte, wie z.B. Hymnen, identifiziert werden.
17 Siehe Kapitel 13.
323
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Unter den 87 Schriften befinden sich 37, die Anweisungen zur Herstellung und Hand¬
habung schrifttragender Artefakte beinhalten, bei weiteren 13 sind solche Anleitungen
eventuell vorhanden gewesen, der unvollständige Erhaltungszustand ermöglicht keine
eindeutige Interpretation einer potentiellen Beschriftung. In diesen 37 Schriften sind
567 Praxisanleitungen und andere abgrenzbare Inhalte, wie z.B. Hymnen, überliefert.
192 davon enthalten Anleitungen zur Herstellung und Handhabung von insgesamt 268
schrifttragenden Artefakten. Beschriftung als Teil einer Praxis ist entsprechend zwar in
43% der Sammelschriften und Einzelanleitungen belegt, jedoch nur in 29% der Anleitun¬
gen und abgrenzbaren Inhalte.
Die Mehrheit der Anleitungen mit SAP datiert in das 3. und 4. Jh., und in diesem Zeitraum
tritt Beschriftung in rund 34% sämtlicher Praxen und abgrenzbarer Inhalte der 87 Sam¬
melschriften und Einzelanleitungen auf. Nimmt man als Basis nicht die 87, sondern die
37 Sammelschriften, in denen Anleitungen mit SAPs enthalten sind, so ist Beschriftung
in rund 42% der Anleitungen des 3. und 4. Jh. überliefert. Für diese Periode sind auch
die meisten schrifttragenden Artefakte belegt (178). Ein zweiter, wesentlich niedrigerer
Peak ist im 6./7. Jh. erkennbar. Ein deutlicher Unterschied zu den früheren Anleitungen
liegt in der Anzahl der verwendeten Artefakte innerhalb einer Anleitung. Während im 3./4.
Jh. häufig mehrere schrifttragende Artefakte innerhalb einer Praxis auftreten, beinhalten
spätere Praxen fast ausschließlich genau ein Artefakt. Ein Merkmal der Sammelschriften
des 5./6. Jh. ist der starke Rückgang bei der Anzahl schrifttragender Artefakte sowie der
geringe Anteil an Anleitungen, die schrifttragende Artefakte beinhalten.
In den untersuchten Sammelschriften und Einzelanleitungen sind unterschiedliche
Funktionen von Beschriftung nachweisbar, die in die beiden Kategorien „praktische“ und
„konzeptuelle“ Funktionen unterteilt werden können.
Die Untersuchung der praktischen Funktionen einer Beschriftung basiert auf den Unter¬
suchungen der 268 Artefakte, die der konzeptuellen Funktionen hingegen hauptsächlich
auf den 61 P-Artefakten sowie ausgewählten historischen Quellen.
Die praktischen Funktionen einer Beschriftung umfassen das Spektrum der Adressie¬
rung, Identifizierung, Bezeichnung, Informationsvermittlung und Bewahrung.
Zu den konzeptuellen Funktionen werden hier gezählt: die Fixierung der Wirkmächtigkeit
ausgewählter Textpassagen, die Bindung einer höheren Macht, die Verkörperung einer
höheren Macht, die Verräumlichung einer höheren Macht sowie die Inkorporierung einer
höheren Macht.
Die Überlieferung schrifttragender Artefakte in Praxisanleitungen reflektiert die archäo¬
logische Überlieferung in Bezug auf die Materialität der Schriftträger, die Funktionen der
Artefakte und deren Handhabungen. Die Praxisanleitungen vermögen jedoch zusätzlich,
unsere diesbezüglichen Kenntnisse in beträchtlichem Maß zu erweitern. So enthalten
324
14 Zusammenfassung der Ergebnisse
sie weit mehr Materialien für Schriftträger, als durch archäologische Zeugnisse bisher
bekannt waren. Sie gewähren zudem einen wesentlich differenzierteren Einblick in die
individuellen Probleme und Bedürfnisse, mit denen sich Menschen konfrontiert sahen,
und zeigen gleichzeitig ein breites Spektrum ebenso individueller Bewältigungsstrategi¬
en auf, weit über den archäologisch dokumentierten Befund hinaus.
Die Praxisanleitungen überliefern zudem Informationen zur Herstellung und Handha¬
bung eines Artefakts und zeigen, dass gut Dreiviertel der schrifttragenden Artefakte in
eine übergeordnete Praxis eingebunden waren und nicht autark verwendet wurden. Auch
wurden diese Artefakte mehrheitlich nicht explizit mit einer Funktion versehen. Diese
Artefakte spielten überwiegend eine Nebenrolle, und nur selten die Hauptrolle. Beschrif¬
tung spielte zwar selten eine zentrale Rolle bei der Interaktion mit höheren Mächten,
aber regelmäßig eine untergeordnete.
Dadurch werden P-Artefakte, die zur autarken Verwendung gedacht sind, besonders
interessant. Die Praxen, die ihre Herstellung und Handhabung beschreiben, enthalten
keine Elemente, die nicht unmittelbarauf das Artefakt bezogen sind, so dass die gesam¬
te Interaktion zwischen Praktizierendem und höherer Macht auf das Artefakt als Medium
begrenzt ist. Hier verschiebt sich die untergeordnete Rolle schrifttragender Artefakte in
das Zentrum der Praxis. Sämtliche Funktionen der Praxis, von der Adressierung der
höheren Macht und ggf. der Zielperson und des Nutznießers/der Nutznießerin, zur Über¬
mittlung der Forderung bis dahin, dass die höhere Macht die Forderungen erfüllt, mani¬
festieren sich in diesem einen Artefakt und seiner Beschriftung. Beinhaltet eine solche
Beschriftung keine ausformulierte Forderung und keine schriftliche Nennung einer hö¬
heren Macht, müssen diese Informationen mittels der gewählten Beschriftungselemente
kommuniziert werden: Zeichen oder Bild. Dadurch werden auch für diese beiden Be¬
schriftungselemente die praktischen Funktionen der Adressierung und der Übermittlung
sowie die konzeptuelle Funktion der Bindung plausibel.
Historische Quellen, insbesondere lamblichus und das erste Buch leu, legen jedoch
noch eine weitere konzeptuelle Funktion nahe, die aus ägyptischer Überlieferung be¬
kannt ist und auf eine lange Tradition zurückblickt: die der Verkörperung einer höheren
Macht, die eventuell auch als Verräumlichung zu verstehen ist - hier kann eine umfas¬
sende Untersuchung der historischen Quellen genaueren Aufschluss über die Existenz
und Verbreitung der beiden Konzepte geben. Das Konzept der Verkörperung und/oder
der Verräumlichung findet sich in den Sammelschriften in jedem Fall nicht nur in den
demotischen, sondern auch in zahlreichen griechischen und einigen koptischen Praxis¬
anleitungen wieder.
325
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
15. Ausgewählte Schlussfolgerungen und weiterführende Frage¬
stellungen
Die Erschließung der Praxisanleitungen aus den griechischen, demotischen und kopti¬
schen Sammelschriften des 1.-7. Jahrhunderts in Bezug auf die Schriftverwendung in
antiker Ritualpraxis brachte eine Reihe neuer, teilweise überraschender Erkenntnisse
hervor, die insbesondere auch für die Bearbeitung und Interpretation der materiellen
Überlieferung schrifttragender Artefakte von Bedeutung ist. Die wesentlichen davon sol¬
len hier noch einmal in Kurzform zusammen mit den daraus resultierenden Schlussfol¬
gerungen und zentralen Fragestellungen dargestellt werden.
• Schrifttragende Artefakte werden in den Praxisanleitungen überwiegend nicht
autark, sondern als untergeordnetes Element innerhalb einer Praxis verwendet.
Zudem werden sie ebenfalls überwiegend nicht mit einer Funktion bezeichnet.
=> Dies bedeutet, dass bei archäologischen Funden dieser Art - also z.B. Lamellae,
Papyrus- und Pergamentartefakte, Defixiones, Gemmen - in Betracht gezogen
werden sollte, dass es sich um Objekte handelt, die nicht als eigenständige
Artefakte hergestellt und verwendet wurden, und damit auch nicht als einzig
aus sich selbst heraus wirksame Objekte zu betrachten sind, sondern die als
lediglich eines von mehreren relevanten Elementen in eine übergeordnete
Praxis eingebunden waren. Die Sammelschriften legen nahe, dass eine solche
Einbindung die Regel war, in den überlieferten Anleitungen wird weniger als 1/4
der Artefakte selbständig verwendet.
• Bei der Verwendung von beschrifteten Artefakten zu Schutzzwecken konnte be¬
obachtet werden, dass derartige Amulette überwiegend nicht als dauerhafte
Artefakte hergestellt wurden, sondern zeitlich begrenzt und innerhalb eines
konkreten Handlungsrahmens verwendet wurden. In diesen Fällen dienten sie
dem Schutz des Praktizierenden ausschließlich während einer Praxis.
=> Dieses unerwartete Ergebnis zeigt verschiedene neue Fragestellung und Über¬
legungen für die materielle Hinterlassenschaft an Schutzamuletten auf. Dazu
gehören:
• Inwieweit wurde ein Amulett tatsächlich von einem Kunden in Auftrag ge¬
geben oder von dem Praktizierenden selbst verwendet? Insbesondere für
die Verwendung und den Kontext der zahlreich überlieferten „magischen“
Gemmen dürfte diese Frage von Interesse sein.
• Wurde ein solches Amulett als dauerhaft wirksam vor- und hergestellt,
oder war der Zeitraum seiner Wirksamkeit von Anfang an begrenzt? Ob
derartige Amulette bei der erneuten Durchführung derselben Praxis wie-
326
15 Ausgewählte Schlussfolgerungen und weiterführende Fragestellungen
derverwendet werden konnten, dazu finden sich in den Anleitungen keine
Angaben.
• Wenn die Wirksamkeit begrenzt war und jede Praxis ein neues, eigenes
Schutzartefakt benötigte, was geschah dann mit den „gebrauchten“ Amu¬
letten? Könnte es sich bei einigen archäologisch überlieferten Artefakten
um entsorgte (möglicherweise in diesem Zuge deponierte) Artefakte han¬
deln?
• Rund 45% der Artefakte - darunter bei Weitem nicht nur die o.g. Schutzartefakte -
zu denen Angaben zur Handhabung nach der Fertigstellung der Beschriftung voll¬
ständig oder fast vollständig überliefert sind (87 von 194), kamen ausschließlich
während der Praxis zum Einsatz. Hier stellen sich zwei weitere zentrale Fragen
in Bezug auf die materielle Hinterlassenschaft:
• Inwieweit wurden Praxen, in denen archäologisch überlieferte schrifttra¬
gende Artefakte zum Einsatz kamen, für den Praktizierenden selbst oder
für Dritte ausgeführt? Bei den überlieferten Anleitungen handelt es sich
häufig um Praxen, die ein Praktizierender für sich selbst durchführt.
• In Bezug auf Praxen, die im Auftrag Dritter durchgeführt wurden: Inwieweit
kann ein Artefakt - und insbesondere dessen Beschriftung -, das seine
Wirkmächtigkeit während einer Praxis entfalten sollte und entsprechend
auch nur während dieser Praxis gehandhabt wurde, von einem Kunden
rezipiert worden sein? Diese Frage ist z.B. für die Erforschung der Ent¬
wicklung und Verbreitung von Wissensnetzwerken relevant, oder konkret
für die Rekonstruktion der raschen Verbreitung der Zauberzeichenimple¬
mentierung. Daraus resultierend stellt sich eine weitere Frage: Konnte ein
Kunde bei einer Praxis als bloßer Beobachter, ohne die Notwendigkeit
einer körperlichen Involvierung, anwesend sein?
• Individuelle Beschriftungsmuster, bzw. die Vergesellschaftung individueller Be¬
schriftungselemente, können nicht exklusiv mit individuellen Zielen einer Pra¬
xis in Verbindung gebracht werden, ebensowenig mit übergeordneten Zielkate¬
gorien wie z.B. „Schutz“, „Schaden“, „Heilung“, „Divination“ usw.
=> Bei lückenhaft überlieferten Praxisanleitungen, die ein schrifttragendes Arte¬
fakt involvieren, kann entsprechend nicht anhand der Rekonstruktion eines
Beschriftungsmusters auf die Funktion des Artefakts oder das Ziel einer Praxis
geschlossen werden.
=> Für die archäologisch überlieferten Artefakte fehlt eine Beschriftungsmuster¬
analyse derzeit noch, dies gilt für sämtliche Gattungen (Gemmen, Defixiones,
327
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
Lamellae ...). Es stellt sich hier also nicht nur die Frage, ob sich die gewonne¬
nen Ergebnisse in der materiellen Hinterlassenschaft widerspiegeln, sondern
zusätzlich, ob aufgrund der wesentlich größeren Überlieferungsmenge Details,
auf die hier aufgrund der geringen Anzahl an Belegen nicht weitereingegangen
wurde, bei den verwendeten Beschriftungsmustern die Ergebnisse bestätigen,
revidieren oder präzisieren können, also inwieweit es möglich ist, für die ma¬
terielle Hinterlassenschaft herauszuarbeiten, ob für spezielle Ziele individuel¬
le Beschriftungsmuster nachgewiesen werden können, oder - möglicherweise
wahrscheinlicher - ob für spezielle Ziele regionale Beschriftungsmuster zu
beobachten sind, und ob sich solche regionalen Muster überregional verbrei¬
tet wiederfinden lassen.
• Individuelle Beschriftungsmuster können nicht exklusiv mit einem bestimmten
Schriftträgermaterial in Verbindung gebracht werden.
=> Die Wahl des Schriftträgers hat entsprechend in den Ritualanleitungen keinen
Einfluss auf die Wahl der Beschriftungselemente und der Vergesellschaftung
derselben.
• Es konnte keine ausschließliche Verbindung zwischen einer individuellen
Funktion und einem bestimmten Schriftträgermaterial belegt werden (z.B.
Trennung + Blei). Auch ließ sich kein Zusammenhang zwischen individuellem
Material und bestimmter Funktion exklusiv nachweisen (z.B. Gold = Schutz), so
dass also weder eine funktionsspezifische Materialverwendung, noch eine materi¬
alspezifische Funktionsgestaltung in den Praxisanleitungen belegt ist.
=> Für die materielle Hinterlassenschaft bedeutet dies, dass die Kenntnis der Ma¬
terialität des Schriftträgers alleine, wenn der Text zerstört oder der Inhalt zu¬
mindest nicht mehr sicher rekonstruierbar ist, möglicherweise keine oder nur
sehr bedingt Rückschlüsse auf die Funktion des Artefakts und das Ziel der
Praxis zulässt.
• Gleiches gilt für die Kontextualisierung mit unterschiedlichen Handhabungen.
In den überlieferten Praxisanleitungen ist kein Kanon in Bezug auf die Kontextualisie¬
rung von Beschriftungskomposition, Materialität des Schriftträgers, Handhabung und
Funktion erkennbar.
Dies belegt, dass die beschriebenen Praxisanleitungen zwar in Bezug auf ihre einzelnen
Elemente in unterschiedlich starker Ausprägung überregionale Konventionen reflektie¬
ren mögen, nicht jedoch in ihrer Gesamtheit.
328
15 Ausgewählte Schlussfolgerungen und weiterführende Fragestellungen
• Schrift und Beschriftung erfüllten bei der Verwendung in den überlieferten Ritu¬
alpraxen unterschiedliche Funktionen, darunter in jedem Fall praktische und
konzeptuelle. Die konzeptuellen Funktionen wurden insbesondere durch die Un¬
tersuchung der P-Artefakte und unter Hinzunahme historischer Quellen deutlich.
=> Die dokumentierten konzeptuellen Funktion von Schrift und Beschriftung zei¬
gen sehr anschaulich, dass Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis weit über
die Informationsbewahrung und -Vermittlung hinausreichte und als Instrumente
dazu verwendet wurden, um in einen direkten, sinnlich erfahrbaren Kontakt mit
höheren Mächten in der Welt des Praktizierenden zu treten. Hieraus resultieren
u.a. die abschließenden Fragen:
• Welche weiteren antiken Quellen könnten die herausgearbeiteten kon¬
zeptuellen Funktionen bestätigen?
• Können weitere konzeptuelle Funktionen anhand historischer Quellen be¬
obachtet werden?
• Wie können diese Erkenntnisse auf konkrete Artefakte der materiellen
Hinterlassenschaft angewendet werden?
• Welche Konsequenzen hat die erweiterte Vorstellung und Verwendung
von Schrift für die Erforschung und Rekonstruktion antiker individueller
oder regionaler Vorstellungsräume, Erklärungsmodelle und darauf auf¬
bauender Glaubenssysteme?
Die überlieferten Praxen spiegeln eine schillernde Vielfalt sowohl an individuellen Be¬
standteilen, als auch an individuellen Zusammensetzungen dieser Bestandteile wi¬
der. Ein übergeordneter Kanon in Bezug auf die Zusammensetzung einer Praxis, die
schrifttragende Artefakte involviert, ist nicht vorhanden. Für die Theorie, dass die Pra¬
xen einem Tempelkontext zuzuordnen sind, würde dies bedeuten, dass Tempelpraxen
innerhalb des Bearbeitungszeitraums und bis zur Schließung der „heidnischen“ Tempel
keiner strikten Doktrin unterlagen. Für die Theorie, dass die Praxen dem Privatgebrauch
und/oder privat agierenden Priestern zuzuordnen sind, verdeutlichen die Ergebnisse
den Umfang individueller Ausgestaltungsmöglichkeiten einer Praxis. Unabhängig davon,
welche Theorie präferiert wird: Der große Handlungsfreiraum bei der individuellen Aus¬
gestaltung einer Praxis ist das zentrale Charakteristikum der überlieferten Anleitungen.
Durch ihn konnten unterschiedliche Konzepte zur Interaktion mit höheren Menschen
entstehen, deren Umsetzung („Verpraktikung“) sowohl die komplexen Vorstellungsräu¬
me, als auch die Kreativität ihrer Schöpfer widerspiegelt. Wie genau dieser Freiraum
entstehen konnte, bleibt zu untersuchen.
Die griechischen, demotischen und koptischen Praxisanleitungen ermöglichen einen
vielschichtigen Einblick in antike Interaktionskonzepte zwischen Individuum und höhe-
329
Kirsten Dzwiza - Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis
ren Mächten, die unterschiedliche materielle Elemente, persönliche Bedürfnisse, Hand¬
lungsstrategien und religiöse Vorstellungen in sich vereinen. Die Sammelschriften bieten
damit eine reiche Quelle für weitere Forschungen, doch insbesondere für Untersuchun¬
gen zur Rolle des Individuums bei derTradierung religiöser Konzepte.
Ausblick
Spannend ist die Frage, inwieweit es möglich ist, mittels geschichtswissenschaftlicher
Methoden, Theorien und Erkenntnisse zur Beantwortung aktueller Fragestellungen aus
naturwissenschaftlichen Bereichen wie der kognitiven Archäologie, der Gehirnforschung
und der künstlichen Intelligenz beizutragen, und damit Wissen über die Vergangenheit
zukunftsorientierter Forschung zugänglich und für diese nützlich zu machen. Detlef Lin¬
ke hat hier bereits Mitte der 90er Jahre eine interessante Möglichkeit angeregt, die bis
heute seitens der Geschichtswissenschaften noch unerforscht geblieben ist. Seine Hy¬
pothesen zu überprüfen, ist sicherlich ein guter Anfang.
330
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